Der Fehlstart aus Sicht der Chicago Bears (0-2) ist perfekt: Chicago verlor seinen Home-Opener gegen die Philadelphia Eagles (2-0) hochverdient mit 14:29 (0:3, 7:6, 0:13, 7:7). Die Bears wirkten dabei offensiv wie defensiv überfordert, leisteten sich viel zu viele Fehler und verloren Jay Cutler aufgrund einer Handverletzung, während Eagles-Rookie Carson Wentz ein weiteres beeindruckendes Spiel ablieferte.
Wentz (21/34, 190 YDS, TD) beeindruckte vom ersten Snap an mit seiner Ruhe und seinem Spiel-Verständnis für die Defensivformationen, zumal er vom eigenen Running Game und teilweise auch von den eigenen Receivern wenig Unterstützung erhielt. So spielte er weitestgehend fehlerfrei und ebnete damit den Weg zum zweiten Sieg im zweiten Spiel.
Den Rest erledigte die Eagles-Defense. Cutler (12/17, 157 YDS, INT) lieferte eine ganz schwache Partie ab und zog sich zu allem Überfluss eine Handverletzung zu, während die Offensive Line gegen die starke Eagles-Front schlicht überfordert war: Cutler war bei acht seiner zwölf Dropbacks under Pressure. Die Bears müssen als nächstes in Week 3 nach Dallas, Philly empfängt die Pittsburgh Steelers.
Die Stimmen:
Jay Cutler (Bears-Quarterback)...
...über seine Verletzung: "Ich habe die Kraft in der Hand verloren und konnte den Ball nicht mehr richtig greifen."
...über seine Interception und die Standpauke von Pernell McPhee: "Der Wurf hatte nicht die nötige Power, die ich ihm eigentlich geben wollte. Damit habe ich dem Team geschadet. Er ist ein leidenschaftlicher Kerl. Es ärgert ihn, genau wie es mich ärgert."
Carson Wentz (Eagles-Quarterback): "Ich fühle mich wirklich gut, ich fühle mich selbstbewusst. Aber es war kein perfektes Spiel. Wir haben allerdings eine herausragende Defense."
Der Spielfilm:
Vor dem Kick-Off: Die Eagles haben einen Traumstart hingelegt, Philly schlug die Cleveland Browns und Rookie-Quarterback Carson Wentz lieferte ein mehr als solides Debüt ab. Beim ersten NFL-Auswärtsspiel hat Wentz jetzt eine Sorge weniger: Bears-Cornerback Kyle Fuller fällt aufgrund einer Knieverletzung aus.
Gleichzeitig aber muss Wentz auch auf eine seiner wichtigsten Waffen verzichten, Tight End Zach Ertz ist nicht mit von der Partie. Darüber hinaus kann defensiv Cornerback Leodis McKelvin nicht mitwirken - gegen Alshon Jeffery und Kevin White womöglich ein Problem.
1. Viertel: Die Eagles starten defensiv aggressiv, gegen eine anfällige Offensive Line erhält die ohnehin dominante Eagles-Front noch Blitzing-Unterstützung. Und auch offensiv läuft es für Philly gut an: Wentz operiert mit kurzen Pässe, ohne tiefe Drops. Das gibt ihm Sicherheit, gleichzeitig macht er von seinen Freiheiten an der Line of Scrimmage schon eindrucksvoll Gebrauch. Die Eagles gehen per Field Goal in Führung, doch der zweite Bears-Drive sieht deutlich besser aus. Cutler arbeitet - weiter unter hohem Druck - mit mehr Screens und kurzen Pässen, hat aber weiterhin viele Ungenauigkeiten und ein Mal INT-Glück. Zur Field-Goal-Chance reicht es trotzdem, doch der 31-Yard-Versuch geht daneben! 3:0 Eagles.
2. Viertel: Cutler zeigt erstmals seinen Arm und findet Alshon Jeffery, der sich per Double Move gegen Jalen Mills durchgesetzt hat, zum 49-Yard-Pass. Aus einem Yard hämmert Jeremy Langford den Ball daraufhin über die Goal Line und Chicago geht in Führung. Aber Philly wirkt hier bisher wie das komplettere Team. Die Offense leistet sich zwar einen kurzen Durchhänger, ist dann aber wieder voll da: Wentz kann mehrere Third Downs eindrucksvoll in First Downs verwandeln, Chicagos Pass-Rush braucht zu lange. Allerdings reicht es wieder nur für ein Field Goal. Kurz darauf lässt Jordan Matthews einen herausragenden Beinahe-TD-Pass von Wentz fallen, die Eagles beenden die Halbzeit mit ihren dritten erfolgreichen Kick. 9:7 Eagles.
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3. Viertel: Nach einem kurzen Eagles-Drive haben die Bears die Chance, zurückzukommen. Doch Cutler hält den Ball in der Pocket zu lange fest und läuft dann in einen Gegenspieler rein. Das Ergebnis: Sack, Fumble, Turnover. Und es bleibt ein von den Defenses bestimmtes Duell, vor allem weil keines der beiden Teams ein Running Game aufziehen kann - bis Philly kurz vor Ende des dritten Viertels gegen eine inzwischen angeschlagene Bears-Defense (Houston und Amos mussten unter anderem raus) doch wieder in der Red Zone auftaucht. Und dieses Mal machen es die Eagles besser, Ryan Mathews ist eigentlich schon gestoppt, prallt aber vom Verteidiger ab und sprintet in die Endzone. Direkt im Gegenzug wirft Jay Cutler eine grausame Interception in der eigenen Red Zone, was Wentz mit einem Screen-TD-Pass auf Trey Burton bestraft. Der PAT aber geht daneben, dennoch: 22:7 Eagles.
