Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 7 in der NFL

Von Adrian Franke
24. Oktober 202209:54
SPOXgetty
Werbung

Woche 7 in der NFL, und die einzige Konstante bleibt die Inkonstanz: Favoriten stolpern, Underdogs gewinnen - und für Bradys Buccaneers und Rodgers' Packers wird es langsam aber sicher ernst. Außerdem: Der McCaffrey-Trade und warum die Panthers von den Cardinals lernen können.

Wir befinden uns ohne jeden Zweifel in einer Saison, die selbst für NFL-Verhältnisse unvorhersehbar ist. Und die Formel ist nicht schwierig: Weniger Punkte, weniger offensive Effizienz und weniger Big Plays führen zu mehr engen Spielen - was wiederum Tür und Tor für Überraschungen öffnet.

Eine NFL-Saison ist ohnehin geplagt von der Problematik der kleinen Sample Size. Wo in anderen Ligen signifikant mehr Spiele absolviert werden, sodass kleinere Ausrutscher für einen Favoriten weniger Gewicht haben, können solche in der NFL schwer wiegen.

Elf oder neun Siege? Das ist der Unterschied zwischen Playoffs und keiner Postseason. Und der in der NFL meist ohnehin schon schmale Grat zwischen neun und elf Siegen wurde dieses Jahr nochmal schmaler, weil nur wenige Teams Spiele deutlich gewinnen; erst recht nicht die Teams, die um eine Position in der Zehn-Siege-Range kämpfen. Einzelne Big Plays - und nicht selten defensive Big Plays - entscheiden Spiele derzeit noch häufiger.

Das Resultat, das wir nach etwas mehr als einem Drittel dieser Saison sehen, sind viele komplett offene Divisions. Weder rennen die Buccaneers mit der NFC South weg, noch die Packers mit der NFC North. In der NFC West setzt sich niemand ab, genau wie in der AFC North und der AFC South.

Das sorgt für bestes Entertainment, auch weil jegliche Form von Prognose umso schwieriger ist. Aber es deckt auch schonungslos Schwachstellen auf, ob in puncto Kaderzusammenstellung, Coaching, oder auch Quarterback-Play.

Green Bay und Tampa Bay sind vermutlich die beiden Paradebeispiele dafür. Tom Brady und Aaron Rodgers waren in der vergangenen Saison die beiden Spieler, die sich um die MVP-Auszeichnung stritten. Beide dirigierten gut geölte Offense-Maschinen - und beide scheitern gerade an ihren Umständen.

Ironischerweise kann man zwar ein gemeinsames Problem ausmachen - die Offensive Line ist bei den Bucs und bei den Packers von einer Stärke zu einem Fragezeichen geworden -, doch die Schlussfolgerung fällt gegensätzlich aus: Während die Packers schematisch immer noch ein gutes Run Game haben und eine Klein-Klein-Offense umsetzen können sollten, sollten die Bucs eine Offense eine Offense aufziehen können, in der sie ihre Playmaker in vorteilhafte Situationen bringen und so Coverages diktieren.

Beides aber passiert nicht, und mit den Niederlagen gegen Washington, respektive Carolina, rutschen beide nicht nur auf dem Scoreboard, sondern vor allem mit den Leistungen auf dem Platz tiefer in die Krise.

1. Die Buccaneers sind am Tiefpunkt angekommen

Nach diesem desolaten Auftritt gegen die Panthers, dieser 3:21-Niederlage gegen ein Team, das eindeutig den Umbruch eingeleitet hat, nachdem man jetzt mit zwei offensiv unentschuldbaren Spielen gegen die jeweils klaren Underdogs Pittsburgh und Carolina verloren hat, ist es an der Zeit für ein ernsthaftes Gespräch. Für ein Gespräch darüber, was die Buccaneers-Offense dieses Jahr spielt. Was uns das über die beteiligten Akteure verrät - und ob eine Lösung in Sicht ist.

Ich war hier bislang geduldig. Ich bin davon ausgegangen, dass sich die individuelle Qualität irgendwann durchsetzen wird, dass Tampa Bay, ganz einfach formuliert, nach wie vor zu stark besetzt ist, um wirklich ernsthaft einzubrechen, und die ersten Wochen der Saison, als regelmäßig Receiver ausfielen, spielte in dieses Narrativ bestens hinein.

Aber ein zentrales Thema aus offensiver Perspektive in dieser Saison ist für mich die Tatsache, dass sich gut designte Offenses mit guten Play-Callern sich angesichts der Art und Weise, wie Defenses das Geschehen gerade diktieren, umso mehr absetzen.

Tampa Bay hat nichts davon.

Bucs können nicht mehr von individueller Qualität leben

Die Bucs haben nach wie vor eine hohe Receiver-Qualität, aber Defenses lassen Offenses nicht mehr einfach über individuelle Receiver-Matchups Spiele dominieren. Die Bengals haben das mehrfach in dieser Saison schon zu spüren bekommen - wenn auch nicht diese Woche - gegen die Backup-Cornerbacks der Falcons.

Die Bucs haben nach wie vor einen Quarterback, der auf einem sehr hohen Level spielt - aber Brady agiert bislang nicht auf dem Elite-Level, das er letztes Jahr hatte. Dieses Level wäre aber in dieser Saison umso dringender gebraucht, um den Ball mit langen Drives nachhaltig zu bewegen.

