Third and Long Saison Recap: Die Lehren der Saison 2018

Von Adrian Franke
12. Februar 201911:29
Welche Lehren lassen sich aus der vergangenen Saison ziehen? SPOX-Redakteur Adrian Franke teilt seine Notizen.getty
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Was steckt wirklich hinter dem Hype um Sean McVay? Welche Elemente nutzten die erfolgreichsten Offenses der vergangenen Saison - und welche Konter werden Defenses künftig einsetzen? Wie kann Flexibilität zur Identität eines Teams werden? SPOX schaut zum Saison-Abschluss zurück und blickt gleichzeitig voraus.

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Mit dem Ende der NFL-Saison steht der fließende Übergang in die Offseason bevor. Die Free Agency mit all ihren möglichen Szenarien wirft genauso ihre Schatten voraus wie der Draft, dessen erste Ausläufer - die allseits beliebten Mock Drafts - bereits zahlreich die Runde machen.

Doch für NFL-Coaches beginnt jetzt eine ganz andere Zeit des Jahres. Es geht darum, Playbooks anzupassen und mancherorts zu entwickeln. Darum, Trends richtig zu deuten und für sich abzuwägen, welche Aspekte langfristig nicht nur eine Zukunft haben, sondern genutzt und ausgebaut werden müssen.

Kurzum: Es geht darum, die vergangene Saison unter die Lupe zu nehmen. Welche Aspekte waren prägend und dominant? Welche grundsätzlichen Schemes bestimmen die Liga? Was lässt sich aus dem Super Bowl mitnehmen und was werden wir in der kommenden Saison noch häufiger zu sehen bekommen?

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in der Saison-Abschluss-Kolumne auf seine Tape-Notizen, Statistiken und Trends der vergangenen Saison.

1. Play Action: Die Shanahan Offense und der McVay-Hype

Sean McVay ist ein außergewöhnlicher Coach, daran besteht kein Zweifel. Das betrifft ohne Frage seine Art der Team-Führung und der Kommunikation, die unisono in Los Angeles jeder herausstellt. McVay ist nicht einfach ein Taktiker, er ist ein Head Coach. Und auch wenn er im Super Bowl zum wiederholten Male keinen vernünftigen Plan B parat hatte, betrifft es natürlich auch seine taktischen Konzepte und seine Play-Designs.

Die Play-Action-Konzepte und Formationen der Rams sowie die daraus resultierende Effizienz sind einer der zentralen Takeaways dieser Saison. Von allen Quarterbacks mit mindestens 250 Dropbacks warf keiner prozentual so viele Play-Action-Pässe wie Jared Goff (34,6 Prozent), keiner hatte mehr Touchdowns via Play Action (13) und seine 2,5 Yards pro PA-Pass mehr verglichen mit seinen restlichen Pässen waren der fünftbeste Wert. Play Action macht dem Quarterback die Arbeit generell einfacher, hier dürften nach dieser Saison umso mehr einige Teams deutlich nach oben gehen.

Dabei lohnten sich für die Rams zwei Dinge ganz besonders: First-Down-Passing aus Play Action sowie die Formationen in McVays Offense. Kaum ein Quarterback war in der vergangenen Saison bei First Down gefährlicher als Jared Goff, der Grund dafür liegt im Play-Action-Passspiel. Defenses behandeln First Down noch immer häufiger als Run Down, man erhält hier also mehr Base-Formationen und Base-Personnel.

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Die Rams straften das mit einem unheimlich effizienten First-Down-Passspiel, was umgekehrt Gurley mehr Runs gegen eine leichte Box (sieben oder weniger Spieler) bescherte, als irgendein anderer Starting-RB in der vergangenen Saison hatte. Defenses wussten schlicht nicht, was die Rams bei First Down machen. Deshalb hat Belichick im Super Bowl vor allem bei Early Downs seine Defense auf Cover-4 umgestellt, das verhinderte das vertikale Rams-Passing-Game bei First Down und öffnete den Weg für die Blitz-Pakete bei längeren Third Downs.

