Third and Long Super Bowl Edition: "So kann Philly die Patriots schlagen"

Von Adrian Franke
30. Januar 201816:12
Die Eagles müssen gegen New England auf ihre starke Defense bauen.getty
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Nur noch wenige Tage - am Sonntag steigt endlich der Super Bowl zwischen den New England Patriots und den Philadelphia Eagles! Bevor es so weit ist, gibt SPOX den Lesern die Bühne: Wie können die Patriots gegen die starke D-Line der Eagles bestehen? Was macht New England in kritischen Situationen so stark und welche Spieler können den Unterschied ausmachen? In einer Special-Mailbag-Ausgabe seiner wöchentlichen Kolumne beantwortet Redakteur Adrian Franke die Leserfragen, Super Bowl LII gibt es dann am 4. Februar ab 23.45 Uhr live auf DAZN - wahlweise mit deutschem und Original-US-Kommentar!

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Marcel Maier: Wie sollten die Patriots die starke Defensive Line der Eagles bespielen? Outside Runs wegen Cox und schnelle Pässe, um Brady zu schützen? Und wie sollte man defensiv gegen Ertz und die starken Running Backs agieren und vor allem gegen das starke Coaching der Eagles?

Outside Runs können ebenfalls schnell ein Problem werden, wenn die Interior Line nicht standhält - so können Spielzüge schon zerstört werden, ehe sie sich überhaupt entwickeln. Die Patriots müssen das machen, was sie immer gegen eine starke Defensive Line tun wollen: Die Partie über das Kurzpassspiel kontrollieren und Philadelphia mit der No-Huddle-Offense in Kombination mit Pre-Snap-Movement zu schnellen Anpassungen und in unvorteilhafte Matchups zwingen.

Die gute Nachricht für die Pats hierbei ist, dass New Englands Offensive Line etwa im Vergleich zu dem Blocking-Debakel beim Playoff-Aus gegen die Broncos 2015 deutlich stabiler ist - die Aufgabe wird hier für Philly jedenfalls auch an der Line of Scrimmage komplizierter als noch im Championship Game gegen die Vikings.

Und defensiv? Zwei zentrale Aspekte:

  • Variable, aggressive Coverage Underneath. Wenn die Patriots Philadelphias Passspiel insbesondere über die Mitte reduzieren, können sie Foles schon deutliche Probleme bereiten und ihn dazu zwingen, den Ball länger zu halten. Hier muss New England im Play die Coverage-Looks für Foles ändern und mit späten Blitzern arbeiten, um die Reads möglichst schwer zu machen.
  • Im Run Game erwarte ich eine kräftige Dosis Bear-Fronts von den Pats. Heißt: Die Interior Line der Eagles wird komplett zugestellt, das könnte Philadelphias Second-Level-Run-Blocking empfindlich stören. New England nutzte das unter anderem auch im Super Bowl 2014 gegen das starke Run Game der Seahawks, und das in verschiedenen Variationen.

Niklas_Cage: Wer ist der Spieler, der für Philly den Unterschied ausmachen kann - vor allem falls Foles seine Form vom letzten Sonntag nicht halten kann und wieder unteres Mittelmaß darstellt. Agholor? Ertz? Und warum?

Meine erste Antwort wäre Fletcher Cox, der die Line of Scrimmage im Zentrum dominieren muss, damit die Eagles eine Chance haben. Aber da sich die Frage eher auf die Offense bezieht: Als Einzelspieler würde ich Zach Ertz herausstellen.

New Englands Linebacker hatten in Coverage schon gegen Jacksonville immer wieder ihre liebe Mühe, Ertz bot gegen die Vikings - unter anderem gegen Harrison Smith - eine spektakuläre Partie. Den Tight End in vorteilhafte Matchups zu bringen und ihn als schnelle und sichere Option für Foles zu etablieren kann ein zentraler Aspekt für die Eagles sein. Sollten die Patriots Patrick Chung in Man Coverage für Ertz abstellen, wäre das ein mögliches Schlüsselduell.

SousaWillis: Bei den Eagles wird sicher Foles als deutlichste Sollbruchstelle oder als X-Faktor genannt. Wo siehst du das Äquivalent bei den Pats?

Die Frage schließt wunderbar an die vorherige an - wenn wir einen negativen X-Faktor für die Pats benennen wollen, dann wären das für mich die Linebacker. Hier gab es immer wieder Coverage-Breakdowns in der ersten Hälfte gegen Jacksonville, und hier kann Philly mit Ertz, Agholor und natürlich auch im Run Game mit seinen beiden Power-Backs attackieren. Das gilt umso mehr, falls New England, wovon ich ausgehe, blitzen muss, um gegen Philadelphias Offensive Line Druck zu kreieren.

