Third and Long: Oldschool-Patriots - auch gegen die Chiefs?

Von Adrian Franke
15. Januar 201908:49
Die Patriots machten gegen Kansas City offensiv genau das, was sie wollten.getty
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Die New England Patriots legen gegen die Chargers eine unerwartet dominante Offensiv-Leistung aufs Parkett - was davon lässt sich auf das Duell mit den Chiefs übertragen? Außerdem: welche Schlüsselduelle werden die beiden Championship Spiele prägen? Erleben wir die Rückkehr des Run Games? Und stimmt es immer noch, dass "Defenses Titel gewinnen"?

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Patriots-Offense mit purer Dominanz - auch gegen die Chiefs?

Und wieder einmal dürfen die Abgesänge auf die Patriots vorerst in der Schreibtischschublade verschwinden. Die Pats dominierten am Sonntag die Chargers nach allen Regeln der Kunst, ein Team, das in der Regular Season ein Spiel mehr gewonnen hatte als New England, alle Spiele außerhalb von Los Angeles gewonnen und gerade ein eindrucksvolles Spiel in der Wildcard-Runde in Baltimore für sich entschieden hatte.

Jene Chargers waren in New England chancenlos, die Patriots dagegen ziehen in ihr achtes Championship Game in Folge ein, in 13 der 16 Playoff-Trips mit Brady gab es mindestens einen Auftritt am Championship Sunday. Absurde Zahlen, nicht nur in der Salary-Cap-Ära. Die Pats haben es geschafft, sich abgesehen von wenigen Konstanten - allen voran natürlich Brady und Belichick - im konstanten Wandel zu bewegen; was die individuelle Zusammensetzung des Teams und die Leistungsträger angeht, aber auch, was grundlegende Philosophien betrifft.

Vom Power Run Game zu Beginn des Jahrtausends über die Dominanz der vertikalen Spread-Offense mit Randy Moss, Kurzpass- und 2-Tight-End-Offenses, einem erneuten Slot-Fokus, einer kurzen Rückkehr zum vertikalen Passspiel bis jetzt wieder zurück zum Power Run Game: New England war offensiv konstant im Wandel, und das alles innerhalb des übergreifenden Schemes der Erhardt-Perkins Offense, die die Basis für die permanente Wandelbarkeit legt.

Das Run Game spielte in den vergangenen Jahren schon eine größere Rolle, die Pats sind das einzige Team, das in jedem der letzten drei Jahre in der Top-5, was Running-Back-Runs angeht, rangierte. Kaum ein Team bekam das deutlicher zu spüren als die Chargers, und die Patriots werden einige dieser Konzepte auch im Championship Game in Kansas City nutzen.

Patriots vs. Chargers: Fullback und Power Run Game

Gleich der erste Drive war ein 14-Play-Drive über 83 Yards, und New England machte kein Geheimnis aus dem eigenen Ansatz. Es war ein Power Run Game, mit vielen Plays mit dem Fullback als (Lead-)Blocker auf dem Feld - genau so, wie man es von New England insbesondere in den letzten Wochen häufig gesehen hatte; nur San Francisco spielte in der vergangenen Saison mehr 21-Personnel (zwei Running Backs, ein Tight End) als die Pats.

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Für die Chargers war das ein besonders schlechtes Matchup. Wo L.A. in der Vorwoche mit sieben Defensive Backs gleichzeitig auf dem Feld noch großen Erfolg hatte und Lamar Jackson in der Pocket kontrollieren konnte, war dieser Ansatz gegen die Patriots chancenlos. Den Chargers waren durch Linebacker-Verletzungsprobleme zu einem gewissen Grad die Hände gebunden, und New England nutzte das voll aus.

