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Vier Plays, die den Super-Bowl-Sieg der Eagles prägten
Play Nummer 1: Target left Bunch, Philly Special
In meinem Nachbericht zu den Eagles hatte ich darauf bereits den Fokus gerichtet: Ein zentraler Grund für den Sieg der Eagles war der Mut von Head Coach Doug Pederson, der an der eigenen aggressiven Linie festhielt und sich nicht durch die Bühne, den Moment oder den Gegner beeindrucken ließ. Viele Coaches können davon lernen. 26 Fourth Downs hatten die Eagles in der Regular Season bereits ausgespielt, davon 17 erfolgreich. Der zweithöchste beziehungsweise höchste Wert in der NFL in dieser Saison.
Die Vorgehensweise wurde bereits deutlich, als Pederson direkt beim zweiten Touchdown - der 21-Yard-Run von Blount - aufs Risiko ging und versuchte, den beim ersten Touchdown verschossenen PAT durch eine 2-Point-Conversion auszugleichen. Und man sah es 38 Sekunden vor der Halbzeitpause, als Philly bei Fourth Down eineinhalb Yards vor New Englands Endzone via Field Goal seine Führung auf sechs Punkte hätte ausbauen können. Doch Pederson entschied sich anderweitig.
Vier Plays prägten den Super-Bowl-Triumph der Eagles über New England. Dieses war das erste aus dem Quartett.
Es ist ein Play, das ein gewisses schauspielerisches Talent vom Quarterback verlangt. "Target left Bunch, Philly Special" heißt es im Playbook der Eagles. Der Quarterback muss es so aussehen lassen, als würde er an der Line of Scrimmage noch Änderungen ansagen und deshalb seine Position im Backfield verlassen. Der direkte Snap geht dann zum Running Back, der übergibt an einen Receiver, der von der Seite nach innen gelaufen kommt.
So entstehen bereits mehrere Misdirection-Elemente - und den Quarterback vergessen dabei die allermeisten Defenses, sobald der Snap erfolgt und er kurz etwas verloren im Raum steht. "Wir sprechen hier über Fourth Down. Philadelphia hat noch nie einen Super Bowl gewonnen. Und er lässt einen Pass zum Quarterback spielen? Gab es so einen Play-Call schon einmal im Super Bowl?", grinste Tight End Trey Burton, der den Pass geworfen hatte, anschließend.
Pederson hatte gegenüber Offensive Coordinator Frank Reich am Tag vor dem Super Bowl laut dem MMQB bereits gesagt, dass er im Laufe des Spiels auf dieses Play zurückkommen würde und Reich verriet, dass Assistenztrainer Press Taylor - intern bekannt für seine große Auswahl an Trickspielzügen - das Play entdeckt hatte.
Pederson und sein Trainerstab sind immer auf der Suche nach Plays, die anderswo funktioniert haben und die übernommen werden können. Es ist kein Zufall, dass Pedersons Offense neben den Run Pass Options auch Elemente wie die Mesh-Wheel-Kombination kräftig nutzt. Bausteine, die man bestens aus der Offense von Pedersons Vorgänger in Philadelphia, Chip Kelly, kennt.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass man dieses Trick-Play auf einem NFL-Feld sieht: Die Chicago Bears nutzten das exakt gleiche Play im gleichen Stadion und in der gleichen Endzone etwa im Regular-Season-Spiel gegen Minnesota in der vorletzten Saison.
Nick Foles selbst hatte das Play in der High School (!) schon ausgeführt. Und, vielleicht der interessanteste Twist: Die Patriots selbst hatten dieses Play im Regular-Season-Duell mit den Eagles 2015 gespielt. It's a Copycat League.
Die Aufstellung im Übrigen sah auf den ersten Blick nach einer Illegal Formation aus - dem war aber nicht so. Dazu bei den Leser-Fragen mehr.
Play Nummer 2: Der Clement-Touchdown im 3. Viertel
Der erste Eagles-Drive nach der Halbzeitpause war absolut kritisch. New England kam wie erwartet mit Feuer aus der Kabine, Gronkowski war der Mittelpunkt des ersten Drives im dritten Viertel und die Pats standen nach 2:45 Minuten in der Endzone und hatten auf 19:22 verkürzt.
Jetzt war die richtige Antwort der Eagles monumental wichtig. Und die kam: Ein 11-Play-Drive über knapp fünf Minuten, mit zwei Third-Down-Conversions sowie dem 22-Yard-Touchdown-Pass auf Clement bei 3rd&6.
Schon das zweite Third Down war ein Play-Calling-Traum von Pederson: Bei 3rd&1 schickte er eine Heavy Formation mit zusätzlichem O-Liner und zwei Tight Ends raus. Daraus gab es den Play-Action-Fake mit Chip-Blocks (ein kurzer Block, ehe man in seine Route startet) beider Tight Ends - nahezu jeder Verteidiger erwartet an diesem Punkt einen Run. Daraus überluden beide Tight Ends dann die rechte Seite, Ertz war für den 22-Yard-Pass frei.
Der Touchdown-Pass selbst - wobei ich persönlich noch immer nicht überzeugt bin, dass Clement den Ball kontrollierte; aber wer weiß schon, was ein Catch ist? - war dann ebenfalls perfekt designed: Zwei Wide Receiver auf der rechten Seite ziehen Aufmerksamkeit auf sich, während links, wo das Play hingehen soll, Inside-Routes gelaufen werden.
