Chicago hat die Quarterback-Seuche

Stefan Petri
21. Oktober 201607:30
Bears-Quarterback Brian Hoyer brach sich gegen Green Bay den linken Armgetty
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Die Green Bay Packers (4-2) haben das Thursday Night Game von Week 7 vor eigenem Publikum gegen die Chicago Bears (1-6) letztlich souverän mit 26:10 (3:0, 3:3, 7:7, 13:0) BOXSCORE gewonnen. Während Aaron Rodgers und seine Offense in der zweiten Hälfte aufdrehten, sieht es für die Bears immer düsterer aus: Sie verloren nicht nur das Spiel, sondern auch Quarterback Brian Hoyer.

Hoyer (4/11, 49 YDS), der den am Daumen verletzten Jay Cutler in den letzten Wochen gut vertreten hatte, brach sich im zweiten Viertel bei einem Sturz den linken Arm und wurde danach von Backup Matt Barkley (6/15, 81 YDS, 2 INT) ersetzt. Bis dahin hatten die Gäste vor allem dank ihrer Defense gut mitgehalten - und die Defense war es auch, die nach einer ersten Hälfte auf sehr mäßigem Niveau mit einem Touchdown nach einem Fumble von Aaron Rodgers (39/56, 326 YDS, 3 TD) die erste Führung für Chicago verbucht hatte.

Danach spielten allerdings nur noch die Packers, drei Touchdown-Drives in Serie bedeuteten am Ende den ungefährdeten Sieg, weil die Bears gerade defensiv deutlich abbauten. Rodgers zeigte seine wohl beste Saisonleistung, mit Davante Adams (13 REC, 132 YDS, 2 TD), Randall Cobb (11 REC, 95 YDS) und Ty Montgomery (10 REC, 66 YDS) fingen gleich drei Mitspieler jeweils mindestens zehn Pässe.

Während Green Bay damit weiter Kurs auf die Playoffs hält, stehen die Bears mit nur noch einem gesunden Quarterback im Kader da. Auch die Playoff-Hoffnungen sollten damit endgültig ausgeträumt sein.

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Die Stimmen:

Aaron Rodgers (Quarterback Packers): "Wir sind einfach drangeblieben. Nach dem Turnover und dem Rückstand hatte ich immer noch Vertrauen in unsere Defense. Es ging nur darum, Punkte zu erzielen. Danach waren wir zwingender und konzentrierter und haben ein paar schöne Drives hingelegt."

... über seine Receiver: "Davante Adams ist ein zäher Kerl, hat im letzten Jahr verletzt gespielt, aber nie Ausreden gesucht. Ich bin sehr stolz auf ihn, er hat heute einen tollen Job gemacht, sich freigelaufen und gute Spielzüge hingelegt, genauso wie Randall. Auch, was Ty Montgomery in den letzten Wochen geleistet hat, war stark. Ich sehr stolz auf unsere Jungs, wir haben heute mit viel Herz gespielt. Ohne Eddie und James (Starks) müssen wir so spielen, wenn auch vielleicht nicht jede Woche mit 56 Pässen."

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Der Spielfilm:

Vor dem Kick-Off: Die Packers mussten nach der Schlappe am Sonntag gegen die Dallas Cowboys unter der Woche einen harten Schlag verkraften: Running Back Eddie Lacy muss am Knöchel operiert werden und wurde vom Team auf die Injured Reserve Liste gesetzt - ob er in dieser Saison noch einmal eingreifen kann, ist fraglich. Im Backfield soll es in Zukunft der kurzerhand aus Kansas City geholte Knile Davis richten, dazu kommen Receiver Ty Montogomery und Don Jackson aus der Practice Squad.

Bei den Bears hat sich Brian Hoyer in den letzten vier Wochen (jeweils mindestens 300 Passing Yards, 6 TDs bei keiner Interception) als durchaus fähiger Ersatzmann von Jay Cutler etabliert - und zwar so sehr, dass ihm Head Coach John Fox auch auch nach einer Rückkehr von Cutler den Startplatz in Aussicht stellte. Seine Offense muss gegen Green Bay auf Receiver Eddie Royal verzichten, zudem fehlen in der Defense mehrere Leistungsträger.

1. Viertel: Bevor die Uhr losläuft, schenken die Packers der Bears-Offense durch Encroachment fünf Yards - dabei bleibt es aber auch. Auf der Gegenseite mottet Green Bay das Running Game fast sofort ein, Rodgers wirft im ersten Drive schon zehn Pässe. Darunter auch einen bei Fourth Down an der gegnerischen 29, mit Erfolg. Den TD auf Randall Cobb verhindert sein Bewacher Cre'von LeBlanc, es wird ein 32-Yarder von Kicker Mason Crosby. Die Bears punten auch im zweiten Drive, es folgt ein 90-Yard-Drive der Packers, bei dem Jordy Nelson nach Deep Ball die Pass Interference zieht. Das bringt 44 Yards, an der 1-Yard-Linie wird man jedoch gestoppt - und zwar auch bei Fourth Down! 3:0 Packers.

2. Viertel: Tief aus der eigenen Hälfte sieht alles nach einem vielversprechenden Drive für Chicago aus - aber an der Mittellinie wird Hoyer dann von gleich zwei Verteidigern abgeräumt. Er fällt schwer auf den linken Arm und muss sofort zum Röntgen. Die Diagnose in der Halbzeitpause ist niederschmetternd: Der Arm ist gebrochen. Nach einem Packers-Punt kommt also Backup Matt Barkley in die Partie, vor allem das Running Game führt Chicago zu einem FG und damit zum Ausgleich. Rodgers bleibt der Two-Minute-Drill, dank einer weiteren PI rückt man an die Endzone heran. Wieder ist es LeBlanc, der einen Score von Cobb verhindert, der bekommt seinen zweiten Fuß nur auf die Kreide. Crosby trifft, Halbzeit. 6:3 Packers.

