Die Offseason bietet die Gelegenheit, einen genaueren Blick auf Stärken und Schwächen einzelner Teams, Spieler und Units zu schauen. In seiner Kolumne blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke diese Woche auf die Offenses und nennt seine Top-10-Offenses mit Blick auf die kommende Saison. Wie bei allen Position Rankings spielen Tape-Takeaways, Advanced Stats und ein Stück weit auch die Prognose die zentralen Rollen in der Bewertung.
In der NFL gewinnt man (nachhaltig) mit Offense, und dabei primär mit dem Passing Game - welche Teams könnten in der kommenden Saison mit ihrer Offense dominieren? Das Ziel dieser Ausgabe der SPOX-NFL-Kolumne ist es, den Ist-Zustand mit einer Priese Prognose zu versehen, um die potenziellen Top-10-Offenses für die kommende Saison zu prognostizieren.
Ein Team, das dabei nicht im Ranking auftaucht, aber nicht unerwähnt bleiben sollte, sind die Green Bay Packers. Green Bay hat eine Top-15-Offensive-Line, einen echten Nummer-1-Receiver und in Aaron Rodgers einen der potenziell besten Quarterbacks der Liga - wenn er sein Potenzial wieder konstant auch aufs Feld bringen kann, was über die letzten vier Jahre, aus verschiedenen Gründen, zu selten der Fall war.
In der Summe gibt es bei Green Bay sehr viele sehr elementare Fragezeichen, wenn man Rodgers, die Receiver-Fragezeichen abseits von Davante Adams und vor allem Matt LaFleur berücksichtigt. LaFleur hatte in Tennessee einen sehr Run-lastigen Ansatz und deutete das auch in Green Bay bereits an. Wie gut funktioniert seine Chemie mit Rodgers? Wie effizient ist sein Play-Calling? Und wie ist er als Leader?
Gehen wir bei allen Teams vom absoluten Best-Case-Szenario aus, gehören die Packers in die Top-10. Vielleicht sogar in die Top-5.
NFL Top 10 Offenses 2019 - die Plätze 10 bis 7
10. Cleveland Browns
Quarterback: Unheimlich beeindruckende Rookie-Saison von Baker Mayfield, der bei "normalem" Entwicklungsverlauf im zweiten Jahr noch einen klaren Schritt nach vorne machen sollte. Mayfield ist ein akkurater Pocket-Passer, der mit Antizipation wirft und einen sehenswerten Deep Ball wirft.
Play-Calling/Scheme: Die Veränderung während der vergangenen Saison, als Freddie Kitchens übernahm, war bemerkenswert. Kitchens gelang es schnell, mit Motion und effizienten Route-Kombinationen über die Play-Designs zu gewinnen, während er es Mayfield gleichzeitig endlich erlaubte, die Mitte des Feldes mit unter anderem David Njoku und Duke Johnson zu attackieren. Kitchens hat einen sehr vielversprechenden ersten Eindruck hinterlassen - kann er den bestätigen?
Offensive Line: Guard Kevin Zeitler abzugeben war ein Risiko, Vorjahres-Zweitrunden-Pick Austin Corbett muss jetzt zeigen, dass er diese großen Fußstapfen füllen kann. Joel Bitonio und JC Tretter innen sowie Chris Hubbard auf Right Tackle bilden ohne Zeitler das Gerüst der Line; neben Corbett ist auch Greg Robinson, der auf Left Tackle gehalten wurde, eher als Fragezeichen denn als sichere Lösung zu betrachten.
Waffen: Als ob die Mayfield-Kitchens-Kombination nicht in vielerlei Hinsicht spannend genug wäre, ist mit dem Trade für Odell Beckham auch das Waffenarsenal der Browns eine eigene Story, die den Top-10-Platz rechtfertigt. Beckham ist einer der drei, vier besten Wide Receiver der Liga und sollte mit seinen Fähigkeiten nach dem Catch glänzend zu Mayfield und der Kitchens-Offense passen.