Der zweite Punkt, um schwer ausrechenbar zu bleiben, waren die Formationen. Die Rams-Offense funktionierte nahezu ausschließlich aus 11-Personnel mit engen Aufstellungen - woraus die Spielzüge dann für die Defense sehr ähnlich aussahen, vor, aber auch noch in den ersten Momenten nach dem Snap. Teams werden diese Rams-Elemente mutmaßlich nicht in dem Ausmaß übernehmen, wie die Rams sie genutzt haben - Teile davon werden aber 2019 fraglos auch anderswo zu beobachten sein.

Die McVay Prägung: Die West Coast Offense

Das führt zu McVays Prägung und einem zentralen Grund dafür, dass der erst 33-Jährige bereits einen beachtlichen Coaching-Tree vorweisen kann. McVay stammt aus der Offense von Mike und anschließend Kyle Shanahan. Eine West Coast Offense mit klarem Fokus auf das Zone Blocking, welches die Basis für das Play Action Game bildet.

Das ist das offensive Grund-Scheme, das viele Teams übernehmen wollen. Deshalb waren auch mehrere Assistenten von Kyle Shanahan begehrt, Shanahans bisheriger QB-Coach ist jetzt der Offensive Coordinator in Denver und anderen Assistenten verweigerten die Niners Interviews. Deshalb ist auch die Nachfrage nach den McVay-Assistenten so hoch.

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Blickt man bei der Rams-Offense über das Play-Action-Element hinaus, dann bleibt vor allem eine Sache im Gedächtnis: McVay arbeitet wahnsinnig viel mit kurzen und mit tiefen Crossing-Routes, darunter einige Musterbeispiele für die West Coast Offense. Auch die Kansas City Chiefs unter Andy Reid haben hier ihre Basis.

Was man dann darauf aufbauend macht, kann natürlich variieren. Ob man viel auf die Formationen selbst aufbaut wie McVay, oder viele Misdirection- und Ablenkungs-Elemente einbaut wie Reid, oder den Fullback als Matchup-Waffe nutzt wie Shanahan - diese Offenses können sehr unterschiedlich aussehen, die Basis aber ist sehr ähnlich.

Shanahan hat bereits in Atlanta seinen Fullback ungewöhnlich häufig und vielseitig eingesetzt, und wie bereits mehrfach in den vergangenen Jahren nutzten nur die Patriots 21-Personnel - also Formationen mit zwei Backs gleichzeitig auf dem Feld - ähnlich häufig wie Shanahan.

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Die Vorteile hieraus sind vielseitig: Die Offense erhöht die Chance, eine Base-Defense als Antwort zu bekommen, was die Defense nicht nur vorhersehbarer, sondern auch die Reads für den Quarterback und das Forcieren von Matchups für die Offense insgesamt einfacher zu machen.

Umso mehr, wenn mit Motion und No-Huddle gearbeitet werden kann, so dass der Fullback tatsächlich als Matchup-Waffe eingesetzt werden kann. Dieser 50-Yard-Pass auf Kyle Juszczyk beim Saison-Auftakt in Minnesota zeigte das eindrucksvoll. Der Fullback ging via Motion nach außen, aus dem Play-Action-Fake heraus verlor die Secondary ihn in Coverage aus den Augen.

Hier hatte ich erwartet, dass wir schon dieses Jahr mehr Teams sehen würden, die dieses Mittel kopieren. Nach dem Erfolg der Patriots mit James Develin auf dem Feld in dieser Saison und insbesondere in den Playoffs sollte das nächstes Jahr ein größeres Thema werden.

