Wenn die Free Agency am 9. März startet, blicken viele auf die Quarterbacks: Welcher Domino-Stein fällt als erster, und vor allem - wohin fällt er? Verlässt Jimmy Garoppolo die Patriots, geben die Buffalo Bills Tyrod Taylor ab? Und was passiert eigentlich mit Colin Kaepernick? SPOX beleuchtet das faszinierende Quarterback-Karussell, und wagt Prognosen. Verfolgt werden kann das ganze Drama ab Donnerstagabend (9.3., ab 18.30 Uhr) brandheiß im SPOX-Live-Ticker!
Die Frist rückt immer näher: Am 9. März beginnt die Free Agency, und damit auch der alljährliche Versuch zahlreicher Teams, einen neuen Quarterback zu finden. Während die Washington Redskins Kirk Cousins bereits erneut mit dem Franchise Tag ausgestattet und Cousins dadurch in eine ungewöhnlich starke Verhandlungsposition gebracht haben, herrscht anderswo vor allem eines: die große Ungewissheit.
So ranken sich allerhand Spekulationen um die Zukunft von Jimmy Garoppolo bei den Patriots, während sich die Buffalo Bills bei Tyrod Taylor ganz bewusst alle Möglichkeiten offen halten. Tony Romos Abschied aus Dallas rückt indes von Tag zu Tag näher, und Colin Kaepernick wird aus freien Stücken seinen Markt testen. Doch wer landet am Ende wo?
Jimmy Garoppolo (New England Patriots) - Wettbieten auf des Königs Erben?
Keine Quarterback-Situation ist vor dem Start der Free Agency so faszinierend wie die Garoppolos. Von allen (mutmaßlich) verfügbaren Kandidaten hat der 25-Jährige die geringste Erfahrung (94 Regular-Season-Pässe für 690 YDS, 5 TDs). In seinen wenigen Spielen zeigte er vielversprechende Ansätze, vor allem in Week 2 gegen Miami. Ex-Dolphins-Defensive Coordinator Vance Joseph, inzwischen Head Coach der Broncos, betonte am Mittwoch: "Ich war geschockt, wie gut er gegen uns gespielt hat."
Trotzdem ist es äußerst schwierig, basierend auf dieser kleinen Kostprobe eine langfristige Prognose abzugeben - Stichwort Brock Osweiler. Dennoch ist er, zumindest für die Teams, die auf der Suche nach einer langfristigen Lösung sind, scheinbar ein Wunschkandidat. So wurden zuletzt vor allem die Cleveland Browns und die Chicago Bears intensiv mit Garoppolo in Verbindung gebracht, auch die San Francisco 49ers hört man immer wieder in diesem Zusammenhang.
Jüngst aufgetauchte Berichte, wonach die Patriots Garoppolo nicht abgeben werden, wurden bereits am Donnerstag wieder revidiert - Insider-Quellen zufolge ist ein Garoppolo-Trade sehr wohl denkbar. Vorausgesetzt natürlich, das Angebot passt.
Doch die Frage muss sein: Macht ein Trade aus Sicht der Patriots wirklich Sinn? Ja, Draft-Kapital ist wertvoll und wenige Coaches sammeln so gerne Draft-Picks wie Bill Belichick. Auf der anderen Seite aber überwiegt ein echter Franchise-Quarterback den Luxus vieler hoher Draft-Picks. Immer. Das führt direkt zum Kern der Sache: Sehen die Patriots Garoppolo als ernsthaften Erben für Tom Brady und somit als ihren Quarterback der Zukunft? In dem Fall sollte kein Angebot eines anderen Teams hoch genug sein.
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Das gilt umso mehr, da Garoppolo nach der kommenden Saison insgesamt vier Jahre lang die durchaus herausfordernde Offense der Patriots gelernt haben wird. Ein Luxus, den New England auch mit mehreren Draft-Picks nicht ausgleichen könnte, und der umgekehrt andere Teams auch abschrecken sollte. Schließlich weiß letztlich niemand, wie Garoppolo in einer anderen Offense aussehen würde.
Brady hat zwar vor einigen Wochen im MMQB gesagt, dass er "bis Mitte 40" spielen will und 2017 "nicht seine letzte Saison" sein werde. Doch gibt es darauf einerseits keine Garantie, und andererseits könnten die Patriots Garoppolo nach der kommenden Saison immer noch mit dem Franchise Tag ein weiteres Jahr halten. Oder ihm den Tag geben, und ihn danach traden, wie sie es im Februar 2009 mit Matt Cassel (nach Kansas City) gemacht haben.
SPOX-Prognose: An Angeboten wird es fraglos nicht mangeln. Doch die Patriots entscheiden sich, Garoppolo mindestens noch für das letzte Jahr seines Rookie-Vertrags zu halten, um ein weiteres Jahr abgesichert zu sein. Sollte Brady doch irgendwann abbauen.
Tyrod Taylor (Buffalo Bills) - Warum?
Die Suche nach einem Franchise-Quarterback kann ein zähes, langwieriges Geschäft sein - Teams wie die Cleveland Browns oder die New York Jets können davon ein ausführliches Lied singen. An einem gewissen Punkt greifen diese Teams nach fast jedem Strohhalm.
