Die 100. NFL-Saison hätte aus Sicht der Green Bay Packers kaum besser beginnen können: Die Packers gewannen das Debüt des neuen Head Coachs Matt LaFleur bei den Chicago Bears in einer defensiv geprägten Partie mit 10:3.
"Offensichtlich inakzeptabel. Das beginnt mit mir. Ich habe den Jungs gerade gesagt, dass das nicht ist, wer wir sind. Ich bin stolz auf unsere Defense, offensiv waren wir nicht gut genug. Und das werden wir reparieren", polterte Bears-Coach Matt Nagy nach der Partie. "Drei Punkte sind lächerlich. Mike Pettine ist ein guter Defensive Coordinator und verdient hier Lob. Wir haben deutlich mehr geworfen als dass wir gelaufen sind, das ist nicht das, was wir haben wollen."
Die 100. NFL-Saison hatte mit Oldschool-Football begonnen: Dominante Defensive Lines prägten auf beiden Seiten das Bild, während beide Offenses sichtlich darum bemüht waren, einen Rhythmus zu finden und dabei extrem konservativ agierten. Fünf der ersten sechs Drives endeten in Punts, ein kurzes Feld nutzte Chicago, das ohne Tight End Trey Burton auskommen musste, zum Field Goal.
Dann erst gab es das endlich das erste offensive Lebenszeichen: Green Bay öffnete das Playbook mit dem Play-Action-Design bei First Down - und Aaron Rodgers (18/30, 203 YDS, TD) fand prompt Marquez Valdes-Scantling für 47 Yards. Drei Plays später hatte die Jubiläumssaison ihren ersten Touchdown, ein riskanter Pass von Rodgers auf Tight End Jimmy Graham in der Red Zone bescherte den Packers die ersten Punkte.
Es war allerdings keine Initialzündung für die weitere Partie. Beide Offenses hatten eine Menge Sand im Getriebe, beide Quarterbacks hatten einen schwachen Start in die Saison. Chicago schien Mitte des dritten Viertels endlich einmal einen Rhythmus zu finden, als Robinson und Montgomery vertikale Pässe fingen - doch zwei Delay-of-Game-Strafen und weitere ungenaue Pässe von Trubisky (26/45, 228 YDS, INT) ebneten den Weg zu einem Turnover on Downs: Matt Nagy ließ das 4th&10 ausspielen, statt seinen Kicker ein 51-Yard-Field-Goal zu versuchen.
Vielleicht symptomatisch für die Partie war der Bears-Drive früh im Schlussviertel: Nach mehreren Strafen hatte Chicago 1st&40 (!). Nach einem hoffnungslosen Screen bei 3rd&40 gab es zum wiederholten Male Buh-Rufe von den Bears-Fans für die eigene Offense. Und dennoch blieb die Partie eng, weil Green Bays Offense nur marginal besser funktionierte als die der Bears - und Chicago hatte eine echte Chance zumindest auf Overtime.
In den Schlussminuten funktionierte die No-Huddle-Offense, Trubisky wurde den Ball schnell und im Rhythmus los und Tarik Cohen - bevorzugt als zweiter Running Back auf dem Feld und aus dem Slot - sowie Allen Robinson erledigten den Rest. Doch bei Third Down in der Red Zone warf Trubisky in glasklare Double Coverage, ausgerechnet Ex-Bears-Safety Adrian Amos schnappte sich die entscheidende Interception.
Chicago Bears (0-1) - Green Bay Packers (1-0)
Ergebnis: 3:10 (3:0, 0:7, 0:0, 0:3) BOXSCORE
Bears vs. Packers - die wichtigsten Statistiken
- Der Touchdown-Pass auf Graham war Rodgers' erster Touchdown-Pass im Soldier Field seit 2015. Das sah zum Start in die Partie noch ganz anders aus: Die Packers-Offense hatte -12 Yards im ersten Viertel, die wenigsten Yards für ein Team in einem einzelnen Viertel seit 1994.
- Positiv: Die Bears verzeichneten fünf Sacks - Chicago stellte damit seine eigene Bestmarke gegen Rodgers ein. Die Bears hatten letztes Jahr zuhause ebenfalls fünf Sacks gegen den Packers-Quarterback verzeichnet. Negativ: Bereits Mitte des dritten Viertels hatten die Bears sieben Mal gepuntet - mehr als in irgendeinem einzelnen Spiel letztes Jahr. Ein achter Punt kam noch dazu.
- Anschließend daran: Beide Teams kamen zusammengerechnet auf zehn Sacks - der kombinierte Höchstwert in einem Spiel dieser beider Teams seit 2012 sowie der geteilte zweite Platz in dieser Rivalry in der Super-Bowl-Ära.