2. Ablenkung ist Trumpf

Entfernt man sich etwas von übergreifenden Schemes und grundlegenden Strukturen, dann stechen mit Blick auf diese Saison die Play-Designs ins Auge. Ob Run Pass Options, Play Action, Jet Motion, angetäuschte Screens oder natürlich die Ravens, die mit Lamar Jackson von einem Tag auf den anderen zu einer Zone-Read-Offense wurden - Offenses haben in der vergangenen Saison gezeigt, wie sie Defenses das Leben schwer machen können.

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Die Chiefs waren hier was Play-Designs angeht die Nummer eins. Ob Misdirection-Plays aus einem doppelt besetzten Backfield zu Tyreek Hill, um dessen Geschwindigkeit in den freien Raum zu bekommen, Triple Option Plays, eine Vielzahl an Motion-Paketen und Screen-Designs - die Chiefs hatten die Play-Designs mit den meisten eingebauten Ablenkungen und Fake-Elementen.

Und diese, das machte sie erst so richtig effizient, bauten häufig auch aufeinander auf. Wie hier im Spiel gegen die Rams beim Pass zu Tight End Travis Kelce über die Mitte. Die Chiefs haben dabei gleich zwei angetäuschte Screens eingebaut, und Defenses müssen die aufgrund des Designs und aufgrund der Gefahr, die insbesondere Tyreek Hill in diesen Plays ausstrahlt, respektieren.

Das öffnet die Mitte des Feldes komplett, und weil sich Kelce aus dem vermeintlichen Screen-Block löst und Richtung Mitte zieht, hat er hier mehrere Yards vor sich, ehe er überhaupt ersten Gegnerkontakt hat.

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Diese und ähnliche Designs lassen sich auf jedem Chiefs-Tape finden, und auch hier werden sich Teams einige Designs abschauen. Insbesondere im Screen Game haben viele Teams noch Nachholbedarf.

Wo die Chiefs mit vielen sich bewegenden Elementen arbeiteten, waren die Saints vielseitiger als irgendein anderes Team, wenn es darum ging, der Defense möglichst viele verschiedene Formationen zu zeigen. In der Hinsicht war New Orleans gewissermaßen das Gegenteil zu den Rams - beide Wege können zum Erfolg führen.

Alle Top-Offenses der vergangenen Saison - die Rams, Saints, Patriots, Chiefs und Chargers - nutzten derweil den Jet Sweep, er war so etwas wie das ligaweit dominierende "neue" Stilmittel der vergangenen Saison.

Insbesondere die Rams waren hieraus im Run Game äußerst effizient, bauten aber auch ihr Play Action Game hierauf auf.

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All das resultierte in offensiver Dominanz. 2016 warfen laut Next Gen Stats noch 17 Quarterbacks (Minimum: 150 Dropbacks) 20 Prozent oder mehr Pässe in enge Fenster, also wenn der Verteidiger maximal ein Yard entfernt ist. Die Zahl fiel bereits 2017 auf neun Quarterbacks - und vergangene Saison dann auf vier (Rosen, Driskel, Fitzpatrick und Winston).

Teams finden mehr und mehr Wege, um klar definierte Reads, offene Receiver und einfache Completions über das Scheme zu erreichen.

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3. Flexibilität als Identität

Würde man die Saison auf eine zentrale Lektion runterbrechen wollen, man müsste auf den Super-Bowl-Champion schauen. Neben der Tatsache, dass Brady immer noch einer der besten Quarterbacks der Liga und Belichick der beste Coach aller Zeiten ist, fiel dabei vor allem eine Sache (wieder einmal) auf: Die Patriots gewinnen, weil sie sich besser als jedes andere Team anpassen und umstellen können.

Teams die zu sehr auf einen Plan A fixiert sind, werden auf eine Saison gesehen immer wieder Probleme bekommen. Vier Teams knackten das Passing Game der Rams im Laufe der Saison, die Lions, Bears, Eagles und letztlich am eindrucksvollsten die Patriots. Und umgekehrt zeigte New England wieder einmal, auf welch unterschiedliche Weisen man Spiele gewinnen kann.

