Mit auslaufender Uhr versenkte Kicker Robbie Gould seinen Field-Goal-Versuch aus 45 Yards und ließ die San Francisco 49ers bei klirrender Kälte jubeln. Es war der Schlusspunkt unter ein Spiel voller Drama, aber wenigen (offensiven) Höhepunkten.
Bei -10 Grad Celsius (gefühlt -17) sah es im Lambeau Field früh so aus, als hätten die Packers hier leichtes Spiel - sie dominierten die Anfangsminuten der Partie nach Belieben. Der erste Drive verlief reibungslos - zehn Plays, 69 Yards und ein Touchdow-Lauf von A.J. Dillon über 6 Yards.
Und auch defensiv ging es gut los: Die Niners starteten 3-and-out nach einem Sack von Rückkehrer Edge Rusher Za'Darius Smith gegen Jimmy Garoppolo (11/19, 131 YDS, INT).
Die Packers-Offensiv-Maschine geriet danach allerdings selbst ins Stocken. Im zweiten Drive war Green Bay nämlich erneut auf dem Weg in die Red Zone, doch dann verlor Tight End Marcedes Lewis einen Fumble, den die Niners eroberten. Anschließend verlor auch Wide Receiver Brandon Aiyuk einen vermeintlichen Fumble, der jedoch nach langer Review doch zurückgenommen wurde - incomplete Pass! Kurz darauf zwang ein Sack von Rashan Gary die Niners erneut zum Punt.
Und so ging es dann munter weiter. Ein Stopp folgte auf den anderen und auf beiden Seiten hatten fortan die Defensivreihen alles im Griff. Das änderte sich erst rund sechs Minuten vor der Pause, als den Niners, die durch mehrere Drops sogar noch auf die erste Completion von Garoppolo gewartet hatten, endlich das erste 1st Down im Spiel gelang. Garoppolo fand George Kittle an der Seitenlinie, der den Ball spektakulär mit einer Hand runterpflückte.
Es ging dann bis an die 9-Yard-Linie, doch dann begannen die Niners, sich selbst zu schaden. Erst kostete Left Tackle Trent Williams sein Team 10 Yards für Holding und dann warf Garoppolo, der den Ball zu lange hielt, bei dem Versuch, Kittle kurz vor der Endzone zu finden, eine Interception zu Safety Adrian Amos.
Danach waren die Packers wohl bereit, die Uhr herunter zu spielen, doch nach einem Run Play bei 1st Down nahm Niners-Head-Coach Kyle Shanahan eine Timeout, die die Packers wohl beflügelte. Bei 3rd Down fand Aaron Rodgers (20/29, 225 YDS) dann nämlich nach einem Missverständnis in der Niners-Secondary Aaron Jones auf einer Wheel Route und der Running Back machte daraus einen Raumgewinn von 75 Yards. Ein Sack von Nick Bosa sorgte letztlich aber nur noch für einen Field-Goal-Versuch, den Jimmie Ward jedoch blockte. Pausenstand: 7:0 für Green Bay.
Packers vs. 49ers: Gäste kämpfen sich mühselig zurück
Nach der Pause starteten die Gäste nach einem 45-Yard-Kick-Off-Return von Deebo Samuel, der danach mithalf, erneut die Red Zone zu erreichen, an der 50-Yard-Linie. Vor der Goal Line ging es dann durch eine Face-Mask-Strafe von Elijah Mitchell erneut rückwärts, sodass die Niners lediglich mit einem Field Goal aus dem Drive gingen - Robbie Gould traf aus 29 Yards.
Nach weiteren Defensivstopps auf beiden Seiten ging es für Green Bay wieder voran und bis zum Beginn des Schlussviertels erneut in die Red Zone. Die Niners hielten die Hausherren jedoch bei einem Field Goal von Crosby aus 33 Yards dank eines Sacks von Arik Armstead bei 3rd and Goal.
Die Niners erreichten im folgenden Drive erneut die Red Zone, wurden jedoch bei 4th and 1 an der 19 mit einem Run durch die Mitte gestoppt. Rashan Gary und De'Vondre Campbell stoppten Mitchell im Backfield. Weit kamen die Packers danach jedoch nicht - ein Sack von Arik Armstead bei 3rd Down erzwang einen weiteren Punt. Ein Big Play, wie sich herausstellte, denn den Punt von Corey Bojorquez blockte D-Liner Jordan Willis und Special-Teamer Talanoa Hufanga trugt den Ball in die Endzone zum Touchdown - Ausgleich Niners mit etwas mehr als 4:30 Minuten zu spielen!
Genügend Zeit also für Rodgers, sein Team noch zum Sieg zu führen. Doch nicht dieses Mal! Ein verunglückter Deep Ball war sein letztes Play, danach erreichten die Niners Field-Goal-Reichweite und spielten die Uhr durch ein finales 1st Down von Samuel auf dem Boden durch die Mitte herunter.
Die Niners stehen damit nach 2019 wieder im NFC Championship Game, das am kommenden Sonntag nun entweder in Tampa Bay oder Los Angeles stattfinden wird.