Joni Soprano: Warum sind die Patriots so viel besser in kritischen Situationen als der Rest der Liga?

Hier spielt natürlich auch die Erfahrung eine Rolle, das kann man nicht von der Hand weisen. So ungern ich persönlich mit derartig schwer mess- und greifbaren Attributen argumentiere - New Englands Erfahrung gerade in den kritischsten Momenten der größten Spiele ist ein riesiges Plus, egal ob wir vom Coaching, Play-Calling oder natürlich den Spielern auf dem Platz sprechen. New England ist seit Jahren extrem gut darin, die eigenen Aufgaben verlässlich zu erfüllen und auf Fehler der Gegner zu warten beziehungsweise diese zu provozieren. Und die kommen in kritischen Momenten immer wieder.

Besser messen kann man, was die Pats spielerisch so stark macht - und das ist natürlich vor allem Tom Brady. Hier kommen mehrere Faktoren zusammen: Einerseits Bradys rein sportliche Entwicklung, im hohen Footballer-Alter hat er sich in puncto Pocket-Verhalten und Downfield-Passing nochmal sichtbar weiterentwickelt. Andererseits aber auch sein Spielverständnis.

Hier ist Brady jedem Quarterback überlegen. Das gibt den Pats enorme Freiheiten: Wenn andere Quarterbacks an der Line of Scrimmage entweder durch ihre Coaches oder ihre Fähigkeiten (oder eine Mischung aus beiden Aspekten) limitiert sind, steht New England eben auch im kritischsten 2-Minute-Drill - um nur ein Beispiel zu nennen - das komplette Playbook zur Verfügung.

Und mehr noch: New Englands Offense ist seit Jahren so aufgebaut, dass gerade ein Quarterback wie Brady damit einer Defense umso größere Probleme bereiten kann. Die Erhardt-Perkins Offense ist kurz gesagt ein Hybrid aus diversen Systemen, dabei werden verschiedene Route-Kombinationen unter Oberbegriffen zusammengefasst.

Die Offense kann hierbei aus verschiedensten Formationen das gleiche Play laufen und aus der gleichen Formation unterschiedlichste Plays ansagen, während sich Running Backs, Tight Ends und Wide Receiver Pre-Snap austauschbar über den Platz bewegen. Das sorgt für Matchup-Probleme aufseiten der Defense und da Brady und die Offense all das auch aus der No-Huddle-Offense heraus machen können, ist die Defense schnell und immer wieder in desolaten Positionen und Matchups noch bevor der Snap erfolgt.

NiceGuysSanktPauli: Siehst du die Patriots auch so weit vorne wie die Buchmacher? Immerhin scheint eine starke Front Seven in Kombination mit einer Big Play Offense das einzige Patentrezept zu sein, um New England zu schlagen.

Bei den Buchmachern ist natürlich der Brady-Belichick-Faktor enorm. Würde man heute versuchen, aus den Offenses und Defenses der Patriots und der Eagles jeweils eine Starting-Unit zu formen - wie viele Pats-Spieler wären dabei? Brady, Gronk, Amendola, Lewis und McCourty? Vielleicht noch Gilmore? Was ich damit sagen will: Die Eagles sind in meinen Augen das bessere und komplettere Team, als Ganzes betrachtet.

Dieser Fakt aber kann durch Brady und Belichick ausgehebelt werden, in gewisser Weise haben wir genau das ja gegen Jacksonville gesehen. Die Jaguars-Defense ist individuell eigentlich der Patriots-Offense überlegen, den Quarterback-Faktor aber kann man hierbei nicht mit dem Rest zusammen gewichten.

So kann Philly die Patriots schlagen: Interior Pressure ohne Blitzing, ein gutes Maß an Man Coverage sowie in der Pass-Defense Matchup-Antworten in Zone und in Man für Gronkowski und die Running Backs. Dann haben die Eagles eine Chance, New Englands Offense zumindest halbwegs zu stoppen und möglicherweise den einen oder anderen Turnover zu kreieren. Klar ist aber ebenfalls: Alles unter 20 Patriots-Punkten wären für mich auch gegen diese Defense eine faustdicke Überraschung, und somit wird die Eagles-Offense ebenfalls punkten müssen.

