In einem unglaublich spannenden Super-Bowl-Rematch bezwingen die Seattle Seahawks die Denver Broncos mit 26:20 in Overtime (BOXSCORE). Dabei sind die Gäste wie schon im Februar 2014 über weite Strecken absolut chancenlos, gleichen ein schon verloren geglaubtes Spiel jedoch in der Schlussminute aus. Seahawks-Quarterback Russell Wilson ist in der Verlängerung dann nicht mehr zu stoppen.
In einer zu Beginn sehr zähen Angelegenheit dominieren die Defenses beider Teams, bevor Seattle die ersten Nackenschläge setzt und mit 17:3 in die Pause geht. Die Broncos, deren Running Game völlig versagt (nur 36 Yards), halten das Spiel allerdings bis zum Ende offen und haben zwei Minuten vor Schluss die Chance auf die Führung.
Eine Interception von Peyton Manning (303 YDS, 2 TD) bringt den Hausherren dann ein Field Goal und eine 20:12-Führung, aber der MVP von 2013 braucht im Gegenzug nur 41 Sekunden, um doch noch den Ausgleich zu erzwingen. In der Overtime kommt Denver dann nicht mehr an den Ball.
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Reaktionen:
Russell Wilson (Quarterback Seahawks): "Ich lebe für diese Momente, wenn alles auf dem Spiel steht. Das war heute wieder eine großartige Erfahrung für mich und das ganze Team."
Zach Miller (Tight End Seahawks): "Niemand zweifelt an Russell. Dafür ist er einfach zu gut. Selbst wenn er mal Probleme hat, dann weiß man mittlerweile, dass er einen Weg finden wird, uns zu helfen."
Pete Carroll (Head Coach Seahawks): "Das war wie ein Championship Game."
Peyton Manning (Quarterback Broncos): "Gegen dieses Team darfst du dir keine großen Fehler erlauben. Ansonsten ist das Momentum weg und es ist sehr schwer, sich dann zurückzukämpfen."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Kick-Off: Mit 17 Neuzugängen im Kader haben die Broncos aufgerüstet, um die Schmach des Endspiels vergessen zu machen. Dazu kommen die Spieler, die im Super Bowl fehlten. Das Resultat: Gleich sieben neue Starter sollen Russell Wilson das Leben schwer machen, dazu ist Wes Welker nach seiner verkürzten Sperre wieder dabei. In den ersten beiden Saisonspielen konnte man allerdings nicht komplett überzeugen. Im Training unter der Woche setzte Denver riesige Lautsprecher im Training ein, um im Hexenkessel der Seahawks bestehen zu können - ob das hilft?
Seattle ist daheim fast unbesiegbar, auswärts jedoch sterblich. Am vergangenen Sonntag verlor man bei den San Diego Chargers, weil man Philipp Rivers und Tight End Antonio Gates nicht in den Griff bekam. Danach erklärten einige Chargers Corner Richard Sherman für "overrated". Daheim will Coach Pete Carroll die Schlappe vergessen machen. Prominente Ausfälle gibt es nicht.
2.: Katastrophenstart der Broncos! Wie schon im Super Bowl geht bereits im ersten Snap alles schief: Running Back Montee Ball kommt auf rund acht Yards, aber dann rauscht Earl Thomas heran und schlägt ihm den Ball aus der Armbeuge! Seattle recovert und holt sich per Field Goal die ersten Punkte. 3:0 Seattle.
12.: Aber die Gäste berappeln sich schnell: Mit sechs Rushes und einigen guten Pässen von Manning marschiert Denver bis kurz vor Seattles Endzone. Dann bekommt Julius Thomas bei Third Down nur eine Hand an den Ball. Field Goal, Ausgleich. 3:3.
16.: Jetzt dominieren die Defenses: Zunächst stoppt Von Miller Russell Wilson per Sack, dann versuchen sich die Broncos an drei Runs in Serie. Das bringt gerade mal ein Yard. Immer noch 3:3.
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27.: Seattles Offense wacht auf! Immer wieder Missdirection und Rollouts von Russell Wilson, der dann zum ganz langen Pass ansetzt. In der Ecke der Endzone gewinnt Ricardo Lockette das Duell gegen Aqib Talib. Touchdown! 10:3 Seahawks.
