Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 12 in der NFL

Von Adrian Franke
29. November 202110:00
SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 12 in der NFL.getty
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In Woche 12 geht das Panik-Barometer bei den Los Angeles Rams langsam hoch, während die Buccaneers in Indianapolis den Kopf aus der Schlinge ziehen. Außerdem: Der große taktische Trend dieser Saison wirft weitreichende Fragen auf, neue Matchup-Waffen erobern die NFL - und eine gebrochene Lanze für Tua? Das Fazit zum Spieltag von SPOX-Redakteur Adrian Franke.

Die Steelers verabschieden sich in Woche 12 mit einer desolaten Vorstellung - nicht rechnerisch, aber realistisch betrachtet - aus dem Playoff-Rennen. Und ich würde nicht einmal ausschließen, dass Ben Roethlisberger Pittsburgh dieses Jahr die größte Chance auf Siege gibt - das aber ist eher eine Aussage über Mason Rudolph, der bestenfalls ein Backup ist, sowie über Dwayne Haskins, der seinem Pre-Draft-Status bislang in der NFL nicht ansatzweise gerecht wurde.

Ganz simpel formuliert: Big Ben, so sieht es zumindest aus, ist physisch nicht mehr in der Lage, die Quarterback-Position auf dem erforderlichen Level zu spielen. Da rede ich nicht von Scrambles oder dergleichen, sondern von seinem nicht vorhandenen Pocket-Movement, von den Würfen, die er verfehlt, von den Limitierungen, die er für diese Offense mitbringt.

Gegen Cincinnati wirkte er fehl am Platz, und aus Steelers-Sicht befürchte ich, dass noch andere Defenses Pittsburghs Offense abmelden werden. Und die Steelers-Defense ist für sich betrachtet ebenfalls alles andere als konstant. Die Steelers steuern auf eine verlorene Saison zu, und das mit Ansage. Für Steelers-Fans bleibt zu hoffen, dass das Front Office einen weiterführenden Plan hat.

Die 49ers derweil gewinnen ein kritisches Spiel mit einer spektakulären Achterbahnfahrt gegen Minnesota, den Vikings unterlaufen am Ende zu viele Fehler, und die Niners sind offensiv seit einigen Wochen wieder in der Lage, solche Fehler dann auch auszunutzen. Auch weil Garoppolo besser spielt.

In der gleichen Division befinden sich die Rams plötzlich in der Krise und spüren den Atem jener 49ers in ihrem Nacken. Eine Zeile, die ich vor vier Wochen noch für ausgeschlossen gehalten hätte. Wer weiß, vielleicht muss L.A. sogar um noch mehr zittern. Dazu gleich mehr.

Los geht's mit dem großen schematischen Trend dieser Saison - und was wir daraus mitnehmen können.

1. Die Lektionen aus dem großen Taktik-Trend dieser Saison

Das Spiel der Broncos gegen die Chargers bot eine interessante Paarung: Die beiden Head Coaches, deren Defense den defensiven Trend unserer Tage geprägt hat, im direkten Duell gegeneinander.

Es war Fangios Ansatz - damals noch als Defensive Coordinator der Chicago Bears -, welcher der Rams-Offense auf dem Weg zum Super Bowl 2018 den Todesstoß versetzte. Mit viel Cover-4 gerade bei Early Down nahm er McVay und Goff die Shot Plays, und diese unheimlich explosive Offense wurde gegen die Bears abgemeldet. Was zunächst wirkte wie ein kleiner Ausrutscher, übertrug sich bis in den Super Bowl, wo Bill Belichick ebenfalls auf diese Taktik zurückgriff und die Rams komplett lahmlegte.

Der Dominoeffekt war schnell spürbar. Im ersten Moment nicht als weitreichender defensiver Trend, aber insbesondere die Rams-Offense verlor zunehmend ihre Explosivität und musste mehr und mehr in ein Kurzpassspiel gehen.

Heute ist daraus ein defensiver Trend geworden, der ligaweit mehr und mehr Anhänger findet, weshalb sich auch der Coaching-Tree ausbreitet. Chargers-Coach Brandon Staley hat unter Fangio gelernt, unter anderem die Packers verpflichteten mit Joe Barry einen neuen Defensive Coordinator, der mit Staley bei den Rams war. Und Los Angeles selbst blieb auch mit neuem DC bei Staleys Scheme.

Am Sonntag war Staleys aktuelle Defense einmal mehr in altbekannten Bereichen anfällig: Mal ist es das kurze und mittellange Passspiel wie gegen Pittsburgh in der Vorwoche, mal das Run Game wie gegen die Broncos. 33 Mal lief Denver, für 147 Yards; die Chargers, die häufig sehr stur in ihrem Scheme bleiben, stellen die wohl schwächste Run-Defense der Liga.

Das hat auch schematische Gründe, aber hier interessiert mich vor allem die übergreifende Frage: Dieser defensive Trend ist real, und angesichts des Erfolgs gerade gegen die explosiven Passing-Offenses der letzten Jahre wird er auch eher weiter ausgebaut werden. Doch was bedeutet das für die Liga? Und was können wir grundsätzlich hieraus mitnehmen?

Der stete Kreislauf des dominanten Ansatzes

Ich bin beispielsweise sehr gespannt, wie extrem sich dieser Trend weiterentwickelt. Könnte das tatsächlich zumindest in Teilen die Trendwende sein, auf die Run-Game-Enthusiasten seit einer Weile warten? Dass sich Defenses in der NFL so sehr auf das Passspiel einstellen, dass, trotz der im Vakuum betrachtet unbestreitbar höheren Effizienz des Passspiels, das Run Game eine zunehmend attraktive Option wird.