Und es wäre umso dringlicher benötigt, um diese Offense zu tragen. Denn Tampa Bay hat nicht nur keine gut designte Offense oder keinen guten Play-Caller - die Bucs sind hier schlecht.

Der Game Plan gegen Pittsburgh in der Vorwoche war eine Absurdität. Gegen eine Steelers-Defense, die ohne ihren Elite-Pass-Rusher T.J. Watt sowie ohne vier von fünf Startern in der Secondary auskommen musste, hätte der Game Plan den vollen Fokus auf das Passspiel finden müssen.

Stattdessen war es ein First-Down-Run-Fest, und das obwohl Fournette keinerlei Dynamik mitbringt, nichts kreiert und die mittlerweile häufig thematisierte, ersatzgeschwächte Interior Offensive Line auch keine Räume kreiert. Auf diese Art hält man auch auf dem Papier klar unterlegene Gegner stets im Spiel, weil man nie davon zieht.

Bucs-Offense: Dogmatisch und unkreativ

Es ist eine dogmatische Offense, die den Ball insbesondere bei First Down läuft, um ihn zu laufen, und im Gegensatz zu vergangenen Jahren ist die individuelle Qualität nicht mehr ausreichend, um diese Defizite auszugleichen. Zumal zu dieser klar erkennbaren Schwachstelle ein Game-Management und Fourth-Down-Decision-Making kommt, das ich nicht einmal als konservativ, sondern als riskant bezeichnen würde.

Denn: Wer mit ideenlosem Play-Calling seinen Spielraum für Fehler ohnehin schon limitiert, kann sich nicht den Luxus erlauben, auch noch regelmäßig bei Vierter-und-Kurz zu punten.

Ich denke noch immer nicht, dass die Bucs die Playoffs verpassen werden. Dafür ist die Division zu schwach und dafür bin ich, auch auf die Gefahr hin, mir selbst zu widersprechen, weiterhin zu sehr davon überzeugt, dass Brady seine Offense zumindest einigermaßen besser in die Spur bringen wird.

Kann Brady die Bucs jetzt noch retten?

Aber solange die Offensive Line so anfällig ist, wird das Run Game nicht funktionieren, während das Play-Calling von Byron Leftwich - dessen Head-Coach-Aktien dieses Jahr auch kräftig abstürzen dürften - eben jenes Run Game in den Mittelpunkt rückt. Nicht nur bei First Down, sondern auch etwa bei der Sequenz in der zweiten Hälfte gegen die Panthers, als man erst Dritter- und dann Vierter-und-Kurz nicht in ein First Down verwandelte.

Wenn dann Brady noch Evans mehrfach tief verfehlt, nachdem Evans einen komplett offenen 75-Yard-Touchdown gleich zum Start des Spiels spektakulär fallen gelassen hat, dann ist das Maß für Ausrutscher auch schnell voll.

Head Coach Todd Bowles sprach anschließend darüber, dass es finsterer nicht werden würde. Er sprach auch wieder darüber, dass man mental tougher sein müsse. Eine Phrase, die man von ihm zuletzt bereits gehört hatte und die genauso nichtssagend ist wie sie klingt.

Die Bucs bräuchten jetzt eine schematische offensive Generalüberholung, und nach allem, was wir von diesem Trainerstab gesehen haben, halte ich es für wahrscheinlicher, dass der Impuls dafür von Brady selbst kommen muss. Das will ich nicht ausschließen - aber die Alarmsirenen müssen allerspätestens mit diesem Auftritt gegen Carolina auf Hochtouren laufen.

2. McCaffrey-Trade löst San Franciscos Probleme nicht

Der Trade für Christian McCaffrey hat die Trade Deadline so richtig in den Fokus gerückt. Und ich finde sie in dieser Saison besonders interessant, denn in einer Saison, in der wenige Teams wirklich überzeugen, ist es umso spannender, zu beobachten: Welche Teams sehen sich potenziell im Titelfenster und zeigen das mit einem spektakulären Trade auch nach außen hin?

So gesehen kann man nachvollziehen, warum sich San Francisco grundsätzlich in der Position sieht, All-In zu gehen: San Francisco hat - auch wenn Kansas City diese These scharf attackierte - eine der besten Defenses der Liga, sowie einen offensiv hohen Floor, sehr gute Skill-Position-Spieler und einen der besten Play-Caller der Liga. Die Niners sind absolut in der Position, einen Playoff-Run hinzulegen - die Konkurrenz ist schwächer als in vergangenen Jahren, und San Francisco könnte stärker sein als zuletzt.

Den Quervergleich mit den "Fuck them Picks"-Rams sehe ich bei diesem Trade dennoch nur bedingt gegeben. Zwar sind auch die Rams mit teuren Trades All-In gegangen - allerdings adressierte L.A. mit seinen Monster-Trades auch Premium-Positionen: Jalen Ramsey ist ein Elite-Shutdown-Corner, Von Miller ein Elite-Pass-Rusher, Matt Stafford ein Quarterback-Upgrade und Odell Beckham, den sie während der Saison verpflichteten, öffnete als High-End-Komplementär-Receiver die Offense auf eine kritische Art und Weise auf dem Weg zum Super Bowl.

Corner, Pass-Rusher, Quarterback, Receiver - ich würde argumentieren, dass das die vier wichtigsten Positionen im Football sind. Running Back dagegen? Manch einer mag deren Bedeutung höher sehen als andere, aber für den Running Back als Premium-Position können selbst die größten Fans der Position nicht mehr argumentieren. Und zu sehen, dass Wilson im Vergleich zu McCaffrey selbst unter Berücksichtigung der Umstände der effizientere Runner war, ist fast schon ein wenig ironisch.

