Baltimore Ravens: Terrell Suggs - letzter Umweg vor Canton?

Marcus Blumberg
21. Februar 201907:12
Terrell Suggs ist der Franchise-Leader der Baltimore Ravens mit 132,5 Sacks.getty
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Das Gesicht der Defense der Baltimore Ravens ist bis jetzt Linebacker Terrell Suggs. Der Vertrag des Star-Spielers läuft jedoch aus und ein Verbleib steht in den Sternen. Was macht das Urgestein des Teams aus und was machte ihn zur Franchise-Ikone?

Mit Ed Reed in diesem und Ray Lewis im Vorjahr sind bereits zwei der ganz großen Defensiv-Spieler der Baltimore Ravens der letzten 20 Jahre in der Pro Football Hall of Fame in Canton/Ohio verewigt. Doch einer fehlt noch in diesem Kreis. Einer, der aktuell noch spielt.

Die Rede ist von Terrell Suggs, der mit seinen 36 Jahren immer noch auf Quarterback-Jagd geht und höchstwahrscheinlich auch 2019 noch auf dem Platz anzutreffen sein wird. "T-Sizzle" dürfte sich eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft auch zu Reed und Lewis gesellen, schließlich hat er die Defense Baltimores seit seiner Ankunft als Erstrunden-Pick 2003 ebenfalls in herausragender Weise mitgeprägt - bis heute.

Suggs ist der All-Time-Sack-Leader (132,5) der Franchise, ebenso hat er die meisten Forced Fumbles (33) angesammelt. Doch seine Bedeutung für das Team geht weit über Zahlen hinaus.

Ebenso wie Reed und Lewis verkörperte der selbsternannte Absolvent der "Ball so hard University" diese beinharte Art zu verteidigen. Wer gegen die Ravens spielte, wusste, dass es von den dreien im Prinzip auf allen Ebenen der Defense auf die Socken geben würde. Sie gaben die Richtung vor und die Kollegen folgten.

Den Höhepunkt in Sachen Einstellung stellte dabei freilich die Saison 2012 dar, der einzige gemeinsame Super-Bowl-Triumph dieses Triumvirats - Lewis war als einziger dieser Truppe schon 2000 dabei. Und ausgerechnet Lewis und Suggs waren diejenigen, die trotz größerer körperlicher Limitierungen den Weg ebneten.

Ravens 2012: Wunderheilung nach Achillessehnenriss

Suggs hatte sich vor besagter Saison dem Vernehmen nach beim Basketball die Achillessehne gerissen - er selbst und sein Agent beharren bis heute darauf, dass es beim Konditionstraining passierte - und Lewis verpasste weite Teile der Saison mit einem Trizeps-Riss.

Beide kehrten jedoch fast schon auf wundersame Weise - im Fall von Lewis mit Hilfe des berüchtigten Hirschgeweih-Sprays - weit früher zurück als geplant und waren dann präsent für den überraschenden Playoff-Run der Ravens, der Siege in Denver und Foxborough sah, ehe es gegen die 49ers in New Orleans zum Super-Bowl-Sieg reichte.

Und es ist schwer vorstellbar, dass dieser Run ohne die Defensiv-Köpfe dieses Teams überhaupt möglich gewesen wäre.

Suggs stand lange Zeit für seine Dynamik und seine Power. Er war beweglicher als viele andere Spieler seiner Position, was darauf zurückgeht, dass er zu High-School-Zeiten schon ein ausgezeichneter Athlet war. Neben Football glänzte er auch im Basketball sowie in der Leichtathletik.

Diese Vielseitigkeit führte dann auch dazu, dass Suggs sowohl als Outside Linebacker als auch als 5-Technique Defensive End agierte, je nach Formation eben. Allerdings kehrte er Scheme-bedingt von 2010 bis 2015 von seiner Rolle als Down-Lineman ab. Erst seit 2016 ist er wieder in dieser Rolle anzutreffen.

Terrell Suggs bei den "Ballers"

Über den Football hinaus ist Suggs derweil auch im Fernsehen zu bewundern. In der HBO-Serie "Ballers" von und mit Dwayne "The Rock" Johnson spielt er sich selbst und war schon in diversen Staffeln zugegen. An seinen allgemeinen Schauspielqualitäten darf man vielleicht zweifeln, doch in der Rolle als er selbst wirkt er durchaus überzeugend.