NFL Divisional Playoffs: Green Bay Packers vs. San Francisco 49ers
Ergebnis: 10:13 (7:0, 0:0, 0:3, 3:10) BOXSCORE
Packers vs. 49ers - die wichtigsten Statistiken
Packers-Kicker Mason Crosby hat nun drei geblockte Field Goals in dieser Spielzeit auf dem Konto. Ebenso viele unterliefen ihm von 2015 bis 2020 insgesamt. Insgesamt kommt er damit auf 9 missglückte Field-Goal-Versuche in dieser Saison, die meisten in der NFL.
Jimmy Garoppolo hat nun 7 Interceptions in dieser Saison geworfen, wenn er Pressure gegen sich hatte. 4 dieser 7 passierten Garoppolo in seinen jüngsten drei Spielen. Mit den 7 führt er derweil die Liga zusammen mit Derek Carr, Patrick Mahomes und Trevor Lawrence an.
Die 49ers sind das vierte Playoff-Team seit 2000, das ein Postseason-Spiel ohne einen offensiven Touchdown gewann. Zuletzt war dies den Steelers 2016 gegen die Chiefs gelungen. Die anderen beiden waren die Colts 2006 und Giants 2000. Beide spielten anschließend im Super Bowl, die Colts gewannen ihn sogar.
- Durch die Pleiten der Packers und Titans zuvor sind nun erstmals seit 2010 wieder beide Top-Seeds in der Divisional Round ausgeschieden. Damals passierte dies den Patriots in der AFC und Falcons in der NFC.
Der Star des Spiels: Defensive Line (49ers)
Die 49ers gewannen am Ende durch Plays ihrer Special Teams, die auch exklusiv für die Punkte sorgten. Doch im Spiel gehalten hat sie die Defensive Line. Besonders das Edge-Trio um Nick Bosa (2 Sacks, 4 Pressures), Arik Armstead (2 Sacks, 3 Pressures) und Samson Ebukam (1 Sack, 4 Pressures) gewann immer wieder die direkten Duelle an der Front gegen eine zugegebenermaßen ersatzgeschwächte Offensive Line der Packers, die Left Tackle David Bakhtiari kurzfristig ersetzen musste. Die D-Line ließ Rodgers wenig Zeit für Big Plays und machte ihm permanent das Leben schwer. So kann man den MVP-Kandidaten stoppen.
Der Flop des Spiels: Special Teams (Packers)
Die Defense der Packers spielte nicht weniger gut als ihr Gegenüber, doch die Special Teams machten den großen Unterschied. Die Liste der Unzulänglichkeiten dieser Unit ist lang: Kurz vor der Pause wurde ein Field-Goal-Versuch geblockt, die zweite Hälfte begann mit einem 45-Yard-Kick-Off-Return von Samuel, ein geblockter Punt resultierte im Touchdown zum Ausgleich, sie leisteten sich einen False Start bei einem Punt und dann schickten sie zum letztlich entscheidenden Field Goal ganz am Ende auch nur zehn Spieler zum Blocken aufs Feld. Was eine chaotische Vorstellung von der Unit von Special Teams Coordinator Maurice Drayton! Head Coach Matt LaFleur sagte zu jener Situation: "Das kann einfach nicht passieren. Es ist inakzeptabel. Und das ist meine Schuld!"
Analyse: Packers vs. 49ers - die Taktiktafel
Die Packers spielten offensiv das, was sie auch schon in der Regular Season stark gemacht hat: Sie setzten auf viele kurze, sichere Pässe, gerne auf Slants, und bewegten so behutsam den Ball im ersten Drive. Mit fortlaufender Spieldauer jedoch wurde dies immer schwieriger, weil sich die 49ers anpassten.
Das sah dann so aus, dass gerade Adams immer wieder gedoppelt wurde, ebenso teilweise Randall Cobb im Slot. Gerade Safety Jimmie Ward war eine flexible Schachfigur in diesem Scheme, häufig an der Line oder in der Box, aber auch im Slot zu finden und half auch des Öfteren als Safety over the Top aus. Das hatte auch zur Folge, dass mit Jaquiski Tartt auch meist nur ein tiefer Safety aufgestellt wurde.
Die Packers wiederum verlegten sich defensiv meist auf Man Coverage, was Garoppolo häufig dazu veranlasste, den Ball etwas zu lange in der Pocket zu halten, was zu Sacks führte. Zugleich setzten sie aber auch häufiger auf Blitzes.
Die Niners brauchten eine Weile, um Wege zu finden, den Ball zu Deebo Samuel zu bekommen. Durch die Luft ging lange Zeit wenig, sodass er zunächst mit Run Plays aus dem Backfield ins Spiel einbezogen wurde. Ansonsten nutzten sie ihn hauptsächlich als Decoy mit Pre-Snap-Motion. Erst in der zweiten Hälfte bekam er seine ersten Receptions durch Screens, was jeweils zu größerem Raumgewinn führte. Zudem fungierte er nach der Pause als Return-Man beim Kick-Off und trug den Ball prompt bis zur Mittellinie.
- Die Niners nutzten Trent Williams mehrfach als Extra-Blocker. Doch während das in der ersten Halbzeit bei einem 3rd and Short mit ihm als Lead Blocker funktionierte, machte es Shanahan im vierten Viertel bei 4th and Short zu kompliziert. Er schickte Williams als H-Back in Motion, nutzte ihn jedoch nur als Decoy und das Play ging mit Mitchell durch die Mitte - die Packers stoppten ihn im Backfield und schafften damit einen wichtigen Turnover on Downs.