It's Playoff-Time! Die beste Zeit des Jahres beginnt am Samstag, zwölf Teams dürfen vom Super Bowl träumen. Die Ausgangslagen sind grundverschieden: Während die Raiders, die Texans und die Miami Dolphins mit großen Fragezeichen an den Start gehen, sind Green Bay, Pittsburgh und Kansas City zur richtigen Zeit brandheiß. Insgesamt dominiert die mangelnde Balance und nur ein Team setzt sich dabei merklich ab.
12. Oakland Raiders (12-4)
Die Raiders erwartet ein unglaublich bitteres Ende einer lange märchenhaften Saison - womöglich bereits am Samstag in Houston. Statt MVP-Kandidat Derek Carr und dem inzwischen ebenfalls verletzten Matt McGloin wird aller Voraussicht nach Rookie-Quarterback Connor Cook von Anfang an spielen. Ein zur langfristigen Entwicklung gedrafteter Rookie-Quarterback mit seinem ersten Start in den Playoffs? In den allermeisten Fällen ein Horror für jedes Team. Das gilt umso mehr für Oakland, da das Erfolgsrezept der Raiders stark darauf beruhte, Spiele über das eigene Passing Game zu gewinnen. Davon abgesehen gibt es nämlich gefährliche Löcher im Kader: Oakland lässt 4,5 Yards pro Run zu, noch alarmierender sind die 7,9 Yards pro gegnerischem Pass - nur die Packers (8,1) sind hier noch schlechter. Big Plays im Passing Game waren gegen die Raiders die ganze Saison über kein allzu großes Problem (77 Passing Plays mit mindestens 20 Yards Raumgewinn, deutlicher Liga-Höchstwert), mit McGloin oder Cook allerdings wird Oakland jetzt in einem möglichen Shootout nicht mehr schritthalten können, Cook wird jedenfalls nicht mit der gleichen Risiko-Bereitschaft wie im College spielen können. Die Hoffnung ruht somit auf dem eigenen Running Game: Die Raiders haben laut Football Outsiders die elftbeste Run-Blocking-Line, vor allem die linke Seite ist extrem physisch. Mit einer tiefen Running-Back-Rotation ist alles unter 30 Rushing-Versuchen weder vorstellbar, noch zielführend.
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11. Houston Texans (9-7)
Tom Savage oder Brock Osweiler - seit Dienstag ist klar: Osweiler spielt, Savage wird nicht rechtzeitig fit. Die vermutlich noch wichtigere Frage: Macht es wirklich einen großen Unterschied? Vor fast exakt vier Wochen hatte ich die Texans als "Playoff-Team lediglich auf dem Papier" bezeichnet, und an meiner Einschätzung hat sich wenig geändert. Nachdem Osweiler infolge einer maßlos enttäuschenden Saison vor zwei Wochen schließlich zum Backup degradiert worden war, zog sich Savage zum Abschluss der Regular Season gegen Tennessee eine Gehirnerschütterung zu. Head Coach Bill O'Brien, in dessen Amtszeit Houston inzwischen acht verschiedene Starting-Quarterbacks eingesetzt hat, lobte nach dem Spiel gegen die Titans Osweiler prompt mehrfach. Der wirkte in der No-Huddle-Offense zugegebenermaßen tatsächlich sicherer, klar ist aber auch: Osweiler ist eben nur auf dem Papier ein Playoff-Starting-Quarterback, hat er doch seine Limitierungen was Reads, Ball-Placement und simple Entscheidungen auf dem Platz angeht während der Regular Season eindrucksvoll gezeigt. Immerhin: Mit der Rückkehr von Lamar Miller sollte das Running Game funktionieren, die eigene Run-Defense um Jadeveon Clowney ist solide. Auch Cornerback A.J. Bouye kann am Samstag mitwirken.
10. Miami Dolphins (10-6)
Das dritte Team im Quarterback-Fragezeichen-Bunde. Die Verletzung von Ryan Tannehill zwingt wohl Matt Moore ins Rampenlicht, wenngleich es Gerüchte gibt, wonach Tannehill doch rechtzeitig fit werden könnte. Miamis langjähriger Backup, der in der Offseason schon vor dem Abschied stand, überzeugte mit einigen langen Pässen und sah vor allem gegen Pressure gut aus. Das mit Tannehill gegebene Element des mobilen Quarterbacks geht dagegen mit Moore weitestgehend verloren. Und der Quarterback ist nicht der einzige schwerwiegende Ausfall: Auch Center Mike Pouncey steht nicht zur Verfügung, ein großes Problem - denn Running Back Jay Ajayi weist deutliche Unterschiede mit oder ohne Pouncey auf. 109 Runs, 650 YDS (5,9 Yards pro Run) und fünf Rushing-TDs sind es mit dem Starting-Center in dieser Saison; 151 Runs, 622 YDS (4,1 Yards pro Run) und drei Rushing-TDs ohne ihn. In Kombination mit der mehr als löchrigen Run-Defense - kein Team erlaubte 2016 mehr Yards pro Run als die Dolphins (4,8) - sowie einer personell stark angeschlagenen Secondary wird es für Miami schwer werden, die erste Runde in Pittsburgh zu überstehen.
