Das Playoff-Comeback-Märchen der Buffalo Bills (9-7) endet in der ersten Runde: Im Wildcard-Duell mit den Jacksonville Jaguars (10-6) setzte es eine 3:10-Niederlage - in einer Partie, die von den Defenses geprägt wurde und in der Blake Bortles einen Franchise-Rekord für QB-Rushing-Yards aufstellte! Die Jaguars treffen somit in der Divisional Runde in Pittsburgh auf die Steelers, während das zweite AFC-Divisional-Duell New England gegen Tennessee lautet.
Die erste gute Nachricht gab es für die Bills bei ihrer ersten Playoff-Teilnahme seit 1999 schon vor dem Kick-Off: Der angeschlagene LeSean McCoy war nicht nur fit geworden, er sollte sogar ohne Einschränkungen spielen können. Allein - es half nur bedingt. Beide Defenses kontrollierten das Spiel und vor allem die Line of Scrimmage über weite Strecken komplett. So wurde es ein von Punts geprägtes Field-Position-Game, in dem die Bills zunächst stabiler aussahen.
Jacksonville war offensiv im Passing Game enorm konservativ, Blake Bortles (12/23, 87 YDS, TD; 9 ATT, 89 YDS) brachte jedoch selbst in diesem Game Plan Pässe zu komplett offenen Receivern nicht an. Selbst nach einer abgefälschten Interception konnte die Jags-Offense kein Kapital aus guter Field Position schlagen. Auf der anderen Seite hatte Tyrod Taylor (17/37, 134 YDS, INT; 7 ATT, 27 YDS) insbesondere bei Scrambles zunehmend Erfolg und bescherte Buffalo so Mitte des zweiten Viertels mit einem langen Field-Goal-Drive - als Buffalo allerdings auch mit First Down an der 2-Yard-Line den Ball nicht in die Endzone bekam - die ersten Punkte.
Die Jags, bei denen sich defensiv einige Undiszipliniertheiten und Strafen einschlichen, konnten kurz vor der Halbzeitpause antworten; weil Bortles die Offense mit zwei langen Scrambles in Field-Goal-Position brachte ging es mit einem 3:3 in die Kabine. Und Jacksonville hatte seinen besten Drive dann im dritten Viertel: Endlich erhielt Leonard Fournette (21 ATT, 57 YDS) dabei eine prominentere Rolle, Bortles war wieder mit Scrambles effizient und der Drive endete mit einem Play-Action-Touchdown-Pass bei 4th&Goal!
Das sollte zum Sieg reichen: Bortles war weiter mit seinen Scrambles gefährlicher als mit seinen Pässen und hatte mehrfach großes Turnover-Glück. Doch weil die Bills-Offense in der zweiten Hälfte überhaupt kein Land mehr sah, reichten einige gute Runs von Bortles und Fournette, um die Führung über die Zeit zu bringen. Buffalo hatte mit etwas über einer Minute nochmals die Chance auf den Drive zum Ausgleich, nach einem harten Hit musste Taylor dabei aber verletzt raus und eine Interception von Nathan Peterman beendete das Spiel. Die Jags fliegen nach Pittsburgh!
Die wichtigsten Statistiken
Jacksonville Jaguars (10-6) - Buffalo Bills (9-7) 10:3 (0:0, 3:3, 7:0, 0:0) BOXSCORE
- Kein Zweifel daran, dass Shady McCoy fit war: Buffalos Runing Back und das Herzstück dieser Offense trug den Ball 19 Mal (75 YDS) und verzeichnete sechs Catches (44 Yards). Allesamt Team-Höchstwerte.
- Bortles' 89 Rushing-Yards sind ein neuer Single-Game-Franchise-Rekord für Jacksonville! Noch nie hatte ein Quarterback in einer Partie - Playoffs oder Regular Season - mehr Rushing-Yards in einem Spiel. Bortles hatte gar mehr Rushing- als Passing-Yards. Er ist der zweite Quarterback in den letzten 25 Jahren, der mit dieser Stat-Line ein Playoff-Spiel gewinnen konnte - neben Michael Vick 2004 gegen die Rams (119 Rushing-, 82 Passing-Yards).
- Bortles beendete bereits die erste Hälfte mit mehr Rushing-Yards (35 bei 3 Runs) als Passing-Yards (33 bei 15 Pässen) und warf genau einen Pass, der weiter als sechs Yards flog - eine Incompletion. Das Resultat war das erste Playoff-Spiel seit der 1988er Saison mit einem 3:3-Halbzeitstand!
- Mit der Niederlage haben die Bills jetzt 19 Spiele in Folge verloren, wenn sie zu Beginn des vierten Viertels hinten lagen. Der letzte Sieg in diesem Szenario kam in Week 5 2015 (14:13 gegen Tennessee).
