NFL Mailbag: Diese Teams könnten in den Playoffs überraschen

Von Adrian Franke
01. Dezember 202110:15
SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zu Woche 12 in der NFL.getty
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Wie ist das Stimmungsbarometer mit Blick auf mögliche Wildcard-Teams? Ist Matt Stafford überhaupt ein Upgrade für die Rams? Und sollten sich die Eagles in der Offseason doch nach einem neuen Quarterback umschauen?

Außerdem: Wer könnte der nächste spannende Head-Coach-Kandidat werden? Und welche Defense könnte in den Playoffs am ehesten eine Rolle spielen?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zum Spieltag - auch diese Woche wieder mit einigen zusätzlichen Fragen im Video-Mailbag.

Mailbag: Das Stimmungsbild fürs Wildcard-Wochenende

Henning Dierks: Das Wildcard-Rennen in der AFC und der NFC: Welche Teams haben am meisten Upside - und welche sind One-and-Done-Kandidaten?

Alleine die Frage nach der Definition und Eingrenzung des Wildcard-Rennens wäre für sich schon ein Diskussionspunkt. Ich habe versucht, es etwas enger zu fassen, um für beide Conferences eine Art Stimmungsbarometer für mögliche Wildcard-Teams und Teams, die vielleicht Playoffs spielen aber größere Fragezeichen mitbringen, zu erfassen.

Das Wildcard-Rennen in der AFC

Der offensichtliche Upside-Kandidat ist das Team, das die AFC East nicht gewinnt. Ich tendiere mehr und mehr dazu, dass New England die Nase in der Division am Ende vorne haben wird - womit Buffalo ohne Frage das gefährlichste Wildcard-Team wäre. Aber selbst falls die Bills am Ende doch die Division gewinnen; dieses Patriots-Team ist unfassbar unangenehm zu spielen und bringt ganz eigene Herausforderungen mit, auf beiden Seiten des Balls. Der Upside-König unter den Wildcard-Teams kommt in der AFC aus dem Osten.

Nummer 2 sind für mich die Bengals. Ich halte Cincinnati immer noch für ein relativ inkonstantes Team, das einige klare Baustellen hat und auch weiter seine Fehler machen wird. Die Colts etwa haben den stabileren Floor, aber wenn es um die Upside geht, dann sehe ich das Big-Play-Potenzial dieser Bengals-Offense mit Burrow, Chase und Higgins in Kombination mit einer Defense, die einige unerwartet dominante Auftritte bereits dieses Jahr hatte, höher.

Bonus-Team, und vielleicht mehr noch in einer Darkhorse-Kategorie: Die Titans! Tennessee dümpelt gerade durch die Saison und muss in erster Linie aufpassen, dass der große Vorsprung auf die Colts nicht noch zusammenschmilzt. Aber wenn die Titans mit A.J. Brown, Julio Jones und Derrick Henry am Wildcard-Wochenende auflaufen - egal, ob zuhause oder auswärts - wäre Tennessee vielleicht das Team, auf das ich in puncto Überraschungskandidat - je nachdem wie man das wieder genauer definiert - am ehesten setzen würde.

One-and-Done, hier könnten sehr gut ebenfalls die Bengals stehen; ein inkonstantes Team kann natürlich Ausschläge in beide Richtungen haben. Das gilt auch für die Chargers, falls sie rein kommen sollten. Ich würde hier mal die Ravens noch ins Rennen werfen. Ich tippe, dass Baltimore letztlich die Division gewinnen wird, aber kann mir absolut vorstellen, dass die Ravens selbst dann einen schlechten Tag oder ein schlechtes Matchup haben und sang- und klanglos am Wildcard Wochenende die Segel streichen müssen.

Das Wildcard-Rennen in der NFC

Am meisten Upside haben hier immer noch die Rams. Bei aller berechtigter Kritik, die aktuell auf L.A. einprasselt, braucht es nur die "richtige Phase" von Stafford zur richtigen Zeit, und die Rams wären in der Lage, auch drei Auswärtsspiele in den Playoffs zu gewinnen. Die individuelle Qualität in der Spitze ist in diesem Teams muss sich ligaweit vor niemandem verstecken, aber die Rams brauchen ihre besten Spieler eben auch in Topform.