Mit Jarvis Landry im Slot, Rashard Higgins Outside, Antonio Callaway als Speedster, David Njoku als einem der aufstrebenden jungen Tight Ends und einem voll besetzten Backfield um Nick Chubb, Duke Johnson (sofern der nicht noch getradet wird) und Kareem Hunt haben die Browns ein in der Breite und der Spitze spektakulär besetztes Skill-Position-Corps.
9. Pittsburgh Steelers
Quarterback: Rein was die Pocket-Passer angeht, gehört Big Ben zweifellos weiterhin in die Top-10; eine starke zweite Saisonhälfte letztes Jahr unterstrich das. Roethlisberger ist weiterhin einer der gefährlichsten Downfield-Passer der Liga, in puncto Accuracy und Decision-Making stabilisierte er sich während der vergangenen Saison merklich. Er muss wieder konstanter werden, dass er das höchste Niveau noch im Tank hat, war allerdings zu sehen.
Play-Calling/Scheme: Randy Fichtner hat in seinem ersten Jahr als Offensive Coordinator gute Arbeit geleistet. Die Steelers waren extrem Pass-lastig, blieben dabei aber vor allem in der zweiten Saisonhälfte zumeist effizient. Die Steelers spielten mehr Empty Formations als irgendein anderes Team und setzen auch immer wieder auf Air-Raid-Elemente. Das vertikale Passspiel hat dabei nach wie vor eine große Rolle und Fichtner konnte immer wieder offene Pässe für Roethlisberger kreieren.
Offensive Line: Alejandro Villanueva, Ramon Foster, Maurkice Pouncey, David DeCastro - kaum eine Offensive Line kann qualitativ mit Pittsburghs vier Top-Linemen mithalten. Matt Feiler auf Right Tackle ist die einfache auszumachende potenzielle Schwachstelle, die gegnerische Defenses fraglos weiter testen werden.
Doch in der vergangenen Saison, als Feiler auch ehe die Steelers Marcus Gilbert nach Arizona tradeten bereits zehn Spiele absolvierte, hatte Pittsburgh eine Top-5-Line, und das sollte aufgrund der individuellen Qualität der vier Stars auch in diesem Rahmen bleiben. Wenngleich der Verlust von O-Line-Coach Mike Munchak erst einmal aufgefangen werden muss.
Waffen: Man mag von Antonio Brown als mögliche Belastung für die Team-Chemie halten, was man will - sportlich haben die Steelers durch den Trade mit den Raiders einen Top-5-Receiver verloren. Das zu kompensieren wird eine Herkulesaufgabe; Brown ist nicht nur ein Spieler, der individuell den Unterschied ausmachen und Spiele an sich reißen kann. Er ist auch ein Spieler, der Defenses dazu zwingt, Coverages anzupassen, ihre Safeties anders einzusetzen, kurz: der Räume für seine Mitspieler schafft.
Das wird sich bemerkbar machen. Teams werden zunächst vermutlich ihre Coverages stärker auf JuJu Smith-Schuster fokussieren, auch wenn der in seiner Big-Slot-Rolle bleibt. Outside sollen Donte Moncrief, James Washington und perspektivisch Diontae Johnson Browns Lücke schließen - im Verbund. Die Tight-End-Position ist schwächer als im Vorjahr und im Backfield ist Le'Veon Bell nun endgültig weg. Kann James Conner als Receiver noch ein gravierenderer Faktor werden?
8. Los Angeles Chargers
Quarterback: Pre-Snap gehört Rivers weiterhin zur klaren Liga-Spitze und insbesondere in der Mitte des Feldes ist er einer der akkuratesten und gefährlichsten Quarterbacks der Liga. Rang 3 in Football Outsiders' DVOA-Ranking spiegelt das ebenfalls wieder. Rivers kann mit seiner Spielintelligenz und seinem Verhalten in der Pocket Schwachstellen im Blocking überspielen, und das könnte auch 2019 wieder notwendig sein.
