Es läuft nicht bei den New Orleans Saints. Vor wenigen Jahren noch waren die Heiligen aus dem Big Easy die Lieblinge der NFL, hatten der von Hurricane Katrina gebeutelten Küstenregion die ersehnte Championship beschert und bestachen Jahr um Jahr mit einer Coach-QB-Kombination, die wohl nur in New England getoppt werden konnte: Einmal Drew Brees, die Passing-Maschine schlechthin, die den Angriff durch die Lüfte mit punktgenauen Pässen in Richtung Endzone trieb. Und hinter ihm Coach Sean Payton, ein strahlender, mitreißender Coach der jüngeren Generation, der auch schon mal einen Onside Kick im Super Bowl riskiert.
Dann kam BountyGate, ein Talent-Exodus, vielleicht auch schlicht und ergreifend das Alter. Auf jeden Fall ist die strahlende Saints-Zeit derzeit nur noch eine Erinnerung, die aus den Fingern der Protagonisten zu schlüpfen droht. Eine indiskutable Defense kombiniert mit einer Offense, die zu viel vom mittlerweile 36 Jahre alten Brees verlangt. Dazu Verletzungspech, Probleme mit der Salary Cap - die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen.
Kurswechsel ohne Erfolg
Nachdem im vergangenen Jahr mit einer Bilanz von 7-9 die Postseason verpasst worden war, entschloss man sich im Front Office zu einem moderaten Kurswechsel. Touchdown-Maschine Jimmy Graham wurde nach Seattle getradet, der Kader umgebaut und mit Neuzugängen und neun Draft Picks bestückt.
Nach fünf absolvierten Wochen in der neuen Saison steht man vor einem Scherbenhaufen: Nur eines von fünf Spielen wurde gewonnen, zuletzt gab es eine deftige 19:36-Abreibung gegen die ebenfalls bislang enttäuschenden Philadelphia Eagles. Brees verschuldete drei Turnover, die Defense gegen das gegnerische Running Game war - mal wieder - nicht existent.
"Unsere Moral ist gut", wehrt sich der Quarterback, der von den Eagles fünfmal gesackt worden war. "Niemand lässt den Kopf hängen. Wir sind Profis. Wir werden dafür bezahlt, dass wir rausgehen und gewinnen." Aber natürlich sei man mit der Gesamtsituation unzufrieden. "Naja, ich bin nicht gerade glücklich, so wie es bisher gelaufen ist", sagte Brees. "Man könnte schon sagen, dass ich ein bisschen wütend, enttäuscht, frustriert, angestachelt bin." Diese Emotionen wolle er in positive Energie umwandeln.
Kein Running Game, kein Schutz für Brees
Dumm nur, dass das Team eher einem kollektiven Stromausfall gleicht. 20,6 Punkte erzielt man pro Partie, seit 2011 sinkt diese Marke jedes Jahr weiter ab. Nur 4,82 Yards holt man pro Spielzug bei einem First Down, das ist Platz 27 in der Liga und der schlechteste Saints-Wert seit 2005. Das eigene Running Game ist mehr als dürftig: 85,4 Yards pro Spiel und 3,6 Yards pro Rush gehören zu jeweils zu den fünf schlechtesten Werten der Liga. "Das ist schon eine ganze Weile unser Problem", gibt Tacke Zach Strief zu. "Alle wollen, dass wir mehr laufen. Aber das kann man bei Third-and-12 eben nicht. Und auch nicht, wenn man mit 15 hinten liegt."
Wenn man Brees wenigstens beschützen könnte. Aber auch das klappt nicht. 14 Sacks hat er bereits kassiert - und schon ein Spiel mit Problemen an der Schulter verpasst. Zum ersten Mal im Saints-Jersey. Die Rotatorenmanschette ist lädiert, was ihn wohl durch die Saison begleiten wird. So sind seine Pässe schwach, flattern im Wind.
Der Leader des Teams bleibt Brees dennoch. "Ich will nichts hören von unserer fehlenden Erfahrung. Ich will nichts hören von fehlendem Talent. Mich interessiert nur das, was wir tun um Spiele zu gewinnen." Man habe gute Spieler, die richtigen Puzzleteile beisammen. "Es passt noch nicht zusammen, aber das wird es."
Wohin mit Brees?
Ob es dafür nicht schon zu spät ist? In der Division haben sich mit den Carolina Panthers und den Atlanta Falcons zwei unbesiegte Teams abgesetzt, der Division-Titel ist praktisch außer Reichweite. Und mit einem Sieg aus fünf Spielen auf eine Wild Card zu hoffen, ist zumindest derzeit vermessen.
Eine zweite Saison ohne Postseason, mit einem alternden Quarterback und einem unausgegorenen Kader - die Fragen nach dem künftigen Kurs der Franchise werden bereits jetzt immer lauter. Brees hat noch ein Jahr Vertrag, er zählt 2016 gigantische 27,4 Millionen Dollar gegen die Gehaltsobergrenze. Die das Team bereits erreicht hat.
