Die Regular Season 2020 ist Geschichte - die Playoffs stehen vor der Tür. Bevor der ganze Fokus Richtung Postseason geht, blickt Redakteur Adrian Franke am Montag ein letztes Mal zurück auf den NFL-Spieltag, dieses Mal eher noch auf die gesamte Saison - mit dem SPOX-All-Pro-Team 2020! Alle Recaps vom Sonntag gibt es hier.
Die Playoffs sind also endlich da! Die Bears wirkten phasenweise chancenlos gegen Green Bay, machten das Spiel dann trotz fragwürdiger Coaching-Entscheidungen kurzzeitig eng - nur um schließlich mit einer deutlichen Pleite in die Playoffs einzuziehen.
Grund dafür war die Niederlage der Cardinals bei den Rams; ein Spiel, das bedingt durch Ausfälle und Verletzungen während des Spiels viele Kuriositäten und nur bedingt gehaltvolle Takeaways mit sich brachte.
Arizona ist in der NFC das Team, das früher als gedacht in die Offseason geschickt wird, und meine Analyse aus der Vorwoche lässt sich hier zu großen Teilen nochmals wiederholen. Die Cardinals sind noch immer inmitten eines Kader-Umbruchs und haben entsprechend viele Baustellen, allen voran in der Offensive Line und im Receiving-Corps hinter Hopkins.
Doch aus der Qualität, die sie haben, machen sie zu wenig, und das wiederum rückt Kliff Kingsbury in den Mittelpunkt. Gerade die statische Art und Weise, wie er Hopkins zumeist einsetzt - als isolierter X-Receiver - sorgt dafür, dass Hopkins regelmäßig schwierige Matchups gewinnen muss. Während der Rest des Waffenarsenals nicht gut genug ist, um entsprechende Räume auch konstant zu nutzen.
Kingsbury wird sich umstellen müssen. Er muss eine schematische Baseline für seine Offense finden, vielleicht wäre er gut beraten, sich einen Offensive Coordinator mit NFL-Erfahrung zu holen, um mit Game-Planning, Anpassungen, Clock Management und dergleichen zu helfen.
Noch wackeln die Stühle von Kingsbury und GM Steve Keim nicht. Aber Arizona braucht eine starke Offseason und einen deutlichen Schritt in seiner Entwicklung in der kommenden Saison, ansonsten reden wir heute in einem Jahr von einer komplett anderen Situation.
Das andere NFC-Team, das in die Röhre schaut, sind die Giants, und die Aufregung war groß: Philly nahm, nachdem ein Fourth-and-Goal nicht geklappt hatte, Quarterback Jalen Hurts runter, leistete sich mit Nate Sudfeld bei den übrigen vier Drives noch zwei Turnover und verlor gegen Washington, das so die Division gewinnt.
Kein stolzer Moment, Doug Pederson könnte sich hier einen Bärendienst erwiesen haben und die Worte von Jason Kelce schwingen hier definitiv nochmal mit. Auch wenn ich den Aufschrei in den sozialen Medien über die Integrität des Sports - ein paar Stunden nachdem mehrere Teams in für mehrere Franchises essenziellen Spielen Starter geschont haben sowie angesichts Hurts' eigener Leistung am Sonntagabend - etwas überzogen fand.
AFC: Dolphins sind raus - QB-Debatte befeuert
Das Team, dem in der AFC nur die Zuschauerrolle bleibt, ist Miami. Während Cleveland zum ersten Mal seit 2002 in den Playoffs steht, hatten die Dolphins dieses Mal nicht ihren "Relief-Pitcher" Ryan Fitzpatrick dabei, der andernfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit spätestens zum Start der zweiten Hälfte gekommen wäre. Als die Bills mit einem Return-Touchdown ihre Führung auf 18 Punkte ausgebaut hatten, während Miami auch gegen Buffalos inzwischen spielende Backup-Cornerbacks mit Tua den Ball kaum bewegte.
Die Diskussion um Tua wird jetzt die Dolphins-Offseason prägen, zumindest was die Storylines angeht. Ich hatte letzte Woche bereits darüber geschrieben und dieses Thema wird uns noch eine ganze Weile begleiten, aber der Kern der Diskussion ist: Tua Tagovailoa hat nur sehr wenig als Rookie gezeigt, gegen die Bills wurde das nochmals untermauert. Die Offense ist signifikant limitiert, alles ist kurz, die Probleme in der O-Line werden viel stärker herausgestellt, Tua nimmt nicht die Downfield-Shots. Die Offense hat so minimalen Spielraum für Fehler und der Rookie lässt dann auch zusätzlich mit inkonstanter Accuracy viel liegen.