Play-Calling/Scheme: Ken Whisenhunt leistet als Offensive Coordinator in Los Angeles gute Arbeit. Die Chargers haben eine gute offensive Balance, dahingehend, dass Whisenhunt seine verschiedenen Waffen gut einbindet: Die Chargers spielen überdurchschnittlich viel 12-Personnel-Sets sowie vor allem 22-Personnel und sind aus beiden Personnel-Groupings überdurchschnittlich explosiv. Whisenhunt mit seinem ausgeprägten Underneath-Passing-Game und Rivers funktionieren zusammen mit den Waffen in L.A. sehr gut zusammen.
Offensive Line: Hier zerbröselte der Keks für die Chargers in den vergangenen Playoffs, und eine Wiederholung in der kommenden Saison scheint alles andere als ausgeschlossen. Left Guard Dan Feeney ließ letztes Jahr die meisten QB-Pressures aller Guards zu (46), Right Tackle Sam Tevi die drittmeisten aller Offensive Tackles (61).
Die Probleme in Teilen der Offensive Line waren das konstante Negativ-Thema bei den Chargers letztes Jahr, und was sofortige Starter-Hilfe angeht, haben die Chargers nichts gemacht. Wie viel können Rivers und die Play-Designs davon maskieren?
Waffen: Mit Hunter Henry sowie dem Backfield zurück bei 100 Prozent haben die Chargers ein interessantes Arsenal mit vielseitigen Waffen. Melvin Gordon und Austin Ekeler waren als Running-Back-Duo ein wichtiger Teil der Offense, ehe die Verletzungen zuschlugen. Henry bringt alles mit, um ein Top-10-Tight-End zu sein, Keenan Allen ist einer der besten Route-Runner und einer der gefährlichsten Receiver in der Mid-Range.
Gleichzeitig hat sich Mike Williams letztes Jahr als der Big-Body-Deep-Threat etabliert, den die Chargers im Kopf hatten, als sie Williams 2017 in der ersten Runde gedraftet haben. Und in Travis Benjamin hat L.A. zusätzlich einen Speedster und Deep Threat, den man noch variabler einsetzen könnte, als es letztes Jahr der Fall war. Die Kombination aus Quarterback und dem Waffenarsenal schiebt die Chargers ohne Frage in die Top-8.
7. Los Angeles Rams
Quarterback: Welche Art Quarterback ist Jared Goff? Nehmen wir das letzte Jahr als Grundlage, dann könnte das Fazit so in etwa aussehen: Goff ist ein Quarterback, der ein funktionierendes Scheme glänzend auf dem Feld umsetzen kann und bisweilen auch darüber hinauswächst - der gleichzeitig allerdings nicht konstant genug Plays selbst "kreieren" kann, wenn das Scheme nicht gewinnt. Gleichzeitig ist Goff aber auch noch jung und wird sich weiterentwickeln. Macht er den Schritt hin zu einem Top-8-Quarterback, wird die Rams-Offense klettern.
Play-Calling/Scheme: Sean McVay hat sich letztes Jahr als der junge Play-Caller etabliert - bis dann im letzten Saisondrittel und insbesondere im Super Bowl seine Offense ein Stück weit entschlüsselt wurde, ohne dass er mit einem konkreten Plan B hätte antworten können. In Teilen wurde das bereits gegen Detroit in Woche 13 deutlich, vor allem die darauf folgenden Spiele gegen Chicago und Philadelphia legten Probleme offen.
Teams, die die Rams und Jared Goff mit tiefen Zone-Safeties insbesondere bei Early Downs dazu zwangen, konstant die Underneath-Routes anzuspielen und so die Big Plays weitestgehend eliminierten, bereiteten L.A. nachhaltige Probleme. Es wird sehr spannend sein zu sehen, wie McVay darauf reagiert; zunächst bekommt er die verdienten Vorschusslorbeeren mit der Annahme, dass ihm neue Ansätze neben seinem 11-Personnel-Play-Action-Spiel einfallen werden.