Würde man mit ihm verlängern, könnte man diesen Betrag vielleicht etwas strecken - auf Kosten weiterer Millionen in der Zukunft. Ein lädierter, teurer Quarterback in einem Team, dass sich keine realistischen Chancen auf Playoff-Siege oder mehr ausrechnen kann. Ist das die Lösung? Die Franchise steckt zwischen den Stühlen: Brees einfach so ziehen zu lassen, wäre töricht. Ein Trade könnte wiederum zu spontanen Volksaufständen in der Bay. Aber ein neuer Mehrjahresvertrag mit 20 Millionen oder mehr an Salär per annum wäre eine gewaltige Hypothek für ein Team in den Niederungen der NFL-Tabellen.
Baggern an Payton
Das wäre die eine Seite des Erfolgsduos Brees & Payton. Die andere steht ebenfalls unter Beschuss: Der mittlerweile 51 Jahre alte Coach ist nun schon fast ein Jahrzehnt in Louisiana tätig - und die Gerüchte um einen Abgang werden von Jahr zu Jahr lauter. Mehrere Teams würden sich in der kommenden Offseason um den Head Coach bemühen, wurde zuletzt berichtet. Unter anderem sollen die Miami Dolphins interessiert sein, aber auch die Indianapolis Colts werden genannt.
Zwei Jahre hat Payton noch Vertrag, und den Gerüchten um seine Person trat er betont gelassen entgegen: "Wenn man das jedes Jahr aufs Neue vorhersagt, dann wird das irgendwann stimmen, ob ich aufhöre oder mein Vertrag ausläuft oder ich gefeuert werde. So ist das eben in diesem Business." Und: "Ich liebe es hier. Ich bin in der Nähe meiner Kinder. Ich habe hier gerade ein Haus gebaut."
Nur Siege helfen
Also alles geklärt? Nicht unbedingt, schließlich müsste ein Team wie Miami zuerst einmal beim Front Office der Saints die Erlaubnis einholen, mit Payton zu verhandeln. Dabei würde man gleichzeitig die Kompensation für einen Wechsel ausloten. Heißt: Wenn sich ein Team an den Coach wenden sollte, ist klar, dass ihn die Saints abgeben würden. Warum also bleiben? Warum nicht lieber mit einem Andrew Luck eine neue Ära beginnen, statt mit einem 37-Jährigen verzweifelt die Stellung zu halten?
Noch liegen alle Karten in den Händen des Saints-Front Office um General Manager Mickey Loomis. Er könnte mit Brees einen neuen Vertrag aushandeln, vielleicht sogar mit Payton verlängern und damit alle Fronten klären. Oder er könnte abwarten, ob das Team in dieser Form noch eine Zukunft hat. Klar ist: Je zahlreicher die Niederlagen, desto zahlreicher die Fragen, die Ungewissheit, der Frust im Bayou. Da kommt die oktanreiche Offense der Falcons um QB Matt Ryan, Receiver-Star Julio Jones und Wunderkind Devonta Freeman nicht gerade zu perfekten Zeitpunkt...
Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 6:
Florian Regelmann | Stefan Petri | Adrian Franke | Marcus Blumberg | Bastian Strobl | |
Falcons @Saints | Falcons | Falcons | Falcons | Falcons | Falcons |
Bears @Lions | Lions | Lions | Bears | Bears | Lions |
Redskins @Jets | Jets | Jets | Jets | Jets | Redskins |
Cardinals @Steelers | Steelers | Cardinals | Cardinals | Cardinals | Cardinals |
Chiefs @Vikings | Vikings | Vikings | Vikings | Vikings | Vikings |
Bengals @Bills | Bills | Bengals | Bengals | Bengals | Bengals |
Broncos @Browns | Broncos | Browns | Broncos | Broncos | Broncos |
Dolphins @Titans | Dolphins | Titans | Dolphins | Titans | Dolphins |
Texans @Jaguars | Texans | Jaguars | Texans | Texans | Jaguars |
Panthers @Seahawks | Seahawks | Seahawks | Seahawks | Seahawks | Seahawks |
Chargers @Packers | Packers | Packers | Packers | Packers | Packers |
Ravens @49ers | 49ers | 49ers | 49ers | Ravens | 49ers |
Patriots @Colts | Patriots | Patriots | Patriots | Patriots | Patriots |
Giants @Eagles | Giants | Giants | Giants | Giants | Eagles |
Bye: Cowboys, Raiders, Rams, Buccaneeers | |||||
Letzte Woche | 11-3 | 9-5 | 10-4 | 9-5 | 10-4 |
Insgesamt | 54-23 | 47-30 | 51-26 | 42-35 | 43-34 |