Mit dem Super Bowl im Rückspiegel richtet sich die Aufmerksamkeit in der NFL nun auf die Offseason. Was brauchen die Teams, wo drückt aktuell der Schuh - und wer sind die wichtigsten Free Agents? SPOX macht den Offseason-Check. Den Auftakt macht die AFC East mit einem der Top-Teams der Liga.
Anmerkung: Bei der Cap-Space-Berechnung gehen wir von einem Salary Cap von 208,2 Millionen Dollar aus.
Buffalo Bills
- Vorjahresbilanz: 11-6
- Größte Needs: Defensive Line, Wide Receiver
- Wichtigste Free Agents: WR Isaiah McKenzie, WR Emmanuel Sanders, EDGE Jerry Hughes, EDGE Mario Addison, CB Levi Wallace
- Cap Space: -4,76 Millionen Dollar
Für die Bills reichte es bis zur Overtime im Divisional Game bei den Kansas City Chiefs, wo dann der Coin Toss zu Ungunsten des Teams aus New York ausging. Bis dahin lieferten sie nach einer zum Teil schwierigen Saison spektakuläre Playoffs, insbesondere die Offense.
Um diesen hohen Standard aufrechtzuerhalten, wird man zweifelsohne ins Receiving Corps investieren müssen. Während Emmanuel Sanders nicht mehr als eine nette Ergänzung war, entpuppte sich Isaiah McKenzie hingegen als womöglich sogar zukünftiger Leistungsträger. Nachdem er bislang eher unter dem Radar flog, zeigte er in Abwesenheit verletzter oder mit Covid ausfallender Starter teils großartige Leistungen, die es eigentlich zum Muss machen, gerade ihn zu halten.
Die größte Erkenntnis dieser Saison dürfte in Buffalo aber sein, dass man mit Gabriel Davis einen Superstar heranwachsen sah. 2021 war sein Durchbruch, den er mit 5 Touchdowns in den Playoffs in nur 2 Spielen krönte. Er und Stefon Diggs dürften somit auf Jahre hinweg ein dynamisches Duo für Quarterback Josh Allen stellen.
Das größte Fragezeichen für Buffalo ist jedoch die Rolle des Offensive Coordinators. Brian Daboll, der großen Anteil an der grandiosen Entwicklung Allens hat, ist nun der Head Coach der New York Giants. Der bisherige QB-Coach und Passing Game Coordinator Ken Dorsey wird ihn beerben, Joe Brady wurde als neuer Quarterbacks-Coach verpflichtet. Macht die Bills-Offense damit unbeirrt weiter? Oder gibt es eine Übergangsphase - und vielleicht schlimmeres?
gettyBuffalo Bills: Wie schwer wiegt der Abgang von Brian Daboll?
Generell stellt sich eben die Frage, wie viel Einfluss Daboll bis zum Schluss auf Allen hatte. Sprich: Wird Allen sein sehr hohes Niveau auch mit einem anderen OC beibehalten?
Auf der anderen Seite des Balls wiederum steht ein durchaus tragfähiges Gerüst mit modernen Cover-Linebackern und einer starken Secondary, die den verletzten Cornerback Tre'Davious White (Kreuzbandriss) zur Saison zurückbekommen sollte.
Angesetzt werden muss dagegen an der Front. Mit Vernon Butler und Harrison Phillips werden zwei Defensive Tackles Free Agent. Und Stand jetzt wird damit hinter Ed Oliver und Star Lotulelei ziemlich dünn auf der Depth Chart. Ebenso werden mit Jerry Hughes und Mario Addison zwei Edge-Rusher Free Agents. Hier allerdings stehen mit AJ Epenesa und dem letztjährigen Rookie Boogie Basham zwei mögliche Nachfolger schon bereit, sodass sich General Manager Brandon Beane eher aufs Innere der D-Line konzentrieren kann.
Miami Dolphins
- Vorjahresbilanz: 9-8
- Größte Needs: Offensive Line, Wide Receiver
- Wichtigste Free Agents: TE Mike Gesicki, EDGE Emmanuel Ogbah, LB Elandon Roberts
- Cap Space: 63,81 Millionen Dollar
Die Dolphins haben mit Mike McDaniel nicht nur einen neuen Head Coach, dessen Background die Offense ist. Sie haben auch mehrfach klare Statements zu Quarterback Tua Tagovailoa abgegeben, der auch in seinem dritten NFL-Jahr der Starter bei den Dolphins sein wird.
