Acht Spiele in Serie konnten die Green Bay Packers zwischen November 2016 und Januar 2017 gewinnen, mittels einer beeindruckenden Leistungssteigerung in der zweiten Saisonhälfte führte Aaron Rodgers sein Team bis ins NFC Championship Game. In der Postseason setzte man sich in hart umkämpften Duellen gegen die defensivstarken New York Giants und die vor Euphorie nur so strotzenden Dallas Cowboys durch.
Das resultierende Lazarett war in Atlanta dann allerdings zu groß. Die Defensive wies insbesondere in der Secondary zu viele Fragezeichen auf und der Gegner war schlichtweg zu stark. Matt Ryan und die Firepower der Falcons zermürbten die Packers nach allen Regeln der Kunst. Bereits zur Pause führte das Team von Head Coach Dan Quinn mit 24 Punkten.
Ryan und Julio Jones nutzten jegliche Schwächen des Gegners, jede Lücke die sich aufbot. Der spätere MVP zerlegte Green Bay mit 392 Passing-Yards (271 davon alleine in der ersten Hälfte) und vier Touchdowns sowie einem Rushing-Score. Jones fing neun Pässe für 180 Yards und zwei Touchdowns. Erbarmungslos legten die Falcons am Ende des Tages 493 Yards und 44 Punkte auf. Es war eine Show der besten Offense in der NFL, welcher auch Rodgers nicht genug entgegensetzen konnte.
Packers-Defense mit neuem Gesicht
Derjenige, der Jones an jenem Abend als Cornerback Nummer Eins verteidigen sollte, war LaDarius Gunter. Ein ungedrafteter Free Agent, der aufgrund von Verletzungen in die schwierige Rolle aufrückte. Nur acht Monate später wurde Gunter von den Packers entlassen, das war am vergangenen Dienstag. Es ist ein Sinnbild dafür, wie sich die Situation um Green Bays Defense verändert hat. Zum Besseren.
Die Aktivitäten in der Offseason scheinen sich bereits bemerkbar zu machen. Mit Davon House wurde ein Free Agent als Starter ins Boot geholt und Damarious Randall sowie Quinten Rollins kehrten von ihren Verletzungen zurück. Bereits in Week 1 konnte man gegen die Seattle Seahawks einen ersten Eindruck von dem erahnen, was in Green Bay gerne zur Tagesordnung gehören könnte.
Denn neben dem offensiven Output von Aaron Rodgers, der bei 28 Completions von 42 Passversuchen und einen Touchdown-Pass auf Jordy Nelson vor allem in der zweiten Halbzeit heiß lief, bot gerade die defensive Seite des Balles Grund zur Freude. Lineman Mike Daniels, dessen starke Leistung von einer Statline um 1,5 Sacks und einem Forced Fumble unterstrichen wurde, war selbstverständlich der auffallendste Spieler des Verbundes. Besonders interessant war allerdings eine bislang selten gesehen Defensive-Formation.
Burnett in Atlanta wieder auf Linebacker?
In einer ungewohnten 4-3-Formation mit Kentrell Brice neben Ha Ha Clinton-Dix auf Safety wurden Russell Wilson (14 von 27 erfolgreiche Pässe) und eine zugegebenermaßen stark limitierte Offensive Line bei 158 Yards gehalten. Safety Morgan Burnett stellte sich häufig als Inside Linebacker in der Nickel-Formation auf. Probleme in der Run-Defense gab es deshalb aber keine.
Diese Formation, in der die Packers viel mehr auf Schnelligkeit als auf Größe setzen, könnte auch am Sonntag bei einer viel schwierigeren Aufgabe vermehrt zum Einsatz kommen - auch gegen die Running Backs im Passing Game.
Im Gegensatz zu den limitierten offensiven Möglichkeiten der Seahawks warten nun jedoch knapp 5.000 Passing-Yards von Matt Ryan, das viertbeste Passer-Rating aller Zeiten und 540 Punkte eines Teams, das sich im vergangenen Jahr auf Platz acht der ewigen Scoring-Liste platziert hat.
"Wir werden einfach das tun, was nötig ist, um ihre Offense zu bremsen", so Cornerback Randall vor seinem Matchup mit einem der Top-Drei-Receiver. "Sie haben mehr als nur Julio. Sie haben mehrere großartige Spieler."
Der Falcons-Motor stottert noch
Die Falcons selbst hatten in der Vorwoche in Chicago allerdings noch ungewohnte Probleme in der Offense. Während Ryan zwar 321 Yards auflegte, einer davon für einen 88-Yard-Touchdown von Tight End Austin Hooper, funktionierte das Running Game nicht wie gewünscht und bestätigte somit den Eindruck aus der Preseason.
