Earl Thomas gibt einer ohnehin flexiblen Ravens-Defense noch mehr Spielraum, die Buccaneers-Defense geht endlich in eine andere Richtung, die Browns schüren Erwartungen, wie es sie seit Jahrzehnten in Cleveland nicht mehr gab - und die besten Teams der Liga zeigen, wo sie dem Rest voraus sind. In seiner NFL-Kolumne nennt SPOX-Redakteur Adrian Franke seine zehn besten Moves der diesjährigen Offseason.
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NFL: Thomas, Patriots, Bills - die 10 Top-Moves der Offseason
Honorable Mentions:
- Panthers und Falcons investieren in ihre Offensive Line
- Broncos holen sich Steelers-O-Line-Coach Mike Munchak
- Lions bauen sich eine unangenehme Defense
- Seahawks verlängern mit Russell Wilson
- Colts verpflichten Justin Houston
10. Die Packers kaufen sich einen Pass-Rush
Es ist ein paar Tage her, dass die Packers einen wirklich starken Edge-Rush hatten. Statistisch war Kyler Fackrell letztes Jahr Green Bays gefährlichster Edge-Rusher - dessen elf Sacks bei insgesamt 23 Quarterback-Pressures lesen sich zwar eindrucksvoll, sind so aber wohl nicht zu wiederholen. Clay Matthews hatte die meisten Pass-Rush-Snaps aller Edge-Rusher und führte die Gruppe auch in QB-Pressures an - mit derer 30.
Selbst wenn Matthews nicht inzwischen bei den Los Angeles Rams wäre, hätte Green Bay hier etwas tun müssen. Und ohne wie etwa die 49ers oder Chiefs hohes Draft-Kapital opfern zu müssen, haben die Packers auch etwas getan.
Za'Darius Smith und Preston Smith sind zunächst einmal nicht die Namen, die den Casual Fan vom Hocker hauen. Beide waren bei ihren vorherigen Teams, den Ravens beziehungsweise Redskins, der jeweilige Nummer-2-Pass-Rusher hinter Stars wie Terrell Suggs und Ryan Kerrigan.
Spieler | Saison | Pass-Rush-Snaps | QB-Pressures (Sacks) |
Za'Darius Smith | 2018 | 485 | 61 (10) |
Za'Darius Smith | 2017 | 349 | 40 (5) |
Za'Darius Smith | 2016 | 303 | 26 (1) |
Spieler | Saison | Pass-Rush-Snaps | QB-Pressures (Sacks) |
Preston Smith | 2018 | 468 | 53 (6) |
Preston Smith | 2017 | 368 | 39 (8) |
Preston Smith | 2016 | 417 | 34 (5) |
In Green Bay sollen sie jetzt gemeinsam noch einen Schritt nach vorne machen, und das kann funktionieren. Warum? Zwei Gründe: Die Packers haben die Interior-Line-Spieler mit Mike Daniels und vor allem Kenny Clark, um Druck auf den Quarterback zu kreieren und so den Edge-Rushern Eins-gegen-Eins-Situationen zu verschaffen. Green Bays Top-Pick Rashan Gary dürfte ebenfalls in der Interior-Line-Rotation zum Zuge kommen, wo er deutlich besser aufgehoben sein sollte als außen.
Außerdem sollten die Blitz-Designs von Defensive Coordinator Mike Pettine inzwischen besser verinnerlicht sein und effizienter funktionieren. Auch das dürfte in Eins-gegen-Eins-Situationen für die beiden Smiths resultieren.
Die beiden Verträge enthalten über die jeweils nächsten vier Jahre zusammen addiert Garantien über nur 36 Millionen Dollar. Das ist mehr als hinnehmbar auf einer Position, auf der man häufig einen Premium-Preis zahlen muss, wenn man sie via Draft oder Free Agency aufbaut.
9. Tampa Bay investiert in seine Coverage
Die derzeit intensiv geführte Diskussion darüber, ob Coverage oder Pass Rush wichtiger ist, lässt zumindest aktuell noch beide Seiten der Argumentation Spielraum; einiges deutet darauf hin, dass Pass Rush konstanter planbar ist, während ein dominantes Spiel der Secondary enger mit Erfolg verknüpft zu sein scheint
Das Problem bei den Bucs war, dass beide Seiten dieser Medaille über die vergangenen Jahre immer wieder ein Problem waren. Mike Smith setzte lange darauf, mit dem 4-Men-Rush Druck kreieren zu können, um mehr Ressourcen für die Secondary zu haben; doch der erhoffte Druck blieb zu häufig aus, während die Secondary gleichzeitig trotzdem zu anfällig war. Eine Lose-Lose-Situation.
