Pittsburgh Steelers: Antonio Brown - Der Krampf mit dem Superstar

Pascal De Marco
01. März 201908:08
Antonio Brown wurde in den vergangenen sechs Spielzeiten in den Pro Bowl gewählt.getty
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Kein Name hat in dieser Offseason für größere Schlagzeilen gesorgt als Antonio Brown. Der Wide Receiver der Pittsburgh Steelers beharrt auf einen Trade und steht kurz davor, seinen Wunsch in Erfüllung gehen zu sehen. Die Steelers befinden sich jedoch in einer misslichen Situation. Sie führen einen erbitterten Kampf, den Superstar nicht zum Dumpingpreis zu verlieren.

114 Catches, 1524 Yards und 11 Touchdowns. Das sind nicht die Statistiken einer herausragenden Saison. Es sind die Durchschnittswerte Antonio Browns seit 2013. Der einstige Sechstrundenpick hat sich als Underdog in die NFL gekämpft, sich seinen Status als Elite-Receiver hart erarbeitet und schließlich etabliert.

Seit sechs Spielzeiten war AB jedes Mal im Pro Bowl. Seit jeher ist er einer der gefürchtetsten Receiver und Contested Catcher der Liga und ein Spieler, der aufgrund seiner sportlichen Fähigkeiten in jedem Team funktionieren würde. Bislang jedoch spielte Brown nur für die Pittsburgh Steelers und an der Seite von Quarterback Ben Roethlisberger, einem der besten Deep Passer dieser Dekade.

Dies wird sich nun aller Voraussicht nach ändern. Seit Monaten steht der extrovertierte 30-Jährige im Clinch mit seinem Team. In der Öffentlichkeit provoziert er mit aggressiven Social-Media-Posts und will einen Trade forcieren, obwohl er erst 2017 einen Vier-Jahres-Vertrag über 68 Millionen Dollar unterzeichnet hatte. Brown will nicht mehr ohne Garantien: "Dafür spiele ich nicht mehr in der NFL."

Zuletzt postete er ein Bild, welches ihn und Steelers-Präsident Art Rooney II zeigte, mit der Bildunterschrift, dass die beiden sich auf eine Trennung geeinigt hätten. Eine Trennung, die Browns fragwürdigem Verhalten in den letzten Monaten recht geben und die Franchise in einer sehr unglücklichen Situation hinterlassen würde.

Steelers-GM über Brown: "Ansonsten werden wir nicht traden!"

Nun ist es für die Steelers an der Zeit, einen Deal auszuhandeln, der einen der besten Spieler in der Geschichte der Franchise von dannen ziehen sieht. Ein Deal, in welchem dieser Verlust womöglich noch nicht einmal mit einem Erstrundenpick kompensiert wird. Ein Deal, der das Team auf Dead Money in Höhe von über 20 Millionen Dollar sitzen ließe.

Die Steelers sind in einer wahnsinnig unglücklichen Situation, in der Geschäftsführer Kevin Colbert den Woche für Woche sinkenden Wert seines abwanderungswilligen Superstars so hoch wie möglich zu halten versucht.

"Antonio Brown ist einer der besten Spieler der NFL", sagte Colbert zuletzt: "Wir würden ihn gerne weiter in unserem Team haben. Aber wenn du dich entscheidest, einen solchen Spieler abzugeben, dann willst du eine Entschädigung erhalten, die diese Handlung legitimiert. Wir wollen signifikante Kompensation erhalten, ansonsten werden wir ihn nicht traden!"

Natürlich spricht Colbert, als ob er sich in einer starken Verhandlungsposition befinden würde. Die Realität jedoch ist eine andere. Die Realität ist, dass Brown ohne Rücksicht auf Verluste seinen Weg aus Pittsburgh forciert. Und Colbert kann nicht tatenlos dabei zusehen, wie die Aussicht auf einen akzeptablen Gegenwert mit jedem Wort, welches AB spricht, und mit jedem Post, den er setzt, geringer und geringer wird.

Antonio Brown und ein Meer an Fragezeichen

Doch nicht nur Browns Verhalten in der öffentlichen Kommunikation erweist den Steelers einen Bärendienst. Teams, die sich für die nicht absprechbaren Qualitäten des Receivers interessieren, haben eine ganze Liste an Fragezeichen, die den Spieler begleiten.

Mehrfach ausgesetzte Trainingseinheiten, die schlussendlich zu einer vereinsseitigen Suspendierung für das letzte Saisonspiel führten, waren da zuletzt nur die Spitze des Eisbergs. Alleine in dieser Saison beschwerte sich der Wideout öffentlich über seinen Quarterback und das Playcalling. Zudem gibt es Berichte, die sagen, dass er sich intern auch darüber beklagte, nicht den teaminternen MVP-Award erhalten zu haben.

Umrahmt werden derartige Schlagzeilen von seinen kryptischen Social-Media-Nachrichten, zivilrechtlichen Problemen aufgrund krasser Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr, eine Anklage für eine Gewaltandrohung gegenüber einem Reporter, eine Zivilklage, weil er Möbelstücke aus dem 14. Stock eines Gebäudes geworfen haben soll. Jüngsten Berichten zufolge ermittelt die NFL in einem Fall einer gewaltsamen Auseinandersetzung.

