Die Philadelphia Eagles werden mit Michael Bennett noch stärker sein, Richard Sherman könnte ein Schlüsselspieler bei Seattles Division-Rivale San Francisco werden, die New England Patriots glänzen mit cleveren Trades und Miamis Offense könnte für Überraschungen sorgen: In der neuen Ausgabe seiner NFL-Kolumne blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke auf die Top-10-Moves dieser Offseason - und gibt Tipps, wie man lernen kann, Football am Fernseher besser zu verstehen.
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NFL: Patriots, Eagles, 49ers: Die 10 Top-Moves dieser Offseason
Honorable Mention: Die Los Angeles Rams gehen All-In!
Natürlich eines der spektakulärsten Teams dieser Offseason waren die ultra-aggressiven Rams. Da ich über die Schritte in L.A. in den vergangenen Wochen schon ausführlicher geschrieben hatte (unter anderem hier ausführlich über neue die Defense sowie hier über den Cooks-Trade) laufen die Rams hier außer Konkurrenz und tauchen im Ranking nicht auf.
10. Die 49ers verpflichten Richard Sherman
Ein 30-jähriger Cornerback, der von einem Achillessehnenriss zurückkommt, ist erst einmal eine Verpflichtung mit jeder Menge Fragezeichen. Das gilt es grundsätzlich auch bei Sherman im Hinterkopf zu behalten - auch wenn er wohl für das Training Camp fit wird.
Doch bis die Vorsaison für Sherman verletzungsbedingt endete, war er noch immer einer der besten Cornerbacks in der NFL. Seit 2011 erlaubte kein Cornerback mit mindestens 300 Targets ein schlechteres Passer-Rating gegen sich als Sherman (47,7), kein Corner hat mit den gleichen Parametern eine niedrigere Completion-Percentage gegen sich als Sherman (48,1 Prozent).
In den vergangenen beiden Spielzeiten bewies er sich auch häufiger als Man-Corner, seine Stärke aber liegt immer noch darin, in der Cover-3-Defense den linken Cornerback-Spot zu besetzen und so die Offense in ihrem Radius deutlich zu limitieren. Die gute Nachricht: Genau das dürfte in San Francisco seine primäre Aufgabe werden.
Defensive Coordinator Robert Saleh hat von 2011 bis 2013 - also gewissermaßen als die Legion of Boom geboren wurde - im Defense-Trainerstab der Seahawks gearbeitet, anschließend coachte er in Jacksonville unter Ex-Seattle-Defensive-Coordinator Gus Bradley. Die Prägung in der Cover-3-Defense ist also definitiv vorhanden, und Shermans Einfluss wird noch über das rein Sportliche hinausgehen: Hinter einer hochtalentierten Front kann er schnell der klare Leader der Secondary werden - und dass er extrem motiviert sein wird, steht ohnehin außer Frage.
9. Eagles verpflichten Michael Bennett
Der große Bill Walsh, eines der wichtigsten Offense-Minds aller Zeiten im Football, hatte eine etwas überraschende Antwort parat, wenn man ihn nach der wichtigsten Sache im Football fragte: "Das Wichtigste im Football ist Pass-Rush im vierten Viertel." Gemeint war: Wer als Team im Schlussviertel noch die Power und genügend im Tank hat, um den Quarterback konstant unter Druck zu setzen, der hat eine gute Basis für Erfolg in der NFL.
Kein Team war hierin in der vergangenen Saison besser als die Eagles. Als eines von nur sieben Teams hatte Philly in der Regular Season vier Spieler mit mindestens fünf Sacks: Brandon Graham (9,5), Fletcher Cox (5,5), Chris Long und Derek Barnett (je 5). Dabei spielte in der tiefen Defensive-Line-Rotation nur Graham (64,3 Prozent) über 60 Prozent der Snaps, gefolgt von Cox (58,9), Vinny Curry (55,9), Long (48,1), Timmy Jernigan (47,8), Barnett (41,1) und Beau Allen (41).
Anders gesagt: Die Eagles hatten die beste Defensive Line in der NFL, weil sie auf einem höheren Level rotieren konnten als irgendein anderes Team - und so Walshs Prämisse voll erfüllten. Mit Curry und Allen hat Philadelphia zwei Spieler aus dieser Rotation verloren, aber man könnte argumentieren, dass sie zumindest kurzfristig jetzt auf beiden Positionen noch besser dastehen.