Warum also das Risiko eingehen, einen Quarterback, mit (und dank) dem man gewinnen kann, zu verlieren? Diese Frage dürfte sich aktuell auch so mancher Bills-Fan stellen. Tyrod Taylor hat über die letzten beiden Jahre in Buffalo oftmals sein Potential (und auch seine Limitierungen) gezeigt. Doch sein größter Fürsprecher, Ex-Head-Coach Rex Ryan, ist längst entlassen, und intern gibt es mehrere Kritiker.
"Wir durchlaufen diesen Prozess im Moment", erklärte der neue Head Coach Sean McDermott am Rande der Combine am Mittwoch. "Man betrachtet das dabei aus jedem Blickwinkel, also beurteilen wir Tyrod gemäß der Aspekte, die wir bei einem Quarterback suchen. Und ja, man schaut dann auch andere Dinge an, sprich die anderen Kandidaten, die auf dem Free-Agent-Markt verfügbar sind."
Ein Bekenntnis zum eigenen Quarterback klingt fraglos anders, und rein inhaltlich lässt sich daraus schließen, dass Taylor zum Start der Free Agency am 9. März noch im Kader der Bills steht. Erst am 11. März endet Taylors Vertragsfrist. Ist er dann noch im Team, wären ihm 30,75 Millionen Dollar über die nächsten beiden Jahre garantiert, bei einem Cap Hit von 15,9 Millionen Dollar 2017. Zwischen dem 9. und dem 11. könnten die Bills Taylor mit seinem Vertrag inklusive Option traden, was, hört man McDermott zu, definitiv denkbar ist.
Doch weshalb sollte Buffalo das tun? Taylor ist aktuell einer der besten Rushing-Quarterbacks in der NFL und die Bills hatten auch dank ihm und der Gefahr, die Taylor hier ausstrahlt, in der Vorsaison das ligaweit beste Running Game. Taylor kann einen guten Deep-Ball werfen und leistet sich kaum Turnover. Auch wenn er rein aufs Passspiel bezogen wohl nie in die Klasse eines Elite-Quarterbacks aufsteigen wird und man die Offense ihm anpassen muss, ist er allemal ein überdurchschnittlicher Starter. In dieser Elite-Kategorie gibt es nur eine kleine Auswahl, und Buffalo täte gut daran, sich aus der "Solider Starter"-Kategorie nicht unüberlegt in die "Auf der Suche"-Kategorie zu katapultieren.
SPOX-Prognose: Die Bills akzeptieren, dass sie zumindest 2017 keine bessere Alternative finden. Taylor würde über die nächsten Jahre im Schnitt unter 20 Millionen Dollar pro Saison kassieren. Das ist für einen Starting-Quarterback, selbst einen mit Limitierungen, nicht nur überaus günstig: Angesichts des konstant steigenden Salary Caps ist es darüber hinaus kein Vertrag, der den Bills anderweitig die Hände bindet. Auch eine individuelle Bindung gibt es: Buffalos neuer Offensive Coordinator Rick Dennison war Taylors QB-Coach in Baltimore 2014.
Tony Romo (Dallas Cowboys) - Es ist kompliziert...
Kurz zusammengefasst: Romo ist der vielleicht komplizierteste Fall im Quarterback-Karussell 2017. Wenn er fit ist, kann Romo noch immer auf allerhöchstem Level spielen und wäre somit ein idealer Kandidat für einen Titelanwärter, dem "nur" der Quarterback fehlt. Doch ist das ein großes "Wenn", betrachtet man die Krankenakte des Routiniers in den vergangenen Jahren. Dementsprechend ist es auch schwierig einzuschätzen, wie ein neuer Vertrag für ihn aussehen könnte.
Zur ausführlichen Einschätzung von Romos Situation geht es hier entlang.
SPOX-Prognose: Romo bleibt definitiv nicht in Dallas. Die Cowboys entlassen den Quarterback in den nächsten Tagen, woraufhin Romo für weniger Geld und dafür eine gute Titel-Chance bei den Denver Broncos unterschreibt.
Colin Kaepernick (San Francisco 49ers) - Nichts wie weg
Es hatte sich über Wochen angekündigt: Bereits Anfang Februar sickerte durch, dass Kaepernick seine Option ziehen und aus dem Vertrag mit den 49ers aussteigen wird. Dieser Schritt scheint nur noch Formsache und wird zeitnah passieren. Am Donnerstag verkündete Kaepernick passend dazu, dass er in der kommenden Saison zur Nationalhymne nicht mehr knien, sondern stehen wird. Ein kluger Schachzug, um den Medien-Zirkus bei einem potentiellen neuen Team herunter zu schrauben.
Allerdings beantwortet auch das nicht die Frage: Welchen Colin Kaepernick bekommt sein neues Team 2017? Sicher, den dominanten Kaepernick aus der 2012er Saison gibt es in dieser Form nicht mehr, allein schon deshalb, weil sich Defenses auf die Read-Option eingestellt haben. Doch präsentierte er sich in der zweiten Saisonhälfte 2016 zumindest vereinzelt aus der Pocket heraus besser und streute seine - noch immer effizienten - Runs eher vereinzelt, dafür aber sinnvoll ein.