Hier kommen dann die Buchmacher ins Spiel: Pedersons Offense-Designs in dieser Saison waren glänzend, jetzt aber hat Belichick zwei Wochen Zeit, um sich darauf vorzubereiten. Ich rechne mit einer aggressiven Patriots-Defense, die ihrerseits Foles in Fallen locken und so zu Fehlern zwingen wird. Und diese Aussicht, mit der deutlichen Steigerung der Pats-Defense in der zweiten Saisonhälfte im Hinterkopf, lässt bei mir auch die Patriots als Favoriten dastehen.

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Lukas Dilsen: Für wie wahrscheinlich hältst du es, dass Brady und Belichick nach dieser Saison Schluss machen, sollten sie den sechsten Ring holen?

Bei Brady geht die Wahrscheinlichkeit für mich gegen Null. Brady ist vielleicht der am meisten von seinem Willen nach dem nächsten Erfolg und dem nächsten großen Ziel getriebene Sportler aller Zeiten. Der sechste Super-Bowl-Titel wäre natürlich toll und würde seinen Vorsprung in den Geschichtsbüchern weiter ausbauen - ich gehe aber fest davon aus, dass Brady schon jetzt darüber nachdenkt, wie weit er die als allgemein gültig gehaltene "Altersgrenze" für einen NFL-Quarterback weiter nach hinten schieben kann.

Dafür arbeitet er, darauf hat er sein ganzes Leben mit all den absurden Ernährungsregeln ausgerichtet. Und wenn wir ehrlich sind, gibt es angesichts seiner Leistungen in dieser Saison in der Hinsicht nicht einmal den Ansatz eines sportlichen Grundes, warum Brady aufhören sollte. Familiäre Gründe fallen da natürlich in eine andere Kategorie.

Belichick ist da deutlich schwerer einschätzbar und ehrlich gesagt wäre alles, was ich jetzt schreibe, rein spekulativ. Würde es mich schocken, sollte es tatsächlich zwischen den Alpha-Tieren in Foxboro dicke Luft geben und Belichick nach einem weiteren Titel Schluss machen? Absolut nicht. Gleichzeitig kann ich aber auch nicht sagen, dass ich mit einem Belichick-Abschied rechne.

Kai B: Werden die Patriots ihre Wide Receiver wieder so erfolgreich aus dem Slot einsetzen können? Oder kommt es wieder vermehrt auf die Running Backs an?

Mit Patrick Robinson im Slot hat Philadelphia eine mehr als vielversprechende Antwort auf Danny Amendola. Wenn Jacksonvilles größte Secondary-Qualität fraglos die Outside-Cornerbacks sind, könnte man argumentieren, dass dieser Titel bei den Eagles Robinson im Slot gehört. Ein Duell zwischen Gronkowski und Eagles-Safety Malcolm Jenkins - das wäre das Matchup in Man Coverage, das ich anstelle der Eagles versuchen würde - wäre für sich betrachtet extrem faszinierend und könnte New England tatsächlich einige Probleme bereiten.

Das rückt im Passspiel einerseits die Running Backs gegen die Linebacker, andererseits aber auch das Outside-Passing-Game in den Fokus. Minnesota hatte bei Ersterem über McKinnon Erfolg, die Pats sind dafür noch deutlich besser aufgestellt.

Ben Thor: Welche Rolle spielt Saban bei der Vorbereitung auf die Run Pass Options der Eagles?

Interessante Frage. Für diejenigen, die es nicht wissen: Alabama-Head-Coach Nick Saban und Bill Belichick haben eine lange gemeinsame Historie, haben schon zusammengearbeitet und tauschen sich auch heute noch konstant über Football-Strategien und dabei natürlich primär Defensiv-Taktiken aus. Da Run Pass Options im College schon viel länger ein Thema sind, ist es durchaus möglich, dass die beiden über dieses Thema schon in der Vergangenheit gesprochen haben.

Generell glaube ich aber, dass New England die Run Pass Options schon seit einer Weile einstudiert. Zu eklatant waren die Probleme bei der Auftaktpleite gegen die Chiefs, zu auffällig hat sich dieses Thema durch die Saison gezogen. Mit den Jaguars und den Titans hat New England gerade gegen zwei Teams, die auf Run Pass Options und den Zone Read setzen, gespielt, im Vorfeld der Playoffs hat sich Belichick damit angesichts des Playoff-Felds und eines möglichen erneuten Duells mit den Chiefs sicher abermals befasst.