Das kann bedeuten, dass man gegen eine passive Chargers-Front das Spiel mit dem Run Game dominiert, oder dass man die anfällige Coverage der Chiefs mit Gronkowski, Edelman und Chris Hogan attackiert.

Es kann bedeuten, dass man Josh Gordon ein physisch vorteilhaftes Matchup gegen Green Bays Manndeckung und Packers-Cornerback Bashaud Breeland ausnutzen lässt. Dass man Cordarrelle Patterson als Power-I-Runner einsetzt oder die Anfälligkeiten der Vikings-Linebacker in Coverage mit James White bestraft. Es bedeutet vor allem: man ist in der Lage und auch gewillt, von einem vielleicht im Vakuum bevorzugten Plan A abzuweichen.

Oder dass man im Super Bowl mal eben 22-Personnel spielt, woraus die Pats in der kompletten Saison bis dahin ganze zehn Dropbacks hatten, um in drei aufeinanderfolgenden Spielzügen das gleiche Pass-Konzept aus einer Spread-Empty-Formation anzusagen, nachdem man es durch das 22-Personnel endlich geschafft hatte, die Rams in den gewünschten Base-Defense-Look zu bekommen.

Neben dem bereits aufgeführten Einsatz von Fullbacks zumindest in New England und in San Francisco - die Chargers haben sich hieran ebenfalls versucht - fiel auch auf, wie effizient einige Teams Tight Ends einsetzten. Keine Offense war hierin besser als die Indianapolis Colts, ehe Verletzungen Indy hier in der zweiten Saisonhälfte immer wieder einschränkten.

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Ein "echter" Tight End, der blocken und als Receiver eingesetzt werden kann, ist noch immer eine der größten individuellen Mismatch-Waffen der Liga. Gronkowski war hier über Jahre das Musterbeispiel, Travis Kelce hat ihm 2018 den Rang abgelaufen.

Die Colts schafften es, Tight-End-Formationen als Waffe einzusetzen.

Immer wieder forcierte Indianapolis aus 2- und 3-TE-Formationen Mismatches, aus 3-TE-Sets warf Luck für im Schnitt zehn Yards pro Pass und es ist kein Zufall, dass Luck verglichen mit dem Standard-Passing der effizienteste Quarterback im Play Action Passspiel in der vergangenen Saison war.

Beispielhaft diese Szene aus dem Jaguars-Spiel. Die Colts kommen mit einer 3-TE-Formation aufs Feld und spielen daraus letztlich ein 4-Verts-Konzept, vier vertikale Routes. Der Running Back hatte sich erst via Pre-Snap-Motion nach außen bewegt, und gegen eine solche Formation ist die Chance für die Offense, die Defense in eine Base-Formation zu bekommen, schlicht viel höher. Wenn man daraus dann werfen kann, steigen die Erfolgschancen deutlich.

Mehr Heavy Sets und enge, vermeintliche Run-Formationen - und dennoch mehr Passing? Die kommende Saison könnte genau dieses Bild offenbaren.

4. Wie reagieren die Defenses?

Die Folge aus all dem bisher genannten war eine auf die gesamte Saison und die gesamte Liga gesehene offensive Dominanz, wie sie die NFL seit längerer Zeit nicht mehr hatte. Sicher, die Bears und Ravens hatten defensiv dominante Spiele und Phasen, genau wie die Patriots dann insbesondere gegen die Chargers und Rams. Doch eine wirklich konstant dominierende Defense wie in früheren Jahren war so nicht machbar, Chicago kam dem noch am nächsten.

Das wirft im Umkehrschluss die Frage auf: Wie könnten die defensiven Antworten aussehen? Der Schlüssel sollte darin liegen, selbst wieder der Aggressor zu werden, die Offense zumindest gelegentlich in die passive Position zu bringen und das Geschehen zu diktieren, statt dass die Offenses Matchups, Formationen und Räume bestimmen.