Während Haloti Ngata Allen ersetzt, wurde der Trade für Michael Bennett mit dem Wissen eingefädelt, dass Curry gehen könnte. Bennett ist einer der ligaweit gefährlichsten Pass-Rusher der letzten Jahre, kann Defensive End und Defensive Tackle spielen. Er gibt den Eagles, während Barnett mehr Snaps erhalten dürfte und Rookie Josh Sweat als situativer Pass-Rusher in den Mix kommt, für den Pass-Rush eine noch gefährlichere Präsenz. Philly hatte kaum Cap Space und dennoch sieht das Team auf dem Papier besser aus als die 2017er Titel-Version.
8. Der Lernprozess der Cincinnati Bengals
Die Starting-O-Line der Bengals in der vergangenen Saison war ein Desaster mit Ansage. Andrew Whitworth und Kevin Zeitler, die beiden besten Linemen, wurden abgegeben, ohne dass Verstärkungen gekommen wären. Stattdessen rutschte Cedric Ogbuehi von der rechten auf die linke Seite, Andre Smith und später Trey Hopkins übernahmen Zeitlers Guard-Platz und Jake Fisher startete auf Right Tackle.
Gerade vor dem Hintergrund, dass Andy Dalton eine saubere Pocket benötigt und zusätzlich nicht die Waffen hatte, um Defenses schematisch großartig einzuschränken, war das eine fahrlässige Vorgehensweise. Immerhin: Die Bengals haben aus ihren Fehlern gelernt. Mit Erstrunden-Pick Billy Price auf Center und dem via Trade aus Buffalo geholten Cordy Glenn auf Left Tackle sollte die Line auf einen Schlag wieder stabiler sein. Davon wird Dalton genauso profitieren wie dahinter Joe Mixon und Giovani Bernard.
7. Die Colts kreieren eine neue Team-Identität
Vor allem der Pick von Philipp Dorsett 2015 in der ersten Runde gab Colts-Kritikern eine Steilvorlage: Statt die offensichtlichen Baustellen etwa in der Front oder in der Offensive Line zu adressieren, wurde auf einen filigranen Skill-Position-Player gesetzt. Seit Jahren nunmehr fehlt es in Indy jetzt schon an Physis, defensiv wie offensiv an der Line of Scrimmage. Dorsett war ein Mega-Bust, Donte Moncrief ist inzwischen in Jacksonville.
Man kann getrost sagen, dass hier frischer Wind Einzug erhält. Mit Quenton Nelson in der ersten und Braden Smith in der zweiten Runde des Drafts - beides Guards - hat Indianapolis seinen Weg hin zu einer neuen Identität weiter geebnet. Nelson und Ryan Kelly sollten sofort eines der Top-Interior-Duos bilden, die Line sieht auch darum mit Jack Mewhort und Anthony Castonzo nicht so schlecht aus - während das Receiving-Corps ganz offensichtlich mitnichten der Fokus dieser Offseason war.
Die Colts sind in einem mindestens zweijährigen Umbruch, selbst wenn Andrew Luck dieses Jahr wieder voll zurückkehrt; man kann getrost davon ausgehen, dass die Defensive Front im nächsten Jahr adressiert wird. Es ist offensichtlich, dass die neuen Team-Bosse und Coaches Spiele an der Line of Scrimmage dominieren wollen - Luck kann das nur gefallen.
6. Die cleveren Trades der New England Patriots
New Englands Trades sind längst nicht immer von Erfolg geprägt, allerdings ist auch kein Team seit Jahren so aggressiv, wenn es um Spieler-Trades geht. Die beiden Deals mit den Browns in diesem Jahr sind dabei, zumindest von der Idee her und was schematische Aspekte angeht, vielversprechend.
Für einen Drittrunden-Pick kam Defensive Tackle Danny Shelton (gemeinsam mit einem Fünftrunden-Pick) nach Foxboro, Cornerback Jason McCourty kostete lediglich einen Sechstrunden-Pick und brachte einen Siebtrunden-Pick mit zurück. Shelton passte nicht in die attackierende 1-Gap-Defense der Browns - für New Englands 2-Gap-Defense ist er ideal geeignet, und sollte ganz nebenbei noch dabei helfen, die Probleme in der Run-Defense merklich zu limitieren.