Offensive Line: Der Abgang von Rodger Saffold in der Free Agency sowie die Entlassung von Center John Sullivan bringt erstmals seit Beginn der 2017er Saison wieder größere Veränderungen in der Rams-Line mit sich. L.A. hatte hier, abgesehen von der Entlassung von Jamon Brown nach dessen Sperre zu Beginn der vergangenen Saison, über zwei Jahre beachtliche Stabilität; und die Rams brachten insbesondere letztes Jahr eine der zwei, drei besten Offensive Lines auf den Rasen.
Joseph Noteboom ersetzt Saffold auf Left Guard, für den vakanten Center-Spot ist aktuell Brian Allen eingetragen. Der Viertrunden-Pick aus dem Vorjahr hatte letztes Jahr ganze 37 Snaps, Noteboom (3. Runde 2018) 79. Die Rams haben in den vergangenen Jahren weitsichtig gedraftet, auch der diesjährige Drittrunden-Pick Bobby Evans könnte nach der kommenden Saison dann Andrew Whitworth beerben. Zunächst einmal müssen dieses Jahr aber zwei der jungen Mid-Round-Picks zeigen, ob die Line das unheimlich hohe Niveau halten kann.
Waffen: Die Verletzung von Cooper Kupp hat den Rams letztes Jahr richtig wehgetan, gemeinsam mit Robert Woods und Brandin Cooks ist das eines der besten Wide-Receiver-Trios in der NFL. Die Tight Ends sind solider Durchschnitt. Was etwas fehlt, ist die Kadertiefe insbesondere hinter den drei Starting-Receivern.
Spannend wird es in L.A. im Backfield. Todd Gurleys Knieprobleme scheinen doch ernster zu sein als es von Team-Seite aus kommuniziert wird; der Trade nach oben im Draft, um Darrell Henderson zu bekommen, lässt ebenfalls darauf schließen. Beide passen als Runner perfekt in das Rams-Blocking-Scheme - doch was können beide zeigen, sollte die Line ein, zwei Schritte zurück machen?
NFL Top 10 Offenses 2019 - die Plätze 6 bis 4
6. Atlanta Falcons
Quarterback: Im Chaos der enttäuschenden Falcons-Saison ging ein wenig unter, wie gut Matt Ryan phasenweise erneut spielte. Ein Top-5-Quarterback 2018 nach Football Outsiders' DVOA und DYAR, einer der gefährlichsten Deep Passer und einer der besten Play-Action-Quarterbacks der Liga. Sollte Ryan an die vergangene Saison anknüpfen können, sind die Falcons hier erneut sehr gut aufgestellt.
Play-Calling/Scheme: Dirk Koetter ist zurück in Atlanta, wo er bereits von 2012 bis 2014 der Offensive Coordinator war. Der Ex-Buccaneers-HC kennt Ryan also bestens - und war in diesen Jahren mit Ryan und der Falcons-Offense überaus erfolgreich. Koetters Offense verlangt vom Quarterback Aggressivität und Präzision in engste Fenster - Ryan ist dazu in der Lage. Die Falcons hatten unter Sarkisian so ihre liebe Mühe, so dass es spannend sein wird zu sehen, wie viel Koetter ändert.
Offensive Line: Durchschnitt in Pass-Protection, unteres Liga-Drittel im Run-Blocking - die Falcons brachen in der Offensive Line im Laufe der Saison nach und nach ein; das soll sich nicht wiederholen. Mit James Carpenter, Jamon Brown (beide via Free Agency) sowie Chris Lindstrom und Kaleb McGary (beide in der ersten Runde des Drafts) fokussierte sich Atlanta klar auf die Line, und sollte hier jetzt auch außerhalb von Jake Matthews und Alex Mack zumindest perspektivisch deutlich besser aufgestellt sein.
Ein Garant für die spektakuläre Saison unter Kyle Shanahan war auch eine sehr gute Offensive Line. Die Falcons versuchen gerade, das zu reproduzieren. Der Weg ist richtig, ob das auch für die individuellen Spieler gilt, wird sich zeigen müssen.
