Wie funktioniert der Supplemental Draft?
Der Supplemental Draft ist nicht einfach eine Alternative zum "normalen" Draft - es ist mehr eine Notfall-Alternative, um einem Spieler die Chance auf eine Football-Zukunft zu geben.
Dementsprechend gibt es Limitierungen, wer überhaupt für den Supplemental Draft zugelassen ist: Wer in den Supplemental Draft will, muss für den regulären Draft des gleichen Jahres teilnahmeberechtigt gewesen sein, sich aber dort nicht angemeldet haben.
Gleichzeitig muss der Spieler nach dem regulären Draft für die kommende College-Saison als nicht spielberechtigt erklärt werden. Das kann akademische, aber auch disziplinarische Gründe haben. Auch das aber berechtigt noch nicht automatisch zur Teilnahme am Supplemental Draft: Jeder Spieler, der diesen Weg gehen will, muss einen Antrag einreichen.
Nur wenn dieser bewilligt und er als teilnahmeberechtigt erklärt wird, darf er tatsächlich auch im Supplemental Draft ausgewählt werden. Dieser findet dann immer zwischen dem regulären Draft und dem Start der nächsten Saison statt, in diesem Jahr steigt der Supplemental Draft am 11. Juli um 19 Uhr deutscher Zeit.
Dabei handelt es sich aber um kein Event, das mit dem Draft im April gleichzusetzen ist. Stattdessen teilen die Teams der Liga via E-Mail mit, an welchen Spielern sie interessiert sind sowie den Pick, den sie bereit sind, für diese Spieler aufzugeben. Wenn zwei Teams für einen Spieler einen Pick in der gleichen Runde "einreichen", entscheidet die Position der Teams innerhalb der Runde darüber, wer den Zuschlag erhält.
Um diese Position zu ermitteln, nutzt die NFL eine Art Lottery-System, gewissermaßen also um im Vorfeld die Reihenfolge des Supplemental Drafts festzulegen. Die Teams werden in drei Töpfe eingeteilt (sechs Siege oder weniger, die übrigen Nicht-Playoff-Teams und die zwölf Playoff-Teams) und innerhalb der Töpfe erhalten Teams je nach der Vorjahres-Bilanz Handicaps, so dass die jeweils schlechtesten Teams die beste Chance in ihrem Lostopf haben. Dann wird innerhalb der Töpfe gelost, für 2018 sehen diese so aus:
- Topf 1 (11 Teams): Browns, Giants, Colts, Texans, Buccaneers, Jets, Broncos, Bears, 49ers, Raiders, Dolphins
- Topf 2 (9 Teams): Redskins, Packers, Bengals, Cardinals, Seahawks, Chargers, Lions, Cowboys, Ravens
- Topf 3 (12 Teams): Titans, Bills, Chiefs, Jaguars, Falcons, Saints, Rams, Panthers, Steelers, Eagles, Patriots, Vikings
Ein Team aus Topf 2 kann also keinen der ersten elf Slots erhalten, während für die Teams in Topf 3 Position 21 der höchstmögliche Los-Platz ist.
Die Teams, die dann den Zuschlag für einen Spieler erhalten, geben dafür ihren Pick im regulären Drafts des Folgejahres auf. Bieten also etwa die Packers dieses Jahr einen Drittrunden-Pick für einen Spieler im Supplemental-Draft und haben damit das höchste Gebot, wird ihnen im Gegenzug der Drittrunden-Pick im "normalen" 2019er Draft entzogen.
