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The Dalton Gang

Von Adrian Franke
Andy Dalton und die Bengals wollen nicht wieder in den Playoffs versagen
© getty

Die Cincinnati Bengals sind mit drei Siegen in die Saison gestartet und wollen ihre seit Jahren positiv verlaufende Entwicklung endlich auch in den Playoffs krönen. Der Abgang von Offensive Coordinator Jay Gruden könnte sich als Glücksfall für Quarterback Andy Dalton erweisen, während die Defense einmal mehr überzeugt. Die längste Playoff-Durststrecke der NFL könnte somit endlich enden. Einen der schönsten Momente der Saison haben die Bengals schon jetzt sicher.

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Cincinnati, 5. Januar 2014, Wildcard-Playoff-Spiel gegen die San Diego Chargers. Ein kühler Tag, aber kein Freezer-Bowl-Wetter. Die Bengals, bis dahin zuhause ungeschlagen und mit einer der ligaweit besten Defenses, gingen als Favorit in die Partie - und standen sich doch erneut selbst im Weg.

Drei Turnover von Quarterback Andy Dalton bedeuteten letztlich das jähe Playoff-Ende und haften Daltons Ruf bis heute an. Zum dritten Mal in drei Jahren war die Wildcard-Runde direkt Endstation für Cincinnati.

Auch Head Coach Marvin Lewis geriet wieder einmal in Erklärungsnot. Zwar übernahm Lewis die Bengals 2003 als ein Team, das seit zwölf Jahren keinen Winning Record mehr verzeichnet hatte und brachte sie nur drei Jahre später zum ersten Mal seit 1990 in die Playoffs. Es folgten vier weitere Trips in die Postseason - auf seinen ersten Playoff-Sieg mit Cincinnati wartet er allerdings noch immer.

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"Sie wissen nicht, was wir machen"

Warum, so viele Kritiker trotz des 3-0-Starts in die neue Saison, sollte sich das ausgerechnet dieses Jahr ändern? Auch in der vergangenen Saison war Cincinnati heimstark, schlug in den ersten fünf Spielen unter anderem Pittsburgh, Green Bay und die Patriots und war neben den Saints am Ende das einzige Team mit einer Top-10-Offense und einer Top-10-Defense.

Und doch scheint in dieser Saison alles anders zu sein. Die Bengals haben ihre ersten drei Spiele nicht nur gewonnen, sie dominierten die Gegner phasenweise. "Mir gefällt besonders die Tatsache, dass wir Defenses vor Probleme stellen. Sie wissen nicht, was wir machen. Im Moment spielen wir mit extrem viel Selbstbewusstsein. Wenn Hue einen Spielzug ansagt, bin ich wirklich sicher, dass es klappt", betonte Dalton jüngst bei "TheMMQB".

Vertrauen ins Running Game

Damit drückte der Quarterback perfekt das neue Selbstverständnis im Team aus. Während die Abgänge von Defensive Coordinator Mike Zimmer und Offensive Coordinator Jay Gruden vor der Saison so manchem Fan Sorgenfalten auf die Stirn trieb, scheint sich vor allem die Beförderung von Hue Jackson zum neuen OC schon bezahlt zu machen.

Die Offense präsentiert sich bislang explosiv, dynamisch und extrem variabel und kann die gegnerische Defense auseinander ziehen, was mehr Platz für Gio Bernard und Jeremy Hill zur Folge hat. Durch das somit effizientere Running Game steht Dalton weniger unter Druck - 88 Pass-Versuchen stehen bislang 102 Rushing-Attempts gegenüber.

Nur Houston (105) sagt noch mehr Laufspielzüge an und die Bengals vertrauen jetzt auch ihrem Running Game, um, wie gegen Atlanta, eine Führung zu verteidigen. Gestützt wird das von der bislang herausragenden O-Line, in der sich mittlerweile auch Center Russell Bodine immer besser zurechtfindet. Die Bengals sind das einzige Team, das bislang keinen Sack zugelassen hat.

Dazu kommt Jacksons kreatives Play-Calling: Beim 33:7-Sieg über Tennessee durfte sich Dalton als Receiver versuchen und trug den Pass von Receiver Mohamed Sanu in die Endzone. Er ist damit der erste Bengals-QB aller Zeiten, der einen Touchdown-Pass gefangen hat.

Gruden-Abgang als Glücksfall?

Nicht wenige Beobachter in Cincinnati glauben schon längst, dass der Abgang von Gruden für die Bengals zum Glücksfall werden könnte: Gruden schaffte es nicht, Dalton wirklich weiter zu entwickeln, und hielt nie konstant am Running Game fest.

Zudem fiel er in den Playoff-Spielen meist mit schlechtem Play-Calling auf und soll die Spieler nicht mit der nötigen Intensität und stattdessen zu nachsichtig behandelt haben - wohl einer der Gründe, warum ihn die Redskins als neuen Coach für den sensiblen RG III wollten.

Diese Intensität und permanente sowie notwendige Unzufriedenheit vertritt Lewis, wie er nach dem dritten Sieg offenbarte: "Wir haben noch viel Luft nach oben. Wir müssen uns in allen Bereichen noch verbessern. Natürlich freuen wir uns über die Siege, aber wir müssen noch besser tackeln und richtig auf den Gegner reagieren. Wir dürfen offensiv nicht unvorsichtig werden und müssen uns im Running Game nach dem positiven Start weiter entwickeln."