Waffen: Julio Jones, Calvin Ridley und Mohamed Sanu dürften das beste Wide-Receiver-Trio in der NFL sein. Austin Hooper ist ein solider Tight End, Devonta Freeman ein sehr guter Zone-Running-Back und Ito Smith hat letztes Jahr als Receiver Potenzial angedeutet.
Die Falcons waren letztes Jahr eine Top-6-Offense gemäß Football Outsiders' Drive Success Rate und in den Kategorien Yards sowie Punkte pro Drive. Nur die Chiefs, Saints und Rams waren in allen drei Kategorien ebenfalls in der Top-6. Das Potenzial ist in Atlanta fraglos vorhanden, und der Quarterback sowie die Waffen waren 2018 auch nicht das Problem. Die Line und Koetter werden darüber entscheiden, ob die Falcons diesen Spot rechtfertigen.
5. Philadelphia Eagles
Quarterback: Eines der größten Fragezeichen der gesamten 2019er Saison. Wentz absolvierte letztes Jahr aufgrund seiner Rückenverletzung nur elf Spiele; eine Rückenverletzung, die ihm nach wie vor zu schaffen macht. Die erste Frage also lautet, wann Wentz bei 100 Prozent ist; die zweite Frage, ob er 2019 verletzungsfrei bleiben kann. In puncto Talent bringt er alles mit, um ein Top-10-Quarterback zu sein, und die Offense sowie die Umstände in Philly werden ihm dabei helfen.
Wentz muss jetzt fit bleiben, er muss in seinen Reads konstanter werden und er muss im vertikalen Passspiel das richtige Maß an Aggressivität finden sowie insbesondere in diesem Part noch besser antizipieren.
Play-Calling/Scheme: Pederson konnte 2018 nicht ganz an seine großartige 2017er Saison anknüpfen, was fraglos auch mit den Abgängen seiner beiden Assistenten Frank Reich und John DeFilippo zu tun hatte. Trotzdem sind die Eagles eines der Teams, das mit seinen Play-Designs und mit modernem Denken gewinnt. Passing Plays aus Run-Formationen und bei Early Downs, Play Action, Aggressivität bei Fourth Down - diese Attribute prägen die Eagles-Offense nach wie vor, auch 2019.
Offensive Line: Die Line war letztes Jahr nicht ganz so dominant, wie sie es angesichts des individuellen Potenzials sein sollte - Verletzungen, etwa anhaltende Probleme bei Jason Peters, sowie Inkonstanz auf dem zweiten Guard-Spot gegenüber von Brandon Brooks spielten dabei eine Rolle.
Mit Andre Dillard haben die Eagles in der ersten Runde des Drafts ihren Nachfolger für Peters gefunden, angesichts der Qualität von Brooks, Lane Johnson und Jason Kelce bleibt eigentlich nur ein echtes Fragezeichen: Wird Isaac Seumalo auf Left Guard eine Schwachstelle, die gegnerische Teams attackieren können?
Waffen: Hier kann kaum ein Team mit den Eagles mithalten. Philly hat die physischen Contested-Catch-Receiver in Jeffery und Arcega-Whiteside, den Speedster in DeSean Jackson, das Big-Slot-Target in Nelson Agholor, den produktivsten Tight End der Liga in Zach Ertz und zusätzlich noch mit Dallas Goedert einen zweiten aufstrebenden Tight End, wodurch die bevorzugten 2-TE-Sets ebenfalls brandgefährlich sind.
Am ehesten ist das Backfield noch ein Fragezeichen. Jordan Howard kam via Trade aus Chicago, dürfte in der Offense letztlich aber nicht viel mehr als ein Short-Yardage-Runner sein. Spannender ist wohl Zweitrunden-Rookie Miles Sanders, der aufgrund seiner Fähigkeiten auch als Receiver eher die Matchup-Waffe aus dem Backfield werden kann, die Philly bereits seit einer Weile sucht.
Die Eagles haben mit Doug Pederson, mit der Offensive Line und mit diesem Waffenarsenal die perfekten Umstände, um eine der gefährlichsten und prägenden Offenses der kommenden Saison zu werden. Jetzt liegt es an Wentz, das alles auch zusammen zu führen.
