Wie sehr verändert der Luck-Rücktritt das Bild in der AFC?
Hinweis: Die Antworten von Martin Pfanner und mySPOX-User Butfumlbe93 kamen, bevor die Texans am Samstag mit Trades für Furore sorgten.
Sebastian Vollmer (DAZN): Für mich war die AFC South ohnehin relativ offen, mit den Colts als das Team, das die besten Chancen hatte. Das geht jetzt denke ich schon ein wenig zurück, wobei ich auch sagen muss: Ich kenne Jacoby Brissett, er ist ein Freund von mir, wir haben auch noch zusammen gespielt - das ist ein guter Spieler. Es ist nicht so, als wären die Colts hier jetzt komplett verloren. Trotzdem hat sich die Lücke zwischen den Teams geschlossen. Wie sich all diese Trades bei den Texans auswirken, wird sich zeigen müssen - gefühlt ist die AFC South jedes Jahr komplett offen und jedes Team kann die Division gewinnen; das scheint jetzt wieder zuzutreffen. Ich würde die Colts auf keinen Fall abschreiben.
Adrian Franke (SPOX): Für mich sind es die Texans, die hier relativ klar profitieren. Vor Lucks Entscheidung hatte ich die Colts als klaren Division-Favoriten auf dem Zettel, das ist jetzt natürlich nicht mehr der Fall. Houston geht mit leichter Pole Position ins Rennen; doch auch die anderen beiden Teams in der AFC South profitieren: Da, wie Sebastian schon gesagt hat, die Division jetzt unheimlich eng zusammenrückt, dürfen sich auch die Titans und Jaguars deutlich größere Hoffnungen machen als noch vor zwei Wochen. Mit Blick auf die Playoffs sind die beiden Schwergewichte New England und Kansas City natürlich froh, einen ganz starken Konkurrenten weniger zu haben, doch gehen die Auswirkungen womöglich sogar darüber hinaus: Einerseits, weil die Patriots und Chiefs fraglos die Qualität haben, auch ein Colts-Team mit Luck zu schlagen - andererseits aber auch, weil Indianapolis ein Kandidat für den Nummer-1-Seed war, was mit Blick auf die jüngere Vergangenheit eine enorme Bedeutung für die Playoffs haben kann. Der dürfte jetzt am ehesten wieder in Foxboro oder Kansas City landen.
Martin Pfanner (DAZN): Eins vorweg: So sehr es mir persönlich leid tut Andrew Luck nicht mehr am Football-Feld sehen zu dürfen, so nachvollziehbar und zutiefst menschlich ist die Entscheidung. Ich ziehe den sprichwörtlichen Hut davor. In der AFC South wird sich für meine Begriffe rein tabellarisch nicht allzu viel ändern. Die Colts und Texans streiten sich um die Divisionskrone, Jacksonville kann als Außenseiter eventuell mitmischen. Am Ende der Saison sehe ich die Colts mit einem unberechenbaren Jacoby Brissett und (vor allem) einer sehr starken Offensive Line leicht vor den Texans. In der AFC sind Teams wie New England und Kansas City auch weiterhin deutlich vor den Colts. Der Unterschied? Völlig überraschend der Franchise-QB. So lange Mahomes in seiner letztjährigen MVP-Form zaubert und Brady immer noch nicht im Spätherbst seiner Karriere ankommen will, so lange werden die Colts auch nicht in der AFC-Elite ankommen. Der größte Profiteur des Luck-Rücktritts sind wenig überraschend die Tennessee Titans. Die Truppe aus Nashville war 0-11 in Spielen gegen Andrew Luck. Das dürfte aber auch schon eine der ganz wenigen, positiven Nachrichten für die 2019er-Titans sein.
mySPOX-User Butfumlbe93: Die AFC South war mit Andrew Luck relativ eindeutig: Indianapolis war das "Team to beat" und Anwärter auf einen tiefen Playoff-Run. Doch der Paukenschlag änderte alles. Kaum vorstellbar aber wahr: Zum ersten Mal seit die AFC South in der aktuellen Zusammensetzung besteht (2001), haben die Colts nicht den talentiertesten Quarterback der Division in ihren Reihen. Jacoby Brissett ist ein Backup. Er mag einer der besseren sein, aber er ist kein Starter. Auch wenn es nicht fair ist die beiden zu vergleichen, Brissett ist ein so großes Downgrade auf der wichtigsten Position, um die Colts vom Favorit zum Außenseiter avancieren zu lassen. Das aktuelle Rennen ist offener denn je und es ist gut vorstellbar, dass zum Division-Titel bereits neun Siege ausreichen. Die Texans müssen die massiven Probleme in der Offensive Line überwinden, sind aber ansonsten das beste Team mit dem vielversprechendsten Quarterback. Auch wenn ich wirklich große Bauchschmerzen bezüglich Watsons Protection sowie dem brachial wirkenden Schedule habe, müsste ich mich heute auf einen Favoriten festlegen, wäre es Houston. Mit Blick auf die Conference bleiben für mich besonders zwei Sieger: Kansas City und New England. Die Spitzenteams "verlieren" ihren ersten Verfolger und somit den größten Konkurrenten im Kampf um potentielle Bye Weeks. Aber natürlich auch die zweite Garde wie die Ravens, Chargers oder Steelers haben nun ein leichteres Spiel im Kampf um die begehrten Spots für Football im Januar.