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Two-Face oder Superman?

Odell Beckham war auch in der vergangenen Saison einer der besten Receiver in der NFL - trotz allem Drama
© getty

Odell Beckham ist einer der aufregendsten, spektakulärsten Spieler in der NFL - trotzdem diktieren nach wie vor zu häufig Themen abseits des Platzes die Berichterstattung rund um den Receiver der New York Giants. Daran trägt OBJ durchaus auch selbst Schuld und gelobt Besserung. Trotz allem ist er für die Giants jedoch unersetzlich. Und ganz nebenbei einer der besten Wideouts auf der Welt.

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Zugegeben: Odell Beckham macht sich das Leben manchmal selbst unnötig schwer. Wie ein Musterbeispiel kommt hierfür das Saison-Aus der Giants im Januar in Green Bay daher. Beckham und mehrere andere Giants-Receiver hatten in der Woche vor dem Spiel ihren freien Tag genutzt, um einen Kurztrip nach Miami zu unternehmen und dort mit Promis wie Justin Bieber und Trey Songz zu feiern.

Beckham verteidigte den Kurztrip anschließend prompt in der New York Daily News: "Wir sind nach Florida gegangen, um den Kopf frei zu bekommen. Das war alles. Ich kümmere mich um meine Angelegenheiten, ich bin ein erwachsener Mann. Ich tue, was von mir verlangt wird. Ich bin in den Team-Einrichtungen, wenn ich es sein soll, und verpasse kein Meeting."

Das Spiel allerdings endete mit mehreren Giants-Drops, auch völlig ungewohnt von Beckham selbst, dem Playoff-Aus - und einem Loch, das der 24-Jährige im Frust nach dem Spiel in die Wand geschlagen hatte.

Giants-Geschäftsführer Jerry Reese übte aber nach dem Playoff-Aus gegen die Packers postwendend überraschend deutliche öffentliche Kritik: "Er ist ein schlauer Junge, aber manchmal macht er Dinge, die nicht schlau sind. Wir müssen alle irgendwann in unserem Leben erwachsen werden und ich glaube, für ihn ist jetzt dieser Moment gekommen."

Odell Beckham: Kicking-Netz, Ausraster, öffentliche Kritik

Reese hätte eine solche Aussage wohl zumindest nicht in dieser Deutlichkeit getätigt, wäre es der erste Zwischenfall in der vergangenen Saison gewesen. Stattdessen aber hatte Beckham insbesondere zu Beginn der Spielzeit mehrfach an der Seitenlinie die Nerven verloren, etwa im Spiel gegen die Minnesota Vikings: Cornerback Xavier Rhodes nahm Beckham komplett aus dem Spiel (7 Targets, 3 REC, 23 YDS, 0 TD, INT) und Beckham erklärte anschließend bei ESPN, dass Football ihm "keinen Spaß mehr" mache.

Das Team, so Beckhams öffentlicher Vorwurf, reagiere nicht auf seine Vorschläge für Umstellungen während des Spiels: "Was ich sage, wird nicht gemacht. Ich bekomme nicht die Gelegenheiten, um etwas beizutragen, und das frustriert mich."

Quarterback Eli Manning stutzte seinen Receiver anschließend zurecht und ermahnte ihn: "Er muss schlau spielen und darf sich keine Strafen leisten. Die Refs werden das bestrafen. Das hat er sich selbst eingebrockt, das muss ihm klar sein."

Dazu kam noch der Nonsens rund um das Kicking-Netz an der Seitenlinie. Beckham war nach einer Manning-Interception gegen Washington und seinen persönlichen Erzfeind Josh Norman so sauer, dass er sich mit dem Kicking-Netz an der Seitenlinie anlegte - und verlor. Nur um dem Netz drei Wochen später einen Heiratsantrag zu machen.

Beckham und das Drama wegen des freiwilligen Workouts

Bei dieser Vorgeschichte erscheint es fast nur folgerichtig, dass das erste Drama der Offseason nicht allzu lange auf sich warten ließ. Als Beckham zu den ersten freiwilligen - nochmal: freiwilligen - Workouts der Giants nicht erschien, war das Medien-Echo enorm. Unter anderem ESPN-NFL-Insider Adam Schefter vermeldete, dass Beckhams Abwesenheit "direkt mit seinem Wunsch nach einem neuen Deal" verbunden sei.

Zum Start des Pflicht-Minicamps war Beckham dann da und sorgte für Klarheit: "Ich habe es noch nie gesehen, dass ein Holdout und all diese Dinge funktionieren. Daher war das für mich nie ein Thema. Ich habe nie gedacht: 'Ich gehe nicht zu den OTAs, damit ich einen neuen Vertrag erhalte.' In meinen Augen würde mir das überhaupt nichts bringen."

Er habe den Frühling in Kalifornien verbracht, um zu trainieren. "Und um reifer zu werden."

Steile Lernkurve abseits des Platzes - auch für Beckham

Der Eindruck mag täuschen oder der Offseason geschuldet sein, doch Beckham wirkt in den Interviews der vergangenen Wochen aufgeräumter. Berichten aus New York zufolge hat er sogar das Ratgeber-Buch "The Four Agreements" von Don Ruiz gelesen, das Tom Brady vor vielen Jahren als wichtigen Wegweiser für sich selbst dargestellt hatte.