Die Stimmen zum Spiel
Doug Marrone (Head Coach Jaguars, über die Probleme der eigenen Offense): "Ich wäre ein Narr, würde ich mir darüber keine Sorgen machen."
Kyle Williams (Defensive Tackle Bills, über Bortles' Erfolg als Runner): "Er hat einige Lücken gefunden und konnte loslaufen. Das hat uns wirklich weh getan."
Der Knackpunkt: Der Fourth-Down-Touchdown
Jacksonvilles mit Abstand bester Drive kam im dritten Viertel: Ein knapp neun Minuten langer Marsch über 86 Yards mit mehr First Downs als in der kompletten ersten Hälfte. Und dennoch standen die Jags am Ende bei Fourth Down kurz vor der Endzone - und trafen die richtige Entscheidung. In einem Spiel, in dem niemand davon ausgehen konnte, nochmals so nahe an die Endzone zu kommen, spielten die Hausherren das Fourth Down aus und wurden mit dem einzigen Touchdown der Partie belohnt!
Das entscheidende Duell: Jags-Secondary vs. Bills-Receiver
Dass Buffalo im Passing Game einen schweren Stand haben würde, war klar - es wurde eine dominante Show der Jags-Secondary. Die Bills-Receiver sahen überhaupt kein Land, das galt auch für Tight End Charles Clay. Selbst wenn Taylor in der Pocket mal kurz Zeit hatte, fand er so keine offenen Mitspieler und Jacksonvilles klares spielerisches Übergewicht in der Secondary erlaubte es den Jags auch, die Line of Scrimmage und die Box so aggressiv zu bespielen.
Der Star des Spiels: Calais Campbell
Campbell ist der Anker und das Herz der Jaguars-D-Line - gegen Buffalo wurde das wieder einmal überdeutlich. Campbell kontrollierte konstant Double-Teams, war im Run Game kaum zu schlagen und erwischte Taylor auch im Backfield, wenn der scrambeln wollte. Sechs Quarterback-Pressures standen am Ende auf seinem Konto.
Der Flop des Spiels: Tyrod Taylor
Natürlich hatte Buffalos Quarterback einen schweren Stand gegen diese Defense und angesichts der eigenen Receiver. Aber Taylor ließ auch zu viel liegen: Ein möglicher Touchdown-Pass in der ersten Hälfte, zu ungenaue Pässe und falsche Reads über die Mitte - in einem Spiel, in dem Buffalo eine perfekte Partie von Taylor gebraucht hätte, war der nur mit einigen Scrambles wirklich gefährlich. Ähnlich wie Bortles auf der anderen Seite.
Die Taktik-Tafel
- Keines der beiden Teams machte irgendein Geheimnis aus dem defensiven Ansatz: Das gegnerische Run Game sollte gestoppt werden, koste es, was es wolle. Beide Teams starteten Drives defensiv immer wieder mit 8- oder gar 9-Men-Boxes und versuchte, die gegnerische Offense zum Pass oder zumindest in lange Third Downs zu zwingen. Diese waren dann immer wieder Drive-Ender, weil insbesondere Jacksonvilles Pass-Rush so aus allen Rohren feuern konnte.
- Die Jags spielten dabei generell aggressiv gegen den Ball und waren auch nach Bootlegs, die die Front horizontal verteilten, schnell bei ihren Gegenspielern und verteidigten die Edge gut. Das machte Taylors Runs bei Bootlegs schwierig. Dennoch hatte Buffalo im Run Game nach und nach Erfolg: Die Bills bauten Misdirection und verschiedene Fakes ein, vor allem aber sah man wieder Gap-Undiszipliniertheiten auf dem Jaguars-Linebacker-Level. Ein Phänomen, das man während der Saison schon immer wieder beobachten konnte.
- Offensiv war ebenfalls schnell klar, wie die Jags-Coaches an dieses Spiel herangegangen waren - ganz offensichtlich ohne großes Vertrauen in Blake Bortles. Im Passing Game war fast alles kurz mit vielen Screens und dergleichen. Das große Problem: Bortles spielte, wie schon in den letzten beiden Partien der Regular Season, ganz schwach und traf selbst komplett offene Receiver nicht.
- Seine besten Szenen hatte Bortles als Scrambler und es war angesichts seiner Leistung im Passing Game verwunderlich, dass Jacksonville darauf nicht intensiver baute. Die Jags hatten im Laufe der Regular Season einige Zone Reads für Bortles eingebaut, die hätten gegen eine eigentlich anfällige Bills-Run-Defense noch viel prominenter eingesetzt werden können. Doch weil auch Buffalo offensiv ultra-konservativ agierte, reichte es trotzdem zum Sieg.