4. Viertel: Sekunden vor dem Ende des dritten Viertels muss Brian Hoyer für den angeschlagenen Cutler rein, an der Dominanz der Eagles-Front ändert das nichts: Die Gäste schlagen Langford den Ball in Co-Produktion aus der Hand, der nächste Turnover aus Sicht der überforderten Hausherren, die dann mit einer Strafe noch nachhelfen und Philly nach eigentlich gestopptem Fourth Down eine zusätzliche Chance auf den TD geben. Dieses Mal sprintet Mathews in die Endzone. Chicago zeigt fünf Minuten vor dem Ende zumindest noch ein kleines Lebenszeichen, Eddie Royal trägt einen Punt sehenswert 65 Yards zurück in die Endzone. Viel mehr passiert danach aber nicht mehr, 29:14 Eagles.
Der Star des Spiels:Carson Wentz. Audibles an der Line of Scrimmage, Hot-Reads gegen den Blitz, gute Bewegungen in der Pocket, bemerkenswerte Genauigkeit bei verschiedensten Würfen, gutes Ball-Placement in die offenen Zonen in der Secondary und dabei keine Angst vor Hits - es war durch die Bank weg eine beeindruckende Vorstellung von Wentz, der trotz Drops und trotz der Probleme im Running Game über drei Viertel an den guten Auftakt gegen die Browns anknüpfen konnte. Kritik: Bei Scrambles steckte er unnötige, harte Hits ein. Nächster Test: Pittsburgh.
Der Flop des Spiels:Jay Cutler. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man anhand des Tapes wohl davon ausgehen, dass Cutler der Rookie ist - nicht Wentz. Selbst bei kurzen Pässen passte der Rhythmus entschieden mehr als nur ein Mal nicht, darüber hinaus kassierte er zwei Sacks, die eindeutig auf seine Kappe gingen - einer davon führte zum Fumble und zum Turnover Mitte des dritten Viertels. Und nicht nur das: Bei einem Beinahe-Pick in der Red Zone hatte er Glück, seine Horror-Interception in die Arme von Nigel Bradham konnte selbst Fortuna nicht verhindern. Zu allem Überfluss verletzte er sich noch an der Hand.
Das fiel auf:
- Die Eagles hatten einen guten Game Plan für Wentz parat. Kurze Pässe über die Mitte, um Completions zu sammeln und Sicherheit zu gewinnen sowie Screens und Play Action, gepaart aber auch mit langen Pässen. Gleichzeitig wurde offensichtlich, dass die Coaches dem Rookie bereits viel Vertrauen entgegenbringen: Wentz warf nicht nur 34 Pässe, er verwendete zudem immer wieder Audibles an der Line of Scrimmage, nachdem er die Aufstellung der Defense gelesen hatte, und bewegte sich sicher innerhalb und außerhalb der Pocket selbstbewusst.
- Philadelphias Kurzpassspiel lässt erahnen, warum Dorial Green-Beckham so ein interessanter Receiver für dieses Team ist und aus Tennessee geholt wurde. Bei den nach innen gerichteten Routes spielte DGB immer wieder seinen Größenvorteil gegen Linebacker und Slot-Cornerbacks aus, was Wentz schnelle Pässe über die Mitte ermöglichte.
- Im Running Game hatten beide Teams ihre liebe Mühe. Chicago kam in der ersten Halbzeit auf ganze zehn Rushing-Yards, Philly stand Mitte des dritten Viertels bei 30 Rushing-Yards. Dann aber trennten sich die Wege: Die Eagles bekamen mit mehreren Outside Runs ihr Laufspiel ins Rollen, während Chicagos Offensive Line gegen Philadelphias D-Line schlicht überfordert war - nur selten funktionierte das Inside Run Game einmal. Unter dem Strich aber für beide hier viel Luft nach oben.
- Zu den Personalien im Run Game: Die Bears gaben Kevin White per End Around auch im Running Game eine Chance, während Langford wenige Argumente im internen Duell mit Jordan Howard sammelte. Bei den Eagles, die über drei Viertel im Run Game ebenfalls wenig zustande brachten, legte Doug Pederson eine etwas überraschende Balance an den Tag: Ryan Mathews (9 ATT, 32 YDS, 2 TDs) und Darren Sproles (12 ATT, 40 YDS) kamen beide ausführlich, und bei vereinzelten Plays auch gleichzeitig (Sproles dann oft als Receiver aufgestellt), zum Einsatz.
- Ein Problem aus Sicht der Bears: Alshon Jeffery kam, abgesehen von dem langen Pass früh in der Partie, nie richtig ins Spiel. Das war auch ein Verdienst von Cornerback Jalen Mills, der sich von dem Double Move schnell erholte und anschließend eine gute Partie spielte. Jefferys Eagles-Pendant Jordan Matthews bleibt derweil eine vielseitige Waffe: Matthews spielte 48 Prozent seiner Snaps outside und 46 Prozent im Slot. Den Großteil seiner Yards holte er im Slot.
- Chicago geht mit einer bitteren Pleite in die Woche - und mit womöglich schwerwiegenden Verletzungssorgen: Jay Cutler (Hand) Linebacker Lamarr Houston (Knie), Nose Tackle Eddie Goldman (Knöchel) und die Defensive Backs Bryce Callahan und Adrian Amos (beide Gehirnerschütterung) mussten vorzeitig raus und kamen nicht zurück.