Die NFL ist eine gigantische Maschinerie, die auf der einen Seite Spieler, Coaches sowie die Hoffnungen und Träume der Fans aufsaugt und auf der anderen Seite ordentlich gestapelte Dollarbündel ausspuckt. Milliarden setzen die 32 Franchises mittlerweile um, allen Skandalen zum Trotz. Die Konkurrenz aus NBA, MLB und NHL schaut staunend zum großen Bruder auf.
Satt ist man dabei noch lange nicht: Der Trend zu Werbung auf NBA-Jerseys wird auch vor der NFL nicht Halt machen. Und, dafür muss man kein Prophet sein, exorbitante Summen einbringen.
Lang ist es her, dass man einen ganzen Teamnamen für schlappe 500 Dollar kaufen konnte. Fast 100 Jahre, um genau zu sein.
Im August 1919 kam der 21 Jahre alte Earl Louis "Curly" Lambeau ins Büro seines Bosses Frank Peck, mit einer interessanten Idee im Gepäck: Lambeau, ein hervorragender Athlet, der eine vielversprechende Football-Karriere an der University of Notre Dame aufgrund einer schweren Mandelentzündung hatte abbrechen müssen, arbeitete nun im Versand der Indian Packing Company in seiner rund 31.000 Einwohner zählenden Heimatstadt Green Bay. Handelsgut der Firma: Dosenfleisch.
"Um Himmels Willen, Curly"
Im Zuge des Football-Booms im Land - ein Jahr später wurde mit der American Professional Football Association der Vorläufer der NFL gegründet - hatte Lambeau nämlich ein eigenes Team aus der Taufe gehoben. Zusammen mit dem Journalisten George Calhoun von der Green Bay Press-Gazette. Während Calhoun seine Verbindungen nutzte, um über die Zeitung Werbung zu schalten und zu Tryouts aufzurufen, lag es an Lambeau, das Geld für Trikots und Equipment zu besorgen. Und tatsächlich konnte er seinem Chef eine durchaus ordentliche Summe abschwatzen: 500 Dollar, heute inflationsbereinigt knapp 7.000, ließ Peck springen.
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Im Gegenzug wurde das Team nach der Firma benannt. Zuerst hatte Curly die "Green Bay Indians" ins Auge gefasst, aber seine Freundin Agnes hatte dann die zündende Idee: "Um Himmels Willen, Curly, warum nennst du sie nicht einfach Green Bay Packers?" Der Name war geboren - der Name, der mittlerweile fast ein Jahrhundert unverändert überdauert hat.
Doch wer war dieser Curly Lambeau, dessen Statue heute vor dem Lambeau Field verewigt ist - dem Stadion, das man kurz nach seinem Tod 1965 posthum mit seinem Namen ehrte? Dessen Name immer dann bemüht wird, wenn die Packers einen Touchdown mit dem Sprung in die Menge feiern, dem "Lambeau Leap"?
Die Packers als Lebenswerk
Er war ein Pionier, der sich dem Fortschritt verschrieben hatte, der das Gesicht seines Sports verändern und bis heute prägen sollte. Ein Profi, dem es in erster Linie um die Leistung auf dem Platz ging. Eine charismatische Erscheinung mit 1,78 Meter Körpergröße und einem aufrechten, stolzen Gang. Ein Mann, der aber auch diktatorische Züge aufwies.
Außerdem war er jemand, der so irgendwie gar nicht ins beschauliche Wisconsin passen wollte - und sich schließlich im Streit von seinem Lebenswerk trennen sollte. Denn Lambeau war nicht einfach nur der Gründer des Teams. Die Packers sollten über die nächsten Jahrzehnte sein Baby sein.
Er war es, der den Käufer der Indian Packing Company 1921 überredete, das Team und dessen Aufnahme in die Liga zu unterstützen. Als die Packers ein Jahr später aufgrund von Regelverstößen vor dem Aus standen, überredete Lambeau die übrigen Owner, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Für die erneute Aufnahmegebühr zahlte er sogar 50 Dollar aus eigener Tasche - und war kurze Zeit später bis zur Entstehung der Green Bay Football Corporation sogar selbst einer der Besitzer des Teams.
Lambeau verändert den Sport
Auf dem Gridiron stupste er den Sport in ein neues Zeitalter. Football verzichtete zu dieser Zeit fast vollständig auf das Passspiel, die Regeln und der klobige Ball machten selbiges ohnehin fast unmöglich. Stattdessen dominierte die Single-Wing-Formation, die mit mehreren Spielern hinter der Line of Scrimmage darauf aus war, für das Running Game auf einer Seite des Feldes Überzahlsituationen zu schaffen.
Lambeau, der als Player-Coach sowohl in Sachen Taktik die Richtung vorgab, als auch auf dem Feld als Halfback die Rolle des ersten Ballträgers und Passers vereinte - quasi der "Field General" - hatte andere Ideen. Unter Coach Knute Rockne hatte er im College bei den Fighting Irish den Forward Pass als Waffe entdeckt und setzte ihn in Green Bay konsequent ein. "Unsere Offense war damals 75 Prozent Passspiel", sollte er später sagen. "Andere Teams warfen nur aus Verzweiflung, wir aber schon bei First Down."
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Unter dem neuen Taktgeber bekam der Sport plötzlich eine ganz neue Eleganz - und einen Aspekt, der bis heute viele Entscheidungen diktiert: mehr Punkte. Waren bis dato Shutouts und Endergebnisse, die man heute eher beim Hockey vermutet, an der Tagesordnung, öffneten die Packers das Spiel. In der ersten Saison gegen andere Mannschaften aus der Region gewann man zehn von elf Partien - und erzielte dabei 565 Punkte. Kein Wunder also, dass sich die NFL der Magie des aufstrebenden Teams nicht entziehen konnte.
Über die kommenden Jahre prägte der Local Hero die Mannschaft als Allzweckwaffe: Er war es, der am 23. Oktober 1921 die ersten NFL-Pässe seines Teams warf - und auch derjenige, der vor 6.000 begeisterten Zuschauern als Kicker den Extrapunkt zum 7:6-Sieg über die Minneapolis Marines verwandelte. Nebenbei kümmerte er sich um das Recruiting, holte College-Leistungsträger in den eisigen Norden und stellte so Stück für Stück ein Championship-Team zusammen. 1929 holten die Packers den ersten NFL-Titel der Franchise-Geschichte. Höhepunkt und gleichzeitiger Abschluss von Lambeaus Spielerkarriere.