Die New England Patriots sind zurück im Super Bowl und treffen dort auf die Philadelphia Eagles! Der Titelverteidiger gewinnt ein unerwartet packendes AFC Championship Game gegen die Jacksonville Jaguars zuhause knapp mit 24:20 - und braucht dabei ein Fourth-Quarter-Comeback von Tom Brady. Jacksonvilles Offense fehlte am Ende in der zweiten Hälfte ein Plan B.
Jacksonville gelang dabei, ähnlich wie in der Divisional-Runde in Pittsburgh, ein beeindruckender Start: Die Jaguars marschierten das Feld mit einer guten Mischung aus Play Action, Inside-Runs und situativen Downfield-Shots von Blake Bortles (23/36, 293 YDS, TD) schnell runter, New England hatte einerseits mit den Play-Action-Pässen, andererseits auch mit den kurzen Dumpoffs von Bortles früh große Probleme.
Das resultierte schnell in zwei Touchdowns: Bortles fand zunächst Marcedes Lewis via Play Action zum Touchdown, am Ende des nächsten langen Drives marschierte Leonard Fournette bei First and Goal aus vier Yards durch die Mitte in die Endzone - 14:3 lautete die Jags-Führung zu diesem Zeitpunkt. Doch noch vor der Halbzeitpause kam New England zurück: Eine unentschuldbare Delay-of-Game-Strafe gegen Jacksonville direkt nach einer Timeout, gefolgt von zwei Flaggen gegen die Defense - darunter eine zumindest diskussionswürdige Pass-Interference - und aus einem Yard marschierte James White via No-Huddle in die Endzone.
Allerdings kam dieser Touchdown-Drive zu einem hohen Preis: Die andere Strafe während des Drives kurz vor der Halbzeit kam nach einem Hit gegen Rob Gronkowski, der anschließend die komplette zweite Hälfte aufgrund einer Kopfverletzung verpasste. Generell wurde die zweite Hälfte defensiver: New England war im Pass-Rush aggressiver, was Bortles vor Probleme stellte. Auf der anderen Seite hatte Tom Brady (26/38, 290 YDS, 2 TD), dessen unter der Woche im Training erlittene Handverletzung ihn offenbar nicht einschränkte, mit mehreren Drops seiner Receiver zu kämpfen.
Das erlaubte es den Jaguars, weiter einerseits aufgrund mehrerer kurzer Patriots-Drives die Uhr zu kontrollieren, andererseits konnten die Jags so zu Beginn des Schlussviertels ihre Führung via Field Goal auf 20:10 ausbauen. Doch war das noch lange nicht das Ende dieses Spiels: Zunächst hatten die Jaguars ihrerseits ein Big Play, als Myles Jack nach einem Trick Play einen diskussionswürdigen Fumble gegen Dion Lewis forcierte, Jacksonvilles Offense aber fand jetzt keinen Plan B. Auf der anderen Seite marschierte New England schnell das Feld runter: Ein Big Play bei 3rd&18 zu Amendola und schließlich auch der Touchdown zu dem Slot-Receiver.
Alles war jetzt wieder offen, und New England hatte den Fluss des Spiels komplett zu seinen Gunsten gedreht. Die Jaguars mussten wieder schnell punten, Amendola trug den Punt 20 Yards zurück - und wenige Plays später fing erneut Amendola einen spektakulären Touchdown-Pass akrobatisch in der Endzone zur Patriots-Führung. Nach dem nächsten Jags-Punt beendete ein Dion-Lewis-Run die Partie. New England ist zurück im Super Bowl.
Die Stimmen zum Spiel
Bill Belichick (Head Coach Patriots, über den Einfluss von Bradys Handverletzung auf den Game Plan): "Er ist hart im Nehmen, das wissen wir alle. Aber wir sprechen hier nicht über eine Operation am offenen Herzen."
Doug Marrone (Head Coach Jaguars): "New England hat die notwendigen Plays gemacht, um dieses Spiel zu gewinnen. Mir hat es sehr gut gefallen, wie unsere Jungs gekämpft haben. Diese Niederlage tut mir weh, sie tut den Coaches weh, sie tut natürlich den Spielern weh. Und ich bin mir sicher, dass sie auch den Fans wehtut."
Die wichtigsten Statistiken
New England Patriots - Jacksonville Jaguars 24:20 (3:0, 7:14, 0:3, 14:3) BOXSCORE
- Jacksonville hatte die ganze Saison über Probleme in der Run-Defense - umso überraschender war der Ansatz der Patriots im Game Plan. Die Pats standen am Ende bei 16 Runs (ohne die drei Kneeldowns) für 46 Yards. Natürlich war das im Laufe des Spiels auch der Jaguars-Führung geschuldet, doch schien New England von Anfang an unerwartet wenig Interesse am Run Game zu haben.
- Wer dachte, dass New England das Play-Action-Spiel direkt besser unterbinden wird als die Steelers in der Vorwoche, sah sich schnell auf dem Holzweg: Als Bortles im zweiten Viertel Lewis zum Touchdown fand, stand er schon bei 6/6, 72 YDS, TD bei Play-Action-Pässen.