4. Indianapolis Colts
Quarterback: Als er nach seiner langen Pause zurückkam, wirkte Luck zu Beginn der vergangenen Saison zunächst wie ein primär auf Sicherheit und Vorsicht bedachter Game-Manager. Doch etwa nach dem ersten Saison-Viertel änderte sich der Eindruck: Luck wurde mutiger, das vertikale Passspiel wurde gefährlicher und bis auf die Niederlage in Jacksonville sowie das Playoff-Aus bei den Chiefs spielte Luck dann eine fantastische Saison, in der er die Liga daran erinnerte, dass er noch immer einer der Top-Quarterbacks ist.
Play-Calling/Scheme: Frank Reich hat den Colts hier eine neue Identität gegeben. Weg von dem vertikalen Scheme, das immensen Druck auf den Quarterback ausübt, hin zu klarer definierten Reads, gezielt forcierten Matchups und Vorteilen durch Aufstellung und Personnel-Groupings. Reich machte die Colts zu einer Tight-End-Offense mit T.Y. Hilton als primärem Deep Threat und einem variablen Backfield. Hier sollte Indianapolis im zweiten Jahr unter Reich noch Schritte nach vorne machen.
Offensive Line: Eine der Storys der vergangenen Saison war der Turnaround der Colts-Line. Indianapolis hat mit Quenton Nelson, Ryan Kelly und Braden Smith zwischen 2016 und 2018 drei Starter für die Line im Draft gefunden, dazu hat sich Mark Glowinski etabliert und der Fünfte im Bunde ist Left Tackle Anthony Castonzo.
Zweifellos profitierte die Line vom Kurzpassspiel und dem schnellen Release von Andrew Luck. Gleichzeitig aber war die Line auch für sich betrachtet phasenweise komplett dominant, belegt den zweiten Platz nach Football Outsiders' Adjusted Sack Rate und bleibt komplett zusammen. Hier ist sogar noch ein Schritt nach vorne zu erwarten.
Waffen: In der vergangenen Saison fokussierte sich im Wide-Receiver-Corps zu viel auf Hilton, das soll sich jetzt ändern. Der in der Free Agency verpflichtete Devin Funchess gibt Indy einen physischen Big-Body-Receiver, Zweitrunden-Pick Parris Campbell dürfte als Speed-Underneath-Receiver sofort eine Bereicherung für die Offense sein.
Das Tight-End-Corps ist, angeführt von Eric Ebron und Jack Doyle, gut und tief besetzt, im Backfield scheint Marlon Mack bereit für eine Breakout-Saison: Ein solider Contact-Runner mit Explosivität, der als Receiver noch Luft nach oben hat. "Diese Offense wird furchteinflößend sein", hatte Hilton kurz nach dem Draft gesagt. Er könnte damit genau ins Schwarze getroffen haben.
NFL Top 10 Offenses 2019 - die Top-3
3. Kansas City Chiefs
Quarterback: Der beste Quarterback der Liga, was den Chiefs auch 2019 eine unheimlich hohe Base-Line gibt. Patrick Mahomes hatte eine spektakuläre Saison und man kann nicht erwarten, dass er die eins-zu-eins wiederholt; das Talent aber ist so immens, und umgekehrt wird er sich auch noch weiterentwickeln. Mahomes kreiert außerhalb der Pocket und außerhalb der Play-Struktur, er hat gleichzeitig aber auch Pre-Snap bereits ein hohes Maß an Verantwortung und gewinnt genauso aus der Pocket, wie wenn er improvisiert.
Play-Calling/Scheme: Andy Reid gehört in dieser Kategorie klar in die oberste Liga-Elite. Seit Jahren ist kaum ein Coach besser darin, College-Konzepte zu übernehmen und sein Playbook permanent variabler und kreativer zu gestalten.
Mit Mahomes erhielten verstärkt Elemente der Air Raid Offense Einzug, Reid ist einer der besten Game-Planer in der NFL. Es ist kein Zufall, dass von allen Starting-Quarterbacks keiner prozentual seltener "Tight-Window"-Pässe warf als Mahomes (12,2 Prozent).