In einer 2-Gap-Front ist es die primäre Aufgabe der Defensive Linemen, ihre Position zu halten und Platz zu schaffen. Der D-Liner attackiert gewissermaßen nicht selbst primär das Backfield, sondern er kontrolliert die Line und muss das Play lesen. Hierfür ist Shelton ideal geeignet, mit ihm und Malcom Brown in der Mitte kann Belichick seine Gap-Controlling-Defense spielen, was Shelton auch in einer 4-3-Formation mehr Wert gibt.
McCourty indes hatte eine sehr gute vergangene Saison, er könnte direkt die durch den Abgang von Malcolm Butler entstandene Lücke schließen. McCourty ist nicht auf Butlers Level, doch können die Pats so ein altbewährtes Muster wieder auspacken: Mit Stephon Gilmore als klarer Nummer-1-Corner wird Belichick wieder häufiger eine Safety-Corner-Kombination einsetzen, um McCouty unter die Arme zu greifen.
Zusätzlich dazu konnte New England mit Cordarrelle Patterson den besten Kick-Returner der Liga aus Oakland ebenfalls günstig abwerben, die hier durch den Abgang von Danny Amendola und Dion Lewis entstandene Lücke wurde mehr als gut gefüllt.
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NFL: Dolphins, Vikings, Browns - die 10 Top-Moves dieser Offseason
5. Miamis Offense-Moves machen ... Sinn!
So sehr man die Suh-Entlassung in Miami kritisieren kann und muss: Blickt man auf die Offense jetzt im Vergleich zu der Version vor dem Start der Free Agency, dann lässt sich nach und nach ein vielversprechendes Bild erkennen.
Die Dolphins haben zwar nach Jay Ajayi in der Vorsaison mit Jarvis Landry ihren verlässlichsten Playmaker abgegeben - allerdings hätte der in Miami nie den Vertrag erhalten, den er inzwischen bei den Browns bekommen hat. Und das völlig zu Recht, wenn man sieht, wie Adam Gase Landry in Miami eingesetzt hat.
Diese Rolle sollte problemlos durch Danny Amendola und Albert Wilson im Slot aufzufangen sein. Kenyan Drake hat das Potenzial, einer der explosivsten Backs der Liga zu werden und läuft jetzt hinter einer verbesserten Line (dazu später noch mehr), während Ryan Tannehill nach Verletzung zurückkehrt und an seine positiven Tendenzen in der Gase-Offense anknüpfen sollte.
Die Tatsache, dass Miami mit Mike Gesicki den athletischsten Pass-Catching-Tight-End dieser Draft-Klasse in der zweiten Runde geholt hat, sollte für zusätzlichen Optimismus sorgen. Gase, das hat er in Denver immer wieder gezeigt, liebt es, seinen Tight End stark ins Passspiel einzubinden, und das vor allem auf zwei Arten: Via Seam-Routes - also über die Mitte zwischen zwei Verteidiger - und als X-ISO Receiver.
Der X-ISO Receiver steht für sich auf einer Seite der Formation, während die übrigen Receiver die andere Seite besetzen. Das Ziel ist es, diesem Receiver so einerseits einen klaren Gegenspieler und andererseits ein vorteilhaftes Matchup zu verschaffen. Gesicki ist kein guter Blocker - das wird Gase von ihm aber auch nicht wirklich verlangen. Für die Rolle, die Gase für Gesicki im Kopf haben dürfte, ist der Rookie ideal geeignet. Er könnte Miami nochmals eine ganz andere Dimension geben.
4. 49ers geben Garoppolo Front-Loaded-Mega-Deal
Stolze 37 Millionen Dollar beträgt der Cap Hit von Jimmy Garoppolo in der kommenden Saison - eine absurde Zahl. Für die Perspektive: Kein anderer Spieler kommt auf mehr als 27 Millionen Dollar, der zweithöchste Cap Hit ist der von Lions-Quarterback Matthew Stafford (26,5 Mio.). Garoppolo nimmt damit 20,9 Prozent des Salary Caps für die kommende Saison ein - eine Saison, in die San Francisco mit einer Unmenge an Cap Space (über 115 Millionen Dollar) gegangen war.