- Für die Patriots war es das erst zweite Mal in den letzten fünf Playoffs, dass sie im ersten Viertel nur drei oder weniger Punkte zustande bekamen. Das andere Mal? In der Vorwoche gegen Tennessee. In der Belichick-Ära stehen die Pats jetzt in Heimspielen bei 16-29 (3-3 in den Playoffs), wenn sie zu Beginn des Schlussviertels hinten lagen.
- Für Brady ist es der vierte Playoff-Sieg als Starting-Quarterback, wenn er im vierten Viertel mit mindestens zehn Punkten zurücklag. Kein anderer Quarterback in der NFL-Geschichte hat mehr als einen derartigen Sieg.
Der Knackpunkt: Die Patriots-Conversion bei 3rd&18
10:30 vor dem Ende lagen die Patriots noch mit 10:20 zurück - und nach einem 8-Yard-Sack stand New England an der eigenen 25-Yard-Line bei 3rd&18. Ein Punt hier hätte Jacksonville in potentiell sehr gute Field-Position gebracht und es den Jags erlaubt, weiter Zeit von der Uhr zu nehmen. Stattdessen: Ein absolut kritischer 21-Yard-Pass auf Amendola und vier Plays später fing Amendola den 9-Yard-Touchdown-Pass.
Das entscheidende Duell: Patriots-Slot-Game vs. Jaguars-Coverage
Myles Jack und Telvin Smith - die beiden Jaguars-Linebacker - hatten jeweils sehr gute Spiele - trotzdem kamen die größten Erfolge der Patriots im Passspiel gegen die Linebacker und die Slot-Coverage. Nicht nur Amendola, sondern auch Lewis und White hatten hier viele kritische Catches, Jacksonville konnte bei all der hohen individuellen Qualität die Route-Kombinationen und die Option-Routes der Pats hier nicht häufig genug stoppen.
Der Star des Spiels: Danny Amendola
Absolut spektakuläre zweite Hälfte von Amendola. Der Punt-Return war eine wichtige Szene, noch elementarer aber war sein Spiel in der Mitte des Feldes. Ein Clutch-Catch nach dem anderen, sei es bei 3rd&18 Mitte des Schlussviertels oder natürlich beim Game-Winning-Touchdown. Amendola (7 REC, 84 YDS, 2 TD) riss diese Partie insbesondere im vierten Viertel an sich und war neben Tom Brady der entscheidende Mann für den Comeback-Sieg der Patriots.
Der Flop des Spiels: New Englands Linebacker
Neben dem Pass-Rush war und ist das Linebacker-Corps der Patriots das große konstante Sorgenkind in New England in dieser Saison. Das war im Championship Game nicht anders: Viele Lücken vor allem in der ersten Hälfte gegen Play Action, mehrfach Schwachstellen in den Run-Gaps. Die Patriots werden sich hier im Super Bowl steigern müssen. Ebenfalls enttäuschend: Jacksonvilles Cornerbacks, Bouye und Ramsey ließen Catches bei je vier von fünf Targets in ihre Richtung zu.
Die Taktik-Tafel
- New England kam von Anfang an mit 21-Personnel (ein Running Back, ein Fullback, ein Tight End) raus - etwas, das die Patriots in dieser Saison häufiger gemacht hatte, nachdem insbesondere die Falcons unter Kyle Shanahan damit in der Vorsaison großen Erfolg hatten. Das zwang Jacksonville immer wieder in die Base-Defense, dann konnte New England daraus in die Spread-Formation gehen und No-Huddle-Offense spielen. Die Pats kombinierten das mit viel Motion und suchten sich so ihre Matchups schon vor dem Snap.
- Gleichzeitig gelang es den Patriots vor allem früh in Spiel, aus den 3-Receiver-Sets seine Slot-Receiver in Man Coverage gegen die Linebacker der Jags in Matchups zu bringen. Dieses ohnehin unvorteilhafte Duell (aus Defense-Sicht) garnierten die Pats dann noch mit Rub-Routes aus dem Slot heraus.
- Jacksonville spielte in Man Coverage nur vereinzelt Jalen Ramsey gegen Rob Gronkowski. Hier waren ganz "klassisch" die Safeties auch stark involviert.
- Die Passing-Offense der Jaguars war wie erwartet stark um das Play-Action-Game herum aufgebaut - dabei offenbarten die Patriots aber unerwartet große Probleme. Immer wieder waren vor allem Tight Ends und Running Backs aus Play Action heraus frei, vor allem der Run-Fake bei First Down bereitete den Pats große Schwierigkeiten. Die Patriots bekamen ohnehin keinen Pass-Rush zustande, das Play-Action- und Screen-Game der Jaguars gab Bortles nochmal signifikant mehr Zeit.
- Darüber hinaus gelang es Jacksonville, die Spielzüge sehr gut miteinander zu verbinden. Jacksonville hatte Erfolg damit, die eigenen Spielzüge mit anderen Plays aus gleicher Formation zu kontern und New Englands Defense so auf dem falschen Fuß zu erwischen. Aber: Die Patriots-Defense passte sich an. New England wurde aggressiver und hatte mit dem Blitz Erfolg gegen das Play-Action-Game. Jacksonville hatte dafür keinen Plan B.