9. Detroit Lions (9-7)
Betrachtet man nur das letzte Saisonviertel, muss man sagen: Detroit darf sich glücklich schätzen, den Sprung in die Postseason geschafft zu haben. Neben einem knappen Sieg über Chicago gab es Pleiten gegen die Giants, die Cowboys und die Packers, und in den Duellen gegen die Playoff-Teams wirkten die Lions nicht selten überfordert. Auch wenn Zach Zenner in den letzten beiden Spielen gegen Dallas und Green Bay für einige vielversprechende Szenen sorgte, so ist und bleibt das Running Game eine große Baustelle - auch weil die Offensive Line im Run-Blocking verglichen mit der Pass-Protection deutlich abfällt. Außerdem wichtig: Wie sehr schränkt seine Fingerverletzung Quarterback Matthew Stafford, auch mit Blick auf Under-Center-Formationen, ein? Defensiv ist Top-Cornerback Darius Slay angeschlagen, die Pass-Defense ist ohnehin ein Problem. Das hängt auch mit dem mangelnden Pass-Rush zusammen, wo Ziggy Ansah längst nicht an seine starke Vorjahres-Form ran kommt. An einem guten Tag kann Detroits Offense aufgrund des starken Receiving-Corps, der guten Pass-Protection und vor allem dank einem fitten Stafford gegen nahezu jedes Team punkten. Gibt es einen solchen Tag ausgerechnet in Seattle?
8. New York Giants (11-5)
Blickt man nur auf die Defense, könnte man argumentieren, dass die Giants als gefährlichstes Team in die NFC-Playoffs gehen. Die G-Men verfügen über die beste Run-Defense der Liga (3,6 Yards pro gegnerischem Run, 10 zugelassene Rushing-Touchdowns), maßgeblich geprägt von Damon Harrison. Der Defensive Tackle ist der beste Run-Stopper der NFL, daneben glänzt auch Olivier Vernon. Safety Landon Collins spielt eine All-Pro-Saison und die Giants haben, ähnlich wie Denver, drei starke Cornerbacks. Das erlaubt es Defensive Coordinator Steve Spagnuolo, extrem kreativ zu sein: Aktuell ist kein Team besser darin, verschiedene Looks zu präsentieren, aus der Secondary heraus zu blitzen und Quarterbacks so konstant mental herauszufordern. Das Problem aus Sicht der Giants: Die Schere zwischen Defense und Offense ist so weit auseinander, wie fast nirgendwo sonst. Das beginnt bei Eli Manning, der eine absolut enttäuschende Saison spielt, und geht weiter mit dem schwachen Run-Blocking. Hier hat Rookie Paul Perkins zuletzt immerhin für einige positive Momente gesorgt. Odell Beckham wird es richten müssen, von allen Playoff-Quarterbacks (die Raiders aufgrund der kleinen Sample Size mal ausgenommen) verzeichnet nur Alex Smith (3,23) weniger Air-Yards pro Passversuch als Manning (3,34).
7. Seattle Seahawks (10-5-1)
Auch Seattle glänzt nicht gerade mit herausragender Balance, zumindest aber ein Quarterback-Problem haben die Seahawks nicht: Russell Wilson ist vielmehr der Grund dafür, dass die Offense trotz einer desolaten Line einigermaßen funktioniert. Offensive Coordinator Darrell Bevell setzt dafür vermehrt auf schnelle Pässe, gegen die 49ers etwa war Wilsons Dropback-Tiefe die zweitniedrigste in Week 17. Deutlich stärker beeinflusst die schlimme Line das Running Game, wo die Seahawks mit 3,9 Yards pro Run noch immer im unteren Liga-Viertel rangieren. Hoffnung bereitete Pete Carroll am Dienstag: C.J. Prosise könnte für die Divisional-Runde zurückkehren, Prosise würde Seattle zusätzlich zu Jimmy Graham ein individuelles Mismatch unabhängig vom Scheme geben. Defensiv muss Seattle in den Playoffs stärker als je zuvor vom Pass-Rush und der starken Front insgesamt - auch in der Run-Defense - leben. Angesichts der Qualität und der Leistungen hier nicht das schlimmste Rezept. Der Ausfall von Earl Thomas macht die Hawks in der tiefen Mitte des Feldes anfällig, das wurde auch in den Regular-Season-Spielen ohne den Safety deutlich. In Thomas' Abwesenheit müssen die Cornerbacks etwas anders spielen, da kein anderer Spieler die Instinkte und Geschwindigkeit des All-Pros hat, um Pässe und Routes frühzeitig zu erkennen. Andernfalls drohen lange Touchdowns wie der von J.J. Nelson vor zwei Wochen.