Die Patriots setzten auf ihr Power Run Game, brachten konstant einen oder zwei Blocker aus der Offensive Line schnell auf das Second Level und kreierten so riesige Lücken für Sony Michel und Co. Dabei wurde der Fullback als Lead-Blocker und auch als "Lückenstopfer" eingesetzt, um sich öffnende Räume hinter den schnell aufrückenden Linemen schließen zu können.

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Es wurde schnell klar, dass die Chargers keinen Plan B hatten; gleichzeitig ließ L.A. auch zu lange den Willen vermissen, aggressiver zu Werke zu gehen. Wenig Blitzing und viel zu häufig eine sehr softe Underneath Zone Coverage, was den Weg für neun Receptions für Julian Edelman sowie 15 (!) für James White ebnete.

"Sie spielen viel Zone Coverage, für uns Running Backs eröffnen sich dadurch viele Gelegenheiten, um den Ball zu fangen", brachte White es anschließend auf den Punkt; und was so einfach klingt, war es am Sonntagabend häufig auch für die Patriots. New England konnte mit seinem Power Run Game 4,6 Yards pro Run verzeichnen, gleichzeitig attackierte Brady in einem sehr effizienten Auftritt konstant die Underneath-Coverages, während die Offensive Line keinen Sack und nur einige einzelne Pressures zuließ.

Die Pats mischten dabei exzellent ihre Passing und Running Designs. Mehrfach entstanden aus Run-Looks Play-Action-Pässe, aus Play-Action-Fakes Screens und immer wieder gab es dabei komplett offene Receiver. So dominant das Run Game war - die Patriots warfen den Ball immer noch zwölf Mal mehr, als dass sie ihn liefen (Kneeldowns nicht eingerechnet) und verzeichneten im Passing Game drei Yards pro Play mehr.

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Das längste Play des Tages allerdings war ein 40-Yard-Run von Sony Michel, der dabei erneut zwischen seinem Fullback und Tight End durch eine offene Lücke marschieren durfte. "Der 40-Yard-Run war das Resultat von großartigem Blocking. Es war eine riesige Lücke", bestätigte Michel anschließend. "Jeder hätte da durchlaufen können."

Das war mehr als ein Mal das Thema in diesem Spiel - Runs, bei denen es nicht schwierig war, durch die Lücke zu marschieren und schnell Yards zu sammeln, bevor man überhaupt erstmals Gegnerkontakt macht.

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Und auch wenn White nach dem Spiel betonte, dass "jedes Spiel unterschiedlich ist. Wir attackieren jede Defense auf unterschiedliche Art und Weise", steht doch die Frage schon jetzt im Raum: wie viel davon ist auf das Championship Game übertragbar?

Immerhin wartet mit den Chiefs die schlechteste Run-Defense der Regular Season; eine Run-Defense, die vor allem auf dem Second Level und in Short-Yardage-Situationen mitunter desolat war. Eine Run-Defense, die von Teams immer wieder erfolgreich mit Interior-Runs attackiert wurde. Als beide Teams in Week 6 aufeinandertrafen, war es sehr auffällig, dass New England die Outside Runs suchte und so auch häufiger etwa Chris Jones aus dem Weg ging. Sehen wir hier eine Umstellung am kommenden Sonntag?

Die Patriots sollten in jedem Fall in der Lage sein, Kansas City oft in die Base-Defense zu zwingen, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden, wie die Chargers-Defense. Und eine der Stärken dieser Pats-Offense ist es, wie flexibel sie auch aus Heavy Sets sein kann - plötzlich entsteht via Pre-Snap-Motion eine Spread-Formation und New England attackiert die Linebacker im Passing Game. Die Pats werden die Outside-Corner-Probleme der Chiefs nicht so ausnutzen können, wie das etwa die Chargers gekonnt hätten. Aber mit ihrem Ansatz präsentieren sie eine vielleicht noch unangenehmere, weil Matchup-forcierende Herausforderung.

Rams vs. Cowboys: warum funktionierte das Run Game der Rams?

