Die Tampa Bay Buccaneers haben nach zwischenzeitlich vier Siegen in Serie ihre vergangenen zwei Partien nacheinander verloren und lassen damit erste Zweifel an ihrem Status in dieser Saison aufkommen. Angetreten als bestes Team der Liga, präsentierten sie sich zuletzt äußerst schlagbar. Doch ist dies nur eine Momentaufnahme oder lässt sich ein Trend erkennen?
"Ich hasse es, das zu sagen, aber sie haben uns klar geschlagen", sagte Linebacker Lavonte David nach der überraschenden 19:29-Niederlage beim Washington Football Team. "Man muss ihnen Respekt zollen. Sie kamen raus, warfen den Ball und machten ihre Plays. Wir hingegen haben keine Plays gemacht", analysierte der erfahrene Star-Verteidiger den Auftritt seines Teams.
Damit fasste David die Partie gut zusammen. Schon zu Beginn machte Washington mehr Plays, die zwei Interceptions gegen Tom Brady unterstrichen dies. Die erste ging auf Rookie-Receiver Jaelon Darden, der den Ball durch seine Hände rutschen ließ, die zweite war Bradys Schuld, der den Ball über Mike Evans zum Gegner feuerte. Doch unterm Strich standen hier gleich zu Beginn zwei Turnover, aus denen die Hausherren zehn Punkte machten.
Und die Bucs? Sie hatten ebenso mehrere Chancen, ins Spiel zurück zu kommen. Vor der Pause hätte Jordan Whitehead eine Interception fangen können, fälschte den Ball aber nur in die Arme eines Washington-Receivers ab. In der zweiten Hälfte war es dann Jamel Dean, der einen Not-Shot von Quarterback Taylor Heinicke aus dessen eigener Endzone heraus an der Seitenlinie bei Third-and-Long hätte abfangen können. Er ließ den Ball fallen. Diese zwei Szenen allein zeigten schon recht anschaulich, warum das Turnover-Battle am Ende 2:1 für Washington ausging - die Bucs eroberten später noch einen Fumble, der den Touchdown von Evans vorbereitete.
Tampa Bay Buccaneers: Rekord-Drive besiegelt Niederlage in Washington
Für noch mehr Kopfschütteln sorgte letztlich aber der finale Drive des Football Teams - und was für ein Drive das war! Washington bekam den Ball nach Evans' Touchdown beim Stand von 23:19 aus Washingtons Sicht - Kicker Ryan Succop hatte den Extrapunkt links vorbei gesetzt und damit noch so einen teuren Fehler fabriziert - zurück. Da waren noch 10:55 Minuten auf der Uhr. Was folgte war der bis dahin längste Drive dieser NFL-Saison - ein Drive über 19 Spielzüge und unglaubliche 10:26 Minuten, an dessen Ende auch noch ein Touchdown von Antonio Gibson bei Fourth-and-Goal stand.
Als Kirsche auf der Torte ließ Head Coach Ron Rivera Heinicke dann auch noch für die Two-Point Conversion abknien, um einen Turnover samt zweier Punkte der Bucs zu verhindern - ein solches Szenario hätte den Vorsprung auf 8 Punkte reduzieren und dem Gegner eine Restchance mit 29 zu spielenden Sekunden geben können. Wahrlich Hut ab vor diesem Drive!
Doch jener Drive war nicht der Hauptgrund für die Frustration von Bucs-Head-Coach Bruce Arians. Vielmehr waren es schlechte Erinnerungen, die die Leistung seines Teams beim 69-Jährigen hervorgerufen hatte. "Diese Vorstellung erinnerte mich sehr an unsere letzte Niederlage", sagte Arians und meinte damit die in New Orleans vor der Bye Week. "Es ist für mich verblüffend, dass wir so schlecht spielen konnten nach der Trainingswoche, die ich von meinen Jungs gerade erst gesehen hatte. Wir zeigen am Sonntag nicht, was wir können."
Arians spielte damit nicht nur auf die Turnover, die auch schon bei den Saints zum Problem wurden, an. Damals waren es deren drei, zwei Interceptions von Brady und ein Fumble. Es waren auch die Strafen, mit denen sich die Bucs immer wieder selbst im Weg standen. Beim Spiel in Washington begannen die Bucs ihre erste Angriffsserie mit einem False Start von Tight End O.J. Howard, woraufhin letztlich ein Punt folgte. Im Spiel insgesamt hatten sie sechs Strafen, die zu zwei neuen First Downs führten. In New Orleans waren es gar elf für 99 Yards insgesamt.
Zudem warf Brady in seinen vergangenen zwei Partien mehr Interceptions (4) als in den ersten sieben Partien der Saison zusammen (3). Entsprechend kurz angebunden war er nach dem Spiel auf seiner Pressekonferenz, die ganze 1:43 Minuten ging und in der er äußerst knappe Antworten gab. Zu seinen zwei Interceptions etwa verlautbarte Brady: "Wir haben mit dem Ball begonnen und dann hatten die anderen ihn." Und er wurde gefragt, wie sich die Niederlage anfühlte: "Ich mag es zu gewinnen." Sein früherer Coach wäre stolz auf ihn gewesen...
Tampa Bay Buccaneers: Rückschlag im Playoff Picture
Was die weitere Saison der Buccaneers betrifft, bemerkte Arians derweil nicht zu Unrecht, dass den Bucs zwei Niederlagen am Stück zuletzt vor der Bye Week im Vorjahr passiert waren. Anschließend verloren sie bis Woche 3 in der laufenden Saison gar kein Spiel mehr.