Die Vikings sind mein zweiter Kandidat. Ein bisschen wie die Bengals in der AFC, ist auch Minnesota eine Matchup-abhängige Wundertüte mit hohen Hochs und tiefen Tiefs in der bisherigen Saison. Ich würde es Minnesota absolut zutrauen, in der Wildcard Round einen Favoriten wie Arizona oder Green Bay auszuknocken. Genauso gut ist aber ein sang- und klangloses Ausscheiden gegen Tampa Bay denkbar, um mal nur einige der Matchups in den Raum zu werfen.

Bei den One-and-Done-Kandidaten musste ich zuallererst auch wieder an die Rams denken. Low Floor, High Ceiling, diese Art Team ist L.A. an diesem Punkt. Sprich, je nach Formkurve und je nach Matchup droht ein schnelles Aus.

Video-Mailbag: Ist Stafford überhaupt ein Upgrade für die Rams?

War der Hype um die Rams zu hoch - und ist Matt Stafford überhaupt ein Upgrade gegenüber Jared Goff? Was ist für die Bengals in dieser Saison möglich?

Welche Schlüsse lassen die inkonstanten Teams mit Blick auf die Playoffs zu? Was machen wir jetzt mit den Titans? Und wie sollten die Steelers auf der Quarterback-Position weitermachen?

Die Antwort gibt's im Video-Mailbag zu Woche 12.

Dennis Sikorski: Stimmungsbarometer: "Eagles schauen sich in der Offseason nach einem neuen Starting-Quarterback um".

Keine Frage, das war ein richtig bitteres Spiel gegen die Giants, weil die Turnover ein Killer waren. Die Eagles hatten mehr First Downs, mehr Yards pro Play, mehr Total Yards und waren effizienter in der Red Zone. Das soll nicht heißen, dass das ein gutes Spiel war, aber Philadelphia hat im Laufe des Spiels zu seinem Run Game gefunden - und Hurts hatte einen miesen Tag als Passer. Etwas, das mit ihm immer wieder mal vorkommen wird, und das man ihm, gerade an diesem Punkt in der Evaluierung, zugestehen sollte.

Hurts ist als Passer auf jeden Fall noch roh, und ein Boom-or-Bust-Quarterback. Er muss noch besser darin werden, den Checkdown zu nehmen, statt immer auf das Big Play zu gehen und gegen die Giants hat er einfach auch Pässe erzwungen, die schlicht nicht da waren. Ein Elite-Pocket-Passer wird er vermutlich nie werden, aber das muss er auch nicht, um mit seinem Stil Erfolg zu haben.

Ich bleibe dabei, dass er in dieser Saison genug gezeigt hat, dass er sich eine zweite Chance verdient hat. Das muss nichts heißen, um das ganz klar zu sagen: Falls Philadelphia seine Zukunft in die Hände von Deshaun Watson legen will, oder sich Hals über Kopf in einen Quarterback im Draft verliebt - dafür hat man die Draft-Munition ja angesammelt, welche Philly im kommenden Draft haben wird.

Insofern: Umschauen ja, und das sollten sie auch machen. Aber Hurts und Sirianni, das hat im Laufe dieser Saison immer besser zusammengefunden, Hurts ist noch sehr günstig für zwei weitere Jahre, und die Offense funktioniert etwas antizyklisch im Vergleich damit, wo Defenses sich hin entwickeln. Mindestens als Platzhalter für ein weiteres Jahr - mit der Option für mehr - sehe ich Hurts weiterhin.

Head-Coaching-Kandidaten - gibt es eine dominante Defense?

Patrick, Niklas: Week 12 ist rum, wer sind denn deine Top 3 Coordinators, die nach der Saison einen Head-Coach-Posten bekommen könnten? Welche Coaches würdest du im kommenden Jahr gerne als Head Coach in der NFL sehen?

Diese Listen für mich persönlich werden immer offensiv geprägt sein. Einfach weil ich fest davon überzeugt bin, dass Offense nicht nur wichtiger, sondern auch signifikant konstanter ist, und dass ich - wenn ich mich entscheiden muss - lieber den Coach fest an mich binde, der für die Offense verantwortlich ist und Gefahr laufe, einen guten Defensive Coordinator an ein anderes Team zu verlieren als andersherum. Da reden wir noch nicht einmal von so etwas wie der Entwicklung eines jungen Quarterbacks, oder der Chemie zwischen Play-Caller und Quarterback.

Und natürlich ist das längst nicht alles, ein guter Head Coach muss mehr sein als nur ein guter offensiver Play-Caller und Quarterback-Flüsterer. Aber wenn ich sowieso ohne zu wissen, welche Qualitäten die Kandidaten als Leader und als Kommunikator mitbringen, über Optionen spreche, werde ich in diesem Vakuum immer Offense-Coaches bevorzugen.