Mit dem neuen Trainerstab soll sich das ändern. Während es Bruce Arians' Aufgabe ist, eine Offense zu entwerfen, die Jameis Winston schematisch und über die Play-Designs entlastet, ist es die Aufgabe von Arians' langjährigem Weggefährten Todd Bowles, eine funktionale Defense aufs Feld zu bringen - "endlich", wie die meisten Bucs-Fans wohl hinzufügen würden.
Bei Bowles heißt das konkret, dass Aggressivität Einzug erhält. Seine Defenses in Arizona und auch bei den Jets hatten das Ziel, zu agieren statt zu reagieren. Hohe Blitz-Quoten, eine starke Secondary als Grundlage, Pass-Rush aus allen Richtungen - das ist die philosophische Basis der Bowles-Defense. Und das spiegelte der Draft auch wieder: Mit Devin White, Mike Edwards, Jamel Dean und Sean Bunting erfolgten alle vier Picks in den ersten drei Runden mit besonderem Blick auf die Coverage.
Tampa Bay hatte letztes Jahr nur einen Spieler, der mehr als 40 Quarterback-Pressures kreierte: Jason Pierre-Paul (46), der allerdings auch mit weitem Abstand die meisten Pass-Rush-Snaps hatte (536; Platz 2 war Gerald McCoy mit 448) - und bei dem noch komplett offen ist, wie lange er infolge seines Autounfalls fehlen wird. Der einzige Spieler mit mehr als 30 QB-Pressures neben JPP war Gerald McCoy (38), um den sich hartnäckig Trade-Gerüchte halten.
Mit Shaquil Barrett haben die Bucs womöglich einen kleinen Steal in der Free Agency gelandet, Barrett war in Denver zumeist nur die dritte Wahl, wenn er mal starten durfte, hatte er aber sehr gute Spiele. Dennoch sind das in der Summe bereits Mitte Mai schon wieder sehr viele Fragezeichen im Pass-Rush der Buccaneers. Auf die Secondary zu setzen und den Pass-Rush über das Scheme und über das Blitzing zu kreieren, dürfte für Tampa Bay der philosophisch richtige Ansatz sein. Ob es sportlich funktioniert, hängt jetzt maßgeblich von den Rookies ab.
8. Saffold und Humphries zu den Titans
Guard Josh Kline war letztes Jahr der wohl anfälligste Spieler in einer Titans-Line, die insbesondere in der Mitte so ihre liebe Mühe hatte. Eine schwierige Ausgangslage: Marcus Mariota, für den es 2019 vermutlich um die sportliche Zukunft in Tennessee geht, wird den Ball im Titans-Scheme nicht gerade schnell los; nur bei 44,5 Prozent seiner Dropbacks flog der Ball 2,5 Sekunden oder weniger nach dem Snap, Platz 22 (von 30) unter den Quarterbacks mit mindestens 350 Dropbacks.
Teilweise ist das in der Play-Action-lastigen Offense via Design, doch immer wieder hatte Mariota mit Druck über die Mitte Probleme - und Mariota ist nicht der Quarterback-Typ, der gegen Pressure glänzt. Ex-Rams-Guard Rodger Saffold sollte diese Baustelle erheblich verkleinern können, während Adam Humphries Mariota etwas gibt, das er über die letzten Jahre ebenfalls nur selten hatte: eine wirklich starke Slot-Waffe.
Corey Davis hat zwar rund ein Viertel seiner Snaps im Slot gespielt und dort auch gute Zahlen aufgelegt, Humphries als einer der verlässlichsten und insgesamt besten Slot-Receiver der letzten Jahre erlaubt es Tennessee allerdings, Davis noch flexibler herum zu schieben. Zusammen mit Zweitrunden-Pick A.J. Brown, Dion Lewis sowie Delanie Walker nach der Verletzung zurück hat Mariota jetzt ein Waffenarsenal um sich, wie er es in Tennessee vermutlich noch nie hatte.