Dazu mag man stehen, wie man will, jedoch heißt es für General Manager Chris Grier, der anders als Ex-Coach Brian Flores noch immer im Amt ist, besonders einen Teilbereich seines Teams zu verbessern. Die Rede ist von der Offensive Line, an der Grier und Co. nun schon seit einigen Jahren herumschrauben und bislang noch zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen sind - im Gegenteil: 2021 belegten die Dolphins mit einer Pass Block Win Rate von 47 Prozent den letzten Platz der NFL laut ESPN.
Und die Dolphins versuchten einiges in den vergangenen zwei bis drei Jahren, um diese Line in den Griff zu bekommen. Einzig Right Tackle Jesse Davis (seit 2016) und der aktuelle Center Michael Deiter (seit 2019) sind länger als 2020 in der NFL und im Team. Ansonsten wurde gerade im Draft so einiges in die Offensive Line investiert. Mit wenig Erfolg, wie gerade der 2020er Erstrundenpick Austin Jackson unterstreicht. Er kam als Projekt, sollte aber auf Sicht als Left Tackle übernehmen. Letztlich funktionierte man ihn aber zum Guard um, wo er Stand jetzt Starter ist.
Jegliche Verstärkung ist hier letztlich willkommen, ebenso was das Coaching dieser Position betrifft. Mit Matt Applebaum wurde kürzlich ein weiterer neuer O-Line Coach installiert. Eine Position, die mehrfach unter Flores neu besetzt wurde. Damit McDaniels Offense funktioniert, braucht er eine gute Offensive Line.
Miami Dolphins: Mehr Waffen für Tua Tagovailoa!
Abgesehen von der O-Line sollte der Fokus darauf liegen, Tagovailoa mit besseren Waffen zu versorgen. DeVante Parker und der 2021er Erstrundenpick Jaylen Waddle sind gesetzt, dahinter jedoch ist viel Raum für Verbesserungen.
Slot-Receiver Albert Wilson wird Free Agent, ebenso Tight End Mike Gesicki, der sicherlich der wichtigste Free Agent für Miami ist und unbedingt gehalten werden sollte. Darüber hinaus jedoch dürften sowohl der Draft als auch die Free Agency die Möglichkeit bieten, das Receiving Corps zu verstärken und damit die Situation um Tua zu verbessern.
Was die Defense angeht, sollte Emmanuel Ogbah gehalten werden. Er generiert konstant Pressure, ist noch relativ jung (28) und hilft auch gegen den Run zuverlässig mit. Generell wird die Defensive Front des Teams nur punktuelle Verstärkungen brauchen. Der Fokus muss eindeutig auf der Offense liegen.
New England Patriots
- Vorjahresbilanz: 10-7
- Größte Needs: Wide Receiver, Cornerback, Edge Rusher, Linebacker
- Wichtigste Free Agents: J.C. Jackson, S Devin McCourty, LB Dont'a Hightower, OT Trent Brown, RB James White, ST Matthew Slater
- Cap Space: 8,33 Millionen Dollar
Abgesehen von der desaströsen Playoff-Pleite bei den Buffalo Bills können die Patriots die vergangene Saison als einen Schritt in die richtige Richtung verbuchen. Sie haben mutmaßlich ihren nächsten langfristigen Quarterback in Mac Jones gefunden und zeigten phasenweise richtig gute Leistungen - selbst gegen Top-Teams wie die Tennesse Titans oder auch Cleveland Browns. Insofern gilt es nun, daran anzuknüpfen.
Erschwert wird das allerdings durch die Tatsache, dass Head Coach Bill Belichick zunächst mal seinen offensiven Coaching Staff neu aufbauen muss. Offensive Coordinator Josh McDaniels ist nach Las Vegas abgewandert und nahm mit Bo Hardegree (Assistant QB-Coach), Mick Lombardi (WR-Coach) und Carmen Bricillo (OL-Coach) gleich mehrere Assistenten mit. Zudem beendete RB-Coach Ivan Fears seine lange Karriere. Einige offene Stellen also und allzu viel interne Optionen sind nicht mehr vorhanden. Zuletzt wurde schon Ex-Giants-Head-Coach Joe Judge als Offensive Assistant geholt. Doch ein neuer Play-Caller ist noch nicht in Sicht.
Das betrifft dann in erster Linie auch die Entwicklung von Jones. Er wird im dritten Jahr nacheinander einen neuen Play-Caller bekommen, was gerade für einen jungen QB nicht unbedingt von Vorteil ist. Geholfen werden könnte ihm aber in jedem Fall mit einem echten X-Receiver - die Bengals erreichen ohne Ja'Marr Chase sicherlich nicht den Super Bowl. Diese Planstelle ist also nicht zu unterschätzen. Da die Patriots aber erst an Position 21 draften, ist hier wohl die Free Agency der richtige Anlaufpunkt.