Football-Coaches, in der NFL am allermeisten, treibt es schier in den Wahnsinn, wenn sie das Gefühl haben, auf bestimmte Szenarien nicht vorbereitet zu sein oder noch keine gute Antwort auf gegnerische Taktiken gefunden zu haben - nicht umsonst holten sich mehrere Coaches nach der Rookie-Saison von RG III, als die Read Option die NFL im Sturm eroberte, im College Tipps. In dem Fall würde ich davon ausgehen, dass Belichick längst diverse Ideen gegen die Run Pass Options im Kopf hat - die Safeties, um RPOs gut zu verteidigen, hat er in jedem Fall.

Phil: Wäre es für die Jaguars nicht cleverer, den Quarterback-Spot mit einem Rookie zu besetzen? Bortles ist nicht gut und potentiell zu teuer, der Rookie Vertrag hilft, das restliche Team zusammen zu halten. Konkurrenzfähig wäre man dann ja trotzdem.

Ich weiß nicht, ob ein Rookie bereits 2018 die Antwort ist - aber die knapp 20 Millionen Dollar, mit denen Bortles in diesem Jahr den Cap belasten würde, könnte Jacksonville in jedem Fall besser investieren. Das große Problem bei Bortles ist ja, dass er so wahnsinnig inkonstant ist - und das macht es für ein Team auf dieser Position zur Glücksache, ob man letztlich ein Titel-Contender ist oder eben nicht.

Im Championship Game war dann dramatisch zu sehen, wie die Jaguars Bortles verstecken wollten und fast Angst davor hatten, ihm den Ball zu überlassen und irgendetwas außerhalb von komplett klaren Reads und kurzen Pässen zu riskieren. Das führt zu erzkonservativem, "nicht verlieren statt gewinnen wollen"-Coaching.

Jacksonville würde es also schon reichen, einen Game Manager under Center zu haben. Ein Quarterback, der wenige Fehler macht und innerhalb eines Offense-Schemes die Plays umsetzen kann. Case Keenum in diesem Jahr wäre mehr oder weniger das perfekte Beispiel dafür. In diese Richtung würde ich an Stelle der Jags gehen, um das jetzt geöffnete Titelfenster dieser Defense auszunutzen. Möglicherweise sogar mit Keenum selbst, falls die Vikings ihn gehen lassen.

All diese Gedankenspiele werden aber selbstverständlich wertlos, falls Bortles' Gehalt für 2018 durch die OP letztlich garantiert wird.

Rene J.: Was hältst du von Predictions, wer dieses Jahr den Franchise Tag bekommt?

In fast allen Fällen ist natürlich ein langfristiger Deal das oberste Ziel - gerade bei Jimmy Garoppolo bin ich fest davon überzeugt, dass beide Seiten das hinbekommen. Die Liste ist somit eher meine Einschätzung, bei wem ich davon ausgehe, dass Teams zum Tag bereit sind, sollte es keine anderweitige Einigung geben:

  • Jimmy Garoppolo, QB, San Francisco 49ers
  • LaMarcus Joyner, FS, Los Angeles Rams
  • DeMarcus Lawrence, DE, Dallas Cowboys
  • Patrick Robinson, CB, Philadelphia Eagles
  • Case Keenum, QB, Minnesota Vikings

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Washington Kirk Cousins rund 34 Millionen Dollar für 2018 zahlt - so viel wäre bei einem dritten Franchise Tag fällig. Auch dass die Steelers 14,5 Millionen Dollar von ihrem ohnehin nicht gerade übermäßigen Cap Space für eine Saison in Le'Veon Bell investieren ist unwahrscheinlich. Die Patriots zahlen in ihrer Secondary bereits viel Geld an Gilmore, der Tag für Malcolm Butler, der keine sonderlich gute Saison gespielt hat, käme da durchaus überraschend.

LukardoS: Wen holen die Patriots als Backup-Quarterback? Einen Rookie oder einen eher etablierten Spieler? Und wie lange macht Tom Brady noch, auch im Hinblick, dass er den sechsten Ring holen kann und es hinter den Kulissen kriseln soll?

Davon ausgehend, dass Brady und Belichick bleiben, ist der erste Teil der Frage für mich klar zu beantworten: Die Patriots werden sich wieder im Draft nach Quarterback-Optionen umschauen. Dieses Muster verfolgt New England jetzt schon seit Jahren, Garoppolo war gewissermaßen "nur" der größte Treffer. Ryan Mallett und Matt Cassel sind zwei andere Beispiele dafür. Hinter Brady lernen, für den Verletzungsfall als möglicher, sehr günstiger Ersatz bereit stehen und im Idealfall noch einen höheren Draft-Pick via Trade einbringen - kein schlechtes Modell.