Das erfolgreichste Running Play ging nicht über sieben Yards hinaus. Im Fokus dabei stand die Offensive Line um Wes Schweitzer, der von Chicagos Defensive End Akiem Hicks mehrmals abgekocht wurde. Keine guten Voraussetzungen angesichts des nun anstehenden Match-Ups mit Green Bays Daniels.
"Wir geraten nicht in Panik. Es geht darum, Woche um Woche besser zu werden", erklärte Ryan nach dem 23:17-Erfolg über die Bears, die mit der Chance auf einen Last-Minute-Sieg bei 4th and Goal hauptsächlich am eigenen Nervenkostüm scheiterten. "Die guten Teams in denen ich bisher gespielt habe, haben sich im Laufe des Jahres verbessert. Die Erfahrung aus dem ersten Spiel wird uns gut tun."
Falcons-D? "Talentiert, gut gecoacht, diszipliniert"
Während die Packers-Defense für das Duell mit Ryan und Co. weitaus besser gerüstet scheint als noch im Januar, fliegt auch die der Falcons noch immer ein wenig unter dem Rader. Atlanta verbesserte sich bereits in der letzten Spielzeit nach dem neunten Spiel von 28,8 zugelassenen Punkten auf 21.
Der in den Playoffs mit einer Brustmuskelverletzung ausgefallene Desmond Trufant ist wieder zurück und Vic Beasleys Linebacker-Kollegen Deion Jones und De'Vondre Campbell sowie Safety Keanu Neal und Cornerback Brian Poole stellen in ihrer zweiten Saison Gefahren dar, auf die auch Aaron Rodgers achten muss.
"Sie haben eine wirklich gute Defense", so Rodgers. "Sie werden etwas älter und spielen nun für ein weiteres Jahr im selben System. Sie sind talentiert, gut gecoacht und diszipliniert."
Faktor Stadion gegen Faktor Wiedergutmachung
Die Erwartungen an einen Shootout zwischen Ryan und Rodgers sollten vielleicht also etwas zurückgeschraubt werden. Falcons und Packers steht nicht mehr ausschließlich für Offense und Offense. Auch auf der defensiven Seite des Balles wird nun mehr als vernünftig gearbeitet.
Vielleicht kommt es also auf den Faktor Extramotivation an. Doch den sogenannten "Chip" tragen beide Mannschaften auf ihren Schultern. Während die Falcons ihre neue und prachtvolle Festung mit einem Erfolg einweihen wollen, kommen die Packers und Aaron Rodgers lechzend nach Wiedergutmachung. Für einen fantastischen Footballabend ist also alles angerichtet!
Falcons-Schlüssel zum Erfolg
- Atlantas Pass-Rush konnte in Woche Eins nur vereinzelt Druck auf Chicagos Quarterback Mike Glennon aufbauen. Um Rodgers und die Packers-Offense allerdings stoppen zu können, darf die Defensive-Line dem zweimaligen MVP keine Zeit in der Pocket schenken, sonst könnte es ungemütlich werden. Und die Offensive Line der Packers hat im ersten Spiel gegen einen absoluten Elite-Pass-Rush einen guten Eindruck hinterlassen.
- Das beinhaltet zudem auch die beiden Matchup-Waffen der Packers, Ty Montgomery und Martellus Bennett. Man darf davon ausgehen, dass Green Bay Atlanta mit beiden auf verschiedene Arten attackieren wird, hier könnten Schlüsselduelle für das Spiel insgesamt liegen.
- Wie bereits angesprochen funktionierte das Spiel auf dem Boden für die Falcons im ersten Spiel nicht sonderlich gut. Gegen Green Bay darf man sich allerdings auf keinen Fall ausschließlich auf das Passing Game verlassen. Mit Devonta Freeman und Tevin Coleman hat man die nötigen Waffen im Rushing-Department. Die Offensive Line muss hier für Lücken sorgen um bei eigenem Ballbesitz nicht zu ausrechenbar zu sein.
Packers-Schlüssel zum Erfolg
- Was für die Falcons-Front gilt, gilt auch für die der Packers. Der Pass-Rush muss funktionieren und Matt Ryan kontinuierlich unter Druck gesetzt werden. Mit den offensichtlichen Problemen, die die Falcons-O-Line noch zu haben scheint, bietet sich hier die große Chance die offensive Produktion Atlantas zu dämmen.
- Nun zur schwierigsten Aufgabe, die man sich wohl vorstellen kann. Wie können die Packers Julio Jones ausschalten? Komplett wird dies freilich nicht möglich sein. Die Secondary sollte jedoch einiges daran setzen, Jones mit zwei Mann zu verteidigen. Gelingt der Ryan-Jones-Connection ein weiteres 180-Yard-Spiel wie im Januar, so geht das Falcons-Packers-Aufeinandertreffen zum dritten Mal in Serie an Atlanta.