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Wie so häufig im Football beginnt diese Aufgabe an der Line of Scrimmage, und hier haben sich zwei Defenses ganz besonders hervorgetan: Die Ravens und die Patriots waren die gefährlichsten Defenses, wenn es darum ging, an der Line of Scrimmage möglichst lange zu verbergen, wer tatsächlich den Quarterback attackiert und wer sich in Coverage zurückfallen lässt.

Etwa mit dieser Patriots-Hybrid-Front, die man auch im Super Bowl einige Male beobachten konnte. New England setzt dabei nur einen Down-Lineman ein, um ihn herum herrscht aus Sicht der Offense das reinste Chaos.

Letztlich spielen die Pats eine relativ normale Cover-1-Manndeckung mit einem freien Verteidiger Underneath sowie einem tiefen Safety. Vor dem Snap aber sind die Protection-Zuteilungen für die Offense in höchstem Maße erschwert, während der Quarterback nach dem Snap diverse Bewegungen neu lesen muss.

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New England kombinierte diese und ähnliche Formationen im Laufe der Saison immer häufiger mit angetäuschten Rushern - also vermeintliche Pass-Rusher, die nach dem Snap auch einen oder zwei Schritte auf die Offensive Line zu machten, nur um einen Blocker zu beschäftigen. Sobald sich ein Blocker ihnen zugewandt hatte, ließ sich der Rusher in die kurze Underneath Zone in Coverage zurückfallen.

Die Patriots nutzten dieses Mittel am konsequentesten, doch auch bei anderen Defenses war es zu sehen. Etwa hier bei den Packers im Spiel gegen die Rams, als Green Bay erst Inside-Pressure antäuscht, stattdessen aber die rechte Seite der Offensive Line überlädt und sich der vermeintliche Inside-Blitzer zurückfallen lässt.

Wenn es darum ging, aus schwer lesbaren Fronts kreativ zu blitzen, dann waren die Ravens das Maß aller Dinge - und konnten so Offenses immer wieder große Probleme bereiten. Baltimore brachte regelmäßig Safeties und Cornerbacks als Blitzer, in Kombination mit den ohnehin prominent vertretenen Linebacker-Blitzes, insbesondere über C.J. Mosley.

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Die Basis für dieses aggressive Vorgehen ob in New England oder in Baltimore war eine starke Secondary. Die Patriots und auch die Ravens waren zwei der Blitz-lastigsten und der im Pass-Rush experimentierfreudigsten Teams der vergangenen Saison. Mit Blick auf die Offseason und mögliche Trends in der NFL könnte hier eine noch größere Lektion liegen: Beginnen Teams, ihre Defense mit stärkerem Fokus auf die Secondary statt auf den Pass-Rush aufzubauen?

Elite-Pass-Rusher sind eine tolle Sache, sie erlauben es einer Defense, mit ihren Coverages flexibler und kreativer zu werden. Gleichzeitig aber sind sie auch sehr teuer, und vereinfacht formuliert: einen guten Pass-Rush kann man über das Scheme kreieren - gute Coverage nicht.

Wenn wir von Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Vielseitigkeit sprechen, dann liegt die Antwort für Defenses auf die Offenses unserer Zeit womöglich eher in der Secondary als im Pass-Rush.

5. Mut wird belohnt

Ein letzter Aspekt betrifft eher ein übergreifendes Thema, als Scheme, Play Designs und Personnel Groupings. Die vergangene Regular Season produzierte auch deshalb einen neuen Touchdown-Rekord (1.371 insgesamt), weil der Ansatz vieler Coaches von Grund auf mutiger geworden ist. Das betrifft insbesondere das Verhalten bei Fourth Down.

