Die Training Camps sind eröffnet und die Saisonvorbereitung 2022 läuft langsam an. In einigen Teams gibt es dabei Spieler, die in der kommenden Saison besonders unter Druck stehen und überzeugen müssen, wenn sie eine Zukunft in ihren Teams und in der NFL haben wollen.
NFL: Spieler vor einer Make-or-Break-Saison 2022
Daniel Jones - Quarterback, New York Giants
Daniel Jones ist so etwas wie die Mutter aller Make-or-Break-Kandidaten in dieser Saison. Er war der sechste Pick insgesamt im Draft 2019 und bis heute weiß keiner so recht, wie der damalige General Manager Dave Gettleman auf diese Idee gekommen ist.
Die Option auf ein fünftes Vertragsjahr wurde nicht gezogen, damit geht Jones jetzt in das finale Jahr seines Rookie-Vertrags. Die Aufgabe ist klar: Nach drei sehr überschaubaren Jahren mit ein paar Höhen, aber sehr vielen Tiefen muss er nun zeigen, was er ist - ein möglicher Franchise-Quarterback oder eine Altlast des vorherigen Regimes, die man zeitnah und kostengünstig nach dieser Spielzeit loswerden kann.
Jones' Schicksal liegt ultimativ in seinen eigenen Händen, doch die Hoffnungen auf eine doch noch positive Entwicklung liegen ganz klar auf dem neuen Head Coach Brian Daboll. Unter Dabolls Anleitung war bereits Josh Allen in Buffalo nach eher schwachem Karrierebeginn zu einem absoluten Superstar gereift, in New York hofft man, dass er dieses Kunststück mit Jones zumindest ansatzweise wiederholen kann.
Jones verfügt in Teilen tatsächlich über ähnliche Anlagen wie Allen, ist ein guter Athlet und gut zu Fuß. Sollte es also jemandem gelingen, noch einen entscheidenden Entwicklungsschub bei Jones zu erwirken, dann könnte dies Daboll sein.
Somit besteht durchaus Hoffnung für Jones. Zum einen hat er ein ordentliches Waffenarsenal um sich herum und die Offensive Line wurde nicht zuletzt durch Rookie-Tackle Evan Neal nochmal nachhaltig verstärkt. Zum anderen hielten sich seine Fehler im Passspiel im Rahmen in seinen ersten drei Spielzeiten. Er warf nie mehr als 12 Interceptions in einer Saison. Darauf lässt sich aufbauen.
Dass er in drei Jahren und lediglich 38 Spielen bereits 36 Fumbles fabriziert hat, ist dagegen durchaus ein Problem. Doch wenn er sich auf das Passspiel beschränkt und weniger - oder schematisch gezielter - selbst laufen muss, sollte das zu beheben sein.
Grundsätzlich geht es für Jones darum, nachzuweisen, dass er nun mit besserem Coaching und einem generell besseren Umfeld das nächste Level erreichen kann. Wenn nicht, ist er weg.
gettySaquon Barkley - Running Back, New York Giants
Wir sprachen bereits über Daniel Jones und die Entscheidung, ihn an Position 6 im Draft 2019 zu ziehen. Noch eine ganze Ecke abstruser war jedoch Gettlemans Entscheidung, ein Jahr davor Running Back (!) Saquon Barkley mit dem zweiten Pick insgesamt zu ziehen.
Kritik an dieser Entscheidung geht natürlich nur gegen den damaligen GM, der allen gezeigt hat, wie man in diesem Zeitalter auf gar keinen Fall mehr draften sollte. Gettleman setzte dann noch einen drauf und zog Barkleys Option, sodass er auch in diesem Jahr für garantierte 7,2 Millionen Dollar noch in New York spielen wird.
Eines ist klar: Wenn Barkley fit ist, ist er ein herausragender Playmaker, den jedes - gute - Team sicher gerne hätte. Die RB-Position allerdings bringt immer auch viel Verschleiß mit sich. Barkley ist dafür ein gutes Beispiel - lediglich in seiner Rookie-Saison absolvierte er alle Saisonspiele. 2019 verpasste er drei, 2020 aufgrund eines Kreuzbandrisses gar 14 und im Vorjahr immerhin vier Spiele.