Gerade eine Woche, nachdem sich die Seahawks an der Run-Defense der Cowboys die Zähne ausgebissen hatten, walzten die Rams nur so über Dallas. 48 Runs für spektakuläre 273 Yards, mit einer Pro-Play-Effizienz (5,7 Yards pro Run), die ungewöhnlich nahe an das Passspiel (6,6 Yards pro Pass) rankam: L.A. hatte ein konstantes Run Game mit vielen Runs in der fünf bis zwölf Yard-Reichweite, und Dallas fand nicht im Ansatz eine Antwort darauf.

Schaut man sich das Tape dieser Partie an, fällt auf: die Rams hatten ganz besonders im Inside Run Game Erfolg. L.A. lief 22 Mal im Bereich zwischen der Inside-Schulter des Left Tackles und der Outside-Schulter des Right Guards, für einen Schnitt von 6,6 Yards pro Run und insgesamt herausragende zehn First Downs.

Ein beachtlicher Wert, ganz besonders wenn man den direkten Vergleich zum Seattle-Spiel zieht; die Seahawks hatten im gleichen Bereich 13 Runs - bei einem Schnitt von 2,7 Yards pro Run und für zwei First Downs.

Sowohl die Rams (22 von 48 Runs) als auch die Seahawks (13 von 24) investierten also viele Snaps, um über das Inside Run Game Erfolg zu haben. Das Ergebnis hätte aber unterschiedlicher kaum sein können, nur die Rams konnten hier punkten. Und warum? Das Tape liefert die Antwort.

Rams Run Game: Jet Sweeps und Inside Zone

Es war insbesondere eine Play-Kombination, die bei den Rams hier immer wieder auffiel und die diverse Male in längeren Raumgewinnen durch das Run Game resultierte - beispielhaft hier dargestellt.

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Die Rams sind schon die ganze Saison über ein Team, das vermutlich mehr als jede andere Offense Jet Sweeps und vor allem Jet Sweep Fakes einbaut. Die Rams übergeben den Ball hier gelegentlich auch an den Jet-Motion-Spieler, vor allem nutzen sie dieses Element aber als Ablenkung: so soll nochmals mit den Gap-Zuteilungen der Defense gespielt werden, die sich durch die veränderte Situation eines Jet Sweeps umstellen können, was im Idealfall Raum für Runs über die Mitte öffnet.

Im Laufe der zweiten Saisonhälfte hatten gegnerische Defenses allerdings angefangen, diese Jet Sweep Fakes zu ignorieren - die Bedrohung der Ballübergabe an den sich in Bewegung setzenden Receiver war zu gering geworden. Die Rams intensivierten diese Plays so wieder, und gegen Dallas hatten sie mit der oben dargestellten Formation dann durchschlagenden Erfolg.

Der Jet-Sweep-Spieler ist dabei nur ein Teil des Fakes, er wird ergänzt durch einen pullenden Tight End, der wie ein Lead-Blocker vor dem Sweep-Spieler mitläuft. Die Offensive Line blockt im bekannten Zone-Blocking der Rams Downfield und schiebt die Front in die Richtung, aus welcher der Sweep-Spieler losgelaufen war.

Der pullende Verteidiger ist für den durch das Blocking der Line freigelassenen Edge-Verteidiger zuständig und muss sich dem zumindest in den Weg stellen - und mehrfach waren so Inside Runs an der Line of Scrimmage völlig offen.

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Das war die schematische Grundlage für viele der Rams-Runs, die in dieser Effizienz aber nur so funktionierten, weil L.A. auf exakt diesen Play-Designs aufbauend dann auch ins Play Action Game ging. Goff hatte gegen Dallas so viele Play-Action-Pässe wie er reguläre Pässe hatte (14); mit Play Action verzeichnete er mehr Yards (104) als ohne (82).