spox6. Green Bay Packers (10-6)
Aaron. Rodgers. Green Bays Quarterback ist der einzige Grund dafür, dass die Packers eher am oberen denn am unteren Ende der zweiten Gruppe stehen. Was Rodgers seit seiner Ankündigung vor sechs Wochen, alle ausstehenden Spiele gewinnen zu wollen, spielt, ist mitunter absurd - zu sehen auch eindrucksvoll beim Regular-Season-Finale gegen die Lions. Kein anderer Quarterback hat bei über 50 Prozent seiner Third-Down-Pässe ein neues First Down erzielt. Die zwischenzeitlichen Wadenprobleme sind ganz offensichtlich abgehakt und in Detroit zeigte Green Bay weitere interessante Ansätze für sein Running Game: Zone-Read-Runs, verschiedene Plays für Fullbacks, mehrere Blocker im Backfield - kombiniert mit den individuellen Mismatches, die Ty Montgomery und Jared Cook präsentieren sowie der deutlichen Steigerung bei Jordy Nelson und der starken Pass-Protection wird kein einziges Team auf die Packers-Offense treffen wollen. Die Defense dagegen? Das ist eine andere Geschichte. Die Secondary war die ganze Saison über stark dezimiert, Cornerback Quinten Rollins dürfte nach seiner Nacken-Verletzung in Week 17 am Sonntag gegen die Giants auch noch ausfallen. Hoffnung macht der Pass-Rush, die Packers können vor allem mit ihrer D-Line (Adjusted Sack Rate: 7,2 Prozent, sechstbester Wert) Druck erzeugen. Doch reicht das, falls es etwa gegen die brandheiße Falcons-Offense gehen sollte?
5. Pittsburgh Steelers (11-5)
Wie weit die Steelers in den Playoffs kommen, liegt in den Händen von Ben Roethlisberger. So weit, so klar. Doch bei der 2016er Version der Steelers ist tatsächlich richtig viel drin - vorausgesetzt, Big Ben spielt besser als im letzten Saisonviertel. Da agierte Pittsburghs Quarterback oft ungenau, traf schlechte Entscheidungen und leistete sich mehr als vermeidbare Turnover. Davon abgesehen gehen die Steelers brandheiß in die Postseason: Das Run-Blocking ist verbessert, Le'Veon Bell ohne jede Frage der beste Running Back und Antonio Brown der beste Receiver in den AFC-Playoffs. Auch die Pass-Protection gehört zu den besseren der Liga. Ladarius Green kann ein möglicher X-Faktor werden, während sich defensiv die Secondary über die zweite Saisonhälfte gefunden und merklich gesteigert hat. Pittsburgh hat alle Möglichkeiten, auch in Foxboro zu gewinnen. Dafür aber braucht es einen Ben Roethlisberger in Topform.
4. Atlanta Falcons (11-5)
Wer meine Twitter-Timeline während dieser Saison verfolgt hat, weiß, was ich von der Falcons-Offense halte. Keine Offense ist 2016 besser designed, keine attackiert die Schwächen der Gegner gezielter und besser als Atlantas. Nicht umsonst ist Offensive Coordinator Kyle Shanahan auf dem gerade eröffneten Coaching-Markt ein begehrter Mann. Atlanta verfügt, maßgeblich bestimmt von Center Alex Mack sowie dem Duo Devonta Freeman/Tevin Coleman über ein herausragendes Zone-Run-Game, das jedem Gegner riesige Probleme bereiten kann. Das Passing Game ist glänzend koordiniert, mit Julio Jones und Taylor Gabriel verfügt Atlanta im Receiving-Corps über individuelle Matchup-Herausforderungen. Da wirkt es manchmal fast wie eine Randnotiz, dass Matt Ryan ein heißer MVP-Kandidat ist und im Play-Action-Spiel brilliert. Warum also nur Platz 4? Die Falcons müssen erst zeigen, dass sie defensiv in den Playoffs mithalten können. Vic Beasley beendet die Regular Season zwar mit den ligaweit meisten Sacks (15,5) und den fünftmeisten Hurries (31), insgesamt aber ist die Defensive schlagbar: Das gilt für die Secondary, wo Desmond Trufant weiterhin fehlt, aber auch für die Run-Defense: Nur fünf Teams erlauben mehr Yards pro Run als die Falcons (4,5).
