NFL Rookie Watch: Kyler Murray in den Top drei – echte Steals in Washington und New Orleans

Jan Dafeld
20. November 201911:30
Kyler Murray (r.) und Erik McCoy zählen zu den besten Rookies der Saison 2019.getty
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Alle Teams haben ihre ersten zehn Spiele absolviert, ein guter Zeitpunkt, um einen Blick auf die Rookies zu werfen. Mit Kyler Murray überzeugt der erste Pick des Drafts bislang, für Platz eins reicht es allerdings (noch) nicht: Das SPOX-Rookie-Ranking vor dem letzten Saisondrittel!

Die Drafts in den Vorjahren hatten es in sich. 2017 waren in der ersten Runde nicht nur mehrere Spieler wie Myles Garrett, Jamal Adams, T.J. Watt und Deshaun Watson, die sich zu den besten auf ihrer Position entwickeln sollten, vertreten - mit Patrick Mahomes kam im Vorjahr sogar der MVP aus dieser Klasse.

Im vergangenen Jahr wurden dann gleich fünf Quarterbacks in der ersten Runde ausgewählt, Lamar Jackson könnte Mahomes' Kunststück wiederholen und sich in seinem zweiten Jahr den MVP-Titel sichern.

Und doch steht die diesjährige Draft-Klasse ihren Vorgängern in nichts nach. Nick Bosa spielt eine Saison, wie kaum ein defensiver Rookie jemals zuvor und auch Nummer-Eins-Pick Kyler Murray wird seinem Status als Top-Talent bislang durchaus gerecht. Doch auch ein Zweit- und ein Drittrunden-Pick sowie ein Undrafted Rookie schaffen es in unsere Top 10.

Bevor wir uns den zehn besten Rookies der laufenden Saison widmen, werfen wir jedoch noch einen schnellen Blick auf drei Youngster, die den Sprung in das Ranking knapp verpasst haben.

Devin Bush, Linebacker, Pittsburgh Steelers

Die rohen Statistiken bescheinigen Devin Bush bislang eine absolut spektakuläre Saison. In zehn Spielen verzeichnete der 21-Jährige 74 Tackles, zwei Interceptions, vier Fumble Recoveries und einen Sack. Der Linebacker ist ein wichtiger Bestandteil einer der besten Defenses der Liga. Noch weist er allerdings zu viele Probleme in Coverage auf. Bush lässt zu viele Completions zu, ganz besonders in der Red Zone. Dennoch: Der Youngster verfügt über die Mittel, um seiner Draft-Position langfristig gerecht und einer der besseren Linebacker der Liga zu werden.

Daniel Jones, Quarterback, New York Giants

Nachdem sie sich im Draft an Position sechs für Daniel Jones - für die meisten Experten allenfalls ein Zweitrunden-Pick - entschieden, mussten die Giants viel Kritik einstecken. Nach neun Spielen des 22-Jährigen kann man festhalten: Zumindest komplett daneben lagen sie nicht. Jones deutete sein Potenzial mehrfach an, sowohl gegen die Lions als auch die Jets (zugegebenermaßen zwei der schlechtesten Pass-Defenses der Liga) warf er vier Touchdowns und null Interceptions. Zu oft ist er allerdings noch eine Turnover-Maschine: Jones warf bereits acht Interceptions, noch besorgniserregender sind allerdings die Fumbles. Mit 13 führt Jones die Liga an - mit einigem Abstand.

D.K. Metcalf, Wide Receiver, Seattle Seahawks

Der tiefe Fall von D.K. Metcalf war vielleicht eine der größten Stories des Drafts, definitiv eine der größten Stories nach der ersten Runde. Der große, physische Speedster sei nicht beweglich genug, zu eindimensional in seinen Routen, hieß es. Nach zehn Spielen lässt sich festhalten: Ein effektiver Receiver ist er trotzdem. Metcalf hat bereits 595 Receiving Yards und fünf Touchdowns auf dem Konto, besonders in der Red Zone ist er eine gefährliche Waffe für Russell Wilson. Unschön waren derweil seine zwei Fumbles, ganz besonders sein verlorener Ball in der Schlussphase gegen die Ravens. Trotzdem: Den 21-Jährigen trennt nicht viel von der Top Ten.

NFL Rookie Watch: Die Top 10

Platz 10: Nick Needham, Cornerback, Miami Dolphins

Nick wer? Nick Needham! Als Undrafted Free Agent, der im August noch von den Dolphins entlassen wurde und die ersten fünf Wochen der Saison in Miamis Practice Squad verbrachte, dürften viele NFL-Fans den Cornerback bislang noch gar nicht auf dem Zettel gehabt haben.