23 Teams haben in der abgelaufenen Saison 15 oder mehr 4th Downs ausgespielt, Rekord. Und 13 Teams hatten eine Fourth-Down-Erfolgsquote von 60 Prozent oder mehr. So wurden viele Drives verlängert, die in vergangenen Jahren zweifellos in Punts geendet hätten.

NFL Third und Fourth Down Statistiken:

Saison20112012201320142015201620172018
Teams mit mindestens 15 ausgespielten Fourth Down Attempts1114131516171623
Teams mit mindestens 60% erfolgreichen Fourth Down Conversions5109468513
Teams mit mindestens 40% 3rd Down Conversion Percentage1012111714141215

Fortschrittlich denkende Teams werden hier Statistiker und Analytics-Abteilungen noch stärker einspannen - und der Trend könnte sich so fortsetzen. Teams werden bei Fourth Down mutiger sein und auf die Saison betrachtet wird sich das in mehr offensiver Production bemerkbar machen.

Das gilt auch für das Verhalten bei First Down. Viel zu lange haben Teams First Down als Running Down behandelt, und versucht, in "machbare Third Downs" zu kommen, statt schon bei First Down den neuen First Down Marker ins Visier zu nehmen.

In der vergangenen Saison warfen Teams bei First Down häufiger und im Schnitt für mehr Yards als noch 2017, auch hier sollte sich der Trend fortsetzen. Vor allem Goff (9,3) und Brees (9,2), aber auch Mahomes (8,5) lagen in puncto Yards pro First-Down-Pass über dem Liga-Schnitt (7,7).

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Oliver Fa, Kelzama und GermanDraftNerd93: Was hältst du von der AAF? Wie schätzt du die starken Zuschauerzahlen bei der Premiere ein, und welches Potential hat die alternative Liga?

Der Start der neuen Liga war jedenfalls spannend, wobei ich vor allem auf die Regeländerungen im Vergleich zur NFL schaue, mit Blick darauf, was man womöglich in der NFL übernehmen könnte. Der Replay-Prozess ist transparenter und schneller, die Abschaffung des Kick-Offs und des Onside Kicks finde ich zumindest spannend. Die NFL wird früher oder später noch gezielter versuchen müssen, das Spiel schneller zu machen, und hier liefert die AAF einige Ideen.

Trotzdem würde ich das hohe Interesse zum Start nicht überbewerten. Letztlich spielt hier auch viel Neugierde mit rein, der Zeitpunkt direkt nach dem Super Bowl ist dafür glänzend gewählt. Doch diese Neugierde wird über die nächsten Wochen abflachen und dann steht nur eine Sache im Vordergrund: das sportliche Produkt auf dem Platz. Nur wenn es der AAF hier gelingt, ein gutes Niveau zu erreichen und mit einigen bekannten Namen zu locken, wird das Interesse bleiben.

Ansonsten sehe ich für eine wirklich langfristige Zukunft nur eine wirkliche Chance: Die Zusammenarbeit mit der NFL muss noch enger werden. Schon jetzt haben alle AAF-Spieler ja Ausstiegsklauseln für die NFL, das NFL Network überträgt Spiele und man findet Spielberichte und Highlights auf der NFL-Seite.

Ich vermute aber, dass für anhaltenden Erfolg der AAF auch die NFL-Teams eine größere Rolle spielen müssen. Beispielsweise, indem jedes Team Spieler festlegen kann, die eine AAF-Saison mitspielen, um Erfahrung zu sammeln. Nur so gibt es eine realistische Chance, dass hier tatsächlich auch Spieler entwickelt werden - und eben nicht die in der NFL gescheiterten 30-jährigen Spieler nochmal ein, zwei Jahre Football spielen.

Lars Riedenklau: Welche Spieler sind für dich die heißesten Franchise-Tag-Kandidaten?

Dee Ford in Kansas City und Jadeveon Clowney in Houston stechen hier heraus, auch bei Grady Jarrett rechne ich auf die eine oder andere Art mit einem Verbleib in Atlanta. Seahawks-Pass-Rusher Frank Clark ist ebenfalls eine denkbare Option.

