Wann geht's nach Vegas - und warum?

Von Adrian Franke
28. März 201709:50
Die Raiders verlassen Oakland und ziehen nach Las Vegas umgetty
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Die NFL hat ihren nächsten Team-Umzug! Nachdem die Chargers und die Rams den Weg nach Los Angeles eingeschlagen haben, wechseln jetzt auch die Oakland Raiders ihre Heimat: Las Vegas ruft! Doch wie geht es jetzt weiter? Wann erfolgt der Schritt? Wo spielen die Raiders? Und wie wird der Umzug bezahlt? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Frage 1: Wie und warum kam es zum Umzug?

Seit Jahren schon herrschte Unzufriedenheit in Oakland. Die Raiders spielen in einem der baufälligsten Stadien der NFL, mit der Stadt aber kam es zu keiner Einigung - die unterstützt stattdessen das neue Bauprojekt ihres MLB-Teams, der Athletics. Daran änderten auch die letzten Versuche der Gruppierung um Hall-of-Famer Ronnie Lott nichts.

So hatte ein Franchise-Besitzer gegenüber NFL-Media-Reporterin Judy Battista schon vor einigen Tagen erklärt: "Die Tatsache, dass es in Oakland schlicht keine realistische Option gibt, ist ein großer Faktor. Niemand will wirklich, dass das Team umzieht. Aber es hat dort einfach nicht funktioniert." Ein NFC-Team-Präsident schlug im MMQB in die gleiche Kerbe: "Wenn wir hier Äpfel mit Äpfel vergleichen würden, dann würden sie nicht gehen."

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Doch dem ist nicht so. Es gab vor allem am Ende kein ernsthaftes Angebot, keinen Dialog in Oakland, und Las Vegas zeigte nun schon seit einer Weile Interesse. Richtig konkret wurde es spätestens mit dem Umzug der Chargers aus San Diego nach Los Angeles - die Raiders hatten ihrerseits die Vertragsoption, um nach L.A. zurückzukehren, hätten sich die Chargers doch mit San Diego auf die Finanzierung eines neuen Stadions geeinigt und wären geblieben.

Wie immer bei Team-Umzügen geht es also (auch) um Geld. Raiders-Eigentümer Mark Davis gehört zu den vergleichsweise ärmeren Team-Besitzern, von Anfang an war klar, dass er bei einem möglichen Umzug auf finanzielle Hilfe durch die Stadt angewiesen sein würde. Und die erhält er in Vegas: Die Stadt leistet Zuschüsse in Höhe von 750 Millionen Dollar, 550 Millionen Dollar zahlt das Team selbst.

Die restlichen 650 Millionen Dollar für die neu geplante Arena in Las Vegas, die 1,9 Milliarden Dollar kosten und 65.000 Zuschauer beherbergen soll, übernimmt die Bank of America. Die Raiders hatten den Konzern als Finanzierungspartner an Land gezogen, nachdem sich Casino-Mogul Sheldon Adelson, der diese Summe eigentlich übernehmen wollte, von den Plänen zurückgezogen hatte. Gerüchten vom Montag zufolge soll das Stadion womöglich gar bis zu 200 Millionen Dollar weniger kosten - und weitere zusätzliche 200 Millionen von der Stadt übernommen werden. Die Umzugskosten für die Raiders würden also auf 150 Millionen Dollar sinken.

Bereits im Januar hatten die Raiders die Umzugspapiere eingereicht, mit der Festsetzung der Stadion-Finanzierung war die nächste große Hürde genommen. Mit der Stadt als Stadion-Partner im Rücken konnten die Raiders den anderen Team-Besitzern ein mehr als verlockendes Paket präsentieren. Das spiegelte sich letztlich auch in der Abstimmung beim Eigentümer-Treffen in Arizona wieder: 24 Ja-Stimmen hätten gereicht, von den 32 Team-Besitzern stimmten letztlich 31 für den Umzug. Nur die Miami Dolphins stimmten dagegen.

Frage 2: Wie und wann läuft der Umzug jetzt konkret ab?