Gleichzeitig bleibt er im Passing Game limitiert. 49,8 Prozent seiner Passing Yards kamen 2016 laut Pro Football Focus nach dem Catch zustande, damit befindet er sich in Gegenwart von Sam Bradford (50 Prozent) oder Ryan Tannenhill (49 Prozent). Dabei litt er zwar unter der generell schwachen Offense in San Francisco, brachte aber auch etwa nur 66,4 Prozent seiner Pässe an, wenn er nicht unter Druck stand. Das bringt ihn in die unerfreuliche Gesellschaft von Brock Osweiler (64,1 Prozent), Ryan Fitzpatrick und Blake Bortles (je 62,7 Prozent).
Der Free-Agency-Fahrplan: Wann wechseln Peterson und Co.?
Kaepernick, der in diesem Jahr schon 30 wird, ist nach wie vor ein ungenauer, inkonstanter Passer. Und doch drängt sich die Frage auf: Wie gut kann er sein, wenn die Offensive Line und die Receiver um ihn herum ein höheres Niveau haben? Könnte er in einer Offense mit einem starken Running Game als Game-Manager glänzen?
SPOX-Prognose: Der vielleicht schwierigste Kandidat, was eine Vorhersage angeht. Kaep wird sich voraussichtlich mit einem Einjahresvertrag beweisen müssen, ehe ihm ein Team einen langfristigen Deal gibt - und zumindest den Einjahresvertrag erhält er von den Chicago Bears, die nach den mutmaßlichen Abgängen von Brian Hoyer und Jay Cutler eine neue (Übergangs-)Lösung brauchen.
Jay Cutler (Chicago Bears) - Jetzt aber raus hier
Vier Jahre hat Jay Cutler noch auf seinem 2014 unterzeichneten Siebenjahresvertrag übrig, und dennoch gibt es kaum einen Experten, der den 33-Jährigen auch 2017 noch in Chicago sieht. Der stets extrem umstrittene Cutler wäre vielmehr womöglich schon im Vorjahr entlassen worden, hätte ein sehr hoher Dead Cap das nicht verhindert. Eine Entlassung in diesem Jahr dagegen hinterlässt auf dem Bears-Cap lediglich zwei Millionen Dollar.
Übereinstimmenden Berichten zufolge versucht Chicago bereits seit Mitte Januar Cutler via Trade loszuwerden und bietet ihn aktiv anderen Teams an. Cutler, der verletzungsbedingt (Daumen, Schulter) in der vergangenen Saison lediglich fünf Spiele absolviert hat, ist darüber angeblich auch schon im Bilde.
Der ehemalige Broncos-QB hat in seinen acht Jahren in Chicago diverse Franchise-Rekorde aufgestellt, seine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ist aber durch zwei Dinge geprägt: Eine schwierige Persönlichkeit, sowie über die letzten Jahre sportlich betrachtet absolutes Mittelmaß. Cutler hat noch immer einen starken Arm und würde für mehrere Teams in der NFL ein Upgrade darstellen. Doch reicht ein Tapetenwechsel, um seine Lust am Spiel nochmals herauszukitzeln?
SPOX-Prognose: Cutler steht seit Jahren immer wieder im Fokus der medialen Kritik. Und doch ist er, wenn fit, noch immer ein durchschnittlicher NFL-Quarterback - wie ihn die New York Jets, aktuell mit Bryce Petty und Christian Hackenberg ausgerüstet, dringend brauchen. Cutler geht zu Gang Green, wo es auch eine starke persönliche Verbindung gibt: Der neue Jets-QB-Coach Jeremy Bates hat Cutler bereits in Denver und Chicago trainiert und soll eine sehr gute Beziehung zu ihm haben.
Der Rest - Mike Glennon, Robert Griffin III., Blake Bortles und Co.
Übrig bleibt eine ganze Reihe an weiteren Namen. So ließen etwa die Browns-Verantwortlichen unter der Woche durchblicken, dass Robert Griffin III. in Cleveland wohl eher keine Zukunft hat. Bei den Tampa Bay Buccaneers läuft der Vertrag von Mike Glennon aus, er wird unter anderem bereits mit den Bears in Verbindung gebracht. In Jacksonville ist der Platz von Blake Bortles zumindest vorerst garantiert. Hat Bortles aber eine weitere enttäuschende Saison, könnte der neue Jags-Boss Tom Coughlin schnell die Reißleine ziehen.
Derweil gilt Routinier Josh McCown als ausgemachter Nachfolger von Tony Romo in Dallas und soll dort als Backup für Dak Prescott fungieren. Brian Hoyer könnte sich mit seinen guten Auftritten in der vergangenen Saison für die Bears für einen Vertrag empfohlen haben. Auch die Jets-QBs Ryan Fitzpatrick und Geno Smith sind bald Free Agents. Beide dürften irgendwo als Backup unterkommen.