7. Die neue Offense der Raiders
Wer sagt schon, dass ein Umbruch langsam erfolgen muss? Jon Gruden versucht jedenfalls gerade bei den Raiders zu zeigen, dass man auch einen schnellen Neustart durchführen kann. Nachdem Gruden letztes Jahr mit Amari Cooper und Khalil Mack seine beiden besten Spieler weg getradet hatte, folgte ein zumindest überraschender Draft, der sich primär auf die Defense fokussierte. Hier werden die Raiders noch Zeit brauchen, um konkurrenzfähig zu sein - offensiv könnte das womöglich anders aussehen.
Die Offense, die im Vorjahr weitestgehend im Liga-Keller zuhause war, wurde bereits in der Free Agency signifikant verbessert: Trent Brown - auch wenn er wieder auf die rechte Seite rücken soll - ist ein massives Upgrade für die Offensive Line, die ein solches dringend brauchte. Antonio Brown gibt den Raiders einen echten Nummer-1-Receiver, Tyrell Williams dessen physischen Outside-Gegenpart, J.J. Nelson bringt das Speed-Element mit und Fünftrunden-Pick Hunter Renfrow könnte dazwischen im Slot früh starten.
Dazu kam mit Josh Jacobs der kompletteste Running Back im diesjährigen Draft, und schon lässt sich ein relativ klares Bild zeichnen: Die Raiders ziehen 2020 nach Las Vegas und nach der kommenden Saison wäre eine Entlassung von Quarterback Derek Carr mit einem Dead Cap von lediglich noch fünf Millionen Dollar verbunden.
Anders gesagt: Sollte Carr in einer individuell um ein Vielfaches verbesserten Offense nicht ebenfalls positive Tendenzen zeigen, könnte Gruden den 2020er Draft nutzen, um mit einem aufregenden Rookie-Quarterback in die Stadt der Sünde einzuziehen.
6. Der clevere Offense-Neustart der Bills
Wo die Raiders mit Brown einen der Headliner des Frühlings hatten, waren die Bills eher etwas unter dem Radar unterwegs - das Ergebnis der diesjährigen Offseason könnte sich im Herbst in Buffalo allerdings auf dem Feld bemerkbar machen.
Die Bills haben über die vergangenen zwei Monate mit Mitch Morse (Free Agent, Chiefs), Ty Nsekhe (Free Agent, Redskins), Quinton Spain (Free Agent, Titans) und Cody Ford (Draft, 2. Runde) vermutlich mal eben vier neue Starter für die Offensive Line verpflichtet - lediglich Left Tackle Dion Dawkins wäre in diesem Szenario noch als Vorjahres-Bills-Starter in der Line zu finden.
Buffalos Offensive Line war letztes Jahr ein konstantes, großes Problem - ähnlich wie das Wide-Receiver-Corps. Hier investierten die Bills in Cole Beasley und John Brown, also einen verlässlichen Slot-Receiver sowie einen Speedster-Deep-Threat.
In der Summe würde niemand die Bills-Offense plötzlich in die Top-10 setzen, selbst wenn man die Quarterback-Position ignoriert. Aber Buffalo hat es in einer Offseason geschafft, eine teilweise desolat besetzte Offense auf dem Papier funktional zu machen, und das mit Verträgen, die abgesehen von dem von Mitch Morse ausnahmslos nach einem Jahr problemlos aufgekündigt werden könnten. Das verdient Anerkennung.
Jetzt gilt es, herauszufinden, was Josh Allen kann.
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5. Ravens holen Earl Thomas
Bereits in der vergangenen Saison hatten die Ravens vielleicht die am schwersten lesbare Defense, mindestens aber in der Top-3 dieser Kategorie. Baltimore brachte permanent aus allen Richtungen Druck, nur um dann beim nächsten Snap acht Verteidiger in Coverage zurückfallen zu lassen.
Bei kaum einer Defense war es für die gegnerische Offense so schwer vor dem Snap erkennbar, woher der Druck kommen würde. Beinahe hätte das auch für einen Sieg in Kansas City im Schlussspurt der Regular Season gereicht.
Baltimores anspruchsvolle, flexible Defense resultierte darin, dass im Endeffekt elf (!) verschiedene Spieler zweistellige QB-Pressure-Zahlen hatten, von denen wiederum vier gleichzeitig über 120 Coverage-Snaps verzeichneten. Edge-Verteidiger Matthew Judon sowie Linebacker C.J. Mosley waren zwei der Spieler, die hier am flexibelsten eingesetzt wurden.