Berühmte Supplemental-Draft-Picks:
- 1985: Bernie Kosar, QB, Cleveland Browns - 1. Runde
- 1987: Brian Bosworth, LB, Seattle Seahawks - 1. Runde
- 1987: Cris Carter, WR, Philadelphia Eagles - 4. Runde
- 1989: Bobby Humphrey, RB, Denver Broncos - 1. Runde
- 1990: Rob Moore, WR, New York Jets - 1. Runde
- 1998: Jamal Williams, NT, San Diego Chargers - 2. Runde
Alle Supplemental-Draft-Picks seit 2006:
Jahr | Spieler (College) | Position | Runde | Team |
2006 | Ahmad Brooks (Virginia) | Linebacker | 3 | Cincinnati Bengals |
2007 | Paul Oliver (Georgia) | Safety | 4 | San Diego Chargers |
2007 | Jared Gaither (Maryland) | Offensive Tackle | 5 | Baltimore Ravens |
2009 | Jeremy Jarmon (Kentucky) | Defensive End | 3 | Washington Redskins |
2010 | Harvey Unga (BYU) | Fullback | 7 | Chicago Bears |
2010 | Josh Brent (Illinois) | Nose Tackle | 7 | Dallas Cowboys |
2011 | Terrelle Pryor (Ohio State) | Quarterback | 3 | Oakland Raiders |
2012 | Josh Gordon (Baylor) | Wide Receiver | 2 | Cleveland Browns |
2015 | Isaiah Battle (Clemson) | Offensive Tackle | 5 | St. Louis Rams |
Supplemental Draft 2018 - drei Spieler mit ernsthaften Chancen
Drei Defensive Backs werden ernsthafte Chancen eingeräumt, im kommenden Supplemental Draft ausgewählt zu werden - teilweise gar mit einem hohen Pick. SPOX stellt sie vor:
Sam Beal, CB, Western Michigan
- Ein Multi-Sport-Athlet, der als Sprinter auch in der Leichtathletik Preise abräumte. Spielte im Football mehrere Positionen - auch im College: Wide Receiver, Returner und Cornerback. Corner wird aber seine Position in der NFL sein. Für die kommende College-Saison wurde er aus akademischen Gründen gesperrt - Beal hatte im vergangenen Semester nicht genügend Credit-Punkte erarbeitet.
- Sportlich gilt er dennoch als das Top-Prospect dieser Gruppe und viele hatten ihn - bevor die College-Sperre bekannt wurde - für 2019 schon als Erst- oder Zweitrunden-Pick auf dem Schirm. Dementsprechend waren bei seinem Pro Day Ende Juni auch alle 32 Teams, teilweise mit mehreren Vertretern, anwesend.
- Welche Art Spielertyp ist Beal? Sein Tape zeigt einen klassischen Man-to-Man-Corner, der isoliert gegnerische Top-Receiver verteidigt, mitunter an seinen Gegenspielern klebt und auch einige spektakuläre Plays am Ball hatte.
- Beal ist schnell, er kann pressen und attackiert Routes aggressiv - hier geht er mitunter zu hohes Risiko, was ihn in der NFL gegen erfahrene, technisch versierte Receiver auch das eine oder andere Big Play kosten wird.
- Draft-Prognose: Rund um Beal halten sich Gerüchte, wonach Teams tatsächlich einen hohen Pick aufgeben könnte - es kursieren Meldungen von einem Zweitrunden-Pick. Das wäre der höchste Supplemental-Draft-Pick seit Josh Gordon 2012.
Adonis Alexander, CB, Virginia Tech
- Wird bereits gerne mit Richard Sherman verglichen, und sowohl die Physis, als auch der Spielstil zeigen schnell, warum: Alexander ist ein großer Corner mit Reichweite und Aggressivität, der vor allem tief und als Press-Corner glänzt. Spielt den Ball und den Mann sehr physisch und könnte als Outside-Zone-Corner ein sehr guter NFL-Verteidiger werden.
- Darüber hinaus ist Alexander vielseitig. Wurde im College als Press- und Off-Corner eingesetzt, könnte möglicherweise auch als Safety auf dem nächsten Level spielen. Bewegt sich zumindest teilweise gut für seine Größe und spielt, auch in der Run-Defense, mit Physis. Guter Tackler.