30.: Die Seahawks haben das Spiel mittlerweile unter Kontrolle! Denver bringt offensiv wieder nichts zustande, Sekunden vor Ende des zweiten Viertels findet Wilson Marshawn Lynch. Gegenspieler Brandon Marshall hat keine Chance. 17:3 Seattle zur Halbzeit.
37.: Es wird nicht besser für Denver: Bei Third-and-one leistet sich die Hawks-Defense ein klares Offside, was von den Refs übersehen wird. Ronnie Hillman, mittlerweile für Ball im Spiel, erreicht den Marker nicht. Schon der zweite Punt in diesem Viertel. 17:3 Seahawks.
44.: Was ist das? Ein Fehler der Seahawks? Kicker Steven Hauschka verfehlt die Stangen aus 46 Yards Entfernung. Das gibt die beste Field Position für Denver bisher in dieser Partie. 17:3 Seattle.
47.: Denver hat in der Zwischenzeit wieder gepuntet, aber Seattle an der eigenen Endzone eingekreist. Zunächst erwischt DeMarcus Ware Wilson und verpasst um ein Haar einen Turnover, dann kommt Beast Mode nicht über die Linie. Safety - und Punkte für die Broncos! Nur noch 17:5.
49.: Und da ist die Interception von Wilson! Aqib Talib hat aufgepasst und springt in einen Pass von Wilson, der Abpraller trudelt in die Arme von Chris Harris. Denvers Defense spielt mittlerweile richtig stark! Kurze Zeit später Peyton mit dem Shovel Pass auf Julius Thomas für den Touchdown. 17:12!
58.: Die Legion of Boom schlägt zu! Manning geht bei 3rd&11 volles Risiko, und dann steigt Kam Chancellor hoch und fängt den Pass auf Welker ab. Bis zur 35-Yard-Linie bringt er das Spielgerät. Das ist die Entscheidung!
60.: Ist es nicht! Unfassbar! Seattle spielt die Uhr runter und geht durch ein Field Goal mit acht in Front, Manning hat 59 Sekunden für 80 Yards, keine Timeouts. Und er braucht nur 41! 26-Yard-Zuspiel auf Jacob Tamme für den Touchdown, die Two-Point-Conversion fängt Demaryius Thomas. OVERTIME!
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65.: Das ist der Champion! Seattle gewinnt den Coin Toss und marschiert dann unheimlich abgeklärt das Feld herunter. Vor allem Russell Wilson holt sich immer wieder die fehlenden Yards bei Ausflügen an die Seitenlinie. Lynch bringt den Football dann aus kurzer Distanz in die Endzone - Seattle gewinnt!
Der Star des Spiels: Russell Wilson. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass der 25-Jährige die Duelle gegen die vermeintlichen "Elite-Quarterbacks" für sich entscheidet. Das ist zwar etwas zu kurz gegriffen - die Defenses spielen natürlich auch eine große Rolle - aber in diesem Spiel zeigte Wilson ein ums andere Mal, dass er den Bradys und Mannings dieser Welt etwas voraushat. Denn während er einerseits als "Pocket QB" überzeugte (258 YDS, 2TD, INT), konnte er sich andererseits aufgrund seiner Schnelligkeit und Beweglichkeit immer wieder dem starken Pass Rush der Broncos entziehen, so Zeit gewinnen und nebenbei auch 40 Rushing Yards sammeln.
Der Flop des Spiels: Denvers Running Game. Man wolle sich mehr auf das Running Game konzentrieren, hatten die Broncos vor der Saison angekündigt, und in der Offense mehr Sets mit zwei Tight Ends eingebaut. Das funktionierte schon in den ersten beiden Spielen nicht, diesmal war es ein Desaster. Ball fumblete bei seinem ersten Ballkontakt und bekam danach kein Bein auf den Boden - genauso wie seine Backups. 15 Yards Rushing bei elf Versuchen in Halbzeit eins, danach wurde es nicht besser. 20 Carries, 36 Yards, fast 100 weniger als Seattle. Die frühe Verletzung von Tight End Virgil Green half nicht, trotzdem war es eine enttäuschende Vorstellung.