Eine Floskel besagt, lose wiedergegeben, dass Football sich immer in Kreisläufen dreht. Sobald das Gleichgewicht zu sehr aus den Fugen gerät und das Pendel zu sehr in eine Richtung ausschlägt, werden Teams gezwungen, sich anzupassen, was über einen entsprechend langen Zeitraum nur dazu führt, dass das Pendel zu sehr in die andere Richtung gezogen wird und der Kreislauf von vorne beginnt.

Anhand der Evolution der dominanten Coverages in der NFL über die letzten 20 Jahre kann man das wunderbar nachverfolgen. Die Tampa-2-Defenses des frühen Jahrtausends waren nicht mehr in der Lage, das schnelle Passspiel in Kombination mit dem Run Game, ergänzt durch prominentere Rollen immer athletischerer Tight Ends und später auch Slot Receiver zu verteidigen. Und als Defenses dann im Zentrum leichter wurden, um mehr Raum abdecken zu können, attackierten Offenses mit dem Run Game und mit Tight Ends als Matchup-Waffe.

Seattles Cover-3 bot dann den zusätzlichen Verteidiger in der Box gegen die kurzen Crosser und den Run, nach einigen Jahren bekamen die Ableger ligaweit - von denen eben auch keiner das individuelle Talent der Original-Seahawks-Defense hatte - mehr und mehr Probleme damit, die Play-Action-Offenses mit ihren mitteltiefen und tiefen Crossern zu verteidigen.

Die 2-High-Shells mit der Option, einen Safety nach vorne zu spinnen, bot Antworten hierauf und hilft auch dabei, die Spread-Offenses zu verteidigen. Aber wir sehen eben aktuell ganz deutlich, wie Teams wie die Chargers, die Packers oder auch die Broncos selbst teilweise massive Probleme damit haben, den Run daraus zu stoppen; weil hier wiederum eine nicht zu verachtende Qualität in der Defensive Line notwendig ist, um mehr als eine Gap gegen den Run verteidigen zu können und so das Gesamtkonstrukt funktionieren zu lassen.

Kehrt die NFL zu mehr Run-Game-Dominanz zurück?

Ich denke, dass das Auswirkungen auf den nächsten Draft schon haben könnte; dahingehend, dass Defensive Tackles die eher "komplette" Spieler und weniger Pass-Rusher sind, eine höhere Priorität bekommen. Gerade bei den Chargers erwarte ich hier mehrere Investitionen.

Vielleicht wird gleichzeitig auch der Status der leichteren Speed-Edge-Rusher abrutschen, weil Teams hier mehr Physis brauchen, um trotz leichter Box gegen den Run standzuhalten. Und der klassische Box-Safety ist dann akut vom Aussterben bedroht.

Die Fangio-/Staley-Defense - im Gegensatz zur klassischen Cover-3 beispielsweise - hat nicht alle Gaps gegen den Run automatisch zugeteilt. Das ist in dieser Hinsicht ein kritischer Punkt, denn während etwa in der "Seahawks-Defense" immer ein Safety zusätzlich in der Box war und somit direkt eine Gap hatte, geht es aus den Split-Safety-Looks darum, richtig dahin zu rotieren, wo der Run hingeht.

Die Defensive Line hat nicht den Luxus, dass sie nur eine Gap attackieren und den Run entsprechend aggressiv spielen kann. Die Gefahr, dann schnelle Downhill-Runs zu kassieren, bevor die entsprechenden Run-Fits aus dem zweiten und dritten Level richtig gesetzt sind, ist zu hoch. Deshalb müssen die Linemen "eineinhalb Gaps" spielen, wie Staley selbst es ausdrückt: Der Lineman hat seine Gap, für die er zuständig ist, darf die aber nur gerade so aggressiv spielen, dass er notfalls auch zur Seite verschieben und eine weitere Gap spielen könnte.

Mehr Kreativität im Lauf- und Kurzpassspiel

Natürlich passieren all diese Entwicklungen nie in Extremen. Man muss nur einige Woche zurückgehen, um anhand des Auftritts der Raiders-Defense im Spiel gegen die Chiefs zu sehen, dass solche Entwicklungen mitnichten direkt von allen Teams übernommen werden. Nicht einmal dann, wenn es, was das Matchup angeht, absolut sinnvoll wäre.

Wir haben über die letzten Jahre einen eindrucksvollen Siegeszug des Passspiels gesehen, mit in der Spitze vergleichsweise extremen Auswirkungen, wenn wir auf die Chiefs oder auch die Bills schauen. Nicht nur dahingehend, wie viel der Ball geworfen wurde, sondern auch mit Blick auf die Strukturen, auf die Formationen.

Und gerade diese beiden Teams sind dieses Jahr auch Paradebeispiel dafür, wie das Passspiel in dieser Gesamtumsetzung auf Probleme stößt. Wir haben von den Bills gesehen, was für Probleme diese Offense teilweise hatte, wenn sie aus ihren Spread-Formationen an der Line of Scrimmage verloren haben und wie viel sie dann vom Quarterback verlangt. Bei den Chiefs derweil sprechen wir seit Wochen darüber, dass der Offense die Shot Plays und die tieferen Crosser fehlen, und was für massive Auswirkungen das hatte.