- Ein klarer Unterschied zu Richard Sherman ist aber die Konstanz. Scouts haben Zweifel an seinem Motor, Alexander scheint sich während Spielen immer wieder Auszeiten zu nehmen und die Explosivität war 2017 nicht so zu sehen wie 2016.
- Und natürlich gehen die Bedenken über das rein Sportliche hinaus - ansonsten wäre er höchstwahrscheinlich nicht im Supplemental Draft. Alexander erhielt aus akademischen Gründen für die kommende Saison keine Spielerlaubnis, nachdem er in den vergangenen Jahren schon mit Marihuana erwischt und gegen Team-Regeln verstoßen hatte. Beide Vorfälle resultierten in Suspendierungen.
- Draft-Prognose: Die Probleme abseits des Platzes und die Fragezeichen hinter seiner Athletik lassen Alexander hinter Beal zurückrutschen. Realistisch ist wohl ein Pick in der fünften Runde.
Brandon Bryant, FS, Mississippi State
- Was Athletik, Explosivität und generelle Geschwindigkeit angeht, ist Bryant ein Top-Prospect - Fragezeichen hinter seiner Antizipation, den Football-Instinkten und schlicht seinem Spielverständnis ziehen diese Bewertung aber schnell wieder nach unten. So fehlt häufig die Disziplin innerhalb des Schemes.
- Spielte für Mississippi State meist als Free Safety und wurde sehr zentral eingesetzt. Allerdings mit einer ungewöhnlichen Kurve, seine Starts und damit auch seine generellen Stats gingen in den vergangenen Jahren jeweils nach unten. In der vergangenen Saison hatte er weniger Tackles insgesamt (32) als Solo-Tackles noch 2016 (34). An seine 2015er Saison mit zwei Tackles for Loss, 1,5 Sacks und drei Interceptions kam er nie wieder ran.
- Die Tatsache, dass die Athletik seine ganz klare Stärke ist und Bryant mit komplexeren Route-Kombinationen merkliche Probleme hat, legt nahe, dass er in der NFL eher als Special Teamer zum Einsatz kommen könnte.
- Draft-Prognose: Wenn man einen der drei auswählen müsste, der nicht gedraftet ist, dann wäre es Bryant - umso mehr mit dem schwierigen Safety-Markt im Hinterkopf. Wenn er trotzdem ausgewählt wird, dann wohl erst in der sechsten oder siebten Runde.
Die weiteren Spieler im diesjährigen Supplemental Draft:
Bright Ugwoegbu, LB, Oregon State
Martayveus Carter, RB, Grand Valley State
Welche Teams könnten einen Supplemental-Draft-Pick investieren?
Mehrere Teams sind noch auf Cornerback-Suche, auch nach einem hier durchaus solide besetzten Draft. Die Indianapolis Colts sind fraglos ein Kandidat, nachdem erst Vontae Davis abgeben und dann in der Free Agency Rashaan Melvin ziehen gelassen wurde - außerhalb von Quincy Wilson ist das Cornerback-Corps von Fragezeichen geprägt, und Wilson selbst ist erst in seiner zweiten Saison nach nur fünf Starts 2017.
Die Kansas City Chiefs dürften hier ebenfalls Interesse haben. Zwar bekam KC Kendall Fuller im Zuge des Alex-Smith-Trades und sollte damit im Slot sehr gut aufgestellt sein. Nach dem Abgang von Marcus Peters allerdings sind beide Outside-Spots zumindest offen für Diskussion.
Ganz so drastisch ist die Situation bei den Arizona Cardinals nicht, doch nach dem Abgang von Tramon Williams sucht Arizona einmal mehr eine Nummer 2 gegenüber von Patrick Peterson. Brandon Williams, Christian Campbell, Jamar Taylor - es gibt Optionen, doch mit Sicherheit keinen Spieler, der den zweiten Outside-Spot in irgendeiner Weise sicher hat.