Die Struktur des Vertrags, den Garoppolo unterzeichnete, ist ein Meisterstück aus San Franciscos Sicht. Ein vergleichsweise geringer Unterschriftsbonus (1,4 Millionen pro Jahr über die komplette fünfjährige Vertragsdauer), dafür ein enormer Kader-Bonus im ersten Jahr. Das führt zu dem absurd hohen Cap Hit 2018 - den sich die Niners problemlos leisten können.
Nach zwei Jahren könnten die Niners im Worst-Case-Szenario für nur 4,2 Millionen Dollar Dead Cap aus dem Vertrag raus und die Cap Hits über die anschließenden Verträge sind - nicht nur vor dem Hintergrund des konstant steigenden Caps - mehr als moderat: 2019 könnte er mit einem Cap Hit von 20 Millionen ein absolutes Schnäppchen sein, sein Cap Hit wird die 27 Millionen nach 2018 in diesem Vertrag nicht mehr überschreiten.
Nur fünf Starts für die Niners hat Garoppolo bisher absolviert, sieben NFL-Starts insgesamt stehen auf seinem Konto. Die aber waren extrem vielversprechend, Garoppolo passt schematisch großartig in die Offense von Kyle Shanahan und man muss Quarterbacks schlicht, auch was finanzielle Aspekte und die Risiko-Bereitschaft der Teams angeht, anders betrachten als jede andere Position.
San Franciscos Offensive Line nimmt ebenfalls zunehmend die athletischen Formen an, die sich Shanahan wünscht und das Receiving-Corps wird deutlich vielseitiger aussehen. Diese Offense könnte 2018 explodieren, und mit der Struktur des Vertrags für Garoppolo haben die 49ers sichergestellt, dass sie auch in den Jahren danach finanziell absolut konkurrenzfähig bleiben.
3. Die Texans schnappen sich Tyrann Mathieu
Die Entlassung bei den Cardinals hatte vor allem finanzielle Gründe, Mathieu wollte einer Gehaltskürzung nicht zustimmen - stattdessen unterschrieb er für weniger Geld einen Einjahresvertrag, mit der Chance, in der nächsten Offseason nochmals richtig abzukassieren. Ganze sieben Millionen Dollar zählt Mathieu so 2018 gegen den Cap, und die Texans könnten daraus ein großer Nutznießer sein.
Das gilt vor allem schematisch: Houston hat sich Aaron Colvin in der Free Agency geschnappt, der Ex-Jaguars-Corner war einer der besten Slot-Cornerbacks der vergangenen Saison. Diese Rolle hatte Mathieu in Arizona zuletzt primär inne, insgesamt wurde er bei den Cardinals als eine Art Allzweckwaffe eingesetzt.
Houston will sich die Vielseitigkeit des Honey Badgers behalten - ihn dabei aber nicht mehr auf verschiedenen Positionen einsetzen. Head Coach Bill O'Brien hat bereits klar gestellt, dass er Safety spielen wird und Mathieu selbst fügte im Houston Chronicle hinzu: "In Arizona hatte ich viele Jobs, ich konnte mich nicht wirklich auf eine Position fokussieren. Coaches wollen oft, dass ich mich auf meine Instinkte verlasse - aber werde ich so wirklich ein besserer Spieler? Auf diese Frage wollte ich Antworten, und die wurden mir hier gegeben."
Mathieu soll innerhalb der Texans-Defense noch immer als Blitzer, Zone- und Man-Cover-Spieler eingesetzt werden, das aber gewissermaßen in einem klareren Rahmen. Dabei wird er enorm von den Räumen profitieren, die Watt, Mercilus und Clowney vor ihm frei räumen; und so könnte sich Mathieus Engagement in Houston als Win-Win-Situation entpuppen.
