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Die Patriots nach dem Super Bowl: Eine schmerzhafte Erkenntnis

Von Pascal De Marco
Tom Brady und die New England Patriots scheitern überraschend an den Philadelphia Eagles.
© getty

Die New England Patriots verlieren gegen die Erwartungen der meisten Experten im Super Bowl LII gegen Philadelphia. Zwar nahm die Offense um Tom Brady in der zweiten Halbzeit Fahrt auf, doch konnte man die Philadelphia Eagles bei der 33:41-Niederlage einfach zu selten stoppen. Als man zum Ende doch noch zu einem der Trademark-Game-Winning-Drives ansetzte, brach die Protection erstmals und spielentscheidend zusammen.

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Es war wieder einmal scheinbar alles angerichtet: Viertes Viertel, 2:21 Minuten auf der Uhr bei fünf Punkten Rückstand und Brady bekommt den Ball in die Hände. Wir hatten diesen Film alle schon einmal gesehen. Brady würde wieder einmal einen Game-Winning-Drive einleiten und alles wieder einmal wie einen Plan aussehen lassen, an dem man im Patriots-Lager niemals gezweifelt hatte.

Doch dieses Mal nicht. Die Offensive Line, die den ganzen Abend über keinen einzigen Sack zugelassen hatte, brach beim zweiten Play des Drives zusammen. Defensive End Brandon Graham schlug den Ball aus der Hand von Brady und vor die Füße von Derek Barnett. Zurück blieb ein konsterniert auf dem Boden sitzender Brady, in dem Wissen, dass mit dem Ball auch eine realistische Chance auf den sechsten Titel aus der Hand geglitten ist.

Es war einer von wenigen wirklich schwerwiegenden Fehlern. Aber es war der eine zu viel.

"Es ist ziemlich enttäuschend. Verlieren ist scheiße", äußerte sich ein sichtlich niedergeschlagener Brady nach seiner insgesamt dritten Niederlage in einem Super Bowl auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. "Das gehört leider zum Spiel. Manchmal gewinnst du. Manchmal verlierst du."

Brady spielt bärenstarken Super Bowl LII

Brady war bis zu jener Szene auf bestem Wege, die Patriots auch nach einer ersten Halbzeit im Spiel zu halten, in der nicht allzu viel für New England gelaufen war. Zwar bewegten sie den Ball gut das Feld herunter, doch endeten die Drives meist an oder um die Red Zone. Und neben den Problemen, den Ball in die Endzone zu bekommen, funktionierte auch das Kicking Game bescheiden.

"Wir hatten keine Kontrolle über das Spiel. Es ist einfach nicht für uns gelaufen", fasste Brady, der schon zur Pause an der 300-Yard-Marke kratzte, weiter zusammen.

Brady beendete das Spiel schließlich mit wahnsinnigen 505 Passing-Yards und drei Touchdowns, was ein klarer Indikator dafür ist, welche Seite des Balles bei den Pats nicht funktioniert hat. Super Bowl LII produzierte mit 1.151 Offense-Yards einen neuen Rekord, größtenteils, weil beide Defenses keinen Zugriff bekamen und beide Quarterbacks ein hervorragendes Spiel ablieferten.

Doch schon vor dem Spiel, in dem schlechtes Tackling nur einer von vielen Gründen der anfälligen Defense gewesen ist, gab es eine Entscheidung, über die wohl noch diskutiert werden wird. Malcolm Butler spielte keinen einzigen defensiven Snap und verbrachte die gesamte Spielzeit auf der Bank, ohne verletzt zu sein und auch nicht aus disziplinarischen Gründen. "Sie haben mich aufgegeben", so der Held des Super Bowls vor drei Jahren, der möglicherweise auch als Slot-Corner benötigte eine Hilfe hätte darstellen können.

Defensive wirft viele Fragezeichen auf

Die Patriots-Defense zeigte sich nicht wie in den vergangenen Spielen, stark verbessert zu den Anfangswochen der Saison. Zwar schaffte man es, die Pässe aus den Run Pass Options zu verhindern, doch übte man keinen Druck auf Nick Foles aus. Dieser nutzte das und hatte oftmals einfache Möglichkeiten, freie Receiver zu finden. Diese Defense sah in der Tat wieder stärker wie diejenige aus, die sich im ersten Monat der Saison regelrecht überfahren hat lassen.

Es ist eine der Baustellen, die in New England in der kommenden Offseason angegangen werden müssen. Unvermeidbar ist dabei die Personalie des Defensive Coordinators: Matt Patricia wird aller Voraussicht nach neuer Head Coach der Detroit Lions und hinterlässt eine Lücke, die Bill Belichick in der Vergangenheit zwar schon einmal unbesetzt gelassen hat - dieser Weg aber ist jetzt wohl eher unwahrscheinlich.