Das mag man dem offensiven Play-Calling ankreiden, aber einen Grund dafür - verglichen mit der "Fitzpatrick-Offense" - wird es ja geben. Etwa, dass Tua Probleme damit hat, Defenses schnell genug zu lesen und auf Pressure und Blitzer Pre- und Post-Snap zu reagieren. Tuas (aktuelle) Limitierungen als Quarterback sind für mich hier eindeutig der erste Ansatz.
Miami wird durch den Trade mit den Texans den Nummer-3-Pick im kommenden Draft haben und Tua hat nicht genug gezeigt, um kategorisch auszuschließen, dass man einen Quarterback mit diesem Pick in Erwägung zieht. Wer weiß, wann Miami wieder so hoch pickt? Dieser Faktor ist elementar wichtig für die Debatte. Findet Miami im Scouting-Prozess einen Quarterback, dem die Dolphins mehr zutrauen als Tagovailoa - den sie jetzt ein Jahr ausgiebig studieren konnten - muss das eine Überlegung sein. Und das ist mehr ein Argument für die Chance, die die Dolphins mit dem hohen Pick haben, als eines gegen Tagovailoa.
Wer Top-5 pickt, der sollte fast immer über einen Quarterback nachdenken. Und die Tatsache, dass man einen im Jahr davor hoch gedraftet hat, ist kein Grund, um diese Überlegung einfach abzuhaken. Tagovailoa wird sich noch entwickeln, keine Frage. Aber was hat er dieses Jahr gezeigt, das Optimismus schürt? Und was wenn die gleichen Coaches und Scouts, die letztes Jahr Tua eingestuft haben, jetzt einen Quarterback noch höher ranken? Es wäre absurd, das nicht zu erwägen.
Damit zum Hauptprogramm: Mein All-Pro-Team 2020! Das Team wurde nach dem Vorbild des AP-All-Pro-Votings zusammengestellt. Offensiv gibt es auf den Skill-Positions also einen Running Back, zwei Wide Receiver, einen Tight End und eine Flex-Position. Defensiv gibt es zwei Edge-Rusher, zwei Interior-Linemen, drei Linebacker und einen zusätzlichen Defensive Back neben den regulären Secondary-Positionen.
NFL: All-Pro-Team 2020 - Offense:
Quarterback: Aaron Rodgers, Green Bay Packers. Manchmal haut man mit Prognosen auch mal komplett daneben, mein persönliches Paradebeispiel in dieser NFL-Saison sind Aaron Rodgers und die Packers. Green Bay war zwar mein Tipp für den Division-Sieg - aber eher mit rund zehn Siegen, mit einer Offense, die stärker über das Run Game kommt und das Spiel eher aus Rodgers' Händen nimmt, befeuert durch einen sehr merkwürdigen Draft, selbst abgesehen vom Jordan-Love-Pick.
Vom Draft halte ich nach wie vor nichts, rein von der Priorisierung der Positionen her. Aber mit den generellen Saison-Vorhersagen lag ich komplett daneben. Die Packers sind in neutralen Spielsituationen in der Top 10 der Pass-lastigsten Teams der Liga, LaFleur hat sich zu einem exzellenten Play-Caller entwickelt - und Rodgers, für mich vor der Saison gerade so noch in der Quarterback-Top-10, spielt eine unfassbare Saison.
Das betrifft einmal Rodgers' offensichtliche Bereitschaft, sich voll und ganz auf LaFleurs Scheme einzulassen. Er spielt beispielsweise spektakulär im Play-Action-Part der Offense, etwas, das letztes Jahr nicht ansatzweise so gut geklappt hat. Und dann hat er zusätzlich die Magie spät im Down wiedergefunden, wo er Offense kreieren kann, wo er selbst Big Plays auflegt, zu denen nur wenige Quarterbacks in der Lage sind. Und all das, quasi ohne dabei (gravierende) Fehler zu machen.
Im Kern hatte Rodgers dieses Jahr ein schlechtes Spiel, Woche 6 gegen Tampa Bay. Das war's.
Deshalb gibt es gibt für mich, genau wie im MVP-Rennen, auch nur eine ernsthafte Alternative hier, und das ist Patrick Mahomes. Russell Wilson hat sich in der zweiten Saisonhälfte komplett aus dieser Diskussion verabschiedet, er wurde für mich über die letzten Wochen von Ryan Tannehill, Deshaun Watson und auch Josh Allen überholt. Allen ist hier für mich die Nummer 3 hinter Rodgers und Mahomes, Allens Saison ist absolut beeindruckend. Für meinen Geschmack noch ein paar inkonstante Spiele, ein paar Fehler zu viel, aber er gehört hier aufs Treppchen.