Davon mag man halten, was man will; wer Beckham allerdings schon erlebt hat, der weiß, wie freundlich und tiefenentspannt er sein kann - und wie ihn gleichzeitig dieser enorme Siegeswille unermüdlich antreibt. Vor der vergangenen Saison verriet er gegenüber SPOX mit Blick auf seine Rookie-Saison, die für ihn mit einer Oberschenkelverletzung begann: "Ich bin einer dieser fröhlichen Jungs und habe immer ein Lächeln auf den Lippen, bin immer am tanzen - aber verletzt zu sein hilft dir wenig."

Das gelte insbesondere dann, "wenn du ein Rookie und gerade in die NFL gekommen bist: Manche nehmen dann schon an, dass du dein Ziel erreicht hast und es für dich nicht mehr wirklich etwas gibt, das du erreichen willst. Das entsprach nicht der Wahrheit, doch ich musste für die anderen einen Gang runter schalten, damit sie auch das Gefühl hatten, dass ich hier sein will." Weiter habe er lernen müssen, "ohne dabei für mich selbst oder für mein Team eine Ablenkung zu werden, produktiv zu sein".

OBJ: Historische Zahlen, großartige Leistungen

Zweifellos gelang ihm das in der vergangenen Saison nicht immer, seine Ausraster, Kicking-Netz-Aktivitäten und sonstigen Sperenzchen neben dem eigentlichen Spiel füllten selbstredend die Blätter in New York. Dabei sollte eines aber nicht untergehen: Odell Beckham ist ohne jede Frage einer der besten Wide Receiver in der NFL, dafür war die 2016er Saison das nächste Beispiel.

Als einziger Spieler hatte Beckham in jedem seiner ersten drei NFL-Jahre mindestens 90 Catches, 1.300 Yards und zehn Touchdowns. Seine aktuelle Touchdown-pro-Spiel-Rate (0,81) ist die beste aller Zeiten und Beckhams 29 Forced Missed Tackles waren unter Wide Receivern der Topwert 2016. Kein anderer Receiver hatte über 25, Golden Tate mit 23 und Jarvis Landry (22) folgen auf den weiteren Plätzen.

Die Explosivität des 24-Jährigen ist absolut beeindruckend und für die Giants unersetzbar: Mannings Armstärke lässt sichtbar nach, nicht umsonst kam mit Brandon Marshall ein physischer Receiver auch für die Mitte des Feldes. Beckhams Fähigkeit, einen kurzen Slant zum langen Touchdown in die Endzone zu tragen ist schlicht sensationell.

Nicht umsonst verzeichnete er in der vergangenen Saison die fünftmeisten Yards pro gelaufener Route (2,27) und führt die NFL über die letzten drei Jahre in dieser Kategorie mit 2,46 Yards pro Route unter allen Spielern mit mindestens 500 Route-Snaps an. Das bekam auch Josh Norman zu spüren, gegen den er bislang bei 19 Targets zwölf Catches für 146 Yards und einen Touchdown verzeichnete.

Beckham rechnet mit "jeder Menge Probleme"

Und es ist nicht davon auszugehen, dass New Yorks Passing-Offense in der kommenden Saison nachlässt. Vorausgesetzt, Manning und die O-Line funktionieren zumindest durchschnittlich. Denn die Giants investierten mit der Verpflichtung von Brandon Marshall und Erstrunden-Draft-Pick Evan Engram weiter in ihr Arsenal; gemeinsam mit Beckham und Sterling Shepard wird es für Defenses schwer werden, die Pass-Attacke permanent auszuschalten.

Laut den Statistikern von NFL.com boten die Giants in der Vorsaison bei 405 First-and-Ten-Snaps 353 Mal 11-Personnel - also einen Running Back, einen Tight End und drei Wide Receiver auf. Das galt auch für die häufigsten Second- und Third-Downs-Szenarien (2nd&10, 3rd&4). Marshall bietet hierbei ein klares Upgrade und wird Aufmerksamkeit durch die Coverage verlangen, was zusätzliche Wege für Beckham öffnen sollte.

"Ich bin gespannt, was unsere Gegner machen werden. Ich denke, das wird jede Menge Probleme bereiten", erklärte Beckham bei NJ.com. Das betreffe vor allem Shepard, "ich weiß, dass er bereit ist. Und die anderen Receiver sind ebenfalls bereit. Ich weiß, dass unsere Defense wieder stark sein wird. Ich freue mich auf die neue Saison."

"Ich denke, da müsst ihr abwarten"

Beckham ist unterbezahlt, da gibt es keine zwei Meinungen. Mit ganzen 3,3 Millionen Dollar belastet er den Giants-Cap in der kommenden Saison, die Option auf das fünfte Vertragsjahr für 2018 und 8,4 Millionen Dollar hat das Team bereits im April gezogen. Gespräche über einen neuen Deal, soll es im Laufe des Jahres geben, das hat Giants-Besitzer John Mara bereits bestätigt. Beckham wird seinen Mega-Vertrag bekommen.

"Ich glaube, ich war noch nie so bereit", stellte er Mitte Juni gegenüber der New York Post klar, "egal in welcher Hinsicht. Ich habe hart trainiert und werde das über die kommenden Wochen fortsetzen - sowohl mental, als auch physisch, spirituell, einfach in allen Bereichen."

Und ein fitter Odell Beckham ist ein Spieler, auf den sich jeder Football-Fan freuen kann. Zumindest so lange wie er sich seine Einlagen für den Rasen aufspart und nicht wieder auf dem Platz zwei verschiedene Gesichter präsentiert. "Ich denke, da müsst ihr abwarten", grinst Beckham dann noch auf die Frage, was Fans von ihm in der kommenden Saison erwarten können. "Worte können nicht alles beschreiben."

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