NFL GamepassEin Garant für die Flexibilität der Defense war auch das Safety-Duo, bestehend aus Tony Jefferson und Eric Weddle. Beide verbrachten etwa die Hälfte ihrer Snaps als Free Safety, die andere in der und um die Box. Mit Thomas erhalten die Ravens um ihren neuen Free Safety herum noch mehr Freiheiten, um ihr Scheme zu spielen.
Ohne Thomas auf dem Feld ließ Seattle über die vergangenen beiden Jahre deutlich mehr Yards pro Pass und mehr explosive Plays zu. Thomas deckt mit seiner Erfahrung, Antizipation und Geschwindigkeit so viel Raum ab, dass es für eine Offense deutlich schwerer ist, ins vertikale Passspiel zu gehen, wenn Thomas auf dem Feld steht.
Kombiniert man Thomas' Qualitäten mit dem Potenzial, das die Ravens auch in ihrem Cornerback-Corps haben, lässt das vor allem einen Schluss zu: Baltimore sollte in Coverage nächstes Jahr eines der klar besten Teams der Liga sein - was auch die Blitz-Möglichkeiten nochmals erweitert.
4. 49ers bauen sich einen Pass-Rush
Seit Jahren schon ist der Pass-Rush in San Francisco ein konstantes Problem. Zwar ist DeForest Buckner in die Defensive-Line-Elite geklettert, abgesehen von Buckner aber taten sich die 49ers zuletzt enorm schwer damit, Pass-Rush zu kreieren. Elvis Dumervil 2017 sowie Cassius Marsh letztes Jahr waren die beiden gefährlichsten Pass-Rusher neben Buckner. Beide sind inzwischen nicht mehr in San Francisco.
Im defensiven Scheme von Robert Saleh baut San Francisco darauf, primär ohne komplexe Blitz-Designs zum Quarterback zu kommen - dafür war der Pass-Rush allerdings zu lange deutlich zu eindimensional.
Die Konsequenz daraus? San Francisco hatte letztes Jahr die sechstschlechteste Turnover-Differential der Super Bowl Ära (-25) und stellte einen Negativ-Rekord für defensive Turnover in einer Saison auf: Ganze sieben (!) Takeaways hatten die Niners in der vergangenen Saison. Der bisherige Negativ-Rekord lag bei elf Takeaways in einer Saison. San Franciscos Defense verzeichnete 2018 in nur fünf verschiedenen Spielen Turnover.
Dazu kam fraglos, dass die Secondary zahlreiche Fragen mitbringt; im Prinzip ist jede Position außer der von Richard Sherman mit einem Fragezeichen zu versehen, und es ist noch immer überraschend, wie inaktiv die Niners hier bislang im Draft und in der Free Agency waren.
Das wird auch in der kommenden Saison ein Thema sein, klar ist aber: San Francisco sollte seinen mit Abstand besten Edge-Rush seit Jahren haben.
Nick Bosa war der No-Brainer-Pick, nachdem Arizona den Draft mit Kyler Murray eröffnet hatte; Bosa war das beste Edge-Rush-Prospect dieser Klasse und passt perfekt ins Niners-Scheme. Gemeinsam mit Dee Ford, den San Francisco für lediglich einen 2020er Zweitrunden-Pick erhielt und dann mit einem sehr Team-freundlichen Vertrag ausstattete, aus dem die 49ers günstig aussteigen können, sollte damit Buckner endlich konstant entlastet werden.
Bei den Buccaneers hatte ich die "Pass-Rush vs. Coverage"-Debatte kurz angerissen, gemeinsam mit dem Problem der Bucs, dass sie zu lange weder das eine, noch das andere auf einem hohen Level leisten konnten. Die 49ers fielen gerade letztes Jahr auch in diese Kategorie und können jetzt zeigen, wie sehr eine starke Front die Secondary im Passing Game entlasten kann.
3. Das Beherrschen der Compensatory Picks
Die Compensatory Picks und der Umgang der Teams damit haben für mich etwas faszinierendes - vor allem die Tatsache, dass unheimlich viele Teams diese von der NFL "geschenkten" Picks so wenig wertschätzen, dass sie lieber einen Veteran für die Kadertiefe noch verpflichten, der es womöglich überhaupt nicht ins Team schafft, und so potenziell wertvolles Draft-Kapital aufgeben.
Allein der Blick auf dieses Jahr: Sieben Compensatory Picks wurden in der dritten Runde vergeben, weitere vier in der vierten Runde - das sind potenzielle Starter für mehrere Jahre, die Teams hier finden können. Und es sind wertvolle Trade-Spots.