Die Eigentümer haben dem Umzug zwar zugestimmt - das bedeutet aber nicht, dass die Raiders jetzt sofort ihre Büros in Oakland räumen und sich bis zum Sommer aus dem Staub machen, wie es etwa bei den Chargers vereinfacht gesagt abläuft.

Die Finanzierung für das neue Stadion mag zwar stehen, der genaue Ort allerdings ist noch offen. Klar ist: Die Raiders werden definitiv noch das nächste, mutmaßlich auch das übernächste Jahr in Oakland spielen. Das vermeldete Team-Besitzer Mark Davis kurz nach der Verkündung der Entscheidung. Der finale Umzug in das neue Stadion nach Las Vegas ist erst für das Jahr 2020 vorgesehen, der Verbleib in Oakland würde dem Vernehmen nach über Einjahresverträge stattfinden.

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Sollten sie doch schon früher gehen wollen, müssten sie wohl das Stadion der University of Las Vegas renovieren - das 1971 eröffnete Sam Boyd Stadium, in dem die UNLV Rebels spielen, erfüllt aktuell kaum NFL-Standards. Die notwendigen Renovierungen könnten ersten Meldungen zufolge über ein Jahr in Anspruch nehmen. Darüber hinaus finden maximal 40.000 Zuschauer darin Platz.Ein solcher Schritt ist angesichts der Äußerungen von Davis sowie von Commissioner Roger Goodell aber mehr als unwahrscheinlich.

So ist die Übergangslösung in Oakland wohl am wahrscheinlichsten, vorausgesetzt die Fans kommen auch weiterhin, während hinter den Kulissen alle Vorbereitungen für den Umzug getroffen werden. Dazu gehört etwa auch das genaue Modell zur Stadion-Miete in Vegas, einer von vielen organisatorischen Punkten, die noch offen sind.

Unklar ist auch, was im Jahr 2019 passiert: Davis erklärte, dass das Team "womöglich" noch ein drittes Jahr in Oakland verbringen wird. Denkbar wäre daneben auch etwa eine einjährige Untermiete bei den San Francisco 49ers. Um enttäuschte Fans frühzeitig zu besänftigen, kündigte Davis an, dass das Team bereits erworbene Karten "gerne zurückerstattet", sollten Fans angesichts der Entscheidung nicht mehr zu den Spielen kommen wollen.

Frage 3: Was bedeutet der Schritt für die Raiders?

Zuallererst eine neue Chance. In Oakland bestand keine Möglichkeit auf einen neuen Stadion-Deal, mit dem beide Seiten auch nur ansatzweise hätten leben können. Das hatte sich über die letzten Monate mehr als deutlich abgezeichnet.

Nicht wenige Team-Besitzer sollen darauf gehofft haben, dass Davis das Team verkauft, um den Raiders mehr finanzielle Möglichkeiten zu geben und so auch den Verbleib in Oakland wieder realistischer zu machen. Doch dagegen sträubte sich der Besitzer, genau wie er die Idee von einem Co-Owner ablehnt.

Vegas ist unter diesen Umständen auch für die Liga eine attraktive Möglichkeit, um einer finanziell schwächeren Franchise neue Möglichkeiten an die Hand zu geben. Nicht umsonst kommt die NFL den Raiders allem Anschein nach hier auch entgegen: Die Umzugs-Gebühr beträgt Berichten zufolge "nur" zwischen 325 und 375 Millionen Dollar - und damit selbst angesichts der unterschiedlichen Märkte auffallend weniger als die der Chargers und der Rams. Ein klares Indiz, dass auch die Liga in Vegas die einzige ernsthafte Alternative sah, um die Situation der Raiders zu lösen.

Die Raiders sind eine starke Marke und Los Angeles - wo die mutmaßlich stärkste Fan-Base des Teams residiert - ist mit dem Auto lediglich knapp vier Stunden entfernt, und damit eineinhalb Stunden weniger als Oakland. Für amerikanische Verhältnisse fast ein Katzensprung. Die Raiders dürfen darauf hoffen, dass mehr Fans aus L.A. den Weg auf sich nehmen. Darüber hinaus lohnt es sich auch für die Spieler: Der Umzug von Kalifornien nach Nevada bedeutet bei der State-Einkommenssteuer einen Sprung von 13 auf 0 Prozent.