Doch der 23-Jährige hat sich nicht nur in die Rotation, sondern sogar in das Starting Lineup von Brian Flores gespielt und in dieser Rolle bislang durchaus überzeugt. Über die letzten drei Spiele feierten die ehemals als Lachnummer der Liga verschrienen Dolphins zwei Siege, Needham hatte daran durchaus einen Anteil.

Er überzeugte als Blitzer und solider Tackler, doch vor allem in Coverage präsentierte sich Needham bislang überaus solide. Bei Miamis Sieg über die Colts ließ er gerade mal drei Catches bei acht Targets zu und verbuchte seine erste Inteception der Saison. Spielt der Left Cornerback so weiter, sollte sein Name in NFL-Kreisen schon bald deutlich bekannter sein!

Platz 9: Gardner Minshew II, Quarterback, Jacksonville Jaguars

Minshew-Mania ist (vorerst) vorbei, für einen Platz in unserem Rookie-Ranking reicht es dennoch für den 23-jährigen Quarterback aus Washington State. Minshew präsentierte sich in seinen Auftritten besser als zwei der drei First-Round-Quarterbacks im diesjährigen Draft und dürfte den Jaguars ihre Entscheidung, nach dessen Genesung zurück zu Nick Foles zu wechseln, ziemlich schwer gemacht haben.

Minshews großes Plus ist seine herausragende Genauigkeit als Passer. In diesem Punkt muss sich der Rookie vor kaum einem Quarterback in der NFL verstecken, sowohl bei kurzen als auch bei tiefen Würfen. Bei Pässen auf vertikale Routen war in dieser Spielzeit bislang kaum ein Passer besser als Minshew.

Darüber hinaus wirft er immer wieder in die richtigen Fenster, trifft bei seinen Pässen kaum falsche Entscheidungen. Minshews Interception-Quote von 1,3 Prozent ist niedriger als die von Quarterbacks wie Tom Brady, Deshaun Watson oder Drew Brees - und mit etwas weniger Pech hätte diese Zahl in Minshews Fall sogar noch niedriger ausfallen können!

Minshews großes Manko ist und bleibt allerdings seine Ballsicherheit. Diese dürfte ihn letztlich auch seinen Starter-Posten in Jacksonville gekostet haben. Dabei bewies er schon häufiger gutes Pocket-Bewusstsein, wich Rushern aus und bewegte sich vom Druck weg - anders als beispielsweise Daniel Jones.

Und dennoch verliert Minshew deutlich zu häufig den Ball, seine elf Fumbles und sieben verlorenen Fumbles bedeuten jeweils Rang zwei in der Liga. Dieses Problem muss angegangen werden. Und trotzdem: Auf Minshew als Starter darf man sich freuen. Vielleicht nicht mehr in dieser Saison, aber sicher in den kommenden Jahren. Den Jaguars steht hier noch eine spannende, weichenstellende Entscheidung bevor.

Platz 8: Marquise Brown, Wide Receiver, Baltimore Ravens

Marquise Brown feierte ein NFL-Debüt wie kaum ein Spieler jemals vor ihm. Beim Saisonauftakt der Ravens gegen die Dolphins verbuchte Brown vier Catches für 147 Yards und zwei Touchdowns - obwohl er in dem Spiel angeschlagen kaum auf dem Feld stand!

Tatsächlich hat Brown sein enormes Potenzial in dieser Saison schon mehrmals aufblitzen lassen. "Hollywood", wie er auch aufgrund seines Geburtsorts genannt wird, ist ein extrem schneller Deep Threat, kann durch seine Explosivität aber auch nach dem Catch äußerst gefährlich sein.

Brown ist schon jetzt der beste Wide Receiver der Ravens, in puncto Wide Receiver Rating als auch Yards per Route Run rangiert er ligaweit in den Top 10. Sein Manko: Beständigkeit. Brown kam angeschlagen in die Liga, zuletzt kämpfte er mit einer Zerrung in der Wade. Der 22-Jährige stand bislang erst in drei Spielen für mehr als 60 Prozent der offensiven Snaps auf dem Feld. Schafft es Brown, seine Spielanteile zu erhöhen, wird er auch in diesem Ranking weiter klettern.

Platz 7: Josh Allen, Edge Defender, Jacksonville Jaguars

Josh Allen nur auf Platz sieben? In den meisten Rookie-Rankings wird der Pass-Rusher der Jaguars (deutlich) höher geführt und teilweise sogar als echter Konkurrent für Nick Bosa als Defensive Rookie of the Year gehandelt. Ganz so weit ist der 22-Jährige allerdings noch nicht.

Tatsächlich führt Allen die Rookie-Klasse mit acht Sacks an, ligaweit haben nur zehn Spieler mehr Sacks auf dem Konto als der Rookie. Das ist beeindruckend. Aber: Allens Sack-Zahlen sind höher als seine Pressure-Zahlen vermuten lassen würden, darüber hinaus wurde ein nicht zu vernachlässigender Anteil von Allens Sacks und Pressures über das defensive System der Jaguars kreiert.