So machte Washington aus (Compensatory-)Pick 96 Overall zwei Viertrunden-Picks im Trade mit den Bills, die Patriots (97 Overall), Rams (98 und 99 Overall) und Ravens (102 Overall) tradeten ihre Compensatory-Picks alle für mehr Draft-Picks. Die Panthers (100 Overall) nutzten ihren Compensatory Pick für Quarterback Will Grier.
Und man erkennt dabei auch schnell Muster. Teams wie die Ravens und Patriots legen schon seit Jahren merklichen Wert auf die Compensatory Picks, die Rams und Eagles sind in den vergangenen Jahren in diese Riege dazu gestoßen.
Welche Teams haben mit Blick auf die Compensatory-Picks dieses Jahr clever gewirtschaftet?
Team | Prognose Compensatory Picks 2020 |
New England Patriots | 4 (3. Runde, 3. Runde, 6. Runde, 6. Runde) |
Seattle Seahawks | 4 (3. Runde, 4. Runde, 6. Runde, 7. Runde) |
Philadelphia Eagles | 2 (3. Runde, 4. Runde) |
Miami Dolphins | 2 (3. Runde, 5. Runde) |
Baltimore Ravens | 2 (3. Runde, 4. Runde) |
Los Angeles Rams | 2 (4. Runde, 4. Runde) |
Es sind auch in diesem Jahr wieder die gleichen Teams. New England wird erneut sehr hohen Value bei den Compensatory Picks abstauben, die Eagles profitieren von den Abgängen von Nick Foles und Golden Tate. Baltimore wird für die Abgänge von Za'Darius Smith und John Brown belohnt, die Earl-Thomas-Verpflichtung hebt den Abgang von C.J. Mosley in der Formel auf.
Und auch die Seahawks (Abgänge u.a. Earl Thomas, Justin Coleman) fallen hier erneut auf. Bei Seattle war bereits im Draft überaus auffällig zu erkennen, dass die Seahawks ihre Chance auf Treffer im Draft unbedingt erhöhen wollten; mehrfach tradeten die Hawks zurück und gingen so mit elf statt - gemäß der ursprünglichen Picks - fünf Spielern aus dem Draft.
Natürlich gehört es zum Spiel mit den Compensatory Picks nicht nur, einfach hochpreisige Free Agents ziehen zu lassen; jedes Team muss sich Verstärkungen von außerhalb holen, da langfristig kein Team signifikant besser draftet als die anderen 31.
Die Eagles und Patriots zeigten da aber erneut mustergültig den Weg, indem sie für erfahrene Kräfte günstig tradeten (DeSean Jackson, Jordan Howard, Michael Bennett), entlassene Spieler, die nicht in die Formel einberechnet werden, verpflichteten (Malik Jackson, Demaryius Thomas) und insbesondere im Fall der Pats nach Ende des Compensatory-Fensters nochmals in der zweiten Welle der Free Agency zuschlugen (Jared Veldheer, Dontrelle Inman, Ben Watson). Das Traden für Veterans hat in New England bereits eine längere Tradition.
Derweil sieht man im krassen Kontrast andere Teams, die offensichtlich Compensatory Picks in ihrem Vorgehen nicht beachten. Gemeint sind nicht dringend benötigte Verstärkungen, die ein Team in der Free Agency holt - eher so etwas wie die Buccaneers, die sich mit den Verpflichtungen von Breshad Perriman und Punter Bradley Pinion potenziell lukrative Compensatory Picks für Kwon Alexander und Adam Humphries verbauten.
Teams werden bei der Kaderzusammenstellung smarter; insbesondere was den Umgang mit Draft-Picks, deren Value und das generelle Angehen des Draft-Prozesses angeht, gibt es allerdings noch drastische Unterschiede.
2. Dolphins traden für Josh Rosen
Der Quarterback ist in der heutigen NFL mit weitem Abstand die wichtigste Position. Ein auch langfristig angelegter Umbruch kann auf dem Reißbrett fantastisch aussehen - im Endeffekt steht und fällt es aber mit der Frage, ob man seinen Quarterback findet. Das jahrelange Sammeln von Draft-Picks und der komplette Umbruch bei den Browns sieht heute rückblickend betrachtet sehr gut aus; hätten sie aber am Ende dieses Prozesses nicht Baker Mayfield gefunden und gedraftet, würde das alles in einem komplett anderen Licht stehen.