Rein sportlich allerdings könnten dem Team jetzt schwierige Jahre bevorstehen: Zwar hat die vergangene Saison untermauert, wie viel Talent in diesem Raiders-Team existiert. Doch mit dem Damoklesschwert des sicheren Umzugs über dem eigenen Kopf erwartet die Spieler ein ganz anderer Druck und die Fans eine ungewöhnliche Situation mit unvorhersehbarer Reaktion.

Was passiert, wenn die Raiders mal zwei Partien in Folge verlieren? Was, wenn sie irgendwann bei 3-5 oder 4-6 stehen? Wie lange machen die ob des Umzugs enttäuschten Fans in Oakland dieses Spiel mit, wenn die sportlichen Erfolge ausbleiben - und umgekehrt: Wie gehen die Spieler mit dieser ungewöhnlichen Situation um?

Die Raiders haben einen Kader, der mit einigen kleineren Verbesserungen als ernsthafter Contender gesehen werden muss - angesichts des vorläufigen Verbleibs in Oakland ist auch die kolportierte Verpflichtung von Marshawn Lynch nicht vom Tisch.

Der jahrelang bevorstehende Umzug allerdings könnte aus dieser tollen sportlich attraktiven Situation eine aus emotionaler und zwischenmenschlicher Sicht schwierige Situation machen - was sich früher oder später auch auf das Bild auf dem Platz auswirken dürfte. Und wenn der Umzug dann geschafft ist: Wie lange dauert es, ehe Las Vegas angesichts des starken Tourismus-Faktors ein echter Heimvorteil für die Raiders wird?

Frage 4: Warum Las Vegas?

Die Antwort liegt auf der Hand: Vegas will sich als Sportstadt auf der Karte platzieren und nimmt dafür viel Geld in die Hand. Deshalb kommt das neu gegründete NHL-Team, die Vegas Golden Knights, das seine Heimspiele in der erst 2014 für 375 Millionen Dollar fertig gestellten T-Mobile Arena austragen wird. Betreiber MGM Resorts International sucht nach einer NBA-Franchise, die ebenfalls nach Sin City will. Selbst die MLB denkt laut darüber nach ein AAA-Team nach Nevada zu bringen.

Für den Ruf als Sportstadt wurde Geld in die Hand genommen. Für das Team ist es auch neben der großzügigen Finanzspritze - die in diesem Fall, längst nicht immer üblich, schon im kompletten Umfang im Vorfeld feststand - eine ideale Situation: Rein sportlich gesehen, ist der Markt vergleichsweise offen, während in und um Oakland mit den 49ers, den Warriors und den As doch einiges an Konkurrenz mehr oder weniger direkt vor der Haustür zu finden ist.

Zusammengefasst: Vegas hat sich über das letzte Jahr aktiv um die Raiders bemüht, während Oakland seine finanziellen Prioritäten anderweitig setzte.

Dennoch wäre Vegas vor zehn, elf Jahren keine Option für ein NFL-Team gewesen - Sportwetten wurden als viel zu großes Risiko angesehen. Ein Risiko, an dem sich die Liga nicht die Finger verbrennen wollte. Heute aber ist die Lage anders: Ohnehin ist im Bereich Sportwetten nahezu alles online verfügbar, die physische Präsenz in der Sportwetten-Hauptstadt Las Vegas ist im Jahr 2017 deutlich weniger problematisch als noch vor rund zehn Jahren.

Commissioner Roger Goodell kündigte im Gespräch mit dem MMQB an: "Wir haben unsere Haltung gegenüber legalisierten Sportwetten nicht geändert - wir halten es noch immer für keine positive Sache. Wir wollen sicherstellen, dass die Integrität unseres Sports oberste Priorität genießt, und wir tun alles dafür, diese zu schützen."