Hier gäbe es natürlich noch mehr als nur drei Kandidaten. Nathaniel Hackett, der Offensive Coordinator der Packers, wird als ein spannender Name gehandelt. Auch Chiefs-QB-Coach und Passing Game Coordinator Mike Kafka ist schon seit einer Weile ein Thema. Es würde mich nicht wundern, wenn Arizonas Defensive Coordinator Vance Joseph nach einer bis dato eindrucksvollen Saison in der Wüste eine zweite Chance bekommen würde. Saints-DC Dennis Allen wäre ebenfalls eine spannende Option. Und, um die Frage noch etwas zu erweitern, Ex-Eagles-Coach Doug Pederson - aktuell nirgendwo Coordinator - würde ich als Team auf der Suche auch definitiv in Erwägung ziehen.

Das aber wären meine Favoriten:

Eric Bieniemy, Offensive Coordinator, Kansas City Chiefs: Keine Überraschung hier. Ich weiß natürlich nicht, wie Bieniemy sich hinter den Kulissen schlägt; wie er sich bei den Vorstellungsgesprächen präsentiert, und so weiter. Und darüber will ich hier auch nicht spekulieren, denn es wäre nichts anderes als das - Spekulation. Bieniemy wäre sportlich betrachtet mit der Erfahrung unter Andy Reid was das Führen eines Teams angeht sowie dessen offensiver Prägung für mich ein logischer Kandidat. Mal schauen, ob das ein NFL-Team irgendwann auch so sieht.

Kellen Moore, Offensive Coordinator, Dallas Cowboys: Der heißeste Name aktuell. Und ich bin grundsätzlich auch ein großer Fan davon, wie Moore diese Cowboys-Offense zusammengestellt hat, genau wie von seinem Quarterback-Background. Dass Mike McCarthy ihn vom alten Cowboys-Stab übernommen hat - oder die Cowboys darauf bestanden, dass Moore bleibt, je nach Sichtweise -, spricht ebenfalls für sich. Moore ist erst 33 Jahre alt und bräuchte dementsprechend das richtige Support System, um als Head Coach erfolgreich zu sein. Aber vielleicht stehen die Cowboys schon bald vor der Frage, ob sie lieber Moore oder McCarthy behalten wollen.

Brian Daboll, Offensive Coordinator, Buffalo Bills: Hatte letztes Jahr schon ziemlich konkreten Head-Coaching-Hype, und bei Daboll bin ich beeindruckt davon, wie er die Offense erst Josh Allen auf den Leib geschneidert hat, und dann dieses Jahr dabei ist, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Wenn ich ein GM mit einem jungen Quarterback wäre, gäbe es wenige Coaches, die ich eher anrufen würde.

Thorsten : Welche Defense könnte im Saisonendspurt und vor allem in den Playoffs dominant genug sein, um (vereinzelt) Spiele zu entscheiden? Also welche Defense der Playoff-Anwärter hat gewissermaßen den höchsten Floor, welche das höchste Ceiling?

Wenn die vergangenen Wochen irgendetwas gezeigt haben, dann doch, dass man keiner Defense vertrauen sollte. Die Bills gehen gegen Indianapolis baden, die Panthers können Washington nicht stoppen, die Patriots lassen sich am Boden von einem dezimierten Titans-Team dominieren, und so weiter.

Das ist und bleibt für mich die Realität, wenn wir von Defense-Prognose sprechen. Natürlich gibt es qualitative Unterschiede, aber letztlich sind Defenses stark vom Matchup abhängig und es ist schwer bis kaum möglich in der heutigen NFL, über einen längeren Zeitraum eine konstant starke Defense zu haben. Die Packers sind da für mich das ideale Beispiel, das ist eine deutlich stabilisierte Defense, von der wir jetzt schon sehr gute Spiele gesehen haben, wenn das Matchup schematisch passt - und wacklige Auftritte, wenn dem nicht so ist.

Das höchste Ceiling unter den Playoff-Kandidaten würde ich aktuell New England geben. Weil die Patriots in der Lage sind, Spiele auf eine Art und Weise mit der eigenen Defense zu dominieren und Fehler zu erzwingen, wie es rein schematisch ansonsten Baltimore in erster Linie noch kann, aber die Ravens sind zu angeschlagen. Arizona ist sehr flexibel und agiert auf einer feinen Boom-or-Bust-Line, was dieses Jahr häufig gutging. Die Cardinals haben dieses Jahr schon Spiele mit der Defense dominiert, aber vertraue ich darauf in einem Playoff-Spiel? Eher nicht.