All das soll nicht heißen, dass in fünf Jahren das Run Game alles dominiert und das Passing Game in den Schatten stellt; ich denke, dass das Passspiel zu weit entwickelt ist und zu viele Vorteile und Antworten bietet, als dass ich vermuten würde, dass das Pendel hier tatsächlich nochmal komplett in die andere Richtung umschlägt.

Aber es würde mich nicht wundern, wenn das Run Game in der NFL in puncto Effizienz und Volume wieder ein gutes Stück weit zunehmen würde - und wenn Teams in der Art und Weise, wie sie am Boden und in der insgesamten Underneath-Offense inklusive Screens, QB-Runs - die könnten bald eine größere Rolle einnehmen -, Jet Sweeps und dergleichen, deutlich kreativer werden würden.

Die NFC West stand im vergangenen Draft in gewisser Weise sinnbildlich dafür, als zwischen den Picks 49 und 56 Rondale Moore (Arizona), D'Wayne Eskridge (Seattle) und Tutu Atwell (Rams) gedraftet wurden. Allesamt Receiver für genau diese Jet-Sweep- und Screen-Rolle, Moore füllte diese Rolle in der Vorwoche, als Arizona mit dem Backup-Quarterback in Seattle antreten musste, mit eindrucksvoller Volume aus.

Die Offense der Patriots: Masse und Klasse

Woanders setzen die Patriots beispielsweise dieses Jahr auf eine massive Offensive Line, teilweise mit 350-Pfund-Guard Mike Onwenu als "Tight End" neben Trent Brown, plus natürlich 255-Pfund-Fullback Jakob Johnson im Backfield.

New England setzt auf Physis und Power. Kein Team hat zusammengerechnet eine schwerere Top-6-Line als die Patriots, und das ist keineswegs nur eine Entwicklung der Passing-Offenses: Auch im zunehmend weiter verbreiteten Outside-Zone-Scheme, der "Shanahan-Offense", setzt man eher auf agile und bewegliche Linemen.

Die Patriots wollen Defenses nicht in die Breite ziehen, sie wollen durch das Zentrum Downhill attackieren. Da, wo Defenses mit leichten Linebackern, viel Sub-Packages und tiefen Safeties angreifbar sind. Das alleine wird keinen Super Bowl gewinnen, aber wir reden bei diesen Dingen letztlich immer von einzelnen Aspekten des Spiels, von Komplementärbestandteilen.

Was machen wir jetzt mit all diesen Erkenntnissen? Ich denke es wäre klug, in erster Linie daraus mitzunehmen, dass Daten uns sehr viel verraten, aber dass gerade wenn es darum geht, aus bestehenden Daten weitreichende Prognosen zu treffen - etwa was Positional Value angeht - man um maximalen Kontext bemüht sein muss.

Die NFL entwickelt sich kontinuierlich weiter. Das gilt einerseits für Spielertypen, der prototypische Quarterback im Jahr 2021 sieht deutlich anders aus als der prototypische Quarterback im Jahr 2010, genau wie der prototypische Linebacker heute eine sehr andere Statur hat als noch vor zehn Jahren.

Das gilt auch für Personnel Groupings, man konnte in den letzten Jahren klar dabei zuschauen, wie die NFL eine 11-Personnel-Liga wurde, also primär mit drei Wide Receivern auf dem Feld spielte, mit zuletzt einigen Teams, die die Fühler bereits intensiver in Richtung 10-Personnel (ein Running Back, kein Tight End, vier Wide Receiver) ausstrecken.

Das gilt aber auch schematisch, und all diese Aspekte sind natürlich miteinander verknüpft. Ein dominantes Scheme, oder eine dominante Herangehensweise, ist immer nur temporär; weil jedes aktuell dominante Scheme früher oder später gekontert wird und damit dann immer, selbst wenn es nur vorübergehend ist, aus der Zeit fällt.

Nur mit Kontext ist eine Prognose sinnvoll

Ich halte das vor allem dann für wichtig, wenn wir darüber sprechen, welche Positionen wertvoll sind. Wenn ein Cornerback konstant Eins-gegen-Eins spielt, weil die Defense in Single-High agiert und dafür acht Leute in der Box hat, ist es klar, dass man Top-Cornerbacks braucht.

Wenn aber beide Cornerbacks auf ihren jeweiligen Seiten konstant Safety-Hilfe hinter sich haben, können die Cornerbacks anders spielen und es kann sinnvoller sein, einige der Ressourcen, die man in die Cornerbacks investiert hat, vielleicht in Linebacker zu stecken.

Hier findet gerade definitiv eine Veränderung statt, was die Anforderungen an die Position angeht: In vielen der aktuell modernen Defenses müssen Linebacker sehr viel Raum covern können, während sie gleichzeitig kritischere Run-Verantwortungen haben als in der Single-High-Defense, wo ein Spieler mehr in der Box ist und die Run-Gaps sicher aufgeteilt sind.

Und natürlich muss man auch darauf hinweisen, dass manche Defenses ihrem Stil treu bleiben, und dementsprechend immer andere Spielertypen priorisieren werden als andere. Baltimore und New England mit ihren Man-Heavy-Schemes fallen da direkt als Beispiele ein.

Aber bevor wir diesen Themenkomplex auch noch aufmachen, vielleicht lieber ein simples Schlusswort: Auch wenn übergreifende Erkenntnisse - Passspiel ist grundsätzlich effektiver als das Run Game, Das Level einer Offense ist konstanter als das einer Defense, der Umgang mit Fourth Down, und dergleichen - längerfristig Bestand haben dürften, lohnt es sich, vor allem bei analytischen Erkenntnissen für spezifische Positionen darauf zu schauen, was die Liga gerade erreichen will, worauf der Fokus liegt, und wie versucht wird, die gerade präsentierten Probleme zu lösen.