Ein langer Weg zurück

Darüber hinaus wissen die Bengals nur zu genau, wie das andere Ende der Liga aussieht. Über Jahre war Cincinnati eines der schlechtesten und uninteressantesten Teams der Liga, das wenn überhaupt mit Verhaftungen oder kleineren Skandalen von Chad Ochocinco für Schlagzeilen sorgte. Der letzte Playoff-Sieg ist 24 Jahre her, es ist die längste aktuelle Durststrecke der NFL.

Doch primär in den letzten drei Jahren haben sich die Bengals zu einem der besten Klubs der Liga gemausert, was die Einschätzung von Talent angeht. Das Durchschnittsalter des Teams wurde konstant gesenkt und die Training Camps der Bengals gelten als die mit am härtesten umkämpften der NFL, weil auch die erfahrenen Spieler um ihre Plätze zittern müssen. Die prominentesten Opfer vor dieser Saison waren Running Back BenJarvus Green-Ellis sowie schon zuvor Center Kyle Cook.

Stellvertretend für die gute Scouting-Abteilung stehen dem gegenüber zwei absolute Leader der Defense: Defensive Tackle Geno Atkins schnappten sich die Bengals 2010 in der vierten Runde des Drafts, dazu holten sie 2012 Vontaze Burfict, mittlerweile einer der besten Linebacker der Liga, als Undrafted Free Agent.

Josephs Secondary eilt zur Rettung

Um Atkins, Burfict und Defensive End Carlos Dunlap herum hat Cincinnati über die letzten Jahre eine der besten Defenses der Liga aufgebaut. Das Team spielt physisch und aggressiv und ließ in den ersten drei Spielen die wenigsten Punkte zu (33) - obwohl Atkins nach seiner langen Verletzungspause sichtlich noch längst nicht bei 100 Prozent angekommen ist.

Deshalb fehlte mitunter noch der Druck auf den gegnerischen Quarterback, doch auch hierfür gibt Cincinnati unter dem neuen Defensive Coordinator Paul Guenther, der jahrelang unter Zimmer gelernt hat, bislang die richtige Antwort. Die Secondary spielt herausragend und verschafft so der D-Line mehr Zeit, zu großen Teilen auch ein Verdienst von Cornerbacks-Coach Vance Joseph.

"Er ist ein extrem detailversessener Lehrer", verriet Takeo Spikes schon vor der Saison. "Seine Philosophie ist: Ich werde dir beibringen, warum du etwas machen sollst und erkläre dir den Prozess. Wenn du das als Trainer schaffst, werden die Spieler es auf große Art und Weise zurückzahlen", so der Ex-Bengals-LB weiter. Das Ergebnis: Bereits sechs Interceptions hat Cincinnati auf dem Konto.

Viel Klasse im Fall Still

Das Resultat ist das neben Seattle wohl derzeit kompletteste Team, das alle Chancen auf den Top-Seed der AFC hat und mit dem jüngsten Sieg über die Titans den elften Regular-Season-Heimerfolg hintereinander einfuhr - ein neuer Franchise-Rekord.

Und auch außerhalb des Platzes bieten die Bengals dieser Tage kaum Angriffsfläche und sorgten für den ohne Zweifel schönsten Moment der bisherigen Saison. Weil die Tochter des kurz zuvor in Cincinnati entlassenen Devon Still an Krebs erkrankt war und der Defensive Tackle kein neues Team fand, holten ihn die Bengals ins Practice Squad zurück, damit er die Behandlung bezahlen und bei seiner Tochter in der Stadt bleiben kann.

Still hat es mittlerweile sogar wieder in den Kader geschafft, absolvierte zwei Spiele und verzeichnete fünf Tackles. Zudem verkaufen die Bengals nach wie vor Still-Trikots in Rekordzahlen, denn der komplette Erlös geht an das Kinderkrankenhaus in Cincinnati sowie die Krebsforschung.

Dalton und das Peyton-Manning-Syndrom?

Was bleibt also für Kritiker und Pessimisten, von denen es im Fanlager der Bengals nicht wenige gibt, übrig? Da wären vor allem Daltons bisherige Playoff-Debakel. Der 26-Jährige steht nach drei Spielen in der Postseason bei einem Touchdown, sechs Interceptions und einem Fumble.

Um sein Standing bei den Experten zu verbessern, braucht Dalton, der nach der Bye-Week wohl zudem noch Receiver Marvin Jones (Fußbruch) zurückbekommt, seinen ersten Sieg in der heißen Phase der Saison. Bis es so weit ist, kann er sich bei entsprechenden Fragen aber immerhin auf Peyton Manning berufen.

Auch Manning spielte schon früh in seiner Karriere groß auf, nur um dann seine ersten drei Playoff-Spiele mit insgesamt nur einem Touchdown-Pass und zwei Interceptions zu verlieren. Sechs Jahre dauerte es beim zukünftigen Hall-of-Famer letztlich bis zum ersten Sieg in der Postseason. Geht die Entwicklung der Bengals weiter wie es im Moment scheint, muss Dalton ohne Zweifel nicht so lange warten.

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