Wo liegt McCaffreys Value für die Niners-Offense?

Natürlich wird McCaffreys Rolle in der Offense über die eines reinen Runners hinausgehen, wenngleich Shanahan bislang zumindest Running Backs kaum im Passspiel eingesetzt hat. Ich würde davon ausgehen, dass Shanahan auf diesem Wege noch mehr Vorteile und Matchups mit Personnel-Groupings kreieren wird.

Ganz besonders spannend: Die Niners haben über die letzten drei Jahre kontinuierlich mehr Empty mit Garoppolo gespielt - hier jetzt einen Spieler wie McCaffrey zu haben, mit dem man in 21-Personnel rauskommt und dann via Pre-Snap-Motion in eine Empty-Formation gebt, könnte einige interessante Matchups bieten.

Doch sprechen wir da immer noch über relativ kleine Teile der Offense; über - mit Blick auf das Big Picture - kleine Vorteile hier und da. Und dabei sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass es selbst mit einem herausragenden Receiving-Back wie McCaffrey immer noch vorteilhafter ist, einen "echten" Receiver etwa aus dem Slot gegen Linebacker in Mismatches zu bekommen.

Das ist der Knackpunkt. Wie man es auch dreht und wendet, selbst wenn wir von einem idealen sportlichen Verlauf ausgehen mit Blick auf die Art und Weise, wie Shanahan McCaffrey einsetzen wird, selbst wenn San Francisco in den Super Bowl einzieht: Wie groß kann der Impact von McCaffrey dabei überhaupt, realistisch betrachtet, sein? Und wie steht dieser Impact im Vergleich zum Preis, den San Francisco bezahlt hat?

Die Niners verstärken ihr Ressourcen-Defizit

Das Problem, vor dem San Francisco in puncto Roster-Building jetzt steht, ist dieses: Wenn ein Team schon einen teuren Draft-Uptrade für einen Quarterback durchgeführt hat, ist man so gesehen bereits in einem Ressourcen-Defizit.

Drei der übrigen fünf Top-150-Picks - also das restliche Kapital abgesehen von zwei Compensatory Picks - im kommenden Draft abzugeben, nachdem man im vergangenen Draft schon nicht in Runde 1 gepickt hat, ist ein hochriskanter Weg, wenn wir davon sprechen, einen starken Kader auch perspektivisch mit konstanter Talentzufuhr stark zu halten.

Die Packers etwa merken jetzt gerade die Folgen der damals heiß diskutierten 2020er Draft-Klasse. Auch deshalb ist man jetzt davon abhängig, dass Rookie-Receiver und Mid- und Late-Rounder in der O-Line schnell gut spielen. Die Rams sind das noch extremere Beispiel: Die Superstars müssen alle auf Superstar-Level spielen, ansonsten wird die mangelnde Tiefe daneben schonungslos aufgedeckt; erst recht, wenn dann noch die Spieler aus dem mittleren Tier ausfallen. Dann hat man nicht die Tiefe, das zu kompensieren.

McCaffreys Value wiegt in meinen Augen das Risiko dieser Vorgehensweise nicht auf.

49ers: Wie lief McCaffreys Debüt?

Vereinzelt war im Spiel gegen die Chiefs auch zu sehen, wie McCaffreys Rolle aussehen kann. Nicht nur erhielt er früh einige Inside-Runs, die Niners spielten außerdem prompt eines der angesprochenen Plays: Empty aus 21-Personnel, McCaffrey fing den Screen und konnte mit Tempo den Raum attackieren.

Aber - und natürlich muss man hier die limitierte Sample Size berücksichtigen, McCaffrey hat das Playbook erst vor einigen Tagen erhalten - es war eben auch sichtbar, wo die Probleme liegen können: Wenn es darum geht, gegen ein Top-Team aufzuholen. Wenn die Defense bestimmte Personnel Groupings oder Formationen weniger gewichtig bewertet - welche Spieler können dann den größten Impact haben?

Die Niners, das wurde zu Beginn des Schlussviertels in der Übertragung thematisiert, haben unter Kyle Shanahan nur eines von 30 Spielen gewonnen, wenn sie zu Beginn des vierten Viertels mit mindestens drei Punkten Abstand hinten lagen. Der Record lautet jetzt 1-30.

Während die Chiefs bei Dritter-und-Elf Shot Plays auflegen können, während Mahomes generell gegen diese Defense mehr Big Plays auflegte als ich erwartet hatte, während die Chiefs mit einem eindrucksvollen Drive auf den Niners-Touchdown zu Beginn des vierten Viertels antworteten, haben die 49ers diese Mittel so nicht.

Sie haben nicht den Quarterback dafür, die Line ist inkonstant - diese Probleme löst McCaffrey nicht. Das ist keine neue Erkenntnis, aber gerade die Schlussphase der Partie am Sonntag unterstrich diesen Takeaway. Und der macht die Entscheidung, mit einem Running Back All-In zu gehen, umso kurioser.