Offensive Line: Der Abgang von Center Mitch Morse ist ein Verlust; ein Verlust, den Austin Reiter letztes Jahr zumindest, als Morse zwischenzeitlich sechs Spiele verpasste, überraschend gut auffangen konnte. Die Chiefs sind gut auf den Tackle-Spots mit Schwartz und Fisher, insgesamt ist es aber die Interior-Line, die Sorgen bereitet. Selbst wenn Reiter die guten Eindrücke bestätigt sind die Guard-Spots noch von Inkonstanz geprägt.
Waffen: Das große Fragezeichen ist selbstredend Tyreek Hill. Aktuell ist es angesichts der schweren Vorwürfe schwer vorstellbar, dass Hill in der kommenden Saison (alle Partien) spielen wird. Hill ist eine einzigartige Waffe in der NFL, er gewinnt mit seiner Geschwindigkeit natürlich als Deep-Threat, aber seine Rolle in der Chiefs-Offense ist deutlich vielseitiger; im Screen Game, Underneath, als Ablenkungselement. Fehlt er, wird man das deutlich merken.
Aber KC hat noch mehr im Arsenal für Reid und Mahomes: Travis Kelce ist aktuell der beste Tight End der Liga, Sammy Watkins ist ein legitimer Nummer-1-Receiver, und mit Zweitrunden-Pick Mecole Hardman haben die Chiefs zumindest das Speed-Element, das ohne Hill fehlen würde. Spannend ist auch das Backfield, wo Late-Round-Pick Darwin Thompson sowie UDFA James Williams ernsthafte Chancen auf einen Kaderplatz neben Damien Williams und Carlos Hyde haben sollten.
2. New England Patriots
Quarterback: Noch immer ist Tom Brady einer der besten Pocket-Passer. Pre-Snap herausragend, sein Verhalten in der Pocket ist teilweise makellos und keiner kann den Ball so schnell loswerden wie Brady - was für seine Fähigkeit spricht, Defenses und Matchups vor und nach dem Snap zu diagnostizieren.
Play-Calling/Scheme: Vielseitigkeit ist der Schlüssel in New England, das ist keine Neuigkeit. Josh McDaniels dürfte der beste Offensive Coordinator der Liga sein, die vergangene Saison untermauert diese These. Die Patriots attackieren Gegner zielstrebig gemäß deren Schwachstelle, sie setzen den Fullback intelligent als Matchup-Waffe ein und nutzen das Play-Action-Passspiel so intensiv wie fast kein anderes Team. Einziger Kritikpunkt: Die Pats waren letztes Jahr bisweilen zu Run-lastig.
Offensive Line: Trent Brown hatte eine Ausnahmesaison - jetzt muss er in Oakland zeigen, dass seine 2018er Spielzeit nicht nur ein Ausreißer nach oben war. Dabei war er allerdings insbesondere in Pass-Protection noch immer der wohl anfälligste Spieler in der Pats-Line, vor allem aber wird er durch Vorjahres-Erstrunden-Pick Isaiah Wynn ersetzt, mit dem jüngst verpflichteten Jared Veldheer als Veteran-Sicherheitsnetz dahinter.
Die Patriots haben mit Joe Thuney, David Andrews und Shaq Mason neben den Steelers die wohl beste Interior Offensive Line in der NFL, vor allem aber hat der Titelverteidiger in Dante Scarnecchia den derzeit besten O-Line-Coach der Liga. In der Summe ist das eine herausragende Basis für Erfolg, bedenkt man Bradys Stil dahinter umso mehr.
Waffen: Bei jedem anderen Team würde dieser Part die Gesamtbewertung doch ein gutes Stück nach unten ziehen - auch ich hatte New England anfangs noch ein bis zwei Plätze dahinter. Gronk ist weg und außerhalb von Edelman hat das Receiving-Corps insgesamt Stand heute deutlich mehr Fragezeichen als Antworten parat. Tatsache ist allerdings auch, dass mich dieser Zustand bei keinem Team so wenig zögern lässt, wie es bei den Pats der Fall ist.
