Die NFL Scouting Combine kehrt nach der Pause im Vorjahr zurück, am heutigen Dienstag geht es los - nicht jedoch ohne eine Kontroverse im Vorfeld. Worum es ging und welche Spieler im Mittelpunkt stehen, erfahrt Ihr hier.
Nach einjähriger Pause aufgrund der Corona-Pandemie ist die NFL Scouting Combine zurück. Einmal mehr findet die Veranstaltung im Lucas Oil Stadium von Indianapolis/Indiana statt.
Allerdings wäre das feierliche Comeback der College-Talent-Messe zum Teil ins Wasser gefallen. Und das nicht wegen Covid.
Ursprünglich hatte die NFL zum Schutz vor Covid eine Bubble angekündigt, die äußerst restriktiv für die teilnehmenden Talente gewesen wäre. Knackpunkt war dabei vor allem die Tatsache, dass jeder Spieler nur einen medizinischen Betreuer hätte registrieren können.
Jener oder jene wäre dann in der Lage gewesen, in bestimmte Bereiche der Bubble zu kommen, um den jeweiligen Spieler zu behandeln - wenn es sein Zeitplan zugelassen hätte. Zudem wäre ein Verlassen der Bubble mit einem Ausschluss von der restlichen Veranstaltung bestraft worden.
Wenig überraschend stieß dies nicht auf allzu viel Gegenliebe. Es ging soweit, dass sich offenbar Spieler-Agenten von 14 Agenturen zusammengeschlossen haben, um einen Boykott der Combine anzustreben. Jene sollen laut The Athletic 157 der 324 Spieler repräsentiert haben, die zur Combine eingeladen sind.
In der Praxis hätte das wohl so ausgesehen, dass jene Spieler dann nicht an den Übungen, die im Fernsehen übertragen werden, teilgenommen hätten. Auch wären sie den Medizintests ferngeblieben und hätten wohl auch nicht an den Interviews mit den Teams teilgenommen.
Ein übermäßig großes Problem wäre das aus rein sportlicher Sicht nicht gewesen, denn die jeweiligen Colleges veranstalten im Vorfeld des Drafts traditionell ihre sogenannten Pro Days, an denen ihre eigenen Draft-Prospects für Scouts in etwa die gleichen Übungen wie bei der Combine absolvieren, nur eben mit dem Vorteil, ihnen bekannte Mitspieler auf dem Feld zu haben für die On-Field-Drills. Allerdings hätte die Liga dann erneut auf den einwöchigen Medienzirkus rund um die Combine mehr oder weniger verzichten müssen.
NFL Scouting Combine: Liga gibt nach
Die NFL lenkte schließlich eine Woche vor Start der Veranstaltung doch noch ein und entspannte die Regeln für seine immer noch existierende Bubble. Nun nämlich dürfen die Spieler die Bubble sogar in ihrer Freizeit verlassen - ein Umstand, der die Bubble an sich obsolet machen sollte. Zudem darf nun auch genehmigtes ärztliches Personal, Athletiktrainer und Masseure in gesicherte Bereiche der Bubble.
Dass es überhaupt erst zu dieser Bubble-Idee kam, ist eine Folge davon, dass es für Draft-Prospects schlicht keine einheitliche Vertretung gibt. Es gibt keine Spielergewerkschaft. Erst nach dem Draft und der Unterschrift bei einem Team treten die Spieler in die NFLPA ein.
Letztere ist ohnehin kein Freund der Scouting Combine und ließ dies kürzlich in einem Statement nochmal wissen. Die PA versicherte, die Spieler zu unterstützen, die nicht an der Combine teilnehmen und erklärte: "Die Kombination der von der NFL vorgeschlagenen 'Bubble' und dem Fakt, dass wir immer noch ein antiquiertes System haben, in dem jeder Teamarzt die Spieler untersucht und sie immer noch vorturnen müssen, zeigt, dass wir ernsthafte Anpassungen oder eine Abschaffung dessen brauchen."
gettyGenerell wird die Liga in diesem Jahr mit Änderungen am Format, um das "Gesamterlebnis für die die Spieler zu verbessern". In einem Memo an die Spieler heißt es, es werde "weniger Tage auf dem Gelände" geben.
Zudem ist die Rede von einem "reduzierten Zeitplan für Tests", einer neuen Kommunikationsplattform, terminierten medizinischen Untersuchungen, individuellen Essens-Optionen und variablen Essenszeiten, Einzelzimmern und einer "sicheren Umgebung, um Störungen zu reduzieren und dabei zu helfen, das Risiko einer Ansteckung mit Covid einzuschränken".
Da die NFL einen Quasi-Rückzieher gemacht hat, ist damit zu rechnen, dass nun also doch der Großteil der geladenen Spieler am Event teilnehmen werden. Nicht jeder wird auch "vorturnen", aber zumindest zu den Tests und Interviews erscheinen.
Mit dieser Episode aus dem Weg gilt es, nach vorn zu blicken auf die Combine an sich. Was erwartet uns und vor allem: Welche Spieler sollte man als Beobachter besonders im Auge behalten über die kommenden sieben Tage bis zum 7. März? Wir geben einen kleinen Überblick.