Danach gibt es einen deutlichen Cut mit weniger klaren Kandidaten. Anthony Barr in Minnesota womöglich, Giants-Safety Landon Collins ist auch denkbar. Vielleicht sehen wir auch einen unerwarteten Tag wie beispielsweise für Trey Flowers bei den Pats oder 49ers-Kicker Robbie Gould. Generell erwarte ich aber hier ein deutliches Übergewicht aufseiten der Defense.

Hutsch: Da sich gefühlt alles um Foles dreht: Wie sieht die Zukunft der sonstigen "Jungs aus der zweiten Reihe" aus? Was wäre der ideale Spot für Bridgewater und Fitzpatrick? Ist jemand bereit, für Brissett zu traden? Und wo könnte Taylor unterkommen?

Für mich wäre Bridgewater immer noch die oberste Option, und das nicht nur, weil er im Endeffekt sogar günstiger werden dürfte, als Foles. Von allen dieses Jahr verfügbaren Quarterbacks ist Bridgewater in meinen Augen derjenige, der am ehesten ein Franchise-Quarterback werden kann.

Die Jaguars sollten ein heißer Kandidat sein, womöglich auch die Broncos. Washington muss man hier durch die Verletzung von Alex Smith ebenfalls ins Rennen werfen, insgesamt aber ist die Nachfrage nicht so extrem, wie es letztes Jahr der Fall war.

Ein Grund dafür sind die Dolphins, die gleich noch ein Thema werden. In Miami erwarte ich ein Übergangsjahr, womöglich dann auch mit einem Übergangs-Quarterback wie Fitzpatrick oder Tyrod Taylor. Sollte sich die Verletzung von Cam Newton doch als schwerwiegender erweisen, muss man die Panthers für einen solchen Quarterback - gerade Taylor könnte stilistisch natürlich in die Offense passen - ebenfalls auf dem Zettel haben.

bn3_nehlsen: Die Dolphins befinden sich momentan ja in einer schwierigen Phase. Angenommen du wärst GM der Dolphins, welchen Weg würdest du mit dem neuen Coaching Staff gehen?

In Miami ist die vielleicht seltenste Qualität in der NFL überhaupt gefordert: Geduld. Die Dolphins stehen in meinen Augen von allen 32 Teams aktuell vor dem wahrscheinlich größten Umbruch. Ich rechne mit dem Neustart auf der Quarterback-Position, also der Entlassung oder einem Trade von Ryan Tannehill sowie einem Übergangsjahr auf der Position, ehe man sich 2020 im Draft nach der langfristigen Lösung umschaut.

Die Defense hat einige Spieler, auf die man langfristig aufbauen kann (Xavien Howard und Minkah Fitzpatrick vorneweg), doch auch das Receiving-Corps dürfte 2019 und spätestens 2020 deutlich verändert aussehen. Und Pass-Rusher wird es ebenfalls bald brauchen, selbst Cam Wake wird nicht ewig spielen.

Die Berichte, die man aus Miami zuletzt vermehrt hört, legen nahe, dass zumindest einige Dolphins-Verantwortliche ihren Kader ähnlich einschätzen. Für einen Rookie-Head-Coach ist das natürlich alles andere als eine ideale Situation, umso wichtiger ist, dass Brian Flores die volle Rückendeckung über 2019 hinaus erhält.

Ein wirklich tiefgreifender Umbruch dauert auch mal mehr als ein Jahr und kann dementsprechend rein sportlich betrachtet frustrierend sein. Ich würde dem Trainerstab ein Dreijahresfenster geben, um in diesem und dem nächsten Jahr junge Spieler sowie einen neuen Kern des Teams zu entwickeln und dann 2021 mit einem jungen Quarterback und einem überarbeiteten Kader anzugreifen.