Die NFL-Playoffs starten mit den ersten zwei Wildcard Games: Die Carolina Panthers haben in der NFC South gerade noch die Kurve gekriegt, gehen plötzlich aber als Favorit gegen die Quarterback-geplagten Arizona Cardinals ins Spiel (22.35 Uhr im LIVE-TICKER). Doch Vorsicht ist geboten: Die Vorzeichen könnten trügen. Die Pittsburgh Steelers müssen derweil ohne Running Back Le'Veon Bell gegen die Baltimore Ravens ran (So., 2.15 Uhr im LIVE-TICKER) - Big Plays sind garantiert.
Pittsburgh Steelers (11-5) - Baltimore Ravens (10-6) (So., 2.15 Uhr)
Der Weg in die Playoffs:
Pittsburgh: Für die Fans in Steel City gab es eine Achterbahnfahrt der etwas anderen Art: Pittsburgh schlug (und demontierte zum Teil) starke Gegner wie Indianapolis (51:34), Baltimore (43:23) oder auch Cincinnati (42:21) - nur um sich im Wechsel zu den eigenen Gala-Vorstellungen mit Pleiten gegen Tampa Bay, die Jets und die in diesem Jahr ebenfalls schwachen Saints immer wieder selbst in Schwierigkeiten zu bringen.
Da gleichzeitig aber auch die Ravens und die Bengals im Schlussspurt patzten, sicherte sich Pittsburgh mit drei Siegen in Folge ein Heim-Endspiel gegen Cincinnati - und gewann die Division mit einem 27:17. Allerdings hatte der Sieg einen hohen Preis: Running Back Le'Veon Bell, der vielseitigste und gefährlichste Running Back der vergangenen Regular Season, verletzte sich am Knie und fällt in der Wildcard-Runde aus.
Baltimore: Die Ravens, zum Saisonstart durch den Skandal um Ray Rice ungewollt im Rampenlicht, erlebten wie auch der Rest der AFC North eine Regular Season mit vielen Hochs und Tiefs. Baltimore schwächelte in der eigenen Division (3-3) sowie der eigenen Conference (6-6). Auch auswärts hatten die Ravens immer wieder Probleme und profitierten am Ende davon, gegen die desolate NFC South spielen zu dürfen.
Dennoch schien sich das Team zwischenzeitlich als AFC-North-Favorit etablieren zu können - bis innerhalb von drei Wochen kritische Pleiten gegen die AFC-Rivalen San Diego und Houston folgten. Daher hatten die Ravens ihr Schicksal am letzten Spieltag nicht mehr selbst in die Hand, erhielten aber von Kansas City, das die Chargers schlug, die notwendige Schützenhilfe und lösten das Last-Minute-Ticket mit einem knappen Sieg über die Browns und deren dritten Quarterback Connor Shaw.
Die aktuelle Situation:
Pittsburgh: Alles drehte sich in Pittsburgh Anfang der Woche um Bell, seit Freitag herrscht Ernüchterung: Der 22-Jährige wird am Samstagabend nicht spielen können. Zum Wochenbeginn verpflichteten die Steelers als Vorsichtsmaßnahme bereits den nach seiner Entlassung in Minnesota vereinslosen Ben Tate.
"Was auch immer ich tun kann um zu helfen, werde ich tun. Egal was", gelobte Tate nach seiner ersten Trainingseinheit: "Ich muss jetzt so viel von dieser Offense lernen wie irgendwie möglich." Neben Tate steht Rookie Josh Harris als Alternative bereit, Dri Archer dürfte bei Passing-Downs gegen die viertbeste Run-Defense der NFL (88,2 Rushing-Yards pro Spiel zugelassen) ebenfalls seine Snaps erhalten. Immerhin: Die Steelers stellen in Ben Roethlisberger den Top-Passer der AFC (4.952 Yards) sowie in Antonio Brown den führenden Wideout der gesamten Liga (1.698 Receiving-Yards).
Baltimore: Die Ravens, die als einziges Team in dieser Saison keinen individuellen 100-Yard-Rusher zugelassen haben, können Pittsburghs Rushing-Problemen weitere Schwierigkeiten bereiten: Tackle und Run-Stopper Haloti Ngata kehrt nach seiner Sperre zurück und geht ausgeruht in die Playoffs. Allerdings lag Baltimores gößte Schwachstelle zuletzt ohnehin in der Offense: Running Back Justin Forsett kam in drei der letzten vier Spiele nicht über 71 Rushing-Yards und mit Rick Wagner und Eugene Monroe fehlen der O-Line beide Starting-Tackles auch am Samstag.
Gegen Cleveland musste Guard Marshal Yanda für Wagner ran, Monroe wird durch Undrafted Rookie James Hurst ersetzt werden. In der Regular Season ließen die Ravens die zweitwenigsten Sacks zu (19), Pittsburghs Pass-Rush steigerte sich aber zuletzt. Auch Receiver Torrey Smith wurde sich in der zweiten Saisonhälfte stärker. "Wir lieben diese Rivalität", stellte Coach John Harbaugh unter der Woche klar: "Das wird ein weiterer dieser tollen Momente in der Ravens-Steelers-Rivalry, und darauf freuen wir uns."