Knapp dahinter: Patrick Mahomes, Chiefs; Josh Allen, Bills.
Running Back: Derrick Henry, Tennessee Titans.
Normalerweise wäre hier für mich ein Back mit mehr Impact im Passspiel ganz klar die Nummer 1. Einer wie Alvin Kamara, wie Christian McCaffrey, wie Austin Ekeler. Doch McCaffrey und Ekeler verpassten große Teile der Saison verletzt, Kamara war insbesondere während der Taysom-Hill-Phase im Passspiel quasi kein Faktor, ein Aaron Jones war in einem geteilten Backfield.
Und dann ist da eben Derrick Henry. Jener Derrick Henry, der die 2000-Yard-Marke knackte, als achter Running Back aller Zeiten. Der die Liga deutlich in Rushing-Yards und auch in Rushing-Versuchen anführt. Und der im Passspiel so überhaupt gar kein Faktor ist, sogar relativ wenige Snaps auch nur als Pass-Blocker spielt, weil er häufig bei Passing-Downs gar nicht auf dem Feld steht.
Aber eben auch jener Derrick Henry, der ein unheimlich dominanter Runner ist, der die entsprechende Volume eben auch handeln kann. Der jede Menge Yards nach Kontakt kreiert. Und der gefährlicher als jeder andere Runner in der NFL ist, sobald er mit Tempo aufs Second Level kommt.
Henry ist ein Oldschool-Back, von denen es nicht mehr allzu viele in der NFL gibt. Und er ist in der perfekten Offense für seine Fähigkeiten. Henry war, auch aufgrund seiner Volume, der dominanteste und prägendste Back dieser Saison.
Knapp dahinter: Alvin Kamara, Saints; Dalvin Cook, Vikings.
Tight End: Travis Kelce, Kansas City Chiefs.
Den Rekord hatte Travis Kelce schon vor Woche 17 in der Tasche: Kelce hat die Bestmarke von George Kittle übertrumpft und ist neuer Rekordhalter was Receiving-Yards für Tight Ends in einer Saison angeht, er ging in Woche 17, in welcher KC zahlreiche Starter schonte, auf Platz 2 was Receiving-Yards angeht, übertrumpft nur von Stefon Diggs. Vor DeAndre Hopkins, vor Davante Adams, vor Justin Jefferson, vor Teamkollege Tyreek Hill.
Das für sich ist schon absolut bemerkenswert. Doch auch Kelces Rolle in dieser Chiefs-Offense ist so elementar. Hill ist das explosive Element und derjenige, der Räume für seine Mitspieler schafft; Kelce ist der Dreh- und Angelpunkt, der Motor für Mahomes. Dominant im Kurzpassspiel, ultra-verlässlich, gut nach dem Catch, ein absolutes Matchup-Problem - und so setzt Andy Reid ihn auch ein. Kelce spielt viel isoliert auf einer Seite der Formation und auch viel Wide und gewinnt auch dort seine Matchups. Steht er In-Line, ist er auch ein sehr funktionaler Run-Blocker.
Ähnlich wie bei den Quarterbacks gibt es nur eine ernsthafte Alternative für mich: Darren Waller. Waller hat dieses Jahr den Sprung in die kleine Tight-End-Elite geschafft und geht für mich in die kommende Saison auf Augenhöhe mit Kelce und San Franciscos George Kittle. Elite-Waffen, um die herum man eine Offense aufbauen kann.
Knapp dahinter: Darren Waller, Raiders.
Wide Receiver: Davante Adams, Green Bay Packers. Das war der einfachste Pick dieser gesamten Übung. Adams ist der beste Wide Receiver dieser Saison, und das für mich eindeutig. Ein Elite-Route-Runner mit spektakulärem Release, wahnsinnig verlässlichen Händen, der physisch am Catch Point gewinnt und gleichzeitig aus dem Slot sowie Outside brandgefährlich ist.
Und das eben in einer Offense, in der es wenige Waffen um ihn herum gibt. Aaron Jones ist ein guter Receiving-Back, Tonyan ist ohne Zweifel eine positive Überraschung dieser Saison.
Doch Tonyan, genau wie die anderen Receiver sehen aufgrund der Play-Designs und des Schemes massiv besser aus. Adams ist derjenige, auf den die Packers bauen, wenn es darum geht, Eins-gegen-Eins zu gewinnen. Das weiß jede Defense, und trotzdem konnte es so gut wie kein Team stoppen, klammert man das Packers-Desaster gegen Tampa Bay mal aus. Hätte Adams nicht zwei Spiele verpasst, wer weiß - er hätte zumindest eine sehr realistische Chance auf die 20-Touchdown-Marke gehabt. Eine absolut herausragende Saison.