Aus Rams-Sicht war es schematisch eine Vintage-Rushing-Leistung, wie man sie früher in der Saison so häufig gesehen hatte. Pass- und Run-Designs glänzend miteinander verknüpft, eine großartig aufspielende Offensive Line und durch Motion und die permanente Bedrohung von Play Action weit offene Runs für die Running Backs.

In der Hinsicht, das dürfte Sean McVay ähnlich sehen, war es eine vielversprechende Generalprobe für das Championship Game in New Orleans - gegen die herausragende Run-Defense der Saints, die mit ihrer Vorliebe für Man Coverage allerdings vielleicht auch noch ein wenig anfälliger für die Sweep Fakes sein könnten. Uns erwartet ein faszinierendes Schachspiel an der Line of Scrimmage.

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Conference Championship Game NFC

No. 1 New Orleans Saints vs. No. 2 Los Angeles Rams (So., 21.05 Uhr live auf DAZN)

Schlüsselmatchup: Jared Goff gegen den Blitz.

Die Saints sind eine sehr Blitz-freudige Defense, insbesondere bei Third Down blitzt New Orleans gerne. Die Offensive Line der Rams war in den vergangenen Wochen nach einem Durchhänger deutlich verbessert, vor allem gegen den 4-Men-Rush der Cowboys war das eindrucksvoll sichtbar - und für Goff war das elementar wichtig. In dieser Saison war mehrfach zu erkennen, dass Goff Probleme hatte, wenn der 4-Men-Rush ihn unter Druck und gleichzeitig mehrere tief postierte Safeties das vertikale Passing Game einschränken. Das zwingt Goff dazu, diszipliniert im Kurzpassspiel zu arbeiten, und in mehreren Spielen hatte er damit Probleme. Die Saints aber sind eine ganz andere Defense: New Orleans wird Goff mutmaßlich eher weniger aus dem 4-Men-Rush unter Druck setzen können, ohne den verletzten Sheldon Rankins umso weniger. Stattdessen wird New Orleans im Blitzing aggressiver zu Werke gehen - hier sah Goff auf die Saison gesehen deutlich besser aus, als gegen Pressure aus dem 4-Men-Rush. Aber: die Sack-Quote geht gegen den Blitz signifikant nach oben. Wenn Goff den Blitz der Saints schlagen kann, wie es im Duell in Week 9 der Fall war, dann haben die Rams eine Chance auf den Auswärtssieg.

Conference Championship Game AFC

No. 1 Kansas City Chiefs vs. No. New England Patriots (Mo., 0.40 Uhr live auf DAZN)

Schlüsselmatchup: Chiefs-Front vs. Patriots-Blocking.

New England hatte seine Protection-Probleme, die Tackles insbesondere hatten hier einige Schwierigkeiten - gegen die Chargers zeigten die Patriots aber eindrucksvoll, zu was sie im Run-Blocking in der Lage sind, insbesondere im Zusammenspiel mit den Fullbacks und Tight Ends. Das kombiniert mit dem Kurzpassspiel, Play Action und Screens, die auf diesen Formationen und Personnel Groupings basieren, und in Brady mit einem Quarterback, der diese Art Offense nahezu fehlerfrei umsetzen kann; schon hat man ein Rezept für eine Offense, die wahnsinnig unangenehm zu verteidigen und zu sehr langen Drives in der Lage ist. Das muss Kansas City unterbinden, und hier wird sich das Spiel maßgeblich entscheiden: kann die Chiefs-Run-Defense ihren unerwartet starken Auftritt aus dem Colts-Spiel wiederholen? Und kann die Front, insbesondere aus Basis-Formationen gegen die vielen 21-Personnel-Aufstellungen der Pats, das Kurzpassspiel unterbinden? Wenn den Chiefs das gelingt, sollte New England nicht in der Lage sein, genügend Big Plays im vertikalen Passing Game zu kreieren, um das auszugleichen.