Entsprechend waren seine Leistungen lediglich in den ersten zwei Jahren vorzeigbar - speziell als Offensive Rookie of the Year sammelte er seinerzeit 2028 Scrimmage Yards und 15 Touchdowns, 2019 waren es immerhin noch 1441 Scrimmage Yards und 8 Touchdowns.
Für Barkley geht es nun darum, zu zeigen, dass er noch so viel im Tank hat, dass er zuvorderst den Giants noch ein paar gute Jahre geben kann. Wenn nicht, dann hat das neue Regime dort wenige Argumente, ihn zu halten. Und auch für die restliche Liga wäre er dann schwer vermittelbar - wir reden hier über einen Running Back, der dann fünf Jahre in der Liga wäre und dessen beste Saison ebenso viele Jahre zurückläge.
In solch einem Fall sprächen wir dann über einen Prove-it-Deal in der kommenden Offseason. Für Barkley steht also einiges auf dem Spiel in der kommenden Spielzeit.
Tua Tagovailoa - Quarterback, Miami Dolphins
Eine solche Liste kann man nicht ohne den Quarterback der Dolphins machen. Tua hat zwei schwierige Saisons hinter sich, in denen er als Rookie zunächst hinter Ryan Fitzpatrick saß. Und selbst als er dann übernahm, wurde er in brenzligen Situationen immer wieder auf die Bank gesetzt für Feuerwehrmann Fitzmagic, weil dieser einfach entschlossener agierte.
Im zweiten Jahr verpasste er vier Spiele verletzt, machte ansonsten einen soliden Eindruck. Jedoch zeigten sich auch wieder seine klaren Limitierungen. Und hier rede ich gar nicht von seiner nicht unbedingt überragenden Armstärke. Vielmehr geht es darum, dass er ein reiner RPO-Quarterback ist. Sprich: Er braucht einfache, schnelle Reads. In einem solchen Konstrukt kann er funktionieren und den Ball gut verteilen.
Problematisch wird es dagegen, wenn die erste oder zweite Option nicht da ist. Dann hält er den Ball weiterhin zu lange und ist zu zögerlich, zu unentschlossen. Das führte hinter einer stets wackligen Offensive Line und in zumindest fragwürdigen offensiven Schemes immer wieder zu Problemen.
In seiner anstehenden dritten Saison nun gibt es für Tua keine Ausreden mehr. GM Chris Grier hat den Kader signifikant verstärkt und mit Mike McDaniel einen Offensiv-Guru als Head Coach verpflichtet - ein klarer Kontrast zu Defensiv-Spezialist Brian Flores. Die Offensive Line wurde hochwertig verstärkt und das Waffenarsenal imposant aufgemotzt - allen voran sticht hier Wide Receiver Tyreek Hill heraus, der eine laufende Big-Play-Maschine ist.
Tagovailoa hat damit das perfekte Umfeld erhalten. Nun liegt es an ihm, zu zeigen, dass er mit diesen grandiosen Bedingungen auch seine Leistungen steigern und seine Limits zumindest mal nach oben schieben kann.
Nun wird keiner von ihm verlangen, Deep Balls am laufenden Band zu werfen. Dazu ist er auch nicht geeignet. Doch dieses Element sollte zumindest vorhanden sein in seinem Arsenal mit all den Speedstern um sich herum - Jaylen Waddle ist ja bereits seit dem Vorjahr in Miami. Und Tua muss zeigen, dass er auch mal aus der Struktur ausbrechen kann, denn so gut ein System auch sein mag, ein Quarterback macht nur dann den Unterschied, wenn er darüber hinaus glänzen kann. Man denke da an Stafford bei den Rams.
Tua hat nun noch eine Saison, um die Dolphins zu überzeugen, dass er die langfristige Antwort in der QB-Frage ist. Nach der Saison fällt die Entscheidung über seine Option auf ein fünftes Vertragsjahr. Mehr noch: Die Dolphins besitzen zwei Erstrundenpicks im kommenden Draft, der durchaus ansprechende Quarterbacks enthält. Ein schwaches Jahr von Tua hätte wohl zur Folge, dass sein Nachfolger schnell gefunden wäre.
gettyBaker Mayfield - Quarterback, Carolina Panthers
Nach langem Warten hat Baker Mayfield nun endlich ein neues Team gefunden - die Carolina Panthers holten sich den einstigen First-Overall-Pick via Trade. Damit endet eine Saga, die dadurch begann, dass sich die Browns letztlich erfolgreich um Quarterback Deshaun Watson bemüht hatten.