3. Wer ist in der NFC überhaupt gut?

Ich habe lange schon aufgehört zu zählen, wie häufig ich diese Frage in den letzten Wochen gehört habe. Die Liga kommt in diesem Jahr insgesamt so ausgeglichen wie schon lange nicht mehr daher, was maßgeblich daran liegt, dass Offenses aktuell deutlich weniger schlagkräftig sind, sodass wir weniger Touchdowns und mehr enge Spiele erleben. Oder anders formuliert: Ein sehr, sehr breites Mittelfeld, in das man den Großteil der Liga einsortieren könnte.

Während sich in der AFC Teams wie die Bills und die Chiefs zumindest oben absetzen, mit Miami, Cincinnati und Baltimore unter anderem als zweite Gruppe dahinter, ist selbst diese Unterteilung in der NFC schwieriger - und Woche 7 hat das nochmals eindrucksvoll unterstrichen.

Die Philadelphia Eagles haben am ehesten dominante Phasen, aber auch bei den Eagles habe ich noch einige Fragezeichen, allen voran dahingehend, inwieweit sie das Passspiel noch weiterentwickeln können. Das ist nichtsdestotrotz das kompletteste Team in der NFC sowie in meinen Augen das kompletteste Team in der NFL hinter den Bills.

Und dann?

Meine realistische Prognose ist, dass wir ligaweit und ganz besonders in der NFC die ganze Saison über diese Diskussionen führen werden. Ich erwarte nicht, dass sich hier plötzlich ein Team abgesehen von Philadelphia absetzt. Die Seahawks muss man zunehmend ernst nehmen, kaum eine Offense kreiert so viele offensive Big Plays, und das zuletzt sogar mit einigen durchwachseneren Spielen von Geno Smith. Vielleicht überraschen die Giants auch weiter.

Alle Teams, die ich hier aber aufführe, zählten zu den Schwergewichten. Diese Teams hatten vor Saisonstart bei den Buchmachern ein Win-Total von mindestens 9,5 Siegen, abgesehen von San Francisco und Minnesota lagen diese Teams sogar alle bei mindestens 10,5. Gemeinsam mit den Eagles waren es die einzigen NFC-Teams, welche die Buchmacher jenseits der 9-Siege-Marke sahen.

Welches dieser Teams könnte in der zweiten Saisonhälfte einen Run hinlegen und Richtung Playoffs plötzlich doch als gefährlicher Contender daherkommen - und bei wem ist das nach allem, was wir bisher gesehen haben, eher unwahrscheinlich?

Dallas Cowboys (Bilanz: 5-2)

Was spricht dafür? Bei keinem Team in dieser Auswahl bin ich zuversichtlicher - und das, obwohl ich bei keinem dieser Teams vor der Saison skeptischer war. Falsch lag ich vor allem bei der Defense, die sich nochmal variabler präsentiert, ihre Coverages vielseitiger aufstellt, im Pass-Rush sehr schwer ausrechenbar ist und individuell einfach hochkarätig besetzt ist. Das hat Dallas trotz der Prescott-Verletzung über Wasser gehalten - und jetzt ist er zurück.

Was spricht dagegen? Die Cowboys hatten eine Bottom-8-Offense über die ersten sechs Wochen der Saison. Und natürlich, mit Backup-Quarterback muss man alle Maßstäbe entsprechend verändern, aber es war nicht so, als hätte die Offense in Week 1 die Sterne vom Himmel gespielt. Oder in der vergangenen Saison, wenn nicht Amari Cooper, CeeDee Lamb und Michael Gallup alle zur Verfügung standen. Wie gut kann die Offense unter Kellen Moore und mit weniger O-Line- und Receiver-Qualität als letztes Jahr sein?

Prognose: Die Cowboys haben sich von allen Teams dieser Liste bislang am stabilsten präsentiert. Ich denke, dass Dallas die Playoffs erreichen wird und eine echte Chance hat, dort auch ein Spiel zu gewinnen.

Tampa Bay Buccaneers (Bilanz: 3-4)

Was spricht dafür? Tom Brady und die noch immer hohe individuelle Qualität. Die Bucs sind ein Team, das davon lebt, dass die Receiver Eins-gegen-Eins gewinnen und Brady selbst vertikal auf einem konstanten Level spielt. Dass die Defense die Line of Scrimmage dominiert. Und in mehreren Teilen - Wide Receiver, Quarterback, Defensive Front, Safety - ist die Qualität noch immer hoch.

Was spricht dagegen? ... aber sie ist nicht mehr so hoch wie in den vergangenen beiden Jahren. Und das ist hier der gravierende Unterschied: Brady spielt gut, aber nicht auf dem absolutem Elite-Level, das er über die letzten beiden Jahre hatte. Die Defense ist gut, aber nicht dominant. Die Receiver außerhalb von Mike Evans sind bisher inkonstant. Und die Interior Offensive Line, die eine Stärke war, ist nach mehreren Ausfällen und Abgängen eine Schwäche, was das unkreative Play-Calling umso stärker in den Mittelpunkt rückt.

Prognose: Die Saints sind nicht die Bedrohung, die manche hier erwartet haben, die Panthers sind im Rebuild und die Falcons machen Spaß, aber haben vermutlich nicht die Substanz, um das für den Rest des Jahres aufrechtzuerhalten. Die Bucs sollten noch immer das beste Team in der Division sein. Aber man müsste schon aktiv wegschauen, um nicht zu sehen, dass es in diesem Team aktuell einiges nicht passt. Ich halte die kommenden Tage für kritisch: Nach einer derart schallenden Ohrfeige nutzt das Team diesen Moment vielleicht als Weckruf. Oder wir werden über die kommenden Wochen Zeugen eines Bucs-Teams, das sich auflöst.