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Run Game, Defense vs. Offense, Goff, Brady - eure Fragen

Mario Kluckow: Die Rams haben gegen Dallas mit ihrem Run Game gewonnen. Den gleichen Weg wollten die Seahawks auch beschreiten. Nur hatten die Rams wesentlich mehr Erfolg aufgrund einer fitten O-Line und eines ggf. etwas ausgeglicheneren Run/Pass-Verhältnis in "neutralen Drives". Können wir also den Konsens finden, dass die grundsätzliche Ausrichtung der Seahawks nicht komplett falsch war, sondern die Ausführung sowie am zu langen festhalten des Gameplans zur Niederlage gegen die Cowboys führte?

Würde ich so auf keinen Fall zustimmen, aus mehreren Gründen: die Run-Designs der Rams sind viel effizienter als die der Seahawks, weil sie viel besser mit dem Passing Game verknüpft sind. Das führt zur höchsten Anzahl an leichten Boxes gegen sich, das führt zu riesigen Lücken durch das Blocking. Das Run Game der Rams ist schwer vorhersehbar, in seinen Designs und im Play-Calling. Die Play-Designs sowie das Play-Calling der Seahawks ist vorhersehbar.

Anders gesagt: Run Game ist nicht gleich Run Game, und weil der Ansatz beim komplett anders genutzten Run Game der Rams funktioniert hat, würde ich das nicht einfach auf die Seahawks übertragen. Seattle lebte extrem von den Yards nach Kontakt der eigenen Running Backs, von individuellen Leistungen - nicht vom Scheme und schon gar nicht vom Play-Calling. Im Zweifelsfall ist das viel einfacher zu verteidigen.

Und natürlich kommt der Quarterback-Faktor dazu. Machte es für die Rams Sinn, möglichst wenig auf Goffs Schultern abzuladen, mit der Aussicht, dass er es erneut mit einem gefährlichen 4-Men-Rush zu tun bekommen könnte? Absolut. Trifft das aber auf Russell Wilson zu? Für mich ein klares Nein, und deshalb bleibt für mich auch die grundsätzliche Ausrichtung falsch. Dallas ging mit einer der Top-Run-Defenses in beide Spiele, das macht den Ansatz in Kombination mit der Quarterback-Position so fragwürdig.

Lennardt Kordt: Die ganze Saison über wurde dem Laufspiel seine Bedeutung in der modernen "Passing-NFL" abgesprochen. Jetzt in den Playoffs gewinnt Dallas über den Lauf gegen Seattle, Rams über den Lauf gegen Dallas und Pats über den Lauf gegen die Chargers. Wie kommt's?

Der Punkt mit dem Run Game ist und bleibt: wenn der Gegner hier eine eklatante Schwäche in der Run-Defense an den Tag legt, kann man diese nach wie vor attackieren und Spiele so auch in einem gewissen Maße diktieren. Die Patriots gegen die Chargers sind hier das drastischste Beispiel, New England konnte mit seinem 21-Personnel und dem Fullback als Blocker die leichten Fronts physisch dominieren und immer wieder riesige Lücken frei blocken.

Doch sowohl bei den Patriots, als auch vor allem bei den Rams war auch klar sichtbar: die Erfolge im Run Game hängen mit dem Passing Game direkt zusammen. Bei den Rams ist das schon die ganze Saison über eines der zentralen Themen, L.A. ist unheimlich gut darin, seine Run Plays und Pass Plays extrem ähnlich zu gestalten und schon die ganze Saison über kreiert das riesige Lücken gegen 5- und 6-Mann-Boxes, die leichte Yards im Run Game kreieren. Das sah man am Samstag erneut.

Die Chargers derweil, angeschlagen auf der Linebacker-Position, fanden defensiv nicht die richtigen Anpassungen, um sich gegen das Power Run Game der Pats zu wehren - während die Patriots ihre Run Plays konsequent mit Play Action, Underneath-Zone-Beatern und Screens mischten.