New England, angeführt durch das Duo Brady/McDaniels, ist seit Jahren in der Lage, auf Ausfälle (inklusive den von Gronk) und Abgänge zu reagieren, auch wenn es bedeutet, dass die Offense eine grundlegend neue Identität erhalten kann.
Bei den Patriots scheint sich diese Identität 2019 um ein unheimlich tiefes Backfield, angeführt von James White, Sony Michel, Rex Burkhead und Damien Harris, sowie ein physisches Wide-Receiver-Corps mit N'Keal Harry sowie den Veterans Dontrelle Inman und Demaryius Thomas - sofern sie den Kader schaffen - aufzubauen. Watson und Seferian-Jenkins geben New England zumindest funktionale Tight Ends.
1. New Orleans Saints
Quarterback: Drew Brees war in der vergangenen Saison der effizienteste Pocket-Passer in der NFL. Rang 2 nach DVOA, kaum ein Quarterback kann Brees' Antizipation das Wasser reichen. Ja, die Offense ist stark um das Kurzpassspiel herum aufgebaut, und Brees' Armstärke sowie die Fähigkeit zum Deep Ball muss man 2019 im Auge behalten - hier hatte er im letzten Saisondrittel immer wieder Probleme. Aber in der Rolle als "Field General" aus der Pocket heraus könnte der 40-Jährige noch eine starke Saison im Tank haben.
Play-Calling/Scheme: Auch hier sind die Saints eines der absoluten Top-Teams. Sean Payton ist seit Jahren einer der besten Play-Designer und Play-Caller in der NFL, und daran hat sich nichts geändert.
New Orleans wirft Gegnern mehr unterschiedliche Formationen entgegen als irgendeine andere Offense, das Einbinden von Backup-Quarterback Taysom Hill war da nur der jüngste Streich. Payton versteht es glänzend, defensive Schwachstellen zu attackieren und gleichzeitig selbst schwer ausrechenbar zu bleiben, innerhalb eines Spiels, aber auch von Woche zu Woche.
Offensive Line: Die Saints hatten letztes Jahr, ob im Run-Blocking oder in Pass-Protection, eine der besten Offensive Lines der NFL. Nur Tackle Ryan Ramczyk ließ mehr als 25 Quarterback-Pressures zu, auch er bewegte sich aber insgesamt noch auf einem sehr guten Level.
Mit Armstead, Peat, Warford und Ramczyk kehren vier von fünf Startern zurück, spannend wird es in der Mitte: Nach dem überraschenden Rücktritt von Center Max Unger gingen die Saints im Draft in der zweiten Runde aggressiv nach oben, um sich Erik McCoy zu sichern. Der wird höchstwahrscheinlich nicht nahtlos für Unger übernehmen können, der Drop-Off wird sich aber in Grenzen halten. Und dann hat New Orleans erneut alle Zutaten für eine Top-5-Line.
Waffen: Michael Thomas und Alvin Kamara gehören beide zur absoluten Elite auf ihrer Position, sie sind es, die dieses Team auf den Skill-Positions tragen. Oft allerdings auch aufgrund von zu wenig Unterstützung; letztes Jahr konnte man immer wieder Probleme beobachten, wenn Teams mal insbesondere Thomas in den Griff bekommen haben. Von Tre'Quan Smith muss der nächste Schritt kommen, eventuell hat auch Meredith mit längerem Abstand zu seiner Verletzung wieder mehr im Tank.
Die wirklich spannende Personalie hier ist Jared Cook. Die Saints haben den Ex-Raiders-TE in der Free Agency verpflichtet, Cook war letztes Jahr in Oakland einer der besseren Tight Ends in der NFL und aus New Orleans ist bereits zu hören, dass einige der "alten Jimmy Graham Plays" für Cook wieder rausgeholt werden sollen. Er könnte das Puzzle-Teil sein, das New Orleans im Passing Game gefehlt hat.