Schon zu Jahresbeginn hatte Mayfield daher öffentlich mit den Browns abgeschlossen und wartete nur noch darauf, erlöst zu werden, wenn man so will.
Nun geht es für Mayfield in erster Linie darum, seinen Wert zu etablieren. Er ist in seinem finalen Vertragsjahr und muss bei den Panthers nachweisen, dass er zu höheren Aufgaben bereit ist. Er spielt schlicht und ergreifend um seine Zukunft als Starter in der NFL.
Die Browns führte er 2020 erstmals seit 2002 wieder in die Playoffs, zeigte ansonsten jedoch eher durchwachsene Leistungen, was ihn überhaupt erst in die Situation brachte, nicht als unumstrittener QB der Zukunft angesehen zu werden.
In Carolina nun findet er ein Team vor, dass zuletzt selbst den eigenen Ansprüchen hinterher gelaufen war, was fraglos auch an der überschaubaren Quarterback-Situation gelegen hat. Sam Darnold war jedenfalls nicht die Lösung - ist es vielleicht Mayfield?
Noch brisanter wird die anstehende Saison in Charlotte dadurch, dass auch Head Coach Matt Rhules Stuhl gehörig wackelt. Gewissermaßen muss Mayfield somit gleich zwei Karrieren in der kommenden Saison retten - seine eigene und die seines neuen Head Coachs. Anders formuliert: Scheitert Mayfield, wird es auch richtig eng für Rhule.
Drew Lock - Quarterback, Seattle Seahawks
Gibt es einen undankbareren Job als die Nachfolge einer Teamikone anzutreten? Drew Lock jedenfalls versucht dieser Tage genau das.
Er kam per Trade von den Denver Broncos im Tausch für Russell Wilson nach Seattle. Und sein bisheriges Spiel war auch einer der Hauptgründe, warum die Broncos diesen Schritt als nötig erachteten. Lock war in drei NFL-Jahren nur 2020 durchweg der Starter und zeigte stets, wo seine Limitierungen liegen.
Er ist ein guter Athlet, doch hat er Probleme damit, das Spiel schnell zu lesen. Lock ist einer von der Sorte QB, deren Reads man besser limitiert. Lock kommt selten über die zweite Option hinaus, er wird dann zögerlich, hält den Ball zu lange und wird ineffektiv.
Zudem macht er zu viele Fehler und wirft wenig präzise - trotz eines in Denver sehr ordentlichen Waffenarsenals brachte er es in drei Spielzeiten auf eine Passquote von nur 59,3 Prozent. Zu wenig, wenn man etwas erreichen will in dieser Liga.
In Seattle nun findet er ebenfalls verhältnismäßig gute Bedingungen vor. Die Seahawks haben gerade erst mit Charles Cross und Abraham Lucas ihre Offensive Line generalüberholt, zudem sind mit DK Metcalf und Tyler Lockett immer noch zwei Top-Receiver im Kader.
Doch Locks erste Aufgabe wird es sein, sich im Camp und darüber hinaus gegen Geno Smith durchzusetzen. Jener kennt die Seahawks-Offense schon länger und dürfte schon deshalb zu Beginn Vorteile genießen. Doch während Smith als Backup in dieser Liga etabliert ist, wurde Lock bis zuletzt noch als potenzieller Starter in der NFL angesehen.
Um diesen Eindruck aufrechtzuerhalten, muss er nun von Beginn an zeigen, dass er tatsächlich für diese Rolle geeignet ist. Ansonsten läuft sein Vertrag am Saisonende aus und wir reden bei Lock tatsächlich nur noch über einen Backup-Posten irgendwo in der Liga.
Bradley Chubb - Edge Rusher, Denver Broncos
Bradley Chubb war der fünfte Pick im Draft 2018. Damals noch frohlockte man in Denver, schließlich hatte man einen neuen kongenialen Partner für Superstar Von Miller an der defensiven Front gefunden - einen Nachfolger für den 2016 zurückgetretenen DeMarcus Ware, um dem Pass-Rush neuen Glanz zu verleihen.