- Für die Green Bay Packers war es in den letzten 60 Jahren der erst zweite Auswärtssieg überhaupt, wenn sie zehn oder weniger Punkte aufs Scoreboard gebracht haben.
- Der längste Run auf beiden Seiten war ein 10-Yard-Scramble von Aaron Rodgers.
Der Star des Spiels: Za'Darius und Preston Smith (Packers)
Die Packers haben in der Offseason viel in ihre Defensive Line investiert: Za'Darius Smith und Preston Smith kamen in der Free Agency, Rashan Gary wurde in der ersten Runde gedraftet. Während Gary kaum auf dem Feld war, hatten die anderen beiden einen glänzenden Einstand: Za'Darius Smith verzeichnete bereits in der ersten Hälfte drei QB-Pressures, einen Sack und ein Tackle For Loss. Preston Smith holte auf und beende das Spiel mit fünf Tackles, 1,5 Sacks und einem Tackle For Loss. Die Packers-Defense war die positive Story dieses Spiels. Ebenfalls erwähnenswert: Bears-Receiver Allen Robinson hatte eine herausragende Partie und hätte noch deutlich mehr Stats auflegen müssen. Er war der mit Abstand größte X-Faktor in Chicagos Offense und dominierte Green Bays Secondary regelmäßig.
Der Flop des Spiels: Mitch Trubisky (Bears)
Viel schlechter hätte der Saisonstart für Trubisky nicht verlaufen können. Chicagos Quarterback, von dem man in der Windy City einen Schritt im zweiten Jahr unter Nagy erhofft, hatte einen desolaten Abend: Die Interception in Double Coverage kam mit Ansage, Trubisky hätte mindestens eine, tendenziell eher zwei weitere Picks haben müssen. Er war spät mit seinen Entscheidungen, seine Accuracy war massiv inkonstant und mehrfach fand er einen offenen Allen Robinson nicht, oder konnte ihn nicht anspielen.
Analyse Bears vs. Packers: Die Taktiktafel
- Die Handschrift der Shanahan/McVay-Offenses bei den Packers waren schnell zu erkennen. Matt LaFleur, der unter beiden gearbeitet hat, startete die Partie direkt mit 21-Personnel (2 RB, 1 TE, 2 WR) und Fullback Danny Vitale im Backfield. Daraus startete Green Bay sein Run Game, ging aber auch schnell in Screens und dergleichen über.
- Am besten aber sah die Offense, in der Rodgers gerade bei Third Down viel zu kurz agierte, mit zwei Tight Ends auf dem Feld aus; der erste Touchdown-Drive der Saison kam fast ausschließlich aus 12-Personnel - inklusive des Big Plays via Play Action zu Valdes-Scantling -, kombiniert mit Tempo. Auch später im Spiel hatte Green Bay mit Pässen aus 12-Personnel immer wieder Erfolg. Diese Komponente sollte LaFleur weiter ausbauen.
- Green Bays Play-Calling verbesserte sich dabei ein wenig, die Packers warfen im Laufe der Partie etwas mehr bei Early Downs und nutzten mehr den horizontalen Raum; gleichzeitig fand viel dieser Offense nach wie vor in engem Raum, aus engen Formationen und mit Run-Plays, die gegen diese Bears-Front nirgendwohin führten, statt. Rodgers, wie man es ebenfalls von McVay und Shanahan kennt, agierte auch viel Under Center; und hielt den Ball häufig viel, viel zu lange.
- Die Bears auf der anderen Seite waren in ihren Play-Designs von Anfang an kreativer. Run Pass Options waren ein konstanter Faktor, in gefühlt jedes zweite Run-Play war irgendein Read- oder Option-Element für Trubisky eingebaut. Zumindest phasenweise waren die Bears auch besser darin, aus Spread-Formations zu laufen; generell aber hatte Chicago viel zu viele Runs bei unvorteilhaften Downs und gegen volle Boxes.
- Die Story des Spiels aber waren beide Defenses. Chicago attackierte insbesondere die Interior Offensive Line der Packers immer wieder erfolgreich und präsentierte sich dabei in der Front auch flexibel, etwa standen Floyd und Mack gelegentlich auch auf der gleichen Seite und in der Secondary gab es ganz späte Umstellungen. Die Packers-Defense derweil zeigte viel Double-A-Gap-Pressures, nutzte die eigene Explosivität in der Secondary um die Underneath-Pässe effizient zu verteidigen und schien mehrere Bears-Plays perfekt zu antizipieren.