Das Passing Game in der ersten Hälfte war so sehr effizient. Dallas gegen Seattle war ein ganz eigener Fall, den ich letzte Woche ja ausführlich seziert hatte; ein Spiel, das eher durch die Seahawks und deren Verweigerung des Passing Games entschieden wurde, als durch das Run Game der Cowboys.

Die vier übrigen Teams in den Playoffs sind allesamt in der Top-5 in Passing-Offense DVOA, mit den Chargers als fünftes Team. Für mich sind starke Offensive Lines und vielseitige Play-Designs die zentralen Story dieser Playoffs.

Lukas Langier: Ist die Weisheit "Offense wins Games, Defense wins Championships" überholt und entspricht nicht mehr der Realität?

Kurze Antwort: ja. Eine starke Defense kann dich noch immer weit bringen - aber ohne eine starke Offense kann man heute nicht mehr konstant gewinnen. Die diesjährigen Ravens sind ein sehr gutes Beispiel dafür, in etwas abgeschwächter Form auch die Bears. Eine gute Defense in der heutigen NFL kann Spiele für dich eng halten und dir vereinzelt auch Spiele gewinnen, aber es ist in der NFL heute kaum noch möglich, mit einer Defense konstant auch Top-Offenses zu dominieren.

Und dabei sprechen wir noch nicht einmal davon, dass es viel schwerer ist, ein Team über die Defense aufzubauen und damit konstant erfolgreich zu sein. Defensive Stärke und Schwäche ist von Jahr zu Jahr viel inkonstanter als Offensive Stärke, unter anderem weil viel mehr einzelne Faktoren eine gleichgroße Rolle spielen.

Ein vereinfachtes Beispiel: dein 4-Men-Rush ist nicht mehr so dominant, weil dein Defensive End nachlässt. Das zwingt dich womöglich zu mehr Blitzing, setzt die Secondary mehr unter Druck und kann schnell die Struktur und Qualität der gesamten Defense grundlegend verändern. Eine gute Offense ist von viel weniger Faktoren, allen voran natürlich dem Quarterback, abhängig.

Defenses machen nach wie vor einen Unterschied. Kann man die gegnerische Offense aus ihrer Komfortzone raus bewegen? Kann man sie eindimensional machen? Kann man - zwei ganz zentrale Faktoren - Big Plays kreieren und den Quarterback unter Druck setzen? Mein Fokus beim Zusammenstellen einer Defense würde mit dem Pass-Rush anfangen, weil er dafür am ehesten die Möglichkeiten mitbringt.

Aber konstant erfolgreich zu sein, dafür braucht es für mich heute die Offense mehr als die Defense. Es ist kein Zufall, dass erstmals überhaupt die vier Top-Scoring-Offenses allesamt in den beiden Championship Games vertreten sind. Es sind auch die vier Top-Teams in puncto Offense Early Down Success Rate, während gleichzeitig alle vier Defenses in der unteren Liga-Hälfte was zugelassene Yards pro Play angeht zu finden sind.

Wer mit seiner Offense schnell und notfalls viel punkten kann, wer sich konstant in gute Second und möglichst wenige Third Downs bringt, wer Play Action sinnvoll und das Run Game in den richtigen Situationen einsetzt - diese Teams dominieren die NFL, das ist die klare Schlussfolgerung vor den Championship Games. Für mich gilt zumindest aktuell in der NFL, und die jüngsten Super Bowls unterstreichen das ja: Offense wins Championships.

Kevin Beinsen: Verdienter Sieg der Rams. Allerdings hatte Goff wieder kaum bis gar keinen Pressure - die Offensive Line der Rams war der Garant für den Sieg. Kann sie dieses Level zwei weitere Spiele halten? Vor allem gegen die Saints, die das Laufspiel zerstören können?