Chubb jedoch entwickelte sich nicht wie gewünscht. Nach einer guten Rookie-Saison mit 36 Pressures kam Verletzungspech dazu, das ihn von 2019 an 24 Spiele kostete.
Chubbs Option auf ein fünftes Jahr wurde zwar gezogen, doch jenes ist nun erreicht. Hätte er bis hierhin sein Potenzial abgerufen, wäre ein neuer langfristiger Deal sicherlich schon längst unter Dach und Fach. Doch stattdessen spielt Chubb nun um seine Zukunft.
Miller ist weg und Neuzugang Randy Gregory ist in erster Linie eine sehr teure Wundertüte als Chubbs Pass-Rush-Pendant. Entsprechend liegt der Fokus nun vollends auf ihm. Er muss als Anführer vorangehen und zeigen, dass er der Star sein kann, den man sich in Denver vor ein paar Jahren erhofft hatte.
Jeff Okudah - Cornerback, Detroit Lions
Vor gut zwei Jahren überschlugen wir uns alle mit Lob und verteilten Vorschusslorbeeren an Jeff Okudah, der damals als Ausnahmetalent galt. Als einer der besten Cornerbacks, die der NFL Draft seit langer Zeit gesehen hatte. Die Lions zogen ihn schließlich mit dem dritten Pick 2020.
Die Rendite aus dieser Entscheidung sieht bislang jedoch sehr überschaubar aus. Okudah machte in seiner Rookie-Saison nur neun Spiele, davon nur sechs Starts. Er überzeugte kaum und verpasste weite Teile der Saison nach einer Operation an der Rumpfmuskulatur.
Ein Jahr später riss er sich gleich im Season Opener die Achillessehne und verpasste 2021 damit nahezu komplett. Immerhin eröffnete er das diesjährige Training Camp im aktiven Kader, was bedeutet, dass er wieder fit ist.
Die Lions befinden sich allerdings inmitten eines großen Umbaus und Okudah ist noch ein Überbleibsel des vorherigen Regimes. Er wird wohl die Saison erneut als Starter beginnen, aber garantiert ist ihm wenig. Okudah muss in dieser Saison zeigen, dass er zum einen gesund bleiben und zum anderen sein immer noch vorhandenes Personal auch aufs Feld bringen kann.
Nach der Saison steht dann zunächst mal die Entscheidung über seine Fifth-Year Option an, doch ohne ein sehr gutes Jahr jetzt dürfte auch alles, was danach kommt, schon früh auf der Kippe stehen.
Mekhi Becton - Offensive Tackle, New York Jets
Becton war der elfte Pick im Draft 2020 und sollte der Left Tackle der Zukunft bei Gang Green sein. Was dabei bislang rauskam, war jedoch zumindest mal zwiegespalten.
In seiner Rookie-Saison machte er 14 Spiele, 2021 war dann nach einer schweren Knieverletzung bereits nach Woche 1 Schluss.
Das Problem nun ist, dass Becton Fragezeichen bezüglich seiner Disziplin begleiten; es ist die Rede von Gewichtsproblemen des 2,01-Meter-Mannes. Sein Kampfgewicht von 164 Kilogramm soll er überboten haben. Erschwerend kommt hinzu, dass er das Training Camp auf der PUP List beginnt, also aktuell noch nicht in der Lage ist, am Training beziehungsweise dem Spielbetrieb teilzunehmen.
Zudem planen die Jets mit ihm nun womöglich auf Right Tackle. George Fant - ebenfalls zunächst auf PUP - würden dann auf der linken Seite der Offensive Line übernehmen.
Becton muss also zunächst mal fit werden. Gelingt ihm dies, muss er zeigen, dass er mit dem Wechsel auf rechts zurechtkommt und diesen professionell annimmt. Und anschließend reden wir dann über seine Leistungen und die Frage, ob er langfristig ein Eckpfeiler dieses Teams sein kann.
Das sind auf dem Papier schon jetzt ziemlich viele Variablen, die Becton zu bewältigen hat. Alles mit dem kurzfristigen Ziel, dass das Team seine Fifth-Year Option zieht und in ihm weiterhin die Zukunft sieht.