Nur mit diesem Kontext geben einem die Daten ein zutreffendes Gefühl des Ist-Zustandes - und es lässt sich womöglich erkennen, wie nachhaltig die gerade akkuraten Erkenntnisse sein werden.

2. Die Sorgen um die Rams sind berechtigt

Die Rams haben ihre letzten drei Spiele verloren, gegen Tennessee, gegen San Francisco und jetzt gegen die Packers. Matt Stafford hat jetzt in drei aufeinanderfolgenden Spielen je einen Pick Six geworfen und hätte einen weiteren ganz spät im Spiel auf Eric Stokes haben können. In allen drei Spielen sah man deutliche Probleme dieser Offense. Müssen wir uns um die Rams Sorgen machen?

Gegen Tennessee grub L.A. sich schnell ein tiefes Loch und kam dann nicht mehr raus, gegen die Niners konnten sie den Ball lange gar nicht bewegen und hätten noch deutlich mehr Turnover haben können, und gegen Green Bay wurde jetzt ein signifikanter Unterschied gegenüber einem anderen NFC-Schwergewicht überdeutlich:

Die Rams haben ihren offensiven Floor verloren.

Das beginnt mit Stafford und seinen Stärken und Schwächen. Stafford hat einen spektakulären Arm und kann auch aus schwierigen Situationen das ganze Feld öffnen, ein großer Vorteil gegenüber Jared Goff im Vorjahr. Doch Stafford war schon immer ein inkonstanter Quarterback, der zu hohen Höhen, aber auch zu Durststrecken in der Lage ist.

Das wiederum führt dazu, dass die Rams zwar Probleme lösen können, die sie mit Goff nicht lösen konnten, und zu Höhen in der Lage sind, die in den vergangenen beiden Jahren nur schwer und teilweise gar nicht zu erreichen waren. Aber sie bekommen Probleme damit, eine konstante Offense aufzuziehen.

Green Bays Floor trumpft den Rams-Floor

Hier lag auch ein entscheidender Unterschied gegenüber Green Bay. Die Packers sind sehr sicher in ihrem designten Kurzpassspiel, so gut darin, Matchups zu kreieren auch für Adams, und den Ball schrittweise zu bewegen. Das ist immer ein Spiel mit dem Feuer, auch für die Packers, weil der Spielraum für Fehler klein ist - denn Green Bay, im Gegensatz zu anderen Teams, die so spielen wollen, ist angesichts der Ausfälle in der Offensive Line vermehrt dazu gezwungen, so zu spielen.

Aber mit LaFleur, einem exzellent designten Kurzpassspiel und Rodgers sind sie in der Lage, so konstant zu punkten. Der Ball wird vielseitig kurz verteilt, und durch einzelne Shots ergänzt. Das Timing im Kurzpassspiel ist viel besser, die Screens klappen, Rodgers ist präziser und konstanter im Kurzpassspiel. Green Bay ließ Rodgers auch diese Woche wieder schnell und in der Tackle-Box den Ball werfen.

Für die Rams ist das deutlich schwieriger, und dann kommt dazu, dass der schematische Floor der Goff-Offense so nicht mehr da ist.

Das kurze Play-Action-Passspiel, Under Center, mit dem Rollout und dem Pass in die Flat - das ist nicht mehr in dem Maße vorgesehen wie mit Goff zuvor. Die Rams mit Stafford wollen mehr aus Spread-Formationen spielen, sie wollen ihren Quarterback-Vorteil im Vergleich zu vergangenen Jahren nutzen.

Doch wenn man ein Stück weit den Floor opfert, um höheres Ceiling zu erreichen, und dann zusätzlich der Quarterback einen Hang zu inkonstantem Spiel hat - dann kann eine Offense Sand ins Getriebe bekommen. Oder anders formuliert: Der Offense fehlt der Floor, weil sie stärker vom Quarterback abhängig ist - und der Quarterback ist nicht der konstanteste Passer. Darüber hinaus wackelte dann auch noch die Offensive Line, die in dieser Art Offense deutlich mehr in Pass-Protection gefordert ist, zuletzt mehrfach.

Und es wird nicht leichter für McVay, sich hier anzupassen, denn mit der Verletzung von Robert Woods wird Neuzugang Odell Beckham jetzt automatisch in eine prominentere Rolle rutschen. Das bedeutet auch, dass man einen guten Blocking-Receiver, der auch innen in der Formation arbeiten kann, verliert, und mit einem Receiver in OBJ ersetzt, dessen Wert deutlich mehr im Raum liegt.

Müssen die Rams um die Playoffs zittern?

Dazu kommt, dass die Rams-Defense erwartungsgemäß das irre hohe Level der vergangenen Saison nicht auf diese Spielzeit übertragen konnte. Es ist immer noch eine gute Defense, aber nicht mehr so dominant wie 2020; sprich, die Gefahr, auf dieser Seite des Balls mal ein Spiel einfach zu verlieren, und dann offensiv noch eindimensionaler zu werden, ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen.

Die Rams müssen aus diesem Tief rauskommen, und zwar schnell - andernfalls läuft man Gefahr, vielleicht sogar noch von den 49ers in der eigenen Division überholt zu werden und im schlimmsten Fall sogar nochmals um das Playoff-Ticket zittern zu müssen. Aktuell spielen die Rams wie ein Team der Marke "schnelles Aus in den Playoffs". Aktuell sind sie das drittbeste Team in ihrer Division.