Offensive Coordinator Josh McDaniels ist ebenfalls seit längerem anderswo im Gespräch, er soll neuer Head Coach der Indianapolis Colts zu werden. Und nicht nur das: In einer fraglos emotionalen Situation äußerte auch Superstar-Tight-End Rob Gronkowski Zweifel an einer Zukunft in der NFL. "Ich werde mir definitiv Gedanken über meine Zukunft machen. Wir werden uns in den nächsten beiden Wochen zusammensetzen und dann werden wir sehen, wo ich stehe", so Gronk, der sich für 116 Yards und zwei Touchdowns verantwortlich zeichnete.

Bröckelt es in der Patriots-Dynastie?

Zusätzlich zu alledem gibt es auch immer wieder Gerüchte über den Status von Belichick und Brady selbst. Laut einem Bericht von ESPN von vor einigen Wochen beginnt die Patriots-Dynastie so langsam erste Risse in der Fassade zu zeigen, weil Belichick wohl mit dem Garoppolo-Trade unglücklich war, der im Laufe der Saison stattgefunden hatte. Brady hingegen ist nun 40 Jahre alt und auch er kann Vater Zeit nicht noch ewig vor geschlossener Türe warten lassen. Beide jedoch werden für die kommende Saison wieder am One Patriot Place erwartet.

Und dies ist auch für den Erfolg der Franchise elementar. Die Belichick-Brady-Ära hat in 18 Jahren satte acht Trips in den Super Bowl verbuchen können, darunter drei in den letzten vier Jahren. Auch wenn nun der insgesamt dritte gemeinsame Super Bowl verloren wurde, ist dies nur ein Zeichen dafür, wie konstant und effektiv die beiden auch im hohen Alter arbeiten. Und die Möglichkeit auf weitere Titel, das, was für beide die größte Wichtigkeit darstellt, ist 2018 nirgendwo größer als in New England.

Brady zeigte mit einer weiteren MVP-Saison keine Anzeichen dafür, spielerisch auch nur in irgend einer Form nachzulassen. Er spielte trotz einer Handverletzung im AFC Championship Game wieder einmal hervorragend und leitete eines seiner typischen Comebacks im vierten Viertel ein. Es war das 54. Mal, dass ihm dies in seiner Karriere gelungen ist. Nach dem ersten Durchgang in Super Bowl LII hofften die Patriots auf Nummer 55. Doch reichte es am Ende schlichtweg nicht - die Eagles sind zu verdienten Sieger.

Wann schließt sich das Patriots-Fenster?

Können die Pats mit all den bevorstehenden Veränderungen einen weiteren Angriff auf die Vince-Lombardi-Trophy starten? Davon ist schwer auszugehen. Zu dominant agierten die Pats in dieser Saison und zu gut spielt ihr Quarterback noch. Gronkowskis Aussagen gilt es fürs erste ins Verhältnis zu setzen. Nach einer derartigen Niederlage wird man nur wenige Spieler sehen, die kurz nach dem Spiel noch große Lust dazu haben, über Football zu sprechen.

Außerdem kommt ein Julian Edelman zurück, der zwar zum Start der nächsten Saison bereits 32 Jahre alt ist, mit seiner Erfahrung und seinen athletischen Fähigkeiten aber immer noch für dringend benötigte Plays sorgen kann. Neben Gronkowski hatten auch Danny Amendola und Chris Hogan ein Spiel mit über 100 Receiving-Yards. Amendolas Vertrag läuft aus, es wäre aber eine Überraschung, wenn er in der kommenden Saison nicht für New England auflaufen sollte, nachdem er für einen Verbleib bereits mehrfach sogar Gehaltskürzungen zugestimmt hatte. Eher steht eine gemeinsame Zukunft mit Running Back Dion Lewis in Frage.

New England wird auch in die kommende Saison als Favorit gehen, sollten keine unerwarteten personellen Änderungen mehr passieren. Nichtsdestotrotz wird man zunehmend merken, sich das Fenster zu schließen beginnt. Die Pats müssen aus dem verlorenen Super Bowl nun die richtigen Schlüsse ziehen. Gerade was personelle Entscheidungen auf der defensiven Seite betrifft.

Darüber hinaus beginnt in der AFC wohl auch ein neuer Rivale an der Türe zu kratzen: Die Jaguars haben sich in dieser Saison eindrucksvoll angemeldet und können auf ein defensives Fundament bauen, das sich gewaschen hat. Weitere Konkurrenten neben Jacksonville und Pittsburgh - möglicherweise Houston oder auch Denver mit neuem Quarterback - wird es auch 2018 geben. Aber so lange Brady gesund bleibt und keinen plötzlichen Leistungseinbruch hat, haben die Patriots ganz oben ein gewichtiges Wort mitzureden.

Was keiner weiß allerdings, ist wie viele genau es noch sind oder wie es dann weiter geht. Und diese Vorstellung dürfte Patriots-Fans nach der Niederlage gegen Philadelphia, als es an Brady mit am wenigsten lag, zum ersten Mal so richtig schmerzhaft bewusst werden. Der erste Umbruch nämlich beginnt jetzt.

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