Minnesota Vikings (Bilanz: 5-1)

Was spricht dafür? Die Offense ist sicher noch nicht so konstant, wie man sich das erhofft hatte - aber sie ist explosiv und schlagkräftig. Mit einer starken Receiver-Gruppe, mit einer gut designten Offense. Das Run Game sollte sich noch steigern können, und der 5-1-Start ist eine sehr gute Basis nach dem ersten Saisondrittel.

Was spricht dagegen? Man kann hier in beide Richtungen argumentieren: Es ist gut, Spiele zu gewinnen, während man klare Schwachstellen noch hat - aber das verrät uns eben nichts darüber, inwieweit diese Schwachstellen repariert werden können, was wiederum, 5-1-Start hin oder her, weitere Prognosen erschwert. Die Interior-O-Line ist ein Problem, Cousins unter Druck kann ein großes Problem sein und die Defense ist insbesondere an der Line of Scrimmage noch längst nicht auf dem erhofften Level.

Prognose: Wir können darüber sprechen, dass der 5-1-Start "zu gut" aussieht, bis wir blau werden - fünf Siege haben die Vikings, und die wird ihnen niemand mehr nehmen. Mit einem weiteren Schedule, der zumindest fünf bis sechs weitere Siege mit sich bringen sollte, sehe ich Minnesota klar in den Playoffs, potenziell auch als Division-Sieger. Aber in den Playoffs traue ich den Vikings nicht viel zu.

Green Bay Packers (Bilanz: 3-4)

Was spricht dafür? In erster Linie das Potenzial in diesem Team. Die Defense sollte auf allerhöchstem Level agieren können, Rodgers sollte wie ein Top-5-Quarterback spielen können, die Packers sollten ein sehr gutes Run Game haben können, LaFleur sollte ein guter Play-Caller sein. Und wenn wir dauernd sagen, dass in der NFC kaum wer wirklich überzeugt, dann kann ein Team, das gut sein sollte, vielleicht am Ende das Team sein, bei dem rechtzeitig alle Rädchen ineinander greifen.

Was spricht dagegen? Ich sehe keinen "einfachen" Fix hier. Die Defense agiert in Teilen individuell hinter den Erwartungen, scheint aber auch strukturelle Probleme zu haben und wird regelmäßig am Boden dominiert. Vielleicht stabilisiert sich die Offensive Line, vielleicht hat einer der beiden Rookie-Receiver seinen Breakout. Vielleicht sind es aber auch zu viele potenzielle Problemzonen, und wenn die sich fortsetzen, könnte auch Rodgers selbst mehr Teil des Problems als der Lösung werden, für eine Offense, die ohnehin auf wackeligen Füßen steht.

Prognose: Die Packers sind tendenziell eher kein Team, das zur Trade-Deadline aggressiv wird. Ich sehe eine Gefahr, dass die Probleme sich in Green Bay hochschaukeln könnten. Mit LaFleur, Rodgers und der Pass-Defense habe ich die Packers weiterhin in den Playoffs. Aber dort sehe ich sie mit einem weiteren verfrühten Ende.

Los Angeles Rams (Bilanz: 3-3)

Was spricht dafür? Die noch immer hohe individuelle Qualität. Aaron Donald und Jalen Ramsey defensiv, sowie Cooper Kupp und Matt Stafford offensiv, sind Spieler, die nicht nur individuelle Matchups dominieren, sondern auch auf eine Art und Weise heiß laufen können, dass es einen echten Unterschied macht. Gerade in der diesjährigen NFC.

Was spricht dagegen? Die Rams waren letztes Jahr keineswegs durchweg dominant. Über weite Teile der Saison war das eines von mehreren guten Teams - bis dann die Stars in der Crunchtime der Saison ihre besten Leistungen abriefen. Von diesen Stars sind mehrere weg (Von Miller, Odell Beckham, Andrew Whitworth), während Stafford zusammen mit der O-Line und mit Neuzugang Allen Robinson in ein kollektives Loch gefallen ist. Sind die Baustellen jetzt schlicht zu zahlreich?

Prognose: Exakt das ist hier meine Prognose. Selbst ein aggressiver Deadline-Trade, der bei den Rams immer denkbar ist - dem Vernehmen nach waren sie ja bis zuletzt im McCaffrey-Wettbieten mit dabei - wird hier nicht reichen, um alle kritischen Baustellen zu adressieren. Ein Platz in den Playoffs ist sicher denkbar, aber selbst im Schneckenrennen der NFC fallen die Rams langsam zurück.

San Francisco 49ers (Bilanz: 3-4)

Was spricht dafür? Wie die Niners sich selbst sehen, steht nach dem Trade für Christian McCaffrey außer Frage. Es ist ein All-in-Move, nachdem man bereits signifikantes Trade-Kapital in Trey Lance investiert hat - und das obwohl Lance den Rest der Saison verpassen wird. Wir wissen, was für eine Offense es mit Garoppolo ist, und wenn die Defense fit ist, kann diese Defense Spiele gewinnen. Die Niners haben einen hohen Floor, und dieser wurde mit McCaffrey nochmal höher - und das in einer NFC, die komplett offen zu sein scheint.