Ich denke nicht, dass es ultimativ so weit kommt, dafür ist das Talent in diesem Team immer noch zu groß und das Spiel gegen Jacksonville in der kommenden Woche bietet eine Gelegenheit, wieder in die Spur zu finden. Aber die Probleme sind eine Mischung aus Scheme, individuellen Schwachstellen oder Tiefs und zusätzlich einer Kombination aus beidem. Das erste Spiel nach der Bye Week zumindest bot relativ wenige neue Lösungsansätze, die sich mancher Fan hier sicher erhofft hatte.

Ich bleibe bei der Aussage, dass die Kaderzusammenstellung der Rams natürlich riskant, aber nicht kopflos ist. Der Teil, wo der Plan schiefgeht, könnte aber schlicht sein, dass sie für die Art Offense, die McVay spielen lassen will, und für die defensive Regression, die zusätzlich ausgetauscht werden muss, einfach kein ausreichend großes Quarterback-Upgrade verpflichtet haben.

Nach dem Jaguars-Spiel wird es ernst. Die Rams müssen anschließend nach Arizona, empfangen dann Seattle, und dann geht es nach Minnesota und nach Baltimore. Zum Abschluss kommen die 49ers. Wenn L.A. nicht aufpasst, werden die Spiele gegen Minnesota und San Francisco noch viel mehr Bedeutung haben als man vor zwei Wochen noch gedacht hätte.

3. Neue Matchup-Waffen: Ein Hinweis auf die Zukunft?

Überbewerten sollte man den Sieg der Falcons gegen die Jaguars mit Sicherheit nicht; insbesondere die Offense war keineswegs auf einem überzeugenden Level. Matt Ryan warf für nicht einmal 200 Yards, Jacksonville bewegte den Ball nur bedingt schlechter als Atlanta.

Und doch gab es in der Falcons-Offense einen klaren Lichtblick: Die Rückkehr von Cordarrelle Patterson half nicht nur, das Run Game wiederzubeleben - seine 108 Rushing-Yards (2 Rushing-Touchdowns) waren ein entscheidender Faktor in diesem Spiel. Patterson war auch wieder ein Faktor im Passspiel und die Matchup-Waffe, welche Atlantas Offense die Dimension gibt, die Atlanta ohne echte Wide-Receiver-Waffen und mit einer wackligen Offensive Line dringend braucht.

Was bei den Falcons im Laufe der Saison auffiel, ist, dass sie sich umgestellt haben. Dass sie als das Under-Center-Play-Action-Team in die Saison gestartet sind - also genau das, was man von Arthur Smith erwarten konnte und worin Matt Ryan und Teile dieser Offense bereits unter Shanahan große Erfolge hatten - und im Laufe der ersten Saisonhälfte einen Umbruch eingeleitet haben.

Weg von dieser vermeintlich klaren Identität, hin zu einer Offense, die mehr aus der Shotgun operiert, die mehr Motion einsetzt - und die eben darauf ausgelegt ist, Mismatches bereits vor dem Snap zu identifizieren und zu forcieren und dementsprechend auch mehr gewillt ist, aus Empty vertikal zu gehen, eine schwierige Aufgabe in der heutigen NFL.

Scheme + Matchups + Talent = Erfolg

Ich bin fest davon überzeugt, dass Schemes und Matchups zwei der drei kritischsten Treiber für Erfolg in der NFL sind. Individuelle Qualität macht das Trio komplett, und man könnte hier jetzt auch wunderbar diskutieren, welcher Faktor stärker zu gewichten ist. Für mich wäre vermutlich individuelles Talent auf Platz 1, aber ein in sich schlüssiges und effektives Scheme kann einen Talent-Nachteil mehr als nur ausgleichen.

Der Faktor "Matchups" ist etwas schwieriger zu greifen, und ein Stück weit auch mit den beiden anderen Teilen verknüpft. Aber wir sprechen so häufig darüber, jede Woche wieder, wenn es darum geht, auf Spiele vorauszuschauen und abzuschätzen, wer die Partie gewinnen könnte - und warum.

Ist der Star-Receiver ein noch größeres Problem für die Defense, wenn er in den Slot rückt? Wer übernimmt den Tight End, der zu groß für den Safety und zu athletisch für den Linebacker ist? Und so weiter, und so fort.

Eine Antwort sind Hybrid-Spieler, deren Anzahl in der NFL über die letzten Jahre gestiegen ist. Generell ist gerade die Linebacker-Position über die letzten zehn Jahre signifikant athletischer geworden.

Aber mich fasziniert hier die Weiterentwicklung. Was könnte der nächste Trend sein, welche Spieler präsentieren Defenses die nächste große Herausforderung, was wiederum in der Weiterentwicklung defensiver Spielertypen enden könnte?

Die Falcons bieten eine besondere Problematik

Die Atlanta Falcons sind in dieser Hinsicht das aktuell faszinierendste Team, weil sie gleich zwei solcher Spieler haben.

Kyle Pitts ist spätestens nach dem Ausfall von Calvin Ridley der de facto X-Receiver dieser Offense, und wird so auch aufgestellt. Mehrfach haben Teams ihn jetzt schon mit ihrem Nummer-1-Corner verteidigt, unabhängig davon, dass er eigentlich ein Tight End ist. Eine Taktik, die Defenses in vergangenen Jahren auch schon teilweise gegen Travis Kelce angewandt haben.