Die tiefere Route durch den Tight End zieht den Safety gerade lange genug weg, dass Clement tatsächlich auch das Matchup mit dem Linebacker bekommt. Dennoch brauchte es hier, das soll nicht unerwähnt bleiben, einen perfekten Pass von Foles.
Clement war ein X-Faktor in diesem Spiel, und das war vor allem insofern überraschend, als dass New England zwei Wochen vorher gegen Jacksonvilles Corey Grant, den die Jags ähnlich einsetzten, bereits einige Probleme offenbart hatte - dennoch aber konkrete Anpassungen vermissen ließ. 21 Offensiv-Snaps spielte Clement, dabei gelangen den Eagles 203 Yards und 9,3 Yards pro Play sowie drei Touchdowns.
Play Nummer 3: Das Fourth Down im 4. Viertel
Mit 5:39 Minuten auf der Uhr und 4th&1 von der eigenen 45-Yard-Line war Pedersons Aggressivität einmal mehr gefordert. Die Eagles hätten hier - und nicht wenige Coaches hätten das gemacht - punten können. Mit genügend Timeouts darauf hoffen, dass die Defense doch noch einen Stop schafft und man selbst im Gegenzug den finalen Drive hat.
Glücklicherweise für die Eagles dachte Pederson anders.
Philadelphia hatte sich für den Super Bowl unter anderem Heavy-Formations als einen Ansatz überlegt - also sechs Offensive Linemen (wie bereits vor dem Clement-Touchdown zu sehen) oder etwa 3-TE-Sets. In der Regular Season spielte Philly derartige Formationen bei knapp fünf Prozent ihrer Snaps mit drei Yards pro Play. Im Super Bowl? 14 Prozent der Snaps mit sechs (!) Yards pro Play. Die Eagles konnten diese Formationen für Run-Blocking genau wie für Play Action nutzen.
Diese Formation war auch der Ansatz beim kritischen Fourth-Down-Play im vierten Viertel, das letztlich den Weg zum entscheidenden Touchdown ebnete: Zwei Tight Ends (Burton, Celek) auf der linken, mit Ertz ein dritter Tight End auf der rechten Seite. Burton und Kelce sind die Rub-Route-Spieler, die die Mitte des Feldes belagern.
Ertz läuft gewissermaßen in deren Schatten eine Underneath-Route, wodurch sein Gegenspieler ihm nicht folgen kann. Der Safety, in dem Fall Harmon, kommt zwar wieder Richtung Line gesprintet, ist aber den entscheidenden Sekundenbruchteil zu spät und kann den 2-Yard-Catch zum neuen First Down nicht verhindern.
Derartige Play-Designs sind einerseits eine riesige Hilfe für den Quarterback, der genau weiß, wo ein Spieler frei sein müsste. Sie erlauben es auch, aggressiv vorzugehen.
Play Nummer 4: Der Strip-Sack durch Brandon Graham
Wie die allermeisten Leute ging auch ich im Vorfeld der Partie fest davon aus, dass die Eagles das Spiel über die Defensive Line dominieren müssen. Inside-Pressure ohne Blitzing, idealerweise kombiniert mit mutiger Man Coverage dahinter - das schien das beste Rezept, um Brady Probleme zu bereiten und so ultimativ New Englands Offense möglichst häufig zu stoppen. Philly war dafür bestens aufgestellt. In der Theorie jedenfalls.
Mit Fletcher Cox, Brandon Graham, Vinny Curry, Timmy Jernigan, Derek Barnett und Chris Long sollte die Tiefe der Defensive Line genau wie die Qualität der Schlüssel zum Sieg werden. Davon allerdings war lange kaum etwas zu sehen.
Bis auf einzelne Phasen kreierte Philadelphia viel zu wenig Druck auf Brady, die Kombination aus 4-Men-Rush und passiver Coverage führte dann dazu, dass Brady zwar die Running Backs nicht so gut einbinden konnte, wie gewohnt - stattdessen aber auch ohne Brandin Cooks im Deep-Passing-Game konstant Lücken fand.
Bis zum einzig wirklich entscheidenden Defense-Big-Play im diesjährigen Super Bowl.
Es war das eine Mal in diesem Spiel, dass Schwartz' Ansatz aus 4-Men-Rush und Off-Coverage - zu dem er erschreckend wenige sinnvolle Alternativen parat hatte - wirklich Erfolg brachte: Graham aus der Defensive-Tackle-Position heraus bekam durch die Coverage bei 2nd&2 genügend Zeit und erreichte Brady durch die Mitte, schlug ihm den Ball aus der Hand und sorgte so für die Vorentscheidung.
In einem Spiel, in dem beide Defenses über weite Strecken keine Antworten, keine Anpassungen und keine Alternativideen parat hatten, gewann letztlich das Team, dem in der kritischsten Phase der Partie ein Defense-Play gelang. Der Super Bowl erinnerte in der Hinsicht an den verrückten Packers-Cardinals-Shootout in den Playoffs vor einigen Jahren, als sich Aaron Rodgers und Kurt Warner auf einem irrsinnigen Level duellierten - und Arizona das Spiel durch einen Defensiv-Touchdown in Overtime gewann.