Wide Receiver: Stefon Diggs, WR, Buffalo Bills. Es war der Trade, der die Bills-Offense transformiert hat - und ein Trade, der unterstreicht, wie elementar wichtig ein vernünftiges Waffenarsenal für die Entwicklung eines Quarterbacks ist. Diggs hat alle Fragen danach, ob er als klarer Nummer-1-Receiver auch konstant funktioniert, mehr als eindrucksvoll beantwortet.
Diggs ist der flexibel einsetzbare Elite-Route-Runner, der für jede Defense ein Matchup-Problem darstellt und auch dann Spiele an sich reißen konnte, wenn Josh Allen die Offense komplett über ihn aufziehen musste. Wie jüngst gegen die Patriots und Pittsburgh, oder früher in der Saison gegen Miami. Weil er eben fast jeden Cornerback schlecht aussehen lässt und Separation kreiert, was wiederum einfache Reads für Allen ermöglicht.
Allens Entwicklung ist eindrucksvoll, Brian Daboll war dieses Jahr ein exzellenter Play-Caller, Cole Beasley ist für mich der beste Slot-Receiver dieser Saison. Aber Diggs ist derjenige, der in meinen Augen die Offense am stärksten transformiert hat.
Knapp dahinter: Tyreek Hill, Chiefs; Calvin Ridley, Falcons; Justin Jefferson, Vikings; DK Metcalf, Seahawks; Allen Robinson, Bears.
Flex: DeAndre Hopkins, Arizona Cardinals. Adams ist für mich die klare Nummer 1, dahinter gibt es viel Spielraum. Diggs und Hopkins habe ich auf Augenhöhe, aber Tyreek Hill müsste eigentlich auch mit dazu - eine sehr enge Geschichte, hinter Adams kann man die anderen drei in meinen Augen quasi beliebig anordnen.
Warum also Hopkins hier? Weil er im Gegensatz zu Hill, Adams Diggs und Co. Woche für Woche auf die härteste Art und Weise gewinnen muss. Irre viel isoliert als X-Receiver, Eins-gegen-Eins gegen den besten Cornerback des Gegners. Hopkins kaum in Bewegung gesetzt, er verbringt nur rund zehn Prozent seiner Snaps im Slot; Diggs und Adams stehen hier bei rund um 30 Prozent, Hill jenseits der 55 Prozent.
Diese Offenses kreieren Matchups für ihre Nummer-1-Receiver - Arizona lässt Hopkins das unvorteilhafte Matchup schultern, um Murray klare Reads und idealerweise Räume für die anderen Waffen zu kreieren.
Trotz dieses Handicaps hat Hopkins über 70 First Downs kreiert, über 4,5 Yards nach dem Catch pro Reception verzeichnet, so viele wie seit seiner zweiten NFL-Saison nicht mehr, und seine physische Dominanz auch vertikal unter Beweis gestellt. Die Cardinals-Offense insgesamt ist in dieser Saison hinter den Erwartungen geblieben, auf Kingsbury, Murray und auch auf GM Steve Keim wartet jede Menge Arbeit. Hopkins war de reine Elite-Spieler, der das Team nicht selten trug.
Left Tackle: David Bakhtiari, Green Bay Packers. Dass die Saison für Bakhtiari auf diese Weise endet, ist mehr als bitter - für ihn, und für die Packers. Kein Offensive Tackle mit mehr als 650 Snaps hat weniger als zehn Quarterback-Pressures zugelassen - Bakhtiari beendet die Saison laut PFF mit neun (ein Sack, acht Hurries). Er ist der dominanteste Pass-Blocker in der NFL, einer der wenigen Tackles, den man in jedem Spiel ohne Bedenken das schwierige Eins-gegen-Eins-Matchup übernehmen lässt und der zusätzlich auch im Run-Blocking zu den besten Tackles der Liga zählt.
Green Bay hat Alternativen, Elgton Jenkins könnte jetzt nach außen rücken, und die Packers-Offense arbeitet ohnehin viel mit Rollouts und dergleichen, was die Linemen entlastet. Aber in Dropback-Passing-Situationen wird es für Green Bay schwer sein, den besten Tackle der NFL zu ersetzen.
Knapp dahinter: Garett Bolles, Broncos; Trent Williams, 49ers; Terron Armstead, Saints.
Left Guard: Quenton Nelson, Indianapolis Colts. Die Offensive Line der Colts insgesamt war gemessen an den hohen Erwartungen eine Enttäuschung, an Nelson lag das nicht. Hatte ein ganz schwaches Spiel gegen die Titans in Woche 12, wo er einige Male absolut nicht gut aussah. Ansonsten aber gewohnt dominant insbesondere im Run-Blocking, wo er regelmäßig Defensive Linemen durch die Gegend schiebt, und im Passspiel hat kaum jemand weniger zugelassen. Ali Marpet wäre die erste Alternative hier für mich, der Tie-Breaker sind die drei Spiele, die Marpet verpasst hat.