Was spricht dagegen? Mit Garoppolo, mit einer dominanten Defense, mit Shanahan als Play-Caller - die Pro-Argumente sind stark, aber für mich kommt es bei den Niners so häufig auf einen übergreifenden Punkt zurück: San Francisco muss beide Seiten der Line of Scrimmage gewinnen können, um an seinem Ceiling zu kratzen und ganz oben mitzuspielen. McCaffrey hilft dabei nicht - und allen voran die Interior Offensive Line bleibt ein ziemliches Fragezeichen.

Prognose: Mit dem McCaffrey-Trade wurden die Niners eines der interessantesten Teams in der NFC. Ich hatte San Francisco bereits vor diesem Trade als Favorit in der Division, die große Frage hier ist, ob die Schlüsselspieler fit bleiben. Dann traue ich San Francisco absolut einen Playoff-Run zu. Mit dem altbekannten Hinweis, dass für dieses Team eben viele Dinge sehr gut laufen müssen, damit es so weit kommt.

4. Die Cardinals als warnendes Rebuild-Beispiel

Ich habe, auch bei den amerikanischen Kollegen, in den vergangenen Wochen mehrfach die Frage danach gehört: "Was genau sind die Arizona Cardinals" eigentlich, oder, ähnliche Richtung: "Was wollen die Cardinals sein?" Und für ein Team, das sich über die ersten drei Jahre der Kingsbury-Ära kontinuierlich von fünf auf acht auf elf Siege gesteigert hat und inmitten des vierten Jahres, nachdem alle Hauptakteure neue Verträge bekommen haben, im kompletten Ungewissen zu stehen scheint, ist das eine mehr als faire Frage.

Diese Frage steht nicht nur auch nach dem Sieg gegen die Saints im Raum, ein Spiel, das unterstrich, wie unterschiedlich das Team mit DeAndre Hopkins aussehen kann. Es ist auch ein Thema, und deswegen halte ich es in dieser Phase der Saison für zusätzlich relevant, das im Raum steht, während ein Team wie die Carolina Panthers seinen Rebuild einleitet.

Ich denke, hier ist es wichtig, sich zunächst einmal einen Rahmen zu stecken. Und Teil dieses Rahmens ist es, dass der komplette Rebuild nie durchgeführt wurde. 2019 war am ehesten noch eine Zäsur, als man Kingsbury verpflichtete und wenige Monate später Kyler Murray draftete.

Doch das war kein Team, das einen gezielten Umbruch eingeleitet hatte. Arizona ging in die 2019er Saison mit der Idee, unter Steve Wilks physischen Football zu spielen, während Josh Rosen als neuer Franchise-Quarterback herangeführt wurde. Nichts davon klappte, und auch wenn Wilks - und letztlich auch Rosen - nach nur einem Jahr weg war: Weder vor der 2018er Saison, noch vor der 2019er Saison entschied man sich bewusst dafür, den Kader umzukrempeln.

Vielmehr war Arizonas Kader in den Jahren nach der Hochphase unter Bruce Arians schrittweise schlechter geworden. Leistungsträger wie Jared Veldheer, Carson Palmer, Mike Iupati, John Brown und Michael Floyd waren alt geworden und/oder von der Bildfläche verschwunden. Larry Fitzgerald, Patrick Peterson und David Johnson würden bald folgen.

Wer dagegen selbst durch das Wilks-/Rosen-Debakel im Sattel blieb, war GM Steve Keim. Und das schreibe ich nicht nur, um Keim die sprichwörtliche Zielscheibe aufzumalen, sondern weil es wichtig ist, um die daraus folgenden Dynamiken zu verstehen.

Steve Keim und die Bruce-Arians-Ära

Keim ist seit 2013 der General Manager in Arizona, seine erste wichtige Entscheidung war die Verpflichtung von Bruce Arians als neuem Head Coach. Das Team trug anschließend eine klare Handschrift: Mit Palmer, Veldheer, Brown, Iupati, J.J. Nelson sowie den bereits vorhandenen Fitzgerald und Floyd wurde eine explosive Offense aufgebaut, die in Kombination mit einer physischen Offensive Line ein simples und dennoch gefährliches Run Game mit einer spektakulären Passing-Offensive aufziehen sollte.

2015 erreichte dieses Konstrukt seinen Höhepunkt. Das war das Jahr, in dem sich die Line fand, in dem die tiefe Receiver-Gruppe auf ihrem kollektiv besten Level spielte und in dem Chris Johnson und Rookie David Johnson sich das Backfield teilten. Es war ein Team mit einer Identität - und mit einem klaren Ablaufdatum.

Das liegt in der Natur der Sache, wenn man insbesondere auf der Quarterback-Position um einen langjährigen Routinier wie Palmer aufbaut. Und als jene Ära ihrem Ende entgegenging, als Palmer und Arians aufhörten, als es an Keim gelegen hätte, die Franchise in eine neue Richtung zu führen, ging jegliche Richtung verloren.

Um die Überbleibsel der Arians-Ära konnte man kein neues Team aufbauen. Doch als GM, der nach fünf Jahren gemeinsam mit Arians jetzt so richtig im Fokus stand, war Keim offensichtlich nicht gewillt - oder sah es nicht -, einen echten Neustart einzuleiten. Stattdessen lief alles langsam aber sicher aus, und als Steve Wilks nach nur einem Jahr entlassen wurde, hatte Arizona auch ohne dass man es geplant hätte den mit Abstand schwächsten Kader in der NFL.