Gleichzeitig aber müsse man auch die Veränderungen in der Gesellschaft mit Blick auf das Glücksspiel betrachten, "außerdem glaube ich, dass sich Las Vegas als Stadt weiterentwickelt hat. Zwar mag sie noch von der Glücksspiel-Industrie dominiert sein, doch es gibt zusätzlich dazu ein großes Entertainment-Angebot, inklusive auch politischer Conventions. Unsere Regierung trifft sich dort, man sieht viele Aspekte, in denen die Stadt vielfältiger geworden ist. Es ist jetzt eine Entertainment-Stadt."

Spannend wird allerdings, wie die Liga mit dem Umzug umgeht. Nach den Rams und den Chargers ist es der dritte Umzug, der innerhalb von nur 14 Monaten verkündet wird. Das kann nicht im Interesse der NFL sein.

Frage 5: Wird die NFL in Las Vegas ein Erfolg?

Jede Antwort auf diese Frage ist spekulativ und basiert nur auf Prognosen. Doch einige mögliche Tendenzen lassen sich zumindest fundiert vermuten. Da wäre einerseits die Tatsache, dass Las Vegas wie kaum eine andere Stadt in den USA vom Tourismus lebt, und viele Menschen täglich in die Stadt kommen, sie aber auch wieder verlassen.

Über die letzten fünf Jahre kamen im Schnitt 41.154.016 Besucher pro Jahr, seit 2010 steigt die Zahl dauerhaft. So entsteht ein konstanter Menschenstrom, was berechtigte Fragen aufwirft. Kann unter diesen Umständen eine Fan-Basis entstehen, die regelmäßig ins Stadion geht? Ist der TV-Markt stark genug? Ist das Projekt mittel- sowie langfristig sicher und attraktiv genug, damit sich Premium-Partner finden?

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In Vegas sind sich jedenfalls viele sicher, dass Fans das Team mit offenen Armen empfangen werden - anders, als es etwa den Chargers in L.A. ging. Don Logan, Präsident des Las Vegas Minor League Baseball Teams und gebürtig aus Milwaukee, fasste das laut MMQB so zusammen: "Meine Teams sind die Packers, Brewers und Bucks. Aber die Leute, die hier geboren sind, wie auch meine Kinder, die 25 und 28 Jahre alt sind, haben diese Verbindung nicht. Sie haben keine Loyalitäten gegenüber einem Team, wie ich sie habe. Wenn aber die Raiders hierher kommen, werden sie Raiders-Fans sein. Ich glaube, wir haben hier zwei Generationen, die auf ein eigenes Team warten."

Der Markt dafür ist aus sportlicher Sicht gegeben: Las Vegas hat kein MLB-AAA-Team und kein NBA-Team, aus der NHL kommen erst zur Saison 2017/18 die gerade frisch gegründeten Vegas Golden Knights. Keine ernsthafte Konkurrenz für ein etabliertes NFL-Team wie die Raiders, umso mehr, da die Knights ganz unten anfangen. Die Raiders dagegen sollten auch in drei Jahren um Derek Carr, Khalil Mack und Amari Cooper noch einen talentierten Team-Kern aufbieten können.

Auf der anderen Seite ist Vegas eine riesige Entertainment-Stadt. Die Konkurrenz im Werben um die sich stets auf der Durchreise befindenden Touristen kommt also womöglich eher aus anderen Richtungen, nämlich durch die zahlreichen Casinos und die unzähligen Shows. Und die Zuschauer im Stadion könnten nicht selten auch genau das sein: Touristen auf der Durchreise, die ein NFL-Spiel als Attraktion mitnehmen.

Kurios: Eine Regeländerung kommt im Zuge des Umzugs in jedem Fall. Die NFL wird es erstmals seit Jahren den Schiedsrichtern erlauben (müssen), während der Saison nach Las Vegas zu reisen. Für lange Zeit war ihnen das mit Blick auf die Wett-Gelegenheiten in der Stadt verboten.

Der NFL-Spielplan im kompletten Überblick