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NFL Legenden-Serie - Kurt Warner: Eine Geschichte wie keine andere

Bis heute hält Kurt Warner mehrere Super-Bowl-Rekorde.
© getty

Bei den St. Louis Rams führte er eine der größten Offenses aller Zeiten zum Super Bowl, in Arizona verpasste er Jahre später die Mega-Sensation: Die Geschichte von Kurt Warner ist die eines Mannes, der immer an seinem Traum festhielt und dafür ungewöhnliche Wege ging. Einer, der einst für Eli Manning Platz machte, dessen NFL-Karriere ohne eine Spinne anders verlaufen wäre - und dessen unglaublicher Weg sogar den Sprung nach Hollywood schafft.

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Ein Blick nach links, eine letzte Anweisung an die O-Line. Der obligatorische Tritt auf den Boden und schon hatte Kurt Warner den Ball in der Hand. Er musste Pittsburghs Defense nicht lange scannen, ehe er Larry Fitzgerald in der Mitte des Feldes fand. Ab da gab es kein Halten mehr: Fitz ließ drei Steelers-Verteidiger locker stehen und marschierte 64 Yards in die Endzone - Touchdown! Nur 2:37 Minuten trennten Arizona noch vom ersten Super-Bowl-Triumph der Franchise-Geschichte.

14 Jahre zuvor, im Sommer 1994, ahnte niemand, dass Kurt Warner eines Tages im Super Bowl stehen könnte. Der damals 23-Jährige war gerade als vierter Quarterback im Training Camp von den Green Bay Packers entlassen worden und hielt sich mit zwei Nebenjobs über Wasser: Zusätzlich zu seinem Posten als Co-Trainer in Northern Iowa arbeitete er für 5,50 Dollar die Stunde nachts in einem örtlichen Supermarkt. Gemeinsam mit seiner College-Liebe und späteren Frau Brenda lebte er bei ihren Eltern im Keller, von Glamour und großer Bühne keine Spur.

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Ganz im Gegenteil: Das Geld war knapp, Brenda hatte aus erster Ehe zwei Kinder - eines der beiden ist hirngeschädigt und blind, seitdem Brendas Ex-Mann den Jungen aus Versehen als Baby hatte fallen lassen. Warner muss ein Auto abbezahlen, er muss sich um seine Familie kümmern und die NFL scheint mit ihm fertig zu sein, ehe der ruhige, in sich gekehrte Quarterback auch nur ein Spiel bestritten hat. Es gab also jeden Grund, Football abzuhaken und sich einen Job zu suchen. Doch das war nicht Warners Plan: "Ich habe den Jungs im Supermarkt immer gesagt, dass ich eines Tages wieder spielen werde. Sie sahen mich als jemanden, der nicht loslassen kann."

Das war keine komplett falsche Einschätzung. "Es gibt verschiedene Möglichkeiten, seine Legacy zu hinterlassen und nicht jeder bekommt die gleichen Chancen", weiß Warner, besser als viele: "Es ist leicht, die Karriere von jemandem einzuordnen, der 20 Jahre lang gespielt hat und all die Stats und diese Dinge hat. Aber was ist mit dem Rest von uns? Was ist mit denen von uns, deren Karriere erst begann, als sie 28 Jahre alt waren und schon einige Teams hinter sich hatten?"

"Du musst immer jemanden überzeugen"

Die Antwort auf diese Frage ist schwierig, denn es gibt kaum einen Spieler, dessen Karriere sich mit Warners vergleichen lässt. Zu unwahrscheinlich, fast schon unglaublich war der Weg des inzwischen 44-Jährigen. Denn die einzige echte Konstante waren für lange Zeit scheinbar die Hindernisse, die ihm in den Weg gestellt wurden.

Obwohl er es im letzten Jahr ins High-School-State-Team schaffte, blieben die attraktiven College-Angebote aus und so entschied sich Warner kurzerhand für eine pragmatische Lösung: Er blieb in seinem Home-State, ging an die University of Northern Iowa - und verbrachte dort den Großteil seiner College-Karriere tief begraben in der Depth Chart, als dritter Quarterback. Auch wenn er in seinem letzten Jahr schließlich ran durfte, und prompt die Division dominierte, reichte es nicht, um gedraftet zu werden. Er war nicht bereit für die NFL.