Ebenfalls im Fokus steht die Offensive Line, wo Left Tackle Isaiah Wynn in seinem finalen Vertragsjahr nicht unumstritten ist und RT Trent Brown Free Agent wird. Michael Onwenu könnte für Brown übernehmen, doch jener ist wie im Vorjahr auch eine Option als Left Guard, wo Ted Karras Free Agent wird.
gettyNew England Patriots: Die Defensive Front steht unter besonderer Beobachtung
Spätestens nach dem enttäuschenden Saisonende steht aber auch die Defense unter ganz besonderer Beobachtung. Speziell die Front verlor nach gutem Beginn im Schlussspurt komplett den Zugriff - selbst Edge-Rusher Matt Judon war nach seiner Covid-Infektion nicht mehr derselbe. Hier braucht es dringend mehr Alternativen. Und dahinter werden nahezu alle wichtigen Linebacker Free Agents und ließen auch die heutzutage nötige Range in der Pass-Coverage vermissen. Es braucht eine Blutauffrischung mit Leuten, die covern können.
In der Secondary wiederum gilt es, die Zukunft von Urgestein Devin McCourty zu klären. Und die von J.C. Jackson erst recht: Er könnte als bester Cover-Corner auf den Markt kommen, es sei denn, man einigt sich auf eine Verlängerung oder belegt ihn mit dem Franchise Tag, der in diesem Jahr rund 17 Millionen Dollar kostet. Adäquate Alternativen zu ihm gibt es jedenfalls nicht im aktuellen Kader.
New York Jets
- Vorjahresbilanz: 4-13
- Größte Needs: Cornerback, Safety, Defensive Line, Wide Receiver
- Wichtigste Free Agents: WR Jamison Crowder, S Marcus Maye, RB Tevin Coleman, DT Folorunso Futakasi
- Cap Space: 48,2 Millionen Dollar
Es ist schwierig, bei den Jets klare Baustellen zu finden, die man nicht verbessern müsste. Das Team war über weite Strecken 2021 ein Hühnerhaufen mit nur wenigen klaren Momenten. Man sah gegen Ende immerhin Ansätze, was die offensive Spielidee betrifft, mehr aber auch nicht. Und die Defense war gemessen an Head Coach Robert Salehs Expertise auf dem Gebiet eine Katastrophe - die 504 zugelassenen Punkte waren ein Franchise-Rekord.
Gerade gegen den Pass ging wenig für Gang Green. Entsprechend sollte die Secondary größere Aufmerksamkeit erhalten. 2021 starteten hier viel zu viele Late-Round-Picks und Undrafted Rookies, um tatsächlich eine stabile Defense stellen zu können. Und auch auf Safety muss schon deshalb nachgebessert werden, weil es unwahrscheinlich ist, dass Marcus Maye noch dazu nach seinem Achillessehnenriss noch einmal per Franchise Tag gehalten wird.
Und dann rückt schon die Front in den Fokus. Der Pass-Rush gehörte zum Mittelmaß in der NFL und wird sicherlich durch die Rückkehr von Carl Lawson verstärkt, der seine erste Jets-Saison ebenfalls mit einem Riss der Achillessehne komplett verpasst hat. Doch gegenüber von ihm muss der Kader verstärkt werden, um Salehs Defense vernünftig umzusetzen.
Die nächste offensichtliche Baustelle ist Wide Receiver. Hier nämlich werden mit Slot-Receiver Jamison Crowder, Keelan Cole und Braxton Barrios gleich drei Spieler Free Agents. Denzel Mims wird ein weiteres Jahr an seinem Durchbruch arbeiten und die Rolle von Elijah Moore dürfte noch größer werden in Zukunft, aber generell braucht es mindestens mehr Kadertiefe, wenn nicht tatsächlich einen etablierten X-Receiver, der gewissermaßen als Fels in der Brandung für Quarterback Zach Wilson fungieren kann.
New York Jets fehlt es an Erfahrung
Stichwort Wilson: Auch dessen Protection war nicht immer die Beste. Insofern sollte sich GM Joe Douglas auch in Sachen Offensive Line umsehen. Right Tackle Morgan Moses wird Free Agent und hinter Left Tackle Mekhi Becton wird es dann schon recht dünn an der offensiven Front.
Generell sollte es für die Jets auf dem FA-Markt darum gehen, auf Schlüsselpositionen mehr Erfahrung einzukaufen. Daran fehlt es noch gewaltig. Im Draft wiederum sollte dann Upside die Hauptrolle spielen - Spieler, die sich dann an den neuen Veterans orientieren und entsprechend entwickeln können.