3. Viertel: Action! Third Down Green Bay an der eigenen 15, Rodgers wird von Leonard Floyd gesackt und fumbelt. Floyd schnappt sich die Pille in der Endzone, Touchdown Chicago! Doch das scheint die Hausherren endlich aufzuwecken: Montgomery legt einen 30-Yard-Run hin, den Rest macht Rodgers mit einem kurzen Pass nach dem anderen. Davante Adams fängt den Touchdown, und nach einem Sack von Barkley und mehreren Penalties muss die Bears-Offense wieder an die Seitenlinie. Rodgers ist mittlerweile heiß gelaufen und nimmt die Secondary der Gäste auseinander. 13:10 Packers.

4. Viertel: Mit einer Slant von der 4-Yard-Linie eröffnen die Packers das Schlussviertel, Adams ist in der Endzone völlig frei: Touchdown! Chicago puntet nach einem mageren Yard Raumgewinn, wieder übernimmt Rodgers und führt sein Team das Feld hinunter. Ein Third Down erläuft er selbst, dann kommt der TD-Pass auf Randall Cobb - die endgültige Entscheidung, auch wenn der PAT nicht sitzt. Bei den Bears geht nichts mehr: Barkley wirft die Interception von der eigenen 30-Yard-Linie, und nachdem ein Field Goal von Crosby geblockt wird, darf er in der Schlussminute noch einen Pick nachlegen. Dann wird abgekniet. Endstand: 26:10 Packers.

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Der Star des Spiels: Ty Montgomery. Der Mann ist eigentlich Wide Receiver, war an diesem Abend aber erster Mann im Backfield. Insgesamt 60 Rushing Yards bei 9 Carries, darunter der 30-Yard-Run, der der Offense nach dem Bears-Touchdown Leben einhauchte. Dazu war er auch noch als Receiver aktiv, immer wieder aus dem Backfield, und sammelte so weitere 66 Yards bei zehn Catches. An einem Abend, an dem Neuzugang Knile Davis noch nicht wirklich einsatzbereit war (nur zwei Carries), war seine Leistung ein wichtiger Baustein.

Der Flop des Spiels: Die Quarterback-Situation der Bears. Hoyer erlebte schon vor seiner Verletzung keinen guten Abend, Matt Barkley war bis auf ein paar wenige Pässe vollkommen überfordert (6/15, 81 YDS, 2 INT). Aber was soll man ihm vorwerfen? Er hatte davor seit 2013 keinen Pass mehr an den Mann gebracht. Nun stehen die Bears mit Barkley und ohne Backup für ihn da, wann Cutler zurückkommen wird, ist immer noch unklar. Man sollte sich langsam mit einem hohen Pick im kommenden Jahr anfreunden - oder es sogar auf diesen anlegen.

Das fiel auf:

  • 56 Pässe von Aaron Rodgers - so viele hatte er bislang nur ein einziges Mal in seiner Karriere geworfen. Nachdem das Running Game in der ersten Halbzeit völlig abgemeldet war, reagierte Coach Mike McCarthy früh und ließ alles über Rodgers laufen. Den Packers fehlt der Deep Ball zwar immer noch im Repertoire - Jordy Nelson fing gerade einmal einen Pass -, aber mit vielen Slants, In- und Out-Routes sowie Dig Routes fand der QB seine Receiver. Dass er dabei nur zweimal gesackt wurde, ist teilweise seiner O-Line, aber vor allem auch ihm selbst zu verdanken: Immer wieder scrambelte er aus der Pocket heraus, war nicht zu stellen und fand dann doch noch den freien Mann.
  • Das Fumbling-Problem des zweifachen MVPs wird allerdings immer deutlicher. Nach dem Score der Bears machten einige Statistiken die Runde, die durchaus besorgniserregend sind: Es war sein 24. Fumble in den letzten drei Spielzeiten, in dieser Saison sind es fünf Fumbles, drei davon gingen verloren. Und seit Week 16 der Vorsaison wurden schon vier Fumbles für gegnerische Touchdowns zurückgetragen.
  • Die Defense der Bears spielte insgesamt eine starke erste Halbzeit - und nach dem Touchdown (nach 35 Spielen ohne Defensiv-TD) eine sehr schwache zweite Hälfte. Im ersten Durchgang war vor allem LeBlanc zu loben, der gleich zweimal Touchdowns von Randall Cobb verhinderte. Nach und nach ging ihnen dann aber auch einfach die Luft aus, weil die Offense zu wenig Entlastung bot und die Receiver während der Ausflüge von Rodgers irgendwann nicht mehr zu decken waren. Zehn Penalties für insgesamt 108 Yards waren dann auch zu viel.
  • Im ewigen Duell der beiden traditionsreichen Franchises haben die Packers damit fast wieder ausgeglichen: Nach 191 Aufeinandertreffen in der Regular Season führen die Bears nur noch mit 93:92 (6 Unentschieden). In Sachen Punkte liegt man nun jedoch vorn: Das erste Field Goal von Crosby stellte auf exakt 3.247 Punkte zu 3.247 Punkte - jetzt hat Titletown also genau 13 Zähler Vorsprung.

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