2. Browns verschaffen sich Zeit - und Stabilität
Ein Sieg in den letzten beiden Jahren insgesamt, zwei Mal der Nummer-1-Pick in Folge und die jahrelange Präsenz als Bodensatz der NFL - ich glaube wirklich, dass diese Zeiten in Cleveland vorbei sind. Das begann mit der Strategie von Sashi Brown und neben dem Anhäufen von Cap Space und Draft-Picks einer Fokussierung auf die Offensive und die Defensive Line, was zur Folge hat, dass Cleveland schon jetzt eine der besten Interior-O-Lines und mindestens eine Top-12-Defensive-Front hat.
Es ging dann in den vergangenen Wochen und Monaten weiter mit der klaren Handschrift des neuen Regimes. Cornerback Denzel Ward wird sofort starten, Jabrill Peppers rückt durch den Trade für Damarious Randall endlich in seine angestammte Position näher an der Line of Scrimmage und Randall wird wieder Safety - und nicht wie zuletzt in Green Bay Cornerback - spielen.
Über allem aber steht der Trade für Tyrod Taylor, welcher für sich betrachtet den Browns mehrere Siege in der kommenden Saison einbringen sollte.
Dieses Team war 2017 in puncto Talent mitnichten ein 0-Siege-Team - ignoriert man die Quarterback-Position. Hier versagte Coach Hue Jackson in der Vorsaison, der bemitleidenswerte Rookie DeShone Kizer zeigte genau die enormen Leistungsschwankungen, die sein College-Tape verraten hatte. Und ohne Hilfe vom Coach und vom Scheme resultierte das unter anderem in dramatischen Turnovern, welche die Browns ganz konkret Spiele kosteten.
Das Problem sollte mit Taylor nicht bestehen. Der größte Kritikpunkt an Taylor ist der berechtigte Einwand, dass er offene Würfe liegen lässt, seinen Reads gerne mal nicht traut und so über das Scheme frei geräumte Passwege letztlich ignoriert und ungenutzt lässt. Auf der anderen Seite hat sich über die letzten beiden Jahre kaum ein Quarterback so wenige Turnover-Fehler geleistet, Taylor war im Vorjahr laut Pro Football Focus passend dazu einer der besten Quarterbacks gegen Pressure.
Mit seiner Erfahrung und seinen Fähigkeiten als Scrambler gibt er den Browns, bis es zur unvermeidbaren Staffelstab-Übergabe an Baker Mayfield kommt, etwas, das Cleveland seit vielen Jahren auf der wichtigsten Position nicht hatte: Verlässlichkeit und Fehler-Minimierung.
1. Die Minnesota Vikings verpflichten Kirk Cousins
Die Vikings sind jetzt in ihrem Titelfenster, daran besteht kein Zweifel. Jetzt ist diese junge, hochtalentierte Defense zusammen, jetzt hat man noch Adam Thielen und Stefon Diggs, jetzt kommt Dalvin Cook zurück, jetzt hat man eine halbwegs stabile Offensive Line. Jetzt ist die Zeit, um All-In zu gehen.
Mit dem Deal für Kirk Cousins macht Minnesota genau das, und es war der exakt richtige Schritt. Natürlich kann man argumentieren, dass Case Keenum für ein paar Millionen weniger unterschrieben hätte - doch wie wahrscheinlich ist es, dass Keenum seine großartige Vorsaison mit neuem Coordinator einfach wiederholt? Von Bridgewater - bei aller Sympathie, die er noch immer in Minnesota genießt - und Bradford aus gesundheitlichen Gründen ganz zu schweigen.
Cousins hat sich über Jahre und auch in schwierigen Situationen als Top-15-Quarterback bewiesen, kommt ohne irgendeine nennenswerte Verletzungshistorie oder sonstige Bedenken. Er mag letztlich 2018 keine bessere Saison spielen als das Keenum 2017 gelang. Aber er gibt Minnesota Sicherheit und eine mindestens solide Base-Line auf der wichtigsten Position, welche ein Team, das jetzt um den Titel spielen will, unbedingt braucht. Die Differenz zwischen dem Cousins-Deal und dem, was Keenum gekostet hätte, darf man getrost als Versicherungsbeitrag abhaken.
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Timo Kruse: Auf was muss ich bei TV-Übertragungen achten, um zu erkennen was Offense und Defense vorhaben? Kurz: wie lese ich eine Aufstellung kurz vor dem Snap? Wundere mich immer was die Experten da alles raus lesen.