Gegen Cordarrelle Patterson - dessen am Sonntag gegen die Cowboys erlittene Knöchelverletzung ihn hoffentlich nicht allzu sehr beeinträchtigt - funktioniert diese Vorgehensweise ganz so einfach nicht; ein Cornerback gegen den Running-Back-Wide-Receiver-Hybrid könnte böse Folgen haben, wenn Patterson sich ins Backfield zurück bewegt und die Falcons plötzlich aus der Spread in eine I-Formation gehen und den Ball durch die Mitte laufen.

Patterson stand nach Woche 10 - in Woche 11 spielte er verletzungsbedingt nicht - bei den siebtmeisten Targets, den drittmeisten Catches, den meisten Receiving-Yards, den meisten Receiving-Touchdowns und den zweitmeisten Yards pro Catch (Minimum: 25 Targets) unter Running Backs.

Vor allem aber deutlich wird die Art und Weise, wie die Falcons ihn hier einsetzen, bei drei Statistiken: Patterson steht bei 3,33 Yards pro gelaufener Route, unter Running Backs mit mindestens 25 Targets stand vor Woche 11 einzig Christian McCaffrey (3,18) über 3 Yards pro gelaufener Route. Seine durchschnittliche Target-Tiefe von 4,7 Yards übertrumpft den Zweitplatzierten David Johnson (3,1) um mehr als eineinhalb Yards.

Und: Patterson wurde laut PFF über die ersten zehn Wochen bei 36,4 Prozent seiner Snaps Out-Wide, also als Outside-Receiver, aufgestellt. Kein anderer Running Back bewegte sich in diesem Zeitraum jenseits der 16 Prozent.

Receiving-Back oder Running-Receiver?

Natürlich ist das Konzept des Receiving-Backs nicht neu; aber selbst exzellente Receiving-Backs wie Alvin Kamara oder Austin Ekeler oder Nyheim Hines arbeiten letztlich auch im Passspiel in erster Linie aus dem Backfield und werden mehr im Screen Game und im sehr kurzen Kurzpassspiel eingesetzt.

Patterson stellt sich im Passspiel tatsächlich zusammenaddiert häufiger im Slot und Outside als im Backfield auf. Das ist eine absolute Kuriosität für einen de facto Starting-Running-Back. Und wir sehen, dass dieser Trend Fahrt gewinnt: Die 49ers mit Deebo Samuel in der "Receiver-Back"-Rolle und George Kittle als vielseitigem Tight End können ähnliche Probleme bereiten. Auch wenn Samuel (noch?) keine klassische Running-Back-Rolle besetzt, die Runs für ihn sind meist eher spezifisch designt, Sweeps, solche Dinge. Seit dieser Woche hat Deebo Samuel die meisten Rushing-Yards aller Zeiten für einen Wide Receiver mit 1.000 Receiving-Yards auf dem Konto

Aber der Trend ist erkennbar, zumal Receiver aus dem Backfield zusätzliche Matchup-Probleme bereiten können.

Patterson gibt Atlanta eine aktuell in der Liga scheinbar einzigartige Option, Matchups auszunutzen. "Scheinbar" ist hier bewusst gewählt, weil ich mir schon vorstellen könnte, dass andere Backs wie McCaffrey oder Ekeler ähnlich eingesetzt werden könnten - aber scheinbar trauen ihre Teams ihnen das nicht in diesem Ausmaß zu.

Mit Patterson können die Falcons in ihr Run Game gehen, wenn der Gegner leichte Boxes präsentiert oder in leichten Formationen rauskommt, und sie können Kapital daraus schlagen, wenn Defenses insbesondere auf Atlantas 12-Personnel-Package - nur Miami spielte über die ersten zehn Wochen mehr 12-Personnel als die Falcons (34 Prozent ihrer Snaps) - mit mehr Linebackern und weniger Sub-Package reagieren.

Es ist kein Zufall, dass Atlanta den Ball bei 69 Prozent seiner Plays mit den beiden Tight Ends und einem Back auf dem Feld den Ball wirft. Der Liga-Schnitt aus 12-Personnel liegt bei 46 Prozent Passing.

Ich bin gespannt, zu sehen, wie das vielleicht den Draft-Prozess über die kommenden Jahre prägen wird. Ob es Spieler geben wird, die mehr aus der Wide-Receiver-Ecke kommen und dann in der NFL eine Hybrid-Rolle einnehmen, in die Richtung wie Browns-Rookie Demetric Felton es im College angedeutet hatte.

Wer Personnel-Matchups kreieren kann, hat in der NFL einen massiven Vorteil. Ich sehe aktuell wenige Spieler individuell für sich betrachtet, die in dieser Hinsicht einen größeren Impact haben als Patterson; und wir alle wissen: Was in der NFL funktioniert, wird von der NFL kopiert.

4. Realismus in Carolina - Hoffnung in Miami?

Ich denke es war von Anfang an wichtig, die Cam-Newton-Verpflichtung in Carolina richtig einzuordnen - nach dem Hype der ersten Tage und dem Märchen-Start in Arizona, genau wie jetzt, nachdem er gegen Miami gebencht wurde. Wie viel vom Playbook würde er überhaupt lernen können, was allerspätestens wenn es an No-Huddle-Situationen kommt, ein Faktor wird? Wie viel Chemie würde er mit dem Play-Caller, den Receivern und der Line (wieder) entwickeln können? Und wie schnell würde sich die schwache Panthers-Line bemerkbar machen?