Knapp dahinter: Ali Marpet, Buccaneers; Joel Bitonio, Browns.
Center: Corey Linsley, Green Bay Packers. Der statistisch beste Pass-Blocking-Center in der NFL dieses Jahr, Linsley hat keine fünf Quarterback-Pressures zugelassen, ein absurder Wert. Darüber hinaus aber verlangt das Blocking-Scheme der Packers - ähnlich wie das der Browns mit Tretter - viel von ihrem Center, er muss im Outside Zone Blocking viele sehr schwierige Blocks setzen, die jede Menge Athletik erfordern. Um dann beim nächsten Play wieder einen Nose Tackle Eins-gegen-Eins zu blocken, damit der Quarterback den Ball werfen kann.
Linsley hat alle Facetten dieses Jahr schlicht auf herausragendem Level umgesetzt und ist vielleicht der größte Under-the-Radar-Grund dafür, dass die Packers-Offense eine derart gut geölte Maschine war.
Knapp dahinter: J.C. Tretter, Browns.
Right Guard: Wyatt Teller, Cleveland Browns. Teller hat fünf Spiele verpasst, auf den meisten anderen Positionen wäre das vermutlich zu viel, und eine Alternative knapp dahinter würde ihn mit einer vollen Saison so überholen. Hier aber gibt es für mich keine knappe Alternative, deshalb bin ich bei Teller geblieben, der gerade im Run Game mit teilweise absurder Dominanz Räume für Clevelands Running Backs geöffnet hat.
Knapp dahinter: Brandon Scherff, Washington
Right Tackle: Jack Conklin, Cleveland Browns. Wer neben den Picks auch die Alternativ-Namen beachtet hat, dem wird hier auffallen: Die gesamte All-Pro-Line könnte auf vier Spots von Browns-Spielern besetzt werden. Das per se ist schon einmal spektakulär und unterstreicht den Motor, die sportliche Basis hinter der erfolgreichen Saison.
Conklin erfüllt dabei genau das, was sie sich in Cleveland mit dieser Free-Agency-Verpflichtung erhofft haben: Er ist ein dominanter Run-Blocker, der auch schematisch perfekt in diese Offense passt, und gleichzeitig in Pass-Protection aber so konstant und so verlässlich, dass man sich um die rechte Seite der Offensive Line keine Gedanken machen muss.
Knapp dahinter: Ryan Ramczyk, Saints.
NFL: All-Pro-Team 2020 - Defense:
Edge-Rusher: T.J. Watt, Pittsburgh Steelers. Weil Pittsburgh in Woche 17 seine Stars schonen wollte, konnte Watt nicht noch weitere Stats für die Gesamtabrechnung sammeln - selbstredend ändert das nichts an seiner Dominanz über die ersten 15 Spiele. Den Sack-Titel hat er auch so gewonnen.
Und sicher, Watt profitierte dabei von der Qualität der Mitspieler in der Defensive Line sowie der Blitz-lastigen Defense. Watt sieht in der Folge deutlich weniger Double-Teams als etwa Myles Garrett, Khalil Mack, Joey Bosa oder auch sein Bruder J.J. Watt. Das muss man im Hinterkopf behalten, und es ist ein Grund dafür, dass Aaron Donald - der wiederum irre viele Double-Teams im Zentrum bekommt - für mich vor Bosa im Defensive-Player-of-the-Year-Rennen steht.
Aber auch das ändert nichts daran, dass Watt individuell einer der dominantesten Verteidiger dieser Saison war, die Regular Season mit 73 Quarterback-Pressures beendet und zusätzlich noch fünf Bälle an der Line of Scrimmage runterschlug. Unter Edge-Rushern haben nur sein Bruder J.J. Watt sowie Washingtons Montez Sweat noch mehr. Vor allem aber war Watt eben auch dominant gegen den Run, und das gab Pittsburghs Second-Level-Verteidigern jede Menge Spielraum dahinter.
Edge-Rusher: Myles Garrett, Cleveland Browns. Mack wäre hier am ehesten die Alternative, und über den Bears-Rusher - der trotz nicht ganz so dominanter Total Stats eine wirklich gute Saison gespielt hat - habe ich hier sehr lange nachgedacht.
Garrett war unter dem Strich noch ein wenig dominanter gerade als Pass-Rusher, in einer Defense, die wenig um ihn herum hatte und die sich komplett auf ihn verließ. Das soll Macks Saison nicht schmälern, Garrett mit seiner Explosivität, mit seiner Athletik, war einfach noch ein klein wenig auffälliger.
