Die Pittsburgh Steelers haben mit ihrem hauchdünnen Erfolg über die Baltimore Ravens ihre letzten Playoff-Hoffnungen am Leben gehalten. Doch ist die Postseason auf den vermutlich letzten Metern von Quarterback Ben Roethlisberger in der Steel City wirklich noch drin?
Nur wenige Zentimeter haben gefehlt am Sonntagabend, dann wäre die Saison der Pittsburgh Steelers 2021 wohl gelaufen gewesen. Ravens-Coach John Harbaugh ging nach dem Last-Minute-Touchdown im Heinz Field aufs Ganze und wollte die Entscheidung mit einer 2-Point Conversion erzwingen, anstatt per Extrapunkt in die Overtime zu gehen. Die Ravens wählten einen guten Spielzug, doch Quarterback Lamar Jackson warf unter Druck einen unsauberen Pass, den Tight End Mark Andrews mit einer Hand nicht unter Kontrolle bekam - der Ball ging zu Boden, das Spiel war gelaufen und die Steelers hielten ihre Playoff-Hoffnungen doch noch am Leben.
Diese Leistung in Woche 13 gegen den Erzrivalen aus Baltimore war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, schließlich kam sie nach drei sieglosen Spielen in Serie. Zudem nach einer Bankrotterklärung bei der 10:41-Klatsche in Cincy, als gerade Ben Roethlisbergers Karriere nicht nur angezählt, sondern von vielen gewissermaßen schon zu Grabe getragen wurde.
Nicht zufällig machte dann am Wochenende die Meldung von ESPN die Runde, dass Roethlisberger selbst ehemaligen Teamkollegen und Teamoffiziellen bereits gesagt haben soll, dass dies seine letzte Saison in der Steel City sein werde. Weder Head Coach Mike Tomlin noch Defensive Lineman Cam Heyward dementierten die Meldung. Roethlisberger selbst gab nur vielsagend zu verstehen: "Ich habe das nicht zu jedem gesagt."
Diese Schlagzeilen kommen nicht allzu überraschend, schließlich dauerte es einige Zeit in der vergangenen Offseason, ehe sich Spieler und Team überhaupt auf einen angepassten Vertrag samt Gehaltsverzicht für diese Saison hatten einigen können.
gettyPittsburgh Steelers: Roethlisberger als Schlüssel gegen die Ravens
Roethlisberger war nun einer der Schlüssel zum Sieg über die Ravens. Er war es, der gerade im Schlussviertel so richtig aufgedreht hatte und mit der No-Huddle-Offense das Spiel an sich riss, den Ball schnell verteilte und sein Team letztlich zu drei Scoring-Drives und zwei Touchdowns führte. Und das hinter einer verletzungsbedingt - und wenn man ehrlich ist auch generell - äußerst porösen Offensive Line.
Big Ben zeigte vor allem, dass man ihn noch nicht vollends abschreiben sollte. Die Vorstellung in Cincinnati eine Woche zuvor war unterirdisch, kann heutigem Kenntnisstand nach aber auch damit erklärt werden, dass die Steelers da noch Dinge versuchten, die in der aktuellen Verfassung des Teams so einfach nicht funktionieren können. Am Sonntag hingegen begriffen Offensive Coordinator Matt Canada und Roethlisberger schon relativ schnell, dass man mit dem Run Game oder der eher aufwendigen Offense Canadas mit ausgeklügelten Motions jeglicher Art nicht allzu weit kommen würde.
Hauptgrund dafür bleibt die O-Line, die laut ESPN sowohl in Sachen Pass Block Win Rate als auch Run Block Win Rate jeweils Rang 29 der NFL belegt. Entsprechend brauchte es eine Umstellung. Am Sonntag sah die so aus, dass das Tempo erhöht wurde, gerade zum Schluss auf No-Huddle gesetzt und darin dann viel mit Run Pass Options gearbeitet wurde. Es musste schnell gehen, um der Front der Ravens keine Zeit zu geben, zum nicht mehr wirklich mobilen QB vorzurücken. Das ist auch in der aktuellen Version von Roethlisberger immer noch ein probates Mittel, denn gedankenschnell ist er auch mit seinen 39 Jahren noch und scheint zumindest an guten Tagen noch in der Lage zu sein, nahezu alle Würfe anzubringen. So gesehen gegen Baltimore.
Am Ende waren es zwar nur 20 Punkte, doch die reichten. Und zwar deshalb, weil die eigene Defense bekanntermaßen immer noch zu den besseren Units der Liga zählen kann. Gegen die Ravens hatten sie den perfekten Plan, der beinhaltete, mit viel Geduld an die Herkulesaufgabe heranzugehen und Jackson so einzudämmen. Die Edge-Rusher konzentrierten sich darauf, die Edges zu etablieren und den 2019er MVP in der Pocket zu halten, während die Interior Linemen ihre Gaps hielten und häufiger für Pressure durch die Mitte sorgten.
Das Ergebnis waren letztlich 7 Sacks und 10 QB-Hits gegen Jackson. Superstar-Verteidiger T.J. Watt kam allein auf 3,5 Sacks und half zudem mit, das Run Game der Ravens in Schach zu halten, während Rollenspieler Chris Wormley durch die Mitte 2,5 Sacks sammelte - so viele wie nie zuvor in seiner Karriere.
Pittsburgh Steelers: Wie stehen die Chancen auf die Playoffs?
Es war ein auf allen Ebenen - in Anbetracht der Umstände - überzeugender Erfolg für die Steelers, die nun aber erneut vor der Frage stehen, wo denn die unmittelbare Reise hingeht. Was ist in dieser Saison noch zu erwarten vom Team von Mike Tomlin? Sind die Playoffs nun doch noch drin?
Bekanntermaßen ist die AFC in diesem Jahr eine einzige Wundertüte. Durch ihren Erfolg über die Ravens haben die Steelers nun nur ein halbes Spiel Rückstand auf alle drei Wildcard-Spots in der Conference. Bei noch fünf ausstehenden Spielen scheint hier also noch einiges möglich zu sein.
Das Problem ist jedoch, dass das Restprogramm nicht unbedingt leichter wird. Von den ausstehenden Gegnern haben lediglich die Vikings, gegen die es in Woche 14 (Do, 2.20 Uhr live auf DAZN) geht, eine negative Bilanz. Und nur die Browns in Woche 17 haben Stand jetzt keine positive Bilanz (6-6). Sprich: Für ein Team, das sich keine Ausrutscher mehr leisten kann, ist der Schwierigkeitsgrad im Schlussspurt enorm hoch.
Glaubt man darüber hinaus dem Playoff-Modell der New York Times, sind die Chancen der Steelers ohnehin recht überschaubar - ihnen werden nur noch Chancen in Höhe von 20 Prozent zugestanden, die Playoffs zu erreichen.
Doch solange noch Chancen bestehen, werden die Steelers nicht aufgeben. Wer hätte schon gedacht, dass die Steelers am vergangenen Wochenende die Ravens schlagen würden?
Pittsburgh Steelers: Das Restprogramm 2021
Woche | Datum | Uhrzeit (MEZ) | Gegner (Bilanz) |
14 | Freitag, 10. Dezember | 2.20 Uhr | @ Vikings (5-7) |
15 | Sonntag, 19. Dezember | 19 Uhr | vs. Titans (8-4) |
16 | Sonntag, 26. Dezember | 22.25 Uhr | @ Chiefs (8-4) |
17 | Dienstag, 4. Januar | 2.15 Uhr | vs. Browns (6-6) |
18 | Sonntag, 9. Januar | 19 Uhr | @ Ravens (8-4) |