Kingsbury und Murray werden zum All-in-Move

Keim hatte am Ende der Arians-Ära bereits mit schlechten Entscheidungen gewackelt, dann mit Wilks und Rosen komplett daneben gegriffen - die Richtung, die er 2019 einschlagen würde, musste er als seine potenziell finale Weichenstellung betrachtet haben. Also ging er All-in, mit einem jüngst gefeuerten College-Coach in Kingsbury und einem neuen Quarterback in Murray.

Viele der großen Moves, die er seitdem durchgeführt hat - die Trades für DeAndre Hopkins, Rodney Hudson, Zach Ertz und Marquise Brown sowie die Verpflichtung von J.J. Watt stehen hier weit oben auf der Liste - zeichnen das Bild eines Teams, das sich näher an einem Win-Now-Fenster gesehen hat, als es tatsächlich war.

Der Weg vom schlechtesten Kader in der NFL 2018 zum Titelkandidaten 2021 oder 2022 hätte mehrere nahezu perfekte Offseasons umfassen müssen. Einige prominente - und teilweise natürlich auch gute, den Hopkins-Trade hätte jedes einzelne Team zu diesen Konditionen machen müssen - Trades mögen als Boost fungieren, aber ein wenig ist es so, als würde man den schönsten Weihnachtsbaumschmuck kaufen, bevor man überhaupt Baum und Baumständer hat.

Arizona: Neustart mit großen Fragezeichen

Warum dieser Weg eingeschlagen wurde? Ich denke, hier kann man zwei Interpretationen anwenden: Keim und die Cardinals haben ihren Kader und insbesondere dessen Substanz und Tiefe falsch eingeschätzt und sich selbst weiter gewähnt, als man tatsächlich war. Oder aber Keim sah die Chance, um einen jungen, hochtalentierten Quarterback herum schnell etwas aufzubauen, solange dieser Quarterback günstig ist.

Vielleicht spielten auch beide Punkte ein Stück weit zusammen, getrieben durch einen bereits erwähnten, dritten Aspekt: Die Aussicht, dass ein weiteres Scheitern unweigerlich auch zu seinem eigenen Aus geführt hätte, kann eine zusätzliche Motivation hinter der einen oder anderen Entscheidung gewesen sein.

Das Resultat ist in jedem Fall, insbesondere offensiv, ein alternder Kader. Spieler wie Hudson, Justin Pugh, Kelvin Beachum und auf Sicht auch DeAndre Hopkins und James Conner werden nicht mehr lange das Gerüst dieses Teams formen. Gleiches gilt für Watt defensiv. Und so kommen die Cardinals sehr bald in noch unangenehmere Fahrwasser: Dann gilt es, einmal mehr zahlreiche Baustellen zu stopfen, während gleichzeitig aber offensiv wie defensiv die wenigen jungen Leistungsträger sehr teuer werden.

Mit einem GM, der bisher nicht gezeigt hat, dass er einen nachhaltigen Kader zusammenbauen kann. Und mit einem Head Coach, dessen schematische Ideen schon jetzt an merkliche Grenzen stoßen.

Andere Teams können von den Cardinals lernen

Vielleicht fragt sich der eine oder andere, inwieweit diese ausführliche Zusammenfassung der Geschehnisse in Arizona jetzt noch relevant ist; ich denke, dass durchaus regelmäßig Teams in ähnliche Situationen kommen, und dass die Art und Weise, wie der Neustart nach Wilks und Rosen in Arizona gemanagt wurde, Lektionen für die Zukunft mitgibt.

  • Dass es sinnvoll sein kann, den Mut aufzubringen, einen Quarterback nach nur einem Jahr aufzugeben, wenn man davon überzeugt ist, eine signifikant bessere Alternative im Draft identifiziert zu haben.
  • Dass ein schneller Rebuild äußerst kritisch zu betrachten ist, da ein Team nicht mit einer Handvoll Trades vom schlechtesten Team der Liga zum Titelanwärter wird. Ressourcenmanagement ist hier auch kritisch, inklusive der Vorgehensweise im Draft.
  • Dass eine klare Identität nachhaltig (!) entwickelt und der Kader dementsprechend aufgebaut werden muss. Das kann auch die Tatsache beinhalten, dass man trotz Rebuild Eckpfeiler hält, wenn deren Alter und Positional Value in die Prognose für die Kader-Entwicklung passt. Brian Burns bei den Panthers ist aktuell eine interessante Diskussion dafür.
  • Dass Self-Scouting weiterhin eine der wichtigsten Eigenschaften bleibt. All-In in ein Titelfenster zu gehen, während der Quarterback günstig ist, ist schön und gut - aber zum einen sollte man sich sehr sicher sein, dass man mit dem Quarterback richtig liegt - die Trubisky-Bears wären hier ein jüngstes Beispiel - und dass der Kader wenige Verbesserungen von einem Contender-Kader entfernt ist.

Es gibt in der NFL gerade verschiedene Beispiele für Teams, die hier auf die eine oder andere Art zutreffen. Die Eagles etwa haben ihren Kader schrittweise verbessert, und dann mit dem Trade für A.J. Brown die Krone aufgesetzt. Philadelphia könnte vielleicht in der Position sein, durch den Saints-Pick unerwartet hoch zu picken - und falls man dann einen besseren Quarterback als Jalen Hurts identifiziert, könnte Punkt 1 hier zutreffen.