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"Ich denke, viele Leute haben schon ein gewisses Talent gesehen und gemerkt, dass ich die Würfe drauf habe. Aber viele haben eher registriert, dass ich an einer kleinen Schule war und nicht viel gespielt habe", berichtete Warner später: "Das geht vielen Spielern so, die im College nicht auf der großen Bühne waren. Du musst immer jemanden davon überzeugen, dass du eine echte Chance verdient hast."

Arena-Football und der Biss der Spinne

In Green Bay gelang genau das Warner allerdings nicht, was blieb ihm also großartig übrig? Er kehrte, nachdem ihn die Packers entlassen hatten, nach Iowa zurück - um als Assistenztrainer im Football zu bleiben, sich so gleichzeitig fit zu halten und nebenher im Supermarkt zu arbeiten. Bis sich schließlich ein Jahr später eine neue Möglichkeit auftat. Allerdings nicht in der großen NFL, sondern im Arena Football.

In Amerikas größter Indoor-Football-Liga, in der alles auf Geschwindigkeit, Action und Pässe ausgelegt ist, sollte Warner zum ersten Mal überhaupt im professionellen Football Fuß fassen. Zwischen 1995 und 1997 führte er die Iowa Barnstormers zwei Mal in den Arena Bowl, bis heute gilt er als einer der besten Arena-Spieler aller Zeiten und bekam 2011 seinen Platz in der Arena Football Hall of Fame.

Endlich wurde auch die NFL auf ihn aufmerksam. 1997, als er seine Brenda schließlich heiratete, meldeten sich die Chicago Bears bei Warner und wollten ihn zum Probetraining einladen. Doch wieder stand etwas zwischen ihm und seinem Traum: Während der Flitterwochen auf Jamaika wurde Warner von einer Spinne in den Ellbogen gebissen. Sein Wurfarm schwoll so stark an, dass die Bears nach Warners Rückkehr in die USA das Training kurzerhand absagten. So musste der 26-Jährige noch ein weiteres Jahr warten. Dann aber war es endlich so weit.

Amsterdam als Prüfstein

Die gerade aus Los Angeles umgezogenen St. Louis Rams waren Mitte der 90er Jahre eines der konstant schlechtesten Teams der Liga, aber sie gaben Warner eine Chance - auch wenn der zuvor, wie er Jahre später zugab, ein "furchtbares" Probetraining abgeliefert hatte. Doch einige der Verantwortlichen mochten den Quarterback, der sein Frühjahr trotzdem erst einmal in Europa verbringen musste: In der damals noch existenten NFL Europe sollte er Spielpraxis sammeln.

"Es war notwendig, um nach dem Arena-Football in der NFL spielen zu können. Das ist der einzige Grund, warum ich dorthin gegangen bin. Für einige Jahre war Europa die beste Möglichkeit dafür", erklärte der gläubige Christ, für den Amsterdam mit seinem zentral gelegenen Rotlichtviertel auch anderweitig eine Herausforderung war: "Ich musste in einigen Situationen einfach auf Gott vertrauen."

Nach einem starken Frühling in der NFL Europe kehrte er schließlich zu den Rams zurück, wo er Will Furrer nur knapp im Rennen um den dritten Quarterback-Kaderplatz ausstach. Allzu groß war das Vertrauen im Team aber noch immer nicht, so dass St. Louis Warner unter anderem im Expansion Draft den wieder gegründeten Cleveland Browns (die Browns waren einige Jahre zuvor nach Baltimore umgezogen und wurden zu den Ravens) zur Verfügung stellte. Die entschieden sich aber gegen ihn.

So kam er in seinem ersten Jahr in der NFL auf elf Passversuche (vier Completions für 39 Yards) und mit harter Arbeit stieg seine interne Aktie. Als sich die Rams daher nach der 1998er Saison von den Quarterbacks Tony Banks und Steve Bono trennten, wurde Warner der erste Backup hinter dem neu verpflichteten Trent Green. Seine Karriere hätte hier auf Jahre hin stagnieren können. Doch Warner war ein anderer Weg vorherbestimmt.

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