Grundsätzlich ist es wichtig zu verstehen, dass es rein anhand der TV-Übertragung nicht ganz einfach ist - das macht es so attraktiv, Zugriff auf die totale Ansicht im Re-Live zu haben. Vor allem die Position der (oder des) tiefen Safeties lässt sich anhand des TV-Bildes oft nicht erkennen, um die Defense zu lesen, ist er aber einer der ersten und einer der wichtigsten Anhaltspunkte.
Als generelle Richtlinien, hier einige weitere Aspekte:
Wie viele Verteidiger sind in der Box? Eines der am Fernsehbildschirm am ehesten erkennbaren Dinge: Als "Box" wird der Bereich rund um die Offensive Line, etwa bis 3-5 Yards in die Defense hinein bezeichnet - also grob der Part des Feldes, in dem sich in einer Base-Defense die Defensive Linemen und die Linebacker aufhalten würden.
Somit sind sechs oder sieben Verteidiger in der Box die Norm, weniger als sieben Spieler in der Box lassen darauf schließen, dass die Defense einen Pass erwartet. Das Gegenteil wäre die "Eight-Men-Box", wenn die Defense also acht Spieler so nah an der Offensive Line postiert. Das ist ein klares Indiz dafür, dass ein Run erwartet wird - oder dass ein Blitz kommt.
Ist defensiv ein Sub-Package auf dem Feld? Das ist schon schwieriger zu erkennen, vor allem, wenn man mit den Teams nicht sonderlich vertraut ist. Die Trikotnummern können Aufschluss geben, manchmal bleiben die Kameras auch drauf, wenn die Auswechslungen vollzogen werden.
Kommt die Defense in einem Sub-Package - die Nickel-Defense, in der ein dritter Cornerback für einen Linebacker oder einen Defensive Lineman aufs Feld kommt, ist das häufigste Sub-Package und wird von vielen Teams inzwischen in über 60 Prozent der Snaps gespielt - aufs Feld, kann man als Faustregel davon ausgehen, dass die Defense eher mit einem Pass rechnet. Umgekehrt könnte die Offense diese leichtere Formation nutzen, um einen Run dagegen zu spielen.
Natürlich gibt es hier auch Unterschiede. Einerseits etwa extreme Sub-Packages wie die Quarter- (sieben Defensive Backs) oder die Half-Dollar-Defense (acht Defensive Backs), die dann in wirklich offensichtlichen Passing-Situationen zum Einsatz kommen. Andererseits gibt es auch Formationen wie die Big Nickel Defense: hier ist der fünfte Defensive Back kein Corner - wie in der Nickel - sondern ein Safety. Das gibt der Defense in den meisten Fällen mehr Physis, die Patriots gehören zu den Teams, die diese Formation gerne spielen.
Mit welchem Personal ist die Offense auf dem Feld? Das lässt sich mit wenig Übung schnell erkennen: Hat die Offense einen Tight End, zwei, oder gar drei auf dem Feld? Wie viele Wide Receiver stehen auf dem Platz? Ist ein Running Back in der Formation, möglicherweise auch ein Fullback?
Das gibt einem eine erste Idee von dem, was die Offense vorhaben könnte - auch wenn natürlich gerade aus offensichtlichen Run-Formationen ein Pass und umgekehrt Teil des Schachspiels zwischen Offense und Defense sind. Eine Formation mit zwei Tight Ends und einem Fullback vor dem Running Back sollte erst einmal die "Run-Play"-Alarmglocke (dann die Play-Action-Alarmglocke) schrillen lassen. Kommt die Offense mit vier Wide Receivern raus, ist ein Pass zunächst die wahrscheinlichere Option.
Ist die Offense-Formation breit gefächert oder eng? Das passt zu dem vorherigen Kriterium. Sind die meisten Angreifer eng komprimiert rund um die Offensive Line postiert, oder handelt es sich um eine Spread-Formation? Ersteres macht einen Run wahrscheinlicher, Letzteres einen Pass.
Wie reagiert die Defense auf Pre-Snap-Motion? Verfolgt ein Verteidiger den Angreifer, der sich noch vor dem Snap von der linken auf die rechte Seite der Line bewegt? Dann ist es zumindest teilweise eine Man Coverage. Verfolgt niemand den Spieler, darf man eine Zone Coverage erwarten.