Die Miami Dolphins wollen gerade einen ähnlich tiefgreifenden Umbruch hinlegen. Defensiv gibt es einige Säulen mit Minkah Fitzpatrick, Xavien Howard und potenziell auch Christian Wilkins, offensiv dürfte man hier wohl Laremy Tunsil und Kenny Stills dazu zählen. Darüber hinaus scheint wenig über die nächsten Jahre in Miami garantiert zu sein.
Die Entscheidung, Spieler wie Ryan Tannehill, Cameron Wake und Robert Quinn gehen zu lassen, während der Salary Cap 2020 endlich von den großen Altlasten befreit sein wird, deutet auf den konkreten Plan hin: Miami wird in der kommenden Saison junge Spieler testen und 2020 eines der spannendsten Teams in der Free Agency und dann auch im Draft sein.
Das führt zurück zur Ausgangsthese: Ob Umbruch oder nicht - man muss seinen Quarterback finden und dementsprechend auch Chancen, diesen Spieler zu finden, nutzen. Ganz besonders wenn sie so auf dem Silbertablett kommen, wie es mit Josh Rosen und den Dolphins der Fall war.
Rosen, im Vorjahr noch ein Top-10-Pick und für viele eines der vielversprechendsten Quarterback-Prospects der letzten Jahre, hatte in Arizona eine echte Horror-Situation für einen Rookie-Quarterback: Eine von Verletzungen dezimierte, horrende Offensive Line, gepaart mit dem schlechtesten offensiven Scheme in der NFL.
Die Cardinals zogen dann die komplette Reißleine und gehen mit Kliff Kingsbury und Kyler Murray in eine ganz andere Richtung - Rosen wurde so, auch wenn er gute Ansätze gezeigt hatte, entbehrlich. Und aufgrund eines massiven Mismanagements der Situation das auch noch zum Spottpreis.
Miami nahm sogar noch einen zusätzlichen Zweitrunden-Pick 2020 mit, als man erst mit den Saints tradete und in der zweiten Runde 14 Spots nach unten ging. Dieser Pick wanderte dann, gemeinsam mit einem Fünftrunden-Pick 2020, für Rosen nach Arizona. So stark war die Verhandlungsposition der Dolphins, die jetzt testen können, ob Rosen ihre langfristige Antwort auf der Position sein kann. Dann wäre es einer der größten Steals der vergangenen Jahre.
1. Browns holen Odell Beckham
Der Hype in Cleveland war schon vor jenem 13. März groß. Die Browns haben in Baker Mayfield allem Anschein nach tatsächlich endlich einen Quarterback gefunden, Freddie Kitchens ist ein vielversprechender Head Coach der sich einen eindrucksvollen Trainerstab zusammengestellt hat, die Defense hat einen jungen Star-Pass-Rusher und einen potenziellen Star-Cornerback und offensiv scheinen die Möglichkeiten von Spielern wie David Njoku oder Antonio Callaway noch längst nicht vollends ausgeschöpft.
Mit zwei klaren Needs ging Cleveland dennoch in die Free Agency: Ein Defensive Tackle und ein möglicher Nummer-1-Receiver musste her. Letzteres gab es auf dem Free-Agency-Markt nicht, weshalb viele bereits dafür Richtung Draft schauten.
Der Trade für Odell Beckham veränderte nicht nur die Sichtweise auf die Giants und Browns, er könnte die AFC North und die ganze Liga nachhaltig verändern. Denn während die Giants wie ein Team im Rebuild aussehen, scheint Cleveland bereit für etwas, dass es dort sehr lange nicht mehr gegeben hat: Eine Playoff-Teilnahme.
Beckham ist ein Elite-Spieler, seine Fähigkeiten im vertikalen Passing Game und nach dem Catch sollten hervorragend mit Mayfields Accuracy harmonieren. Gemeinsam mit Jarvis Landry im Slot, Njoku als Receiving-TE und Rashard Higgins sowie Antonio Callaway als WR-Optionen 3 und 4 haben die Browns ein immenses Waffenarsenal; von dem vollgepackten Backfield ganz zu schweigen.
Dass die Browns ihre zweite größere Baustelle - die Interior Defensive Line - darüber hinaus noch mit Sheldon Richardson schließen konnten, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Die Erwartungen in Cleveland sind so hoch wie seit sehr vielen Jahren nicht mehr; rein auf dem Papier sollte dem auch so sein.