Players to Watch:
Pittsburgh: Ben Roethlisberger. Ohne Bell steht Big Ben noch mehr im Fokus. Roethlisberger spielt eine überragende Saison, im vierten Viertel war in diesem Jahr kein Quarterback besser als Roethlisberger (107/161, 1.430 YDS, 11 TDs, 1 INT). Wenn der Hüne von seiner starken O-Line, die etwas unter dem Radar zu fliegen scheint, genügend Protection gegen den gefährlichen Pass-Rush um Terrell Suggs und Elvis Dumervil erhält, kann er die Ravens-Secondary auseinander nehmen und wird das Spiel entscheiden.
Baltimore: Justin Forsett. Forsett war nach dem Ray-Rice-Debakel ein Glücksfall für die Ravens. Gegen Pittsburghs wiedererstarkte Run-Defense muss er das nochmals unter Beweis stellen. Baltimores Running Back schwächelte zuletzt phasenweise, führt die Liga aber dennoch mit 5,4 Yards pro Run-Versuch an und bewies sein Durchsetzungsvermögen mit 5,2 Yards pro Versuch zwischen den Tackles. Klappt das Running Game früh, wird auch QB Joe Flacco besser ins Spiel finden.
Darauf kommt es an: Welche Secondary ist der Aufgabe besser gewachsen? Baltimore hatte gegen starke Quarterbacks in dieser Saison große Probleme, allein im Saisonendspurt seit Week 12 setzte es 383 Passing-Yards von Philip Rivers und derer 420 von Drew Brees.
Doch die Steelers sind hier noch anfälliger: Die Secondary offenbarte immer wieder große Lücken und ließ eine Completion Percentage von 54 Prozent bei Pässen von mindestens 20 Yards zu (Ligahöchstwert). Den Ravens auf der anderen Seite gelangen offensiv die viertmeisten Plays von mindestens 20 Yards. Es wird also Big Plays geben - die Secondary, die das besser in den Griff bekommt, wird dem eigenen Team eine gute Chance auf einen Sieg eröffnen.
Prognose: Pittsburgh (5-1 gegen Playoff-Teams in dieser Saison) war bislang gegen starke Gegner stets dazu in der Lage, nochmals eine Schippe drauf zu packen - und das klappt selbst ohne Bell auch am Sonntag. Baltimore (1-6 gegen Teams mit positiver Bilanz) wird den Steelers wie gewohnt alles abverlangen und umgekehrt. Am Ende aber reißen Big Ben und Antonio Brown das Spiel an sich und zerlegen einer schon das ganze Jahr über verletzungsgeplagte Ravens-Secondary. Dass man mit dem Kartoffelacker im Heinz Field besser zurechtkommt, ist ein weiterer Bonus.
Tipp: 27:17 für die Steelers
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Carolina Panthers (7-8-1) - Arizona Cardinals (11-5) (Sa., 22.35 Uhr)
Der Weg in die Playoffs:
Carolina: Die Panthers sind das erste Team überhaupt, das in einer Saison sieben Spiele in Folge nicht gewinnen konnte und dennoch den Sprung in die Postseason schaffte. Dabei fing alles gut an: Obwohl QB Cam Newton das erste Spiel verletzungsbedingt verpasste, gelang der Auftakterfolg bei Tampa Bay - gefolgt von einem dominanten Heimsieg über Detroit.
Doch danach brachen die Panthers ein, waren mehrfach zu Wechseln in der O-Line gezwungen, die Konstanz ging völlig ab. Pünktlich zum Schlussspurt aber stand die O-Line und Jonathan Stewart explodierte in Abwesenheit des verletzten DeAngelo Williams förmlich. Vier Erfolge zum Ende der Regular Season, darunter der entscheidende Kantersieg im Division-Finale gegen Atlanta, waren die Folge - als erstes Team verteidigte Carolina den NFC-South-Titel.
Arizona: Der herausragende Saisonstart (9-1, einzige Niederlage in Denver) mit vielen knappen Siegen, häufig getragen durch die starke Defense sowie die guten Umstellungen der Coaches in der Halbzeit, war am Ende Arizonas Glück - denn in der zweiten Saisonhälfte stolperten die verletzungsgeplagten Cardinals nur mehr mit letzter Kraft in die Playoffs.
Neben den ohnehin verletzten Darnell Dockett, John Abraham sowie dem gesperrten Daryl Washington riss sich Quarterback Carson Palmer nach guten Leistungen das Kreuzband und auch die Saison von Starting-RB Andre Ellington war vorzeitig beendet. Die Offense brachte ab Week 11, dem ersten Spieltag ohne Palmer, keine konstanten Leistungen mehr zustande und Backup Drew Stanton fiel wenig später ebenfalls aus. Gegen Division-Sieger Seattle waren die Cards zwei Mal chancenlos, knappe Siege über Kansas City und die Rams reichten aber, um die Playoffs vorzeitig perfekt zu machen.