Durch diese zwei Niederlagen in Serie sind die Bucs im Playoff-Rennen abgerutscht. Würde die Postseason heute beginnen, hätten sie nur noch Rang 4 der NFC inne. Das würde zwar immer noch für ein Heimspiel am Wildcard-Wochenende reichen, doch hieße der Gegner Los Angeles Rams, gegen die man in Woche 3 die erste Pleite der neuen Spielzeit kassierte und dabei nicht sonderlich gut aussah (24:34).
Ebenfalls zu beachten ist, dass die Bucs nur dank der Niederlage der Saints in Tennessee überhaupt noch Rang 1 der NFC South belegen. Hätten diese ihr Spiel am Ende doch gewonnen, stünden sie nun auf Rang 1 und die Bucs nur noch auf Platz 6 in der Setzliste der NFC - das wiederum zöge ein Auswärtsspiel in Dallas nach sich. Das Dallas, gegen das man in Woche 1 nur knapp und in letzter Minute gewann.
Gründe für die aktuelle sportliche Schieflage gibt es derweil zur Genüge. Undiszipliniertheiten in Form von Strafen oder Ungenauigkeiten in Form von Ballverlusten sind das eine. "Diese Dummheit muss weg, wenn wir irgendwas erreichen wollen", sagte Arians am Sonntag und fuhr fort: "Es hat nichts mit Fähigkeit zu tun. Es geht nur um Execution und darum, ein schlaues Footballteam zu sein. Momentan jedoch sind wir ein sehr dummes Footballteam." Er nahm sich aber nicht aus der Kritik heraus, indem er ergänzte: "Das geht auf die Coaches zurück."
Womit er nicht ganz falsch lag, wenn man etwa an die zwei Punts der zweiten Hälfte denkt, die einmal von der eigenen 46 und einmal von der eigenen 48 erfolgten. Keine Sternstunden der Fourth-Down-Entscheidungen...
Das andere ist die Personallage. Die Bucs vermissen bereits seit längerer Zeit ihre Top-Cornerbacks Carlton Davis und Sean Murphy-Bunting. Kurz vor Spielbeginn am Sonntag meldete sich auch noch Richard Sherman ab und im Spiel verletzte sich zudem Dee Delaney.
Tampa Bay Buccaneers: Das Wichtigste ist die Gesundheit
"Wir hatten keine Defensive Backs mehr", konstatierte Arians, schränkte aber ein: "Aber das ist keine Ausrede." Neben den fehlenden DBs verließ auch Star-Defensive-Tackle Vita Vea das Spiel mit einer Knieverletzung - am Montag wurde bekannt, dass es wohl nur eine Innenbandzerrung ist, die ihn höchstens ein paar Spiele kosten dürfte.
Erschwerend hinzu kommt jedoch, dass mit Tight End Rob Gronkowski und Wide Receiver Antonio Brown zwei von Bradys Lieblingstargets noch einige Wochen ausfallen werden. Gerade Gronk wird in der Red Zone schmerzlich vermisst, nachdem er in diesem Jahr in vier Spielen ebenso viele Touchdowns erzielt hatte. Und AB bekleidete bis zu seiner Fußverletzung zumeist die für Bradys Spiel so wichtige Rolle im Slot. Für beide haben die Bucs keine offensichtlichen Ersatzleute, die ähnliche Qualität mitbringen oder über so gutes Verständnis mit dem QB verfügen.
Bereits vor dem Spiel hatte Arians gegenüber dem NFL Network gesagt: "Das Wichtigste ist, dass wir gesund werden." Und das ist weiter möglich. Und wohl auch nötig, denn das Restprogramm ist mindestens unangenehm.
Die Washington-Niederlage war ein Novum für die Bucs mit Brady, es war die erste Niederlage gegen ein Team mit negativer Bilanz seit Beginn der Saison 2020. Und allzu viele Teams dieser Sorte werden bis Saisonende 2021 nicht mehr kommen - Stand jetzt stehen nur noch drei auf dem Spielplan: die Giants am kommenden Montag (3-6), die Falcons in Woche 13 und die Jets in Woche 17. Die Playoffs sollten in jedem Fall drin sein - laut dem Playoff-Wahrscheinlichkeitsmodell der New York Times erreichen die Buccaneers zu 93 Prozent die Playoffs und gewinnen die Division zu 70 Prozent. Doch ein Selbstläufer wird dies voraussichtlich nicht.
Tampa Bay Buccaneers: Das Restprogramm 2021
Woche | Datum | Uhrzeit | Gegner |
Woche 11 | Dienstag, 23. November | 2.15 Uhr | vs. New York Giants |
Woche 12 | Sonntag, 28. November | 19 Uhr | @ Indianapolis Colts |
Woche 13 | Sonntag, 5. Dezember | 19 Uhr | @ Atlanta Falcons |
Woche 14 | Sonntag, 12. Dezember | 22.25 Uhr | vs. Buffalo Bills |
Woche 15 | Montag, 20. Dezember | 2.20 Uhr | vs. New Orleans Saints |
Woche 16 | Sonntag, 26. Dezember | 19 Uhr | @ Carolina Panthers |
Woche 17 | Sonntag, 2. Januar | 19 Uhr | @ New York Jets |
Woche 18 | Sonntag, 9, Januar | 19 Uhr | vs. Carolina Panthers |