Press oder Off Coverage? Wie stellen sich die Cornerbacks auf? Direkt gegenüber von "ihrem" Receiver, oder lassen sie einige Yards Raum? Ersteres lässt auf Press-Coverage schließen, Letzteres auf Off-Coverage. Dabei kann man auch die Position des Cornerbacks beobachten: Steht er direkt wie ein Spiegelbild gegenüber vom Receiver, kann das ein Indiz für Man Coverage sein. Steht er leicht zum Quarterback gedreht, ist das ein möglicher Indiz für Zone Coverage.
Generelle Faustregel: Simpel bleiben. Rein bei der TV-Übertragung wird man nicht jede Nuance erkennen, und wenn man das versucht, ist man früher oder später frustriert. Weder die Kameraperspektive, noch die Art der Übertragung (kurze Wechsel zum Reporter an der Seitenlinie oder in die Kommentatoren-Kabine, Highlight-Einspieler, Rückblicke etc.) sind dafür gemacht. Für die tiefere Analyse sind Re-Live und die All-22-Perspektive gedacht. Mit den oben genannten Tipps aber sollte man schon einiges erkennen können.
Vienna Falcons: Langfristig betrachtet: Wie gefährlich ist die Saints-Strategie, jetzt all-in zu gehen? Ein paar Verletzungen und ein First-Place-Schedule kann schon 6-10 und das Aus für Sean Payton heißen - und dann steht man mit neuem Owner, neuem Head Coach, einem 40-jährigen Brees und keinem Erstrunden-Draft-Pick da.
Da ist definitiv Risiko dabei, und ich bin nach wie vor nicht ganz davon überzeugt, dass der teure Davenport-Pick wirklich ein Win-Now-Move ist, einfach weil Davenport noch Zeit brauchen wird. Die Rams sind das andere krasse Beispiel, die für Cooks, Talib und Peters ebenfalls Draft-Kapital abgegeben haben. Insbesondere der Cooks-Trade war mir persönlich da zu teuer.
Ich bin grundsätzlich allerdings dennoch immer dafür, ein vorhandenes Titelfenster auszunutzen. In der NFL ist es nahezu unmöglich, wirklich langfristig zu planen. Dafür ist die Liga zu schnelllebig, dafür kann eine einzige Verletzung zu gravierende Auswirkungen haben. Letztlich kann niemand sagen, für wen in drei, vier Jahren das Titelfenster weit offen ist und wer sich dann im Rebuild befindet.
Die Saints, im vermutlich vorletzten oder gar letzten Jahr von Drew Brees, und die Rams, mit Goff und Gurley noch günstig unter Vertrag, sind jetzt in ihrem Titelfenster. Sich über den Draft konstant mit Talent versorgen und sich bestmöglich für die langfristige Zukunft aufzustellen ist extrem wichtig, keine Frage. Doch unter dem Strich geht es ja darum, einen Titel zu gewinnen - und wenn der Preis dafür einige Jahre des Umbruchs anschließend sind, ist das vom Grundgedanken her für mich noch immer der richtige Weg.
Der Umbruch erreicht irgendwann jedes Team, ob mit Titel oder ohne.
LarryFitz: Welchen Spielern, die man jetzt nicht so auf dem Schirm hat, traust du eine Breakout-Saison zu? Ich denke zum Beispiel im letzten Jahr an Carson Wentz oder Case Keenum.
Ohne Rookies zu berücksichtigen wären das einige meiner Top-Kandidaten:
Joe Mixon, RB, Cincinnati Bengals
Mixons Rookie-Saison verlief letztlich unspektakulär und über weite Teile unter dem Radar - dabei sammelte er allerdings 913 Scrimmage-Yards. Nicht nur aufgrund des Abgangs von Jeremy Hill rechne ich damit, dass Mixon in der kommenden Saison noch deutlich häufiger in den Mittelpunkt rückt.
Die Bengals haben, wie anfangs bereits beschrieben, ihre Offensive Line merklich verbessert, das werden Mixon und Andy Dalton früh merken. Darüber hinaus ist Offensive Coordinator Bill Lazor ein Fan davon, aus einer Spread-Offense mit Tempo zu spielen und flexibel zu sein. Mixon ist quasi der ideale Spieler dafür, er kann als Runner - ob aus Spread oder anderen Formationen - genau wie als Receiver, sollten die Bengals in der No-Huddle-Offense umstellen wollen, punkten.