Knapp dahinter: Khalil Mack, Bears; Cam Jordan, Saints; Joey Bosa, Chargers; Bradley Chubb, Broncos; Trey Hendrickson, Saints.
Interior Defensive Line: Aaron Donald, Los Angeles Rams. Neue Saison, unveränderte Aussage: Aaron Donald ist der dominanteste Verteidiger in der NFL, und das ist für mich nicht einmal eine Diskussion. Hatte Xavien Howard eine exzellente Saison? Keine Frage. War T.J. Watt Eins-gegen-Eins kaum zu blocken? In den meisten Spielen war das der Fall.
Aber keiner kommt an Donald ran. Jener Aaron Donald, der über 20 Quarterback-Pressures mehr hatte als jeder andere Defensive Tackle und in dieser Kategorie auch jeden Edge-Rusher deutlich übertrumpft. Jener Aaron Donald, der in der Rams-Defense mit vielen leichten Boxes und zwei tiefen Safeties gegen den Run häufig mehr als nur eine Gap übernehmen musste - und auch diese Aufgabe dominant meisterte.
Donald ist in meinem Ranking der beste, dominanteste und wertvollste Verteidiger in der NFL, und diese Saison hat das wenn dann eher noch untermauert als angezweifelt.
Interior Defensive Line: DeForest Buckner, Indianapolis Colts. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Chris Jones, der viel zu häufig den Pass-Rush der Chiefs im Alleingang übernehmen musste. Der Tie-Breaker war für mich unter dem Strich die Tatsache, dass Buckner die Colts-Defense komplett transformiert hat.
Die Colts wollen über einen 4-Men-Rush zum Quarterback kommen, und dahinter disziplinierte Zone Coverage spielen, um konstant mit sieben Verteidigern in Coverage Big Plays zu minimieren und Offenses dazu zu zwingen, lange, konstante Drives hinzulegen. Einzig die Chargers blitzten in dieser Saison prozentual noch weniger als die Colts.
Der Grund dafür, dass das für Indianapolis funktionierte, ist Buckner; und wenn man die Colts-Defense dieses Jahr gesehen hat, dann ist auch klar, warum Indianapolis in der vergangenen Offseason so viel in ihn investiert hat. Insbesondere als Pass-Rusher war Buckner ein gewaltiges Problem für gegnerische Offenses. Er ist die tragende Säule dieser Defense.
Knapp dahinter: Chris Jones, Chiefs; Grady Jarrett, Falcons; Cam Heyward, Steelers.
Linebacker: Fred Warner, San Francisco 49ers. Bei der Einstufung für Linebacker - und das ist letztlich bei allen drei Picks widergespiegelt - achte ich sehr stark auf die Qualitäten in Coverage. Die Zeit der Run-Stopping-, One-Down-Backer ist vorbei, und wenn ein Linebacker nicht covern kann, werden gegnerische Offensive Coordinators das sofort ausnutzen.
Was die beiden ersten Picks - also Warner und Eric Kendricks - nochmal vom Rest absetzt ist die Tatsache, dass sie komplette Linebacker sind, und in dieser Hinsicht konnte 2020 vermutlich niemand Warner das Wasser reichen.
Warner hat sich nicht nur zum offensichtlichen Leader dieser Defense aufgeschwungen und wirkt auch wie der emotionale Motor auf dem Platz. Er ist auch einfach rein sportlich der kompletteste Linebacker dieser Saison. Exzellent in Coverage, er hat die notwendige Reichweite und die Instinkte, er ist physisch stark gegen den Run.
Für mich persönlich gibt es nicht mehr allzu viele Linebacker, die konstant besonders herausstechen, wenn man sich mit ihrer Defense befasst; das hat sich deutlich mehr auf die Defensive Backs und die Pass-Rusher verlagert. Warner ist einer dieser Linebacker.
Linebacker: Eric Kendricks, Minnesota Vikings. Um direkt an den Warner-Part anzuknüpfen: Kendricks ist ebenfalls ein solcher Linebacker. Auch er ist gut in Coverage, auch er fällt konstant auf, wenn man sich mit der Vikings-Defense auseinandersetzt.
Nie wurde sein Wert deutlicher, als er dann tatsächlich in der zweiten Saisonhälfte verletzt ausfiel. Eine Vikings-Front, die sowieso nur mit viel Klebeband und Aggressivität zusammengehalten wurde, fiel dann nämlich komplett auseinander. Kendricks, gemeinsam mit Harrison Smith, ist das Herz und das Gehirn dieser Defense, und das nicht nur bei First oder Second Down.