Vergleiche zum kontrovers diskutierten ehemaligen Star-Wideout Terell Owens sind nicht alleine aufgrund sportlicher Beweggründe gerechtfertigt. Ein großartiger Spieler mit massiven Problemen in der Handhabung für die Vereinsführung und dem Coaching-Staff.

Brown ist ein echter Nummer-1-Receiver, dessen Produktion vielleicht - vielleicht aber auch nicht - abbauen wird. Der vielleicht - vielleicht aber auch nicht - unter seinem aktuellen Vertrag spielen wird. Der vielleicht - vielleicht aber auch nicht - ein unkontrollierbares Problem in der Umkleidekabine und durch seine öffentliche Kommunikation darstellt. Das sind eine ganze Menge Fragezeichen für einen Deal mit großer Fallhöhe. Für einige Teams sicherlich mindestens eines zu viel.

Browns Vertrag eigentlich untrade- oder uncutbar

Gelingt es den Steelers, einen Trade Browns bis zum 18. März abzuschließen, so sparen sie sich zumindest einen Roster Bonus in Höhe von 2,5 Millionen Dollar. Ein Betrag, der im großen Bild nahezu verschwindend gering ist und auf den man auch gerne verzichten wird, wenn denn der vereinbarte Gegenwert einer größeren und besseren Kompensation entspricht.

Und das Big Picture ist für die Steelers gigantisch. Satte 21,2 Millionen Dollar an Dead Money würde eine Entlassung oder ein Trade Browns hinterlassen. Zwar würden diese durch Cap-Einsparungen in Höhe von 22,165 Millionen Dollar ausgeglichen werden, doch wären die Steelers dennoch nahezu handlungsunfähig. Auch eine Trennung im Jahr 2020 würde noch Dead Money in Höhe von über 14 Millionen, im Jahr 2021 von über 7 Millionen Dollar, zur Folge haben.

Als die Steelers den Vertrag mit Brown im Jahre 2017 abgeschlossen hatten, hatten sie an ein Szenario wie dieses wohl in ihren kühnsten Träumen nicht erwartet. Die hohen Bonuszahlungen und die Cap-limitierende Ausrichtung haben das Papier eigentlich zu einem untradebaren oder uncutbaren gemacht.

Mögliche Landing Spots für Antonio Brown

In Pittsburgh hat man die Destination AFC North und New England wohl als "No-Trade-Zones" ausgemacht. "Idealerweise tradest du ihn zu einem Team, gegen welches du nicht spielen wirst", erklärte Colbert. "Komplett ist das aber nicht auszuschließen. Bist du gut genug, um den Super Bowl zu erreichen, könntest du dennoch auf ihn treffen."

Präferieren würde man also eher einen Deal mit einem NFC-Team. Hier werden die San Francisco 49ers häufig im Zusammenhang mit Brown genannt. Head Coach Kyle Shanahan macht keinen Hehl daraus, dass man gerne ein Upgrade auf der Receiver-Position haben würde. Angesichts der anderen Wideouts auf dem Markt und den Fragezeichen hinter der Qualität der kommenden Draft-Klasse, gibt es keine Zweifel daran, dass Brown sportlich die mit Abstand beste Lösung wäre.

Kein NFC-Team, aber das mit dem größten Cap Space und einem nicht abzusprechenden Bedarf auf der Wide-Receiver-Position, sind hingegen die Indianapolis Colts. Die Vorstellung einer Offense mit Andrew Luck hinter einer der besten Offensive Lines der Liga, Brown auf der einen und T.Y. Hilton auf der anderen Seite ist wahnsinnig interessant.

Geschäftsführer Chris Ballard nannte auf Brown angesprochen aber "strikte Kriterien", die Spieler zu erfüllen haben, welche verpflichtet werden. Zu diesen zählen "der Wille, Teil des Teams zu sein, die Bereitschaft, für den Erfolg des Teams auch einmal schlechtere persönliche Statistiken in Kauf zu nehmen und ein gutes Teammitglied zu sein." - Für einige Teams sind die zahlreichen Fragezeichen ABs eben mindestens eines zu viel.

Colberts verbitterter Kampf gegen den Dumping-Preis

Im Januar erklärte Präsident Rooney II, dass das Team Brown nicht entlassen werden würde, alle anderen Optionen jedoch auf dem Tisch seien. Rooney erklärte, dass es schwer vorstellbar sei, dass Brown noch bei den Steelers ist, wenn das Trainingscamp im Juli beginnt. Nach dem Post Browns, scheinen auch jegliche Restchancen auf ein solches Szenario verflogen und die Trennung akzeptiert.

Colbert tut gut daran, zu sagen, dass sich Brown und sein Agent Drew Rosenhaus darüber bewusst sind, dass ein Deal nicht unmittelbar bevorsteht und eine Rückkehr Browns vorstellbar ist. Die Situation, in welcher sich die Steelers befinden, ist jedoch misslich und Gerüchte, dass der Receiver schlussendlich für nicht mehr als einen Drittrundenpick getradet wird, beängstigend.

Colbert hat keine andere Möglichkeit als nach außen zu suggerieren, dass Brown auch weiterhin Teil der Pläne der Steelers ist. Nach Wochen, in welchen Brown seinen eigenen Trade-Wert um ein Vielfaches reduziert hat, versucht Colbert nun, diesen irgendwie wieder in die rechte Bahn zu lenken. Einen Trade-Wert, der eigentlich größer als nur ein Erstrundenpick sein sollte.