Im Vergleich mit anderen hoch ausgewählten Rookie-Edge-Rushern wie Clelin Ferrell oder auch Nick Bosa genießt Allen den Vorteil, dass er in Jacksonville in erster Linie als reiner Pass-Rusher eingesetzt wird. Das bedeutet: Mehr und ausgeruhtere Pass-Rush-Snaps für ihn. Allen überzeugte also durchaus als guter, athletischer Speed-Rusher, der sich in den kommenden Jahren zu einem der Besten in der NFL auf dieser Position entwickeln könnte. Noch ist er allerdings nicht ganz an diesem Punkt.

Platz 6: Terry McLaurin, Wide Receiver, Washington Redskins

Der Steal des NFL Drafts 2019? Stand heute: Terry McLaurin! Der Drittrundenpick ist in diesem Jahr der beste aller Rookie-Receiver und scheint sich bei den Redskins zu einem echten Nummer-Eins-Wideout zu entwickeln.

Trotz äußerst durchwachsenem Quarterback-Play sowie fragwürdigem Play-Calling unter Head Coach Bill Callahan hat der 24-Jährige in seinen ersten neun NFL-Spielen bereits 566 Receiving Yards und 5 Touchdowns aufgelegt, darunter zahlreiche Highlight-Catches.

McLaurin ist ein echter Deep Threat, der knapp zwei Targets mit 20 oder mehr Air Yards pro Spiel erhält. Gegen die Jets wurde eine Reception über mehr als 60 Yards nur aufgrund einer Strafe zurückgenommen. Zusätzlich ist er aber ein auffällig guter und effizienter Route-Runner.

Viel schlechter hätten die Umstände für den jungen Receiver in seinem ersten Jahr kaum sein können und dennoch war sein Talent in dieser Saison nicht zu übersehen. Wer auch immer in der kommenden Saison den Quarterback-Posten bei den Redskins übernehmen darf, in McLaurin wird er einen guten Freund in seinem Receiving Corps finden.

Platz 5: Dexter Lawrence, Interior Defender, New York Giants

Die Giants mussten im Draft enorme Kritik für die Auswahl von Daniel Jones einstecken, sodass die Auswahl von Lawrence an Position 17 fast ein wenig unterging. Der Defensive Tackle aus Clemson galt als solider Pick, der allerdings insbesondere im Pass-Rush überschaubare Upside mit sich bringt.

Nach mehr als der Hälfte der Saison muss man festhalten: Diese Einschätzungen wurden Lawrence nicht gerecht. Tatsächlich ist der 22-Jährige bislang der beste Interior Defender dieser Draft-Klasse. Noch vor Quinnen Williams, vor Ed Oliver und vor Christian Wilkins. Bereits in seinem ersten Jahr zählt Lawrence zu den besten Run-Defendern der NFL und ist aus der Mitte der Defensive Line in New York kaum noch wegzudenken.

Ein weiterer Pluspunkt: Anders als viele andere Nose Tackles, die vor allem gegen den Run eingesetzt werden, und entgegen der Pre-Draft-Takes bringt Lawrence auch Qualitäten als Pass-Rusher mit und kann verschiedene Positionen und Rollen in der D-Line einnehmen. Macht der Rookie in den nächsten Saisons hier weitere Schritte nach vorne, könnte er sich tatsächlich zu einem der besten Interior Defender der Liga entwickeln.

Platz 4: Josh Jacobs, Running Back, Oakland Raiders

Langfristig dürfte Jacobs es schwer haben, einen Platz in den Top Fünf dieser Rookie-Klasse einzunehmen, da Running Backs deutlich stärker von den Umständen um sie herum abhängig sind, ja. Blicken wir allerdings einzig und allein auf die aktuelle Saison, hat Jacobs seinen hohen Platz durchaus verdient.

Der ehemalige Alabama-Back ist bislang der vielleicht beste Runner der Liga. Egal ob Yards after Contact, broken Tackles oder explosive Runs - Jacobs liegt in allen Kategorien mindestens unter den zehn besten Spielern, und das obwohl der 21-Jährige in Oakland durchaus häufiger gegen volle Boxen laufen muss.

Als Receiver ist der Rookie derweil noch nicht ganz in die elitäre Klasse vorgestoßen, bringt aber auch hier zunehmend mehr Wert mit. In sechs seiner letzten sieben Spiele verbuchte Jacobs mindestens zwei Receptions, zudem bringt er gute Qualitäten als Pass-Blocker mit, ganz besonders für einen Rookie.