Linebacker: Roquan Smith, Chicago Bears. Hier ist zunächst einmal ein klarer Cut zu den beiden ersten Kandidaten. Warner und Kendricks stehen eine Stufe über dem Rest, über die Nummer 3 kann man dann intensiver diskutieren. David und Smith sind hier komplett auf Augenhöhe, im Endeffekt habe ich Smith genommen, weil er mir nach dem ersten Saisondrittel besser gefallen hat.
Insbesondere in Coverage hat er einen deutlichen Sprung gemacht. Man bekommt den Eindruck, dass das Spiel zunehmend langsamer für ihn wird, dass seine Instinkte so noch besser zur Geltung kommen. Er ist auch der Play-Caller auf dem Platz für die Bears-Defense und scheint auch abseits des Platzes klare Fortschritte zu machen. Smith liest und erkennt Plays immer zuverlässiger und hat dann den Speed und die Explosivität, um Routes zu attackieren und Wurffenster zu schließen.
Geht Smiths Entwicklung so weiter, ist er nächstes Jahr ein Thema für den oberen Part des Treppchens.
Knapp dahinter: Lavonte David, Buccaneers.
Cornerback: Xavien Howard, Miami Dolphins. Die Interceptions - zehn insgesamt, so viele in einer Saison wie kein Cornerback seit 2007 - stechen natürlich heraus, Howard war eine defensive Big-Play-Maschine und hatte großen Anteil daran, dass die Dolphins so lange im Playoff-Rennen waren.
Aber seine Saison war mehr, Howard war insbesondere in der zweiten Saisonhälfte der dominanteste Man-Corner in der NFL. Und das in einer aggressiven Dolphins-Defense, die viel blitzen will, die die Hauptlast der Arbeit auf die Cornerbacks abwälzt und entsprechend darauf baut, dass die Cornerbacks alleine standhalten können.
Howard konnte das dieses Jahr, und zwar wesentlich konstanter als noch zuletzt. Das in Kombination mit einer herausragenden zweiten Saisonhälfte und natürlich den Turnovern macht Howard zum Nummer-1-Corner.
Cornerback: Jaire Alexander, Green Bay Packers. Der andere dominante Cover-Corner dieser Saison. Green Bay war defensiv sehr inkonstant und häufig schlicht auch schwach. Die Packers hatten nicht den Pass-Rush der vergangenen Saison, umso wichtiger war es, dass man sich auf Alexander verlassen konnte.
Alexander gibt Green Bay die Freiheit, flexibler mit den Safeties zu agieren und auch andere Cornerbacks zu unterstützen. Athletisch ohnehin einer der absoluten Elite-Defensive-Backs in der NFL, ist es dennoch eindrucksvoll zu sehen, wie der 23-Jährige mit Receivern vertikal scheinbar mühelos mitgeht und nur ganz selten mal geschlagen wird.
Knapp dahinter: J.C. Jackson, Patriots; Marlon Humphrey, Ravens; Rams; Jason Verrett, 49ers.
Safety: John Johnson, Los Angeles Rams
Die Safety-Spots sind meist mit am schwierigsten, einfach weil es derart unterschiedliche Spielertypen in verschiedenen Defenses gibt. Meine Gewichtung fällt meist eher auf die etwas flexibleren Typen, was dieses Ranking auch widerspiegelt; deshalb sind Johnson und Amos bei mir vor Jessie Bates, der für die Bengals in seiner Single-High-Rolle dieses Jahr spektakulär war, wahrscheinlich der beste Single-High-Safety in der NFL aktuell. Das sollte hier nicht unerwähnt bleiben.
Johnson fasziniert mich aber in einer flexiblen Defense mit seiner flexiblen Rolle. Die Rams verlangen viel von ihren Safeties, zwar spielt Los Angeles häufig mit zwei tief platzierten Safeties, doch müssen die wahnsinnig viel vor und nach dem Snap lesen, und dementsprechend gibt es dann Rotationen Post-Snap, Coverage-Zuteilungen und Run-Fits, um die bewusst leicht gehaltene Box zu unterstützen.
Johnson hat das dieses Jahr perfekt umgesetzt, während er als Free Safety, Slot-Corner und Nickel-Linebacker unterwegs war. Verlässlich in Coverage, gut in seinen Reads, stark gegen den Run. Eine exzellente Saison.
Safety: Adrian Amos, Green Bay Packers. Der andere flexible Safety, der eine absolut herausragende Saison gespielt hat - und mit Alexander und dann im Laufe der Saison Za'Darius Smith gemeinsam der Hauptgrund dafür, dass die Packers defensiv ein wenig in die Spur gefunden haben.