Und Mixon selbst ist ein extrem talentierter Back. Die Cuts sind eindrucksvoll, die Balance und die Agilität ebenfalls. Er könnte 2018 in die Running-Back-Top-10 vorstoßen.
Mike Williams, WR, Los Angeles Chargers
Mehrere Verletzungen machen es quasi unmöglich, Williams' Rookie-Saison zu bewerten. Das Potential aber ist für jeden, der sich mit College-Football beschäftigt, kein Geheimnis - mindestens als große, physische Waffe mit großem Catch-Radius sollte er 2018 einen deutlich verstärkten Einfluss haben. Das sollte gerade in der Red Zone umso spannender werden, da die Chargers hier künftig ohne Antonio Gates arbeiten.
David Njoku, TE, Cleveland Browns
386 Receiving-Yards in seiner ersten NFL-Saison sind nicht gerade eindrucksvoll für den ultra-athletischen Tight End. Ich tippe hier auf drastische Besserung: Die Browns werden unter Todd Haley schematisch vielseitiger sein und sie haben mit Tyrod Taylor einen Quarterback, der den sicheren Pass bevorzugt und dafür den Tight End konstant einbindet. Zumindest als Receiver könnte Njoku 2018 einen großen Sprung nach vorne machen.
Patrick Mahomes, QB, Kansas City Chiefs
Vielleicht der offensichtlichste Kandidat. Mahomes wird seine "Rookie"-Fehler machen, ganz klar. Allerdings gibt es für ihn kaum eine bessere Situation: Andy Reids Scheme ist extrem modern sowie flexibel und hilft dem Quarterback enorm. Dazu haben sich die Chiefs mit Sammy Watkins nochmal verstärkt - und mit Blick auf die Defense in Kansas City könnten Shootouts nicht gerade selten sein. Ein gutes Rezept für viele Stats.
Kenyan Drake, RB, Miami Dolphins
Nach dem Jay-Cutler-Debakel fliegt Miamis Offense etwas unter dem Radar. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass die Interior Line der Dolphins mit Josh Sitton und Daniel Kilgore verbessert wurde, dass Tight End Mike Gesicki Miami eine echte Matchup-Waffe im Passspiel gibt, dass Ryan Tannehill vor seiner Verletzung deutliche Fortschritte gezeigt hatte - und dass Kenyan Drake für Teile der vergangenen Saison einer der explosivsten Backs in der NFL war. Er wird von alledem, genau wie vom Abgang von Jay Ajayi natürlich, merklich profitieren.
Shaquill Griffin, CB, Seattle Seahawks
Griffin beeindruckte schon in der vergangenen Saison mit seiner Athletik, seiner Flexibilität und seiner Explosivität. Ein vielseitig einsetzbarer Corner, der technisch schon weit - und nach dem Abgang von Richard Sherman plötzlich der Nummer-1-Corner im Neuaufbau der Legion of Boom - ist. Seattle setzte schon im Laufe der vergangenen Saison vermehrt auch Man-Coverage-Konzepte ein, setzt sich das unter dem neuen Trainerstab fort, könnte Griffin eine noch prominentere Rolle als Shadow-Corner für Nummer-1-Receiver erhalten.
Robert Nkemdiche, DT, Arizona Cardinals
Bisher ist die NFL-Karriere von Robert Nkemdiche eine Enttäuschung. Als einer der talentiertesten Spieler seiner Draft-Klasse und Arizonas Erstrunden-Pick 2016 kam er durch Verletzungen und auch durch inkonstante Leistungen nie längerfristig aufs Feld. Das soll sich jetzt ändern: In der neuen attackierenden 4-3-Defense sollte Nkemdiche deutlich besser gemäß seiner Stärken eingesetzt werden, und die neuen Coaches in Arizona haben unisono von keinem anderen Spieler mehr geschwärmt. Für Nkemdiche ist es eine kritische Saison in der Wüste, die Voraussetzungen könnten dafür kaum besser sein. Jetzt muss er selbst liefern.