Ob Jacobs tatsächlich einen First-Round-Pick wert war, ist nach wie vor diskutabel und wird letztlich auch davon abhängen, ob er den Schritt zu einem sehr guten Receiving Back vollziehen kann. Mit einem Fokus einzig und allein auf diese Saison spielt Jacobs allerdings beeindruckend und hat ohne Frage einen Platz unter den besten Spielern des Jahrgangs verdient.

Platz 3: Kyler Murray, Quarterback, Arizona Cardinals

Eins vorneweg: Platz drei für Kyler Murray in diesem Ranking bedeutet keineswegs, dass die Cardinals mit ihrer Entscheidung im vergangenen Draft unzufrieden sein sollten. Arizona wollte seinen Quarterback für die Zukunft finden und das haben sie sehr wahrscheinlich geschafft. Dass zwei andere Rookies in dieser Saison bislang noch etwas stärker waren, ändert also nichts an der Richtigkeit, den Nummer-eins-Pick für Murray verwendet zu haben.

Schon jetzt hat der 22-Jährige viele seiner Kritiker bezüglicher seiner Größe Lügen gestraft und bewiesen, dass er definitiv das Zeug hat, um ein Starting Quarterback in der NFL zu sein. Nach zehn Spielen rangiert Murray im Vergleich mit allen Quarterbacks in der Liga etwa im Durchschnitt - was alles andere als selbstverständlich für einen Rookie ist, man schaue nur auf Daniel Jones, Dwayne Haskins oder auch Sam Darnold, Josh Allen und Josh Rosen im vergangenen (oder auch in diesem) Jahr.

Besonders beeindruckend, neben seinen Scrambling- und Rushing-Fähigkeiten, ist bislang Murrays Deep Ball. Kaum ein Quarterback beweist bei tiefen Pässen mehr Touch als der ehemalige Sooners-QB. Verbesserungsbedarf besteht derweil noch im Pocket-Verhalten, wo Murray zu viele Sacks schluckt, sowie in der Red Zone. Diese Probleme sind allerdings lösbar. Machen der Rookie sowie das Scheme von Head Coach Kliff Kingsbury in den nächsten Jahren weitere Schritte nach vorne, dürften uns noch einige spektakuläre Spiele bevorstehen.

Platz 2: Erik McCoy, Center, New Orleans Saints

Die Offensive Line der Saints gilt als eine der besten ligaweit - zurecht. Besonders die Tackles Terron Armstead und Ryan Ramczyk, als Duo vielleicht das Beste, das die NFL zu bieten hat, werden mit Lob überhäuft. Aber: Die Leistungen von Erik McCoy in der Mitte dieser O-Line dürfen in keinem Fall unter den Teppich gekehrt werden.

Nach dem überraschenden Rücktritt von Max Unger war die Center-Position in New Orleans ein echtes Fragezeichen, sodass die Saints im Draft schließlich extra nach oben tradeten, um sich mit McCoy dessen Nachfolger zu sichern. Dass der Rookie allerdings auf dem gleichen, wenn nicht sogar auf einem noch höheren Niveau spielen würde wie der Pro Bowler? Das hätte wohl kaum jemand erwartet.

Nach zehn Saisonspielen zählt McCoy ohne jede Frage zu den besten Spielern auf seiner Position und kann sich berechtigte Hoffnungen auf den Pro Bowl sowie womöglich sogar eine Wahl in ein All-Pro-Team machen. Der Zweitrunden-Pick zählt schon jetzt zu den Steals des Drafts und dürfte über Jahre hinweg der Anker in der Mitte der Offensive Line in Louisiana sein.

Platz 1: Nick Bosa, Edge Defender, San Francisco 49ers

Für viele Experten war Nick Bosa der beste Spieler in der Draft-Klasse 2019 und nach neun Spielen des zweiten Picks muss man konstatieren: Diese Einschätzung war wohl korrekt. Bosa zählt nicht nur zu den besten Edge-Rushern dieser Rookie-Klasse, der 22-Jährige spielt bislang wie einer der besten Verteidiger überhaupt und hat einen großen Anteil am defensiven Erfolg seiner 49ers.

Obwohl Bosa nun bereits seit drei Spielen auf seinen nächsten Sack wartet, rangiert er mit derer sieben immer noch in den Top-20 der Liga, in puncto Pressures pro Pass-Rush-Snap führt er die NFL sogar an. Der jüngere der beiden Bosa-Brüder hat obendrein gute Chancen, einen neuen Pressure-Rekord für Rookies aufzustellen.

Um tatsächlich als ein Kandidat für den Titel des Defensive Player of the Year in Frage zu kommen, wird Bosa sich im letzten Saisondrittel nochmals steigern müssen. Für die Trophäe des Defensive Rookie of the Year dürfte er sich allerdings schon mal ein Plätzchen frei halten. Bosa ist bislang der beste Rookie des Jahres und dürfte den Niners in den kommenden Jahren noch viel Freude bereiten.