Newton hat schon in der Vergangenheit hinter wackligen Lines gespielt, und das war häufig ein sehr ernsthaftes Problem. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere war er als Runner eine Naturgewalt, und auch jetzt kann er noch einen Unterschied hier machen, wenn auch mehrere Stufen tiefer. Aber insbesondere als Passer ist Newton kein Quarterback, der hinter wackliger Protection gut aussieht, und wenn er dann noch mit einem limitierten Playbook arbeiten muss, hilft das wenig.

Natürlich war es eine emotionale Storyline, aber Miami sorgte für den gnadenlosen Sturz auf den Boden der Realität. Und die Dolphins-Defense spielt gut aktuell, Miami hat hier seine Aggressivität wiedergefunden und konnte so zuletzt auch die Ravens-Offense abmelden. Aber die Realität der Newton-Verpflichtung war irgendwo immer, dass man angesichts der Gesamtsituation nicht allzu viel erwarten durfte. Weder Richtung Playoffs, noch mit Blick auf seine individuellen Leistungen.

Das ändert nichts daran, dass es mit Sam Darnold nicht weiterging, aber die Newton-Verpflichtung war aus Panthers-Sicht vor allem das verzweifelte Streben nach Mittelmaß; so hatte ich den Move vor zwei Wochen über- und ausführlicher beschrieben. Und die Art und Weise, wie verzweifelt die Panthers auf Quarterback-Suche sind, lässt mich umso mehr daran glauben, dass Carolina in der Offseason sehr viel für - sofern es dessen juristische Situation erlaubt - Deshaun Watson bieten wird.

Eine gebrochene Lanze für Tua Tagovailoa

Doch dieses Spiel bot in seiner Gesamtheit auch eine weitere bildhafte Veranschaulichung einer für viele Fan-Bases nur allzu vertrauten Realität: Eine Offensive Line mag eine Offense nicht tragen, wenn der Quarterback dahinter nicht gut genug ist - aber sie kann einer Offense in jedem Fall eine Baseline geben, und ein durchschnittlicher Quarterback mit schlechter Line hat kaum eine Chance.

Erwähnenswert fand ich das hier nochmal, weil ich diese Gelegenheit nutzen wollte, um mal eine Lanze für Tua Tagovailoa zu brechen. Sicher, Newton ist in Carolina was die Offensive Line angeht in keine gute Situation gekommen - aber Tua bestreitet diese Saison hinter der eindeutig schlechtesten Line in der NFL.

Natürlich kommt das unbestreitbar mit klaren Limitierungen, zumal Miami auch konstant einer oder mehrere Outside-Receiver fehlen. Und Tua ist kein Quarterback, der eine dezimierte Offense als Playmaker trägt. Man sieht das vor allem darin, dass er nicht nur wenige Big Plays auflegt - die geben die Umstände einfach nicht her - sondern auch selbst wenige Big Plays kreiert.

Aber was ich sehr auffällig finde, gerade auch im internen Vergleich zu Jacoby Brissett und im Vergleich zu allen Panthers-Quarterbacks dieser Saison, ist, dass es in Miami Tua ist, der der Offense eine Baseline gibt. Weil er den Ball schnell verteilen kann, weil er mit hoher Präzision im Kurzpassspiel arbeiten kann - und das gibt einem Spieler wie Jaylen Waddle die Gelegenheit, Plays nach dem Catch zu machen und die Line-Probleme so auszugleichen, und manchmal mehr als das.

Greift Miami nochmal ins Playoff-Rennen ein?

Auf jeden Fall hätte man sich für Tua in seinem zweiten Jahr mehr gewünscht. Mehr von ihm, mehr vom Team insgesamt. Ein Gefühl, dass der Rebuild vorangeht oder dass man zumindest auf dem richtigen Weg ist. Und das wird nicht mehr kommen, dafür gibt es zu viele Fragezeichen was Roster-Building und Personalentscheidungen insgesamt angeht.

Aber Tagovailoa aktuell verdient sich eine weitere Chance nächstes Jahr, und dann hoffentlich mit mehreren dringend benötigten Investments in die Offensive Line.

Die Dolphins stehen mit diesem Sieg, und es war der eindrucksvollste Dolphins-Sieg in dieser Saison wenn man alle Umstände bedenkt, jetzt 5-7 und treffen als nächstes auf die Giants und dann auf die Jets; ein 7-7-Record vor dem Duell mit New Orleans ist absolut denkbar, rechnerisch nach allem, was letztes Jahr und bisher dieses Jahr passiert ist, inklusive des 1-7-Starts, ausgerechnet in dieser Saison die Playoffs erreichen.

Doch die Siege kamen gegen die Patriots in Woche 1, sowie jetzt gegen Houston, Baltimore, die Jets und die Panthers. Miami ist kein gutes Team, darüber sollte dieser kurze Run jetzt nicht hinwegtäuschen. Deshalb halte ich es für wahrscheinlicher, dass sie in einem dieser nächsten beiden Spiele stolpern, als dass sie am Ende mit neun Siegen noch in die Playoffs klettern.

5. Die Colts, die Bucs und der Spielraum für Fehler

Wenn ich diesen Bucs-Sieg in Indianapolis auf ein Thema reduzieren müsste, dann wäre es dieses: Tampa Bay - und das beginnt mit dem Coaching Staff - muss damit aufhören, sich selbst das Leben schwer zu machen.