Die Offensive Line der Rams war tatsächlich extrem dominant gegen Dallas, und der zentrale Grund für den Sieg der Rams. Und trotzdem konnte man die Probleme von Goff gegen Pressure vor allem früh in der Partie sehen, gegen die Cowboys ließ er unter Druck zumindest einen Touchdown gegen Pressure liegen und brachte von fünf Pässen gegen Pressure nur einen an den Mitspieler.

Pressure ist noch immer ein großes Problem von Goff. Wenn er in dieser Saison unter Druck stand, warf er alle 40,4 Dropbacks eine Interception - aus sauberer Pocket nur alle 63 Dropbacks. Die Yards pro Pass gingen von 9,2 auf 5,7 runter, die aus sauberer Pocket warf er im Schnitt bei jedem 16. Dropback einen Touchdown; gegen Pressure nur jeden 40.

Und man sieht es auch: Goff wirkt gegen Pressure immer noch überhastet, geht zu schnell von seinen Reads weg und macht zu viele einfache Fehler. Die Line war jetzt in den letzten Wochen deutlich verbessert, die Saints präsentieren aber nochmals eine ganz andere Herausforderung: eine Blitz-lastige Front mit viel Man Coverage dahinter - Goff wird gegen die Saints mehr unter Druck stehen, als gegen Dallas, davon gehe ich aus.

Dominik Rosing und justmetrustme: Die Defense der Chiefs war gegen die Colts - überraschend - stark eingestellt. Hat Andy Reid nun eine auf beiden Seiten des Balls Super-Bowl-Unit geformt? Oder hat die Defense überperformt? Wie kann eine Defense wie die der Chiefs sich um gefühlt 1.000 Prozent steigern?

Die Chiefs-Defense ist immer noch absolut schlagbar, insbesondere in der Secondary, und wenn ein Team in der Pass-Protection standhalten kann, wird das auch wieder deutlicher werden. Kansas City hat aber etwas, das spielentscheidend sein kann: mehrere individuell dominante Pass-Rusher. Chris Jones, Justin Houston und Dee Ford sind gleich drei individuell gefährliche Pass-Rusher, mit denen die Chiefs jeder Offensive Line im Laufe eines Spiels Probleme bereiten kann.

Überraschend war, wie diszipliniert die Chiefs gegen eine starke Colts-Line den Run verteidigten - doch auch im Laufe dieses Spiels hatte Indianapolis, insbesondere über die Mitte, einige längere Runs. Ich bin weit davon entfernt, dieser Chiefs-Defense wirklich vertrauen zu wollen; im gleichen Atemzug sage ich aber auch, dass Kansas City mit seinem Pass-Rush die Möglichkeiten hat, um zumindest Phasen eines Spiels zu dominieren. In Kombination mit der eigenen, explosiven Offense kann das schon reichen.

Andreas Peer: Mal angenommen, Brady geht trotz seiner bisherigen Aussagen nach dieser Saison in Rente - was glaubst du, würden die Pats auf der Quarterback-Position machen? Ich persönlich kann mir eine Saison mit Hoyer nicht vorstellen.

Die Patriots würden das machen, was sie immer machen (und was sie oft vom Rest der Liga unterscheidet): sie würden nicht in Panik verfallen. In diesem Szenario - und ich gehe fest davon aus, dass Brady noch mindestens eine Saison spielt - wäre New England der für mich klare Top-Kandidat auf die Dienste von Teddy Bridgewater, sofern die Saints ihn nicht halten können.

Klappt das nicht, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Vielleicht gefällt den Pats einer der Quarterbacks, die man Mitte der ersten Runde im Draft bekommen kann, und sie schlagen hier zu; New England traue ich es zu, unkonventionell genug zu denken, um auch etwa einen Kyler Murray auf dem Zettel zu haben. Was ich bei den Pats am ehesten ausschließen würde, ist der Versuch, mit einem Flacco oder Tyrod Taylor eine Übergangslösung zu schaffen.