Antizipation und Spielintelligenz in Coverage, die Fähigkeit, im Slot zu covern, die Box zu spielen und als Free Safety überall aufzutauchen, und dazu ist er ein verlässlicher Tackler: Amos ist ein kompletter Safety, der auch glänzend im Zusammenspiel mit Jaire Alexander funktioniert und der es einer Defense erlaubt, flexibel und schwer lesbar zu werden.
Hier kann man je nach Priorität in verschiedene Richtungen gehen. Amos, genau wie Johnson, ist für mich die flexible und tragende Säule einer Secondary.
Knapp dahinter: Jessie Bates, Bengals; Budda Baker, Cardinals; Tyrann Mathieu, Chiefs.
Defensive Back: Jalen Ramsey, CB, Los Angeles Rams
Die Rams haben eine hochspannende Defense aufgebaut, in der viel Fokus darauf liegt, die explosiven Plays durch die Luft zu verhindern und Teams dazu zu zwingen, lange Drives hinzulegen, um in die Endzone zu kommen. Die flexiblen Safeties spielen dabei eine wichtige Rolle, genau wie natürlich Aaron Donald.
Aber der Spieler, der individuell am kritischsten dafür ist, um Matchups zu gewinnen und der Spieler, der es dem Rest der Defense erlaubt, flexibler aufzutreten und Ressourcen anderweitig zu nutzen, ist Jalen Ramsey. Ramseys Rolle ist dabei unter Brandon Staley flexibler geworden.
Hat der Gegner einen klaren Nummer-1-Receiver, verfolgt Ramsey diesen nach wie vor häufig über den Platz. Doch ist das nicht der Fall, oder erfordert das Matchup eine andere Verteilung, ist Staley durchaus gewillt, Ramsey auch herumzuschieben. Konkret bedeutet das, dass Ramsey dieses Jahr über 60 Snaps in der Box und über 160 Snaps als Slot-Corner verbracht hat. Zum Vergleich: 2019 war er zusammengerechnet in der Box und im Slot für nur 128 Snaps.
Das SPOX-NFL-All-Pro-Team im Überblick:
All-Pro-Team 2020 First und Second Team - die Offense:
Position | First Team | Second Team |
Quarterback | Aaron Rodgers, Green Bay Packers | Patrick Mahomes, Kansas City Chiefs |
Running Back | Derrick Henry, Tennessee Titans | Alvin Kamara, New Orleans Saints |
Tight End | Travis Kelce, Kansas City Chiefs | Darren Waller, Las Vegas Raiders |
Wide Receiver | Davante Adams, Green Bay Packers | Tyreek Hill, Kansas City Chiefs |
Wide Receiver | Stefon Diggs, Buffalo Bills | Allen Robinson, Chicago Bears |
Flex | DeAndre Hopkins, Arizona Cardinals | Calvin Ridley, Atlanta Falcons |
Left Tackle | David Bakhtiari, Green Bay Packers | Trent Williams, San Francisco 49ers |
Right Tackle | Jack Conklin, Cleveland Browns | Ryan Ramczyk, New Orleans Saints |
Left Guard | Quenton Nelson, Indianapolis Colts | Ali Marpet, Tampa Bay Buccaneers |
Right Guard | Wyatt Teller, Cleveland Browns | Brandon Scherff, Washington Football Team |
Center | Corey Linsley, Green Bay Packers | J.C. Tretter, Cleveland Browns |
All-Pro-Team 2020 First und Second Team - die Defense:
Position | First Team | Second Team |
Edge-Rusher | T.J. Watt, Pittsburgh Steelers | Khalil Mack, Chicago Bears |
Edge-Rusher | Myles Garrett, Cleveland Browns | Cam Jordan, New Orleans Saints |
Interior Defensive Line | Aaron Donald, Los Angeles Rams | Chris Jones, Kansas City Chiefs |
Interior Defensive Line | DeForest Buckner, Indianapolis Colts | Grady Jarrett, Atlanta Falcons |
Linebacker | Fred Warner, San Francisco 49ers | Lavonte David, Tampa Bay Buccaneers |
Linebacker | Eric Kendricks, Minnesota Vikings | Deion Jones, Atlanta Falcons |
Linebacker | Roquan Smith, Chicago Bears | Bobby Wagner, Seattle Seahawks |
Cornerback | Xavien Howard, Miami Dolphins | Jason Verrett, San Francisco 49ers |
Cornerback | Jaire Alexander, Green Bay Packers | J.C. Jackson, New England Patriots |
Safety | John Johnson, Los Angeles Rams | Tyrann Mathieu, Kansas City Chiefs |
Safety | Adrian Amos, Green Bay Packers | Jessie Bates, Cincinnati Bengals |
Defensive Back | Jalen Ramsey, Los Angeles Rams |