Die aktuelle Situation:
Carolina: Die Panthers-O-Line hat sich gefunden und ist fit, auch DeAngelo Williams ist wieder gesund und kann Stewart, der allerdings starten wird, entlasten. Die Defense scheint ihre Aggressivität und Geschwindigkeit der Vorsaison zumindest teilweise wiedergefunden zu haben, gerade der Pass-Rush war gegen Atlanta im Saisonfinale herausragend: Über die letzten vier Wochen ließ die Defense um Luke Kuechly und Co. nur 10,8 Punkte pro Spiel zu.
Allerdings bleibt auch festzuhalten, dass der starke Schlussspurt gegen die desolate NFC South (Saints, Bucs und Falcons) stattfand und dass Carolina zuhause in dieser Saison größere Probleme hatte als auswärts. Darüber hinaus haben die Panthers in dieser Saison nur ein Spiel gegen ein Team gewonnen, welches am Ende eine positive Bilanz hatte (Detroit in Week 2).
Arizona: Vier der letzten sechs Spiele verlor Arizona, seit Week 10 wurde die 20-Punkte-Marke in keinem Spiel mehr geknackt: Insgesamt 73 Punkte über die letzten sechs Spiele sind gar der schwächste Wert eines Playoff-Teams seit 1936 (!). Das Running Game funktionierte zwar zuletzt mit Kerwynn Williams besser, auch weil sich die O-Line steigerte - doch die Offense wirkt mit ihrem dritten Quarterback Ryan Lindley, der erneut für Drew Stanton ran muss, schlicht nicht Playoff-ready.
Diese Entwicklung ging auch an der Defense nicht spurlos vorüber, die zuletzt gegen Seattle und San Francisco einbrach. Der Trend zeigt bei den Cardinals im Vergleich zu Carolina in die komplett entgegengesetzte Richtung, auch wenn die Gegner in den vergangenen Wochen ungleich schwerer waren. Arizona wird eine herausragende Leistung seiner Defense brauchen, die noch um Tackle und Top-Run-Stopper Dan Williams bangt, um die Offense gegen wiedererstarkte Panthers einmal mehr tragen zu können.
Players to Watch:
Carolina: Jonathan Stewart. Die Aufgabe des Panthers-Running-Backs wird es sein, dafür zu sorgen, dass Cam Newton gegen Arizonas aggressive und Carolinas WR-Corps überlegene Secondary möglichst wenige Pässe werfen muss. Jedes Spiel dieser Saison, in dem Stewart mindestens 13 Rushing-Versuche hatte, konnten die Panthers gewinnen (fünf Mal insgesamt war das der Fall). Carolina ist wieder zurück bei seiner Run-intensiven Philosophie angekommen und wird gegen Arizona einen Stewart in Höchstform brauchen.
Arizona: Ryan Lindley. Vier verschiedene Quarterbacks mussten in diesem Jahr aus Verletzungsgründen für Arizona ran, Lindley war zu Beginn der Saison noch in San Diego. Seit 30 Jahren hatte kein Starting-Playoff-QB ein schlechteres Passer Rating in seiner NFL-Karriere (50,3).
Immerhin aber bot er im letzten Spiel der Regular Season in San Francisco seine wohl beste Profi-Partie. Diese Leistung wird er in Carolina nochmals wiederholen müssen. Zumindest einer im Cards-Lager bleibt gewohnt optimistisch. "Wir glauben wirklich daran, dass wir das Spiel gewinnen werden", betonte Coach Bruce Arians: "Da gibt es überhaupt keinen Zweifel."
Darauf kommt es an: Kann Arizona Carolinas deutlich verbesserte O-Line in Schwierigkeiten bringen? Zum einen geht es darum, ob die Cards den Gastgeber mit ihrer gerne genutzten 2-3-6-Formation verwirren und Newton früh und häufig erwischen können. Bei sechs ihrer acht Pleiten ließen die Panthers mindestens zwei Sacks zu, in der Pass Protection war Carolina in den vergangenen Wochen allerdings deutlich stärker.
Wenn Arizona darüber hinaus, wie etwa gegen Dallas oder beim ersten Duell mit San Francisco, defensiv die Line kontrollieren kann, sollte auch das Run Game der Panthers zu stoppen sein - und das dürfte aus Cards-Sicht die einzige echte Chance auf einen Auswärtssieg sein.
Prognose: Es wird ein enges Spiel und allzu viele Punkte sollten die Zuschauer nicht erwarten. Am Ende aber setzt sich das Heimteam knapp durch: Arizonas Offense wird über 60 Minuten keine konstanten Drives zustande bekommen und so dürfte die Defense am Ende einer physischen Partie zu viel Zeit auf dem Feld verbringen und früher oder später Fehler machen.
Tipp:20:16 für die Panthers.
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