Was den Floor angeht, hier habe ich Buffalo und Green Bay einigermaßen hoch. Aber die Patriots, mit ihrer starken Secondary, mit ihrer physischen Front, mit ihren starken Linebackern und mit Belichick natürlich auch, wären, um die ursprüngliche Frage zu beantworten, meine Antwort.

Raphael: Keep, Trade, Cut: Mac Jones, Trey Lance, Justin Fields.

Keep: Justin Fields. Für die Upside, für die Entwicklungsmöglichkeiten in Kombination mit den Ansätzen, die er bereits gezeigt hat. Fields' Schwächen sind angesichts seines College-Tapes wenig überraschend, aber sie sind vermutlich behebbar. Und dann bringt er echtes Franchise-Quarterback-Potenzial mit.

Trade: Mac Jones. Ich bin ehrlich beeindruckt davon, wie reif Jones bereits spielt. Dass seine Stärken im Spiel aus der Pocket liegen, dass er den Ball akkurat und mit gutem Timing werfen kann - all das ist keine große Überraschung. Auch seine Limitierungen waren immer offensichtlich. Und natürlich profitiert er von guten Umständen und gutem Coaching in New England, aber ich hätte nicht gedacht, dass in der zweiten Saisonhälfte seiner Rookie-Saison der Floor bereits so hoch ist. Gleichzeitig bleibe ich dabei, dass ich mittel- und langfristig nicht das ganz hohe Ceiling erwarten würde, was dann vielleicht eine spannende Diskussion in Richtung Vertragsverlängerung irgendwann wird. Und: Natürlich hätte Jones von allen Rookie-Quarterbacks den höchsten Trade-Wert aktuell.

Cut: Trey Lance. Lance war aus dieser Rookie-QB-Gruppe immer derjenige, der vermutlich den längsten Weg auf ein NFL-Feld hat. Dass er bisher nicht einmal für Packages auf das Feld kommt, wundert mich trotzdem. Und wer weiß, was passiert, falls die Niners mit Garoppolo am Ende sogar ein Playoff-Spiel gewinnen. Ich denke immer noch, dass Lance viel Potenzial hat, gerade wenn ich sehe, wie vielseitig das Run Game in San Francisco aktuell aufgebaut ist. Aber wenn ich einen der drei hier auswählen müsste, dann muss es denke ich Stand heute Lance sein.

JBthelll: Lincoln Riley wird der neue HC für die USC. Was hat das für Auswirkungen auf das College Football und wird die USC endlich mal wieder ein Contender?

Was den College-Football betrifft, ist das vielleicht auch eine Warnung dahingehend, was passieren kann, wenn man unbedingt den Sprung in eine bessere Conference anpeilt.

Einigen Berichten zufolge war Lincoln Riley wenig erfreut darüber, dass Oklahoma in die SEC wechseln wird - und man kann sich vorstellen, warum: In der SEC wird es für die Sooners deutlich schwieriger sein, Jahr für Jahr um die Playoffs mitzuspielen. Recruiting wird dann ebenfalls irgendwann schwieriger. Man ist nicht mehr der große Fisch im kleinen Teich, sondern eben andersherum.

Bei USC bekommt er genau das, was er bei Oklahoma hatte - und mehr. Mehr Geld, riesige Recruiting-Möglichkeiten in Südkalifornien und eine Pac-12 mit überschaubarer Konkurrenz - so wie Oklahoma es jetzt jahrelang in der Big 12 hatte -, wo er USC als das klar dominante Team etablieren und sich so Jahr für Jahr in Playoff-Position bringen kann.

Ganz davon zu schweigen, dass USC eines der traditionsreichen Colleges überhaupt im College Football ist. Und ja, ich denke, Riley ist der ideale Coach, um USC in der aktuellen Landschaft der Pac-12 wieder in Richtung des alten Glanzes zu entwickeln und auch die Conference wieder relevant zu machen.

Für USC - und auch für die Pac-12 - ist das ein riesiger Gewinn und ein Ruck, den USC, aber auch die Conference gebraucht haben, um nicht langsam aber sicher den Anschluss komplett zu verlieren. Für Oklahoma ist es eine ziemliche Katastrophe, und ich frage mich schon, ob so mancher bei den Sooners - trotz der finanziellen Vorteile, welche der Schritt natürlich mit sich bringt - heute den Wechsel in die SEC mit etwas anderen Augen sieht als noch vor zwei Monaten.