Das fiel auf:
- Ob Denver, gerade in Halbzeit eins, eine gute Taktik ausgewählt hatte, kann man durchaus in Zweifel ziehen. Seattle rechnete mit den Runs und bekam sie. Zudem riefen die Broncos auch bei Third-and-Long mehrmals einen Rush auf - womit der Drive gegen Seattles Front Seven eigentlich bewusst geopfert wurde. Überraschungsmomente gab es fast keine.
- Seattle hatte bei geradlinigen Rushes ebenfalls große Probleme. Im Gegensatz zu John Fox setzte Carroll allerdings immer wieder auf Fakes, Missdirections, Crossing Routes und sogar das eine oder andere Trick Play, wie etwa ein Pass von Jermaine Kearse auf Wilson in der Anfangsphase. So konnte man die Broncos ein ums andere Mal überraschen.
- Andererseits hat er auch das passende Personal dazu - vor allem Russell Wilson. Wo andere angesichts des Pass Rushes in Panik verfallen, zeigte der QB immer wieder seine Beweglichkeit, wich Ware, Miller und Co. aus und kaufte sich so Zeit, bis einer der flitzenden Receiver frei war. Denver verzeichnete zwar drei Sacks, aber im Griff hatte man ihn nie. Zudem entwischte er immer wieder der Pocket und holte häufig entscheidende Yards.
- Wes Welker befand sich nicht in der Startformation, seine Spielzeit wurde nach seiner Gehirnerschütterung und der Sperre vom Team stark eingeschränkt. Im letzten Viertel spielte er dann groß auf und wuselte immer wieder underneath durch die Linebacker. In der entscheidenden Szene war er allerdings zu gut zugestellt.
- Auf den zwölften Mann hatten sich die Broncos im Vergleich zum Super Bowl besser eingestellt. Sie benutzten einen Silent Snap Count, dazu verzichtete Manning auf laute Audibles, sondern dirigierte das Team mit Handzeichen. "Omaha!" fand diesmal nicht statt.
- Wenn die groß angekündigten Regeländerungen, gerade in der Pass Coverage, einen Effekt hatten, dann war der an diesem Abend unsichtbar: Seattle setzte in der Defense weiter auf knallharte Hits, zupfte an den Jerseys der Receiver und stürzte sich auf Manning, auch wenn der Ball weg war. Immer hart an der Grenze zur Penalty, aber eben nie darüber. Es war nicht so einseitig wie im Super Bowl, dennoch kaufte man den Broncos so 55 Minuten den Schneid ab.
- Manning drehte erst im letzten Viertel auf, sieht man von ein paar guten Momenten in den ersten Minuten ab. Über weite Strecken konnte er das Ruder allerdings auch nicht herumreißen, warf den einen oder anderen Flatterball oder hinter seine Receiver. Weniger als 102 Yards hatte er in seiner Zeit in Denver noch nie. Seine Interception war, positiv formuliert, sehr optimistisch, in der Schlussminute bewies er dann jedoch, dass er trotz seiner 38 Jahre noch den Deep Ball an den Mann bringen kann.
- Denver war angesichts der Neuzugänge und Rückkehrer optimistisch, diesmal mithalten zu können, und gerade in der Defense präsentierte man sich insgesamt stark verbessert. DeMarcus Ware und Von Miller (je ein Sack) übten Druck aus, Aqib Talib, wenn auch manchmal zu weit von seinem Mann entfernt, provozierte die Interception.
- In der Offensive führte Ryan Clady dazu, dass Manning über weite Strecken mehr Zeit in der Pocket blieb, gerade beim finalen Drive. Eric Deckers Ersatzmann Emmanuel Sanders überzeugte mit elf Catches und 149 Yards.
- Demaryius Thomas hatte im Super Bowl noch einen Rekord für die meisten Receptions aufgestellt. Diesmal ging er angeschlagen in die Partie und war kein Faktor im Angriff der Broncos. Er leistete sich Drops, hatte Glück, dass ein Fumble zurückgepfiffen wurde, und hatte am Ende nur vier Catches (31 Yards).
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