NFL Scouting Combine: Players to Watch
40-Yard Dash
Die Königsdisziplin der Combine ist alle Jahre wieder der 40-Yard-Dash, also die Sprintübung, bei der die schnellsten Spieler auf den ersten 40 Yards ermittelt werden. Und auch in diesem Jahr gibt es ein paar Kandidaten, die hier besonders glänzen dürften.
Calvin Austin, Wide Receiver, Memphis
Der Memphis Tiger Calvin Austin ist nicht nur prominent in so manchem Tag-2-MockDraft vertreten, er gilt auch als einer der schnellsten Spieler insgesamt in der Draft-Klasse. Experten gehen davon aus, dass er im Bereich von hohen 4,2 Sekunden laufen wird. Ob er den Allzeit-Rekord von Wide Receiver John Ross aus dem Jahr 2017 (4,22 Sekunden) angreifen wird, ist allerdings ungewiss.
Daxton Hall, Safety, Michigan
Sein Name wurde bislang noch nicht allzu oft in Draft-Analysen genannt, doch das könnte sich in Kürze ändern. Hall war bereits auf der High School ein Freak und lief nicht nur eine 40er Zeit unter 4,3 Sekunden, er brachte es auch fertig, mehr als 43 Inches (rund 109 cm) beim Vertical Jump abzuliefern. Mit seiner Athletik ist also nicht nur eine schnelle Sprintzeit drin.
Tariq Woolen, Cornerback, UTSA
Ein noch größerer Freak-Athlet ist Tariq Woolen, der ebenfalls bei mehreren Events gewissermaßen als Favorit nach Indy fährt. Auch er ist atemberaubend schnell und kann sehr hoch springen. Seine Draft-Aktien könnten enorm steigen, wenn er die Woche jetzt nutzt.
Bench Press
Die wohl wichtigste Disziplin für die schwereren Jungs an der Line of Scrimmage ist Bench Press. Hier werden Gewichte von 225 Pfund (rund 102 kg) so oft wie möglich im Liegen gehoben und Teams können sich ein besseres Bild davon verschaffen, wie viel Kraft und Power gerade die Linemen tatsächlich mitbringen.
Travis Jones, Defensive Tackle, UCONN
Jones sorgte bereits in der Woche vor dem Senior Bowl für einigen Buzz und war zudem bereits in der abgelaufenen Saison in der Mitte der Defensive Line der Huskies kaum zu stoppen. Er steht vor allem für einen starken Oberkörper und dürfte mit einer guten Combine seine Draft-Chancen steigern können.
Jordan Davis, Defensive Tackle, Georgia
Hatte in der High School massive Probleme damit, Gewichte zu stemmen. Doch das hat sich seither deutlich geändert. Nun wird ihm sogar zugetraut, den (inoffiziellen) Combine-Rekord von 51 Wiederholungen von Justin Ernest aus dem Jahr 1999 zu brechen; die offizielle Bestmarke kommt von Stephen Paea aus dem Jahr 2011, mit 49 Wiederholungen. Wir sind gespannt!
Bernhard Raimann, Offensive Tackle, Central Michigan
Der Österreicher fand sich nun schon in einigen Mock Drafts als Spieler wieder, der sogar an der ersten Runde kratzt. Für ihn sprechen ein breiter Oberkörper, große Kraft und extrem große Hände. Wenn er nun auch noch auf der Bank überzeugt, könnte das seinen Platz am ersten Drafttag zementieren.
Vertical Jump
Wie der Name schon sagt, geht es hier darum, wer am höchsten springen kann. Einige Athleten schaffen es dabei sogar auf NBA-Niveau auf der Stelle zu springen. Gerade bei Defensive Backs und Wide Receivern ist dieser Test interessant. Der Rekord liegt übrigens bei 46 Inches, aufgestellt 2019 von Gerald Sensabaugh.
Drake London, Wide Receiver, USC
London könnte als einer der ersten Wide Receiver in diesem Jahr gezogen werden. Allerdings ist es noch unklar, ob er tatsächlich antreten wird bei der Combine. Vor rund fünf Monaten zog er sich eine Knöchelverletzung zu und könnte daher aussitzen. Doch wenn er springt, dann sicher sehr hoch - schon bei den Trojans zeigte er seine enorme Sprungkraft immer wieder bei Contested Balls.
Christian Watson, Wide Receiver, North Dakota State
Zeigte in der gesamten Saison immer wieder die Fähigkeit, einfach höher zu springen als gegnerische Verteidiger. Nun hat er die Chance, das auch in messbaren Zahlen unter Beweis zu stellen. Seine Draft-Aktien würden von einer guten Vorstellung enorm profitieren.
NFL Combine 2022: So sieht der Workout-Plan aus
Alle Prospects sind insgesamt vier Tage in Indianapolis unterwegs, ehe sie wieder abreisen. Dabei stehen allen voran die Interviews mit den Teams sowie die Medizinchecks im Vordergrund. Die Spieler sind in Positionsgruppen unterteilt und reisen versetzt zueinander an.
Die physischen Workouts finden dann jeweils für die Gruppen an einem Tag statt. Dabei geht es zuerst an die Measurements, dann ans Bankdrücken und anschließend kommen die Workouts auf dem Platz.
Quarterbacks, Wide Receiver, Tight Ends: 3. März
Offensive Line, Running Backs: 4. März
Defensive Line, Linebacker: 5. März
Defensive Backs, Kicker, Special Team: 6. März