Was sein Privatleben betrifft, war dagegen für eine gewisse Zeit längst nicht alles rosig. Während seiner Rookie-Saison soll er am Rande eines Basketballturniers in eine Schlägerei verwickelt gewesen sein und einen Mann verletzt haben. Suggs wurde zwei Jahre später aber vor Gericht freigesprochen.

Zudem hatte er eine recht ereignisreiche Beziehung zu seiner heutigen Frau. Er soll 2009 einen Seifenspender nach ihr geworfen und sie geschlagen haben, zudem soll er eine Flasche Bleichmittel über ihren und den Kopf des damals einjährigen Sohnes gehalten haben. Im September 2012 dann soll er seine damals Verlobte geschlagen und neben seinem Auto neben sich hergezogen haben, während beide seiner Kinder alles mit ansahen. Am Ende des Jahres heirateten die beiden dann dennoch.

Nach der soeben abgelaufenen Saison betritt Suggs nun Neuland. Erstmals überhaupt wird der einstige High-School-Teamkollege von Minnesota-Twins-Legende Joe Mauer - damals der Quarterback der Schule in St. Paul/Minnesota -, für den Suggs Center spielte, Free Agent. Erstmals könnte er mit jedem Team verhandeln.

Die spannende Frage nun wird sein: will er das überhaupt? Will T-Sizzle seine sportliche Heimat überhaupt verlassen? Zudem: Wollen die Ravens, dass ihr potenziell dritter Hall-of-Fame-Spieler seine Karriere in einer anderen Uniform ausklingen lässt?

Terrell Suggs will bei Baltimore Ravens bleiben

"Ich hoffe, ein Raven für den Rest meines Lebens zu sein", ließ Suggs am Ende der Saison wissen. Und er schob hinterher: "Ich habe das Gefühl, dass ich immer noch was im Tank habe." Letztlich weiß aber auch er: "Es liegt an ihnen."

Ganz so leicht ist das jedoch nicht, denn auch mit einer erneut angehobenen Salary Cap dürften die Ravens nicht viel mehr als 20 Millionen Dollar an Cap Space haben. Ihre nächsten Schritte wollen also wohl überlegt sein. Im Bereich Pass-Rush steht sicherlich Suggs' Gegenüber Za'Darius Smith ganz oben auf der Prioritätenliste der Ravens, spielte er doch seine bislang beste Saison. Und mit seinen 26 Jahren ist er deutlich jünger als Suggs.

Überdies dürfte der Pass- und Edge-Rush-Markt überfüllt sein, sprich: Wollen die Ravens jünger werden - Suggs ist 36 Jahre alt -, dann hätten sie schon via Free Agency die Chance dazu. Auch im Draft bieten sich günstige und eventuell bessere Alternativen.

Suggs spielte 2018 seine vielleicht schlechteste Saison seit 2009, wenn man sich die Statistiken anschaut. Dennoch half er mit seinen sieben Sacks und 34 Tackles mit, die Ravens auf eine Adjusted Sack Rate von 8,1 Prozent zu pushen - ligaweit waren nur vier Teams besser in dieser Hinsicht.

Suggs: Unbestrittener Leader der Ravens Defense

Vom sportlichen Niveau abgesehen bleibt da jedoch immer noch Suggs' Rolle im Team. Er war bis zuletzt der unbestrittene Leader der Defense, doch dürften Leute wie C.J. Mosley, dessen Vertrag ebenfalls ausläuft, oder eben Smith bereitstehen, um in die Fußstapfen zu treten.

Suggs jedenfalls sieht seinen ersten Trip auf den Free-Agent-Markt entspannt: "Wir werden es genießen und ich hoffe, dass wir mit den Ravens einen Weg finden werden. Aber wenn nicht, dann werde ich irgendwo anders im nächsten Jahr auflaufen."

In guten wie schlechten Belangen, Suggs verkörperte das, wofür die Baltimore Ravens stehen, über seine gesamte Karriere hinweg.

Wo sein Weg in der NFL letztlich endet, steht wohl fest. Wo dieser Suggs allerdings in Kürze hin verschlägt? Das ist offen denn je.