3. Kansas City Chiefs (12-4)
Über weite Strecken der Saison waren die Chiefs ein Rätsel: Kansas City gewann seine Spiele zwar, warum genau blieb aber oft unklar. Damit ist es inzwischen vorbei, die Formel wesentlich besser sichtbar: Die Chiefs schaffen es über ein insgesamt sehr rundes Scheme, den Ball oft in die Hände ihrer besten Spieler zu geben. Ob per Tight-End-Screens und Slants gegen Off-Coverage zu Travis Kelce, oder kurze Pässe und Power-Runs für Tyreek Hill - Kansas Citys Offense hat zusätzlich zu seinem Run Game Wege gefunden, die konservative Spielweise von Alex Smith auszugleichen. Hill hat dabei das Zeug zum Playoff-X-Faktor. Über die letzten vier Regular-Season-Spiele gelangen ihm: ein 36-Yard-TD-Catch, ein 78-Yard-Punt-Return-TD, ein 68-Yard-Rushing-TD, ein 70-Yard-Rushing-TD und ein 95-Yard-Punt-Return-TD. Die Secondary kann über Turnover Spiele entscheiden, der Pass-Rush ist einer der besten in den Playoffs. Allerdings: Der Ausfall von Linebacker Derrick Johnson wird sich vor allem in der Run-Defense bemerkbar machen.
2. Dallas Cowboys (13-3)
So gut Dallas in der Regular Season auch war, die Cowboys in den Playoffs einzuschätzen ist nicht ganz einfach. Da Dak Prescott (8 Pässe) und Ezekiel Elliott (kein Run) in Week 17 kaum beziehungsweise gar nicht gespielt haben, bekommen beide jetzt unter dem Strich eine zweiwöchige Pause. Es wird spannend sein, wie die beiden Rookies den Playoff-Druck bis dahin verarbeiten und sich gegen ein erfahrenes Team wie Green Bay oder die Giants präsentieren. Hält man sich nur an die Fakten, können die Cowboys-Bosse ruhig schlafen: Dallas hat mit seinem Running Game im Zusammenspiel von O-Line und Elliott die beste "Einheit" der NFL, während sich Dez Bryant zuletzt steigern konnte. Prescott jedoch kann von komplexen Defenses noch immer verwirrt werden und scheut gelegentlich das Risiko, was in den Playoffs aber auch positiv sein kann. Umgekehrt stellt sich die Frage: Kann Dallas weiterhin, wie im letzten Saisonviertel mehrfach zu sehen, Quarterbacks unter Druck setzen? David Irving hat sich hier positiv hervorgetan, Randy Gregory könnte, sollte sein Einspruch erfolgreich sein, in der Divisional-Runde zur Verfügung stehen.
1. New England Patriots (14-2)
Die vielleicht einfachste Nummer 1 in den Power Rankings dieser Saison: Die Patriots sind aktuell das beste Team der NFL, und das hat mehrere Gründe. New England präsentiert sich von allen Playoff-Teams eindeutig am ausgeglichensten. Es gibt keine klare Schwäche, am ehesten vielleicht noch der Pass-Rush. Dafür gibt es viele Dinge, die New England gut macht. Die Patriots haben eine gut ausbalancierte Offense, nur Buffalo und Dallas verzeichneten in der Regular Season mehr Rushing-Versuche pro Spiel als die Pats (30,1). Mit LeGarrette Blount und Dion Lewis kann New England so Defenses vor riesige Matchup-Probleme stellen, auch weil Tom Brady gleichzeitig hinter deutlich verbesserter Pass-Protection eine herausragende Saison spielt. New England macht mit Blick auf Turnover kaum Fehler, ist im Passing Game extrem effizient und scheint bislang dank Martellus Bennett sogar den Ausfall von Rob Gronkowski gut weggesteckt zu haben. Dazu ist der jüngst verpflichtete Michael Floyd bereits eine Waffe, er sollte mit seiner Physis bei In-Breaking-Routes sowie in der Red Zone auch in den Playoffs Schaden anrichten können. Die Defense glänzt gegen den Run, die Secondary ist durch die Bank weg gut besetzt. Darüber hinaus gehören die Pats zu den besten Red-Zone-Defenses. Nicht umsonst lässt kein Team weniger Punkte pro Spiel zu als New England (15,6). Die AFC-Playoffs laufen nicht nur örtlich über Foxboro: Die Patriots sind auch der klare Favorit auf das Super-Bowl-Ticket.