Das beginnt mit dem Coaching-Staff, weil die Bucs einmal mehr unheimlich ideenlos in dieses Spiel starteten. Viele Early-Down-Runs, viele sehr kurze Pässe vor allem zu Leonard Fournette mit überschaubarer Effizienz - einzig ein paar einzelne Plays auf Rob Gronkowski über die Mitte brachten etwas mehr Raumgewinn. Es sind aber auch die individuellen Fehler, der Fumble von Godwin, einige Unstimmigkeiten zwischen Brady und den Receivern, mehrere Fehler auch von Brady selbst, inklusive bei der Interception.

Das war besonders deshalb auffällig, weil die Bucs mit einem schnellen Start dieses Spiel in komplett andere Bahnen hätten lenken und die Colts aus deren Komfortzone hätten locken können. Indianapolis hatte nach seinen ersten vier Drives noch kein First Down erzielt, stand bei 1,7 Yards pro Play, zwei Rushing-Yards und einem Fumble. Vier aus Colts-Sicht quasi verlorene Drives, doch Tampa Bay hatte zu Beginn des zweiten Viertels nahezu kein Kapital daraus geschlagen.

Und dann wachten die Colts eben auf. Mit einem tollen Play-Action-Shot zum tiefen Touchdown auf Ashton Dulin, mit einigen weiteren sehr guten Würfen von Carson Wentz beim nächsten Drive - und mit einem Head Coach in Frank Reich, der sehr gut weiß, mit was und gegen wen er arbeitet. Reich wusste, dass er hier nicht primär über den Run kommen konnte, und passte seinen Game Plan an. Er wusste, dass er aggressiv sein muss, das war besonders dann zu sehen, als Reich kurz vor der Halbzeitpause den Fuß auf dem Gaspedal hielt und das Fourth Down kurz vor der Bucs-Endzone ausspielte. Die Colts wurden mit einem Touchdown belohnt.

Die Colts und der schmale Grat

Plötzlich war Tampa Bay in der Situation, dass man selbst aufholen musste, und das klappte am Ende auch, wenn auch denkbar knapp und nur durch einen späten Game-Winning-Drive - aber eben auch, weil sich der eingangs erwähnte Punkt auf beide Teams übertragen lässt.

Denn auch die Colts sind immer noch ein Team, das "on schedule" bleiben muss, Indianapolis hat einfach ein komplett anderes Gesicht, wenn man nicht in lange Third Downs kommt, wenn man nicht zurückfällt. Wenn der Spielverlauf so ist wie erhofft.

Indianapolis kann Spiele dominieren, wie letzte Woche gegen Buffalo. Aber es kann ein schmaler Grat sein: Beim Strip-Sack durch Barrett traf der Pass-Rusher der Bucs Wentz komplett unvorbereitet, bei der tiefen Interception zu Pittman war der Ball von Wentz nicht ideal platziert, Pittman spielt ihn allerdings auch nicht gut, der fallengelassene Punt war ein Drei-Punkte-Geschenk und am Ende war das Clock-Management von Frank Reich auch etwas überraschend, weil er gerade so viel Zeit auf der Uhr ließ, dass Tampa den Game-Winning-Drive hinlegen konnte.

Die Colts schlagen auch massiv Kapital aus den Fehlern anderer, Indianapolis wird die 106 Punkte, die Baltimore letztes Jahr als bestes Team in dieser Kategorie nach Turnovern erzielt hat, pulverisieren. Die Colts stehen jetzt bei 105. Nicht, dass das etwas schlechtes wäre, aber es ist ein Puzzleteil, um zu erklären, warum Indianapolis teilweise schwerer zu greifen ist.

Die Bucs werden eines der gefährlichsten Playoff-Teams sein

Ich habe mich nach diesem Spiel mehrfach gefragt, welche Rückschlüsse es zulässt, vielleicht auch perspektivischer Natur. Es war ein Schlagabtausch zweier guter Teams, die beide Playoffs spielen sollten; deshalb konnte Indianapolis davonziehen auch ohne dominantes Run Game gegen diese Bucs-Front, dieses Team ist sehr gut gecoacht und hat seinen Floor im Laufe der Saison merklich angehoben. Und deshalb konnte sich Tampa Bay auf der anderen Seite in dieses Spiel zurückarbeiten, mit Gronk zurück als wichtigem Faktor im Passspiel.

Es war aber in gewisser Weise auch ein Schlagabtausch zweier Teams mit offensichtlichen Schwachstellen - und durch die Turnover mit einer gehörigen Prise Zufall. Während die Colts für mich weiterhin in erster Linie auf dem Feld ihre Limitierungen haben und darin, wie sie Rückschläge kompensieren oder inwieweit sie außerhalb ihrer Komfortzone spielen können, sehe ich die der Bucs primär in der offensiven Herangehensweise.

Ich bin gespannt, ob Tampa Bay hier - ähnlich wie im letzten Jahr - im letzten Drittel der Regular Season wieder einen Schalter umlegen und den offensiven Motor anwerfen kann. Wie gesagt, die Rückkehr von Gronk hatte bereits einen sehr positiven Effekt, Antonio Brown soll im nächsten Spiel ebenfalls zurückkehren. Dann hätte die Offense die volle Kapelle zusammen. Letztes Jahr gab es eine Veränderung in der offensiven Herangehensweise nach der Bye, genug Zeit für Anpassungen gäbe es jetzt noch

Denn: Tampa Bay hat noch Spielraum, die Bucs sollten ihre Division an diesem Punkt ohne größere Probleme gewinnen und können bis zu den Playoffs noch an einigen Schrauben drehen. Ich denke weiterhin, dass Tampa Bay bis zur Postseason eines der gefährlichsten Teams in der NFC sein wird.