Die Bears sind ironischerweise noch mit den Scherben des erhofften Trubisky-Titelfensters beschäftigt, und Chicago ist vielleicht die spannendste Parallele. Die Bears haben einen der schwächsten Kader in der NFL, mit der Hoffnung, dass Justin Fields die Quarterback-Antwort sein kann. Selbst falls Fields noch Sprünge macht, wäre Chicago anhand des Cardinals-Beispiels gut beraten, auch nach dieser Saison nachhaltig den Kader aufzubauen, statt zu hoffen, dass man kurzfristig nochmal ein Fenster öffnet.

Die Giants könnten als Schlussfolgerung mitnehmen, dass ein weiteres Übergangsjahr mit Daniel Jones nicht die schlechteste Idee ist, um weiter Ressourcen in den Kader zu stecken. Houston wird sich eine ähnliche Frage mit Davis Mills stellen müssen. Detroit hat den Kader im Zuge des Umbruchs bereits nachhaltig verbessert und sollte sich darauf vorbereiten, in der kommenden Offseason den Quarterback-Tausch zu vollziehen.

Und dann sind da noch die Carolina Panthers. Und die Panthers sind dem Cardinals-Beispiels vielleicht noch am nächsten: Auch Carolina wird am Ende dieser Saison mit wenigen echten Impact-Spielern dastehen, und hat noch dazu kaum Ressourcen, wenn man auf verfügbare Picks und Cap Space blickt. Und vielleicht bleibt auch hier der GM in Person von Scott Fitterer im Amt und würde den Neustart durchführen - ein Neustart, der dann auch hier Gefahr laufen würde, dass zu schnell zu große Sprünge angepeilt werden.

Unter allen GMs in der NFL wäre Fitterer aktuell wohl am besten beraten, sich anzuschauen, was über die letzten Jahre in Arizona passiert ist.

5. Colts-Offense: Lösung weiterhin nicht in Sicht

Eine der eindrucksvollsten Stat-Lines in Woche 6 gab es in meinen Augen im Spiel der Colts gegen Jacksonville. Im Zuge des Comebacks verzeichnete Matt Ryan sage und schreibe 58 Dropbacks - und das ohne einen einzigen Sack einzustecken.

Und sicher, es war längst nicht alles perfekt. Die Colts liefen für lausige 2,8 Yards pro Run und Ryan stand laut PFF bei 18 jener 58 Dropbacks unter Druck, sechs Hits steckte er insgesamt ein. Die Line, die über die ersten Wochen der Saison eine große Enttäuschung gewesen war, hatte sich nicht plötzlich in eine dominante Gruppe verwandelt; und doch hatte man den Eindruck, dass die Colts, die zuletzt mehrfach neue Line-Kombinationen ausprobiert hatten, ein paar gute Ansätze gefunden haben.

Allen voran mit dem schnellen Kurzpassspiel über viele Crossing-Routes entlasteten die Colts ihre Line. Ryan warf den Ball gegen Jacksonville im Schnitt in 2,37 Sekunden - sein bis dato klar niedrigster Wert in dieser Saison. Als er den Ball in jenem Spiel in unter 2,5 Sekunden warf, legte er 7,5 Yards pro Pass, 271 Yards und zwei Touchdowns auf. 7,5 Yards pro Pass in unter 2,5 Sekunden wäre auf die Saison gesehen der ligaweit zweitbeste Wert.

Die logische Folgefrage lautete, ob dieses Spiel der Anfang einer Trendwende oder nur eine Momentaufnahme war. Und das Matchup gegen Tennessee war ein guter Test dafür: Die Titans haben eine äußerst unangenehme Front, die sich zwar an einem dominanten Spieler ausrichtet - Defensive Tackle Jeffery Simmons - aber gleichzeitig mit Stunts und Pass-Rush-Designs generell vieles macht, um die Kommunikation und Zuteilung einer Line zu testen.

Genau das war ein Bereich, in dem Indianapolis in den ersten Wochen der Saison riesige Probleme hatte. Dass Left Tackle ein Thema bei den Colts werden könnte, das wussten wir - dass eine Line mit jeder Menge Erfahrung auf Quarterback und auf Center derart auffallend viele Protection Busts haben würde, kam überraschend.

Colts: Vorsichtige Ansätze, keine Dauerlösung

Der simple Takeaway aus dem Spiel gegen Tennessee ist: Nein, die Probleme sind nicht behoben. Die Colts versuchten von Anfang an, erneut das Quick Game aufzuziehen und kombiniert mit dem Run Game den Ball so schrittweise zu bewegen. Und während das zwar vereinzelt auch klappte - den Touchdown-Drive etwa kann man sich dafür anschauen -, so wurden auch die beiden Kernprobleme mit dieser offensiven Vorgehensweise deutlich.

Wenig Spielraum für Fehler, denn sobald man in Zweiter- oder Dritter-und-Lang-Situationen kommt, fehlen der Offense dann eben oft die Mittel, um das wettzumachen.

Aber auch: Das erhöhte Risiko auf eigene Fehler. Denn wenn man immer mit langen Drives und vielen Plays das Feld überbrücken muss, kann es auch den einen teuren Fehler geben wie das offensichtliche Kommunikationsproblem zwischen Ryan und Parris Campbell, welches zum Pick Six führte und die Situation für die Colts vom Spielverlauf her zusätzlich schwierig machte. Oder den Fehler von Ryan später, als er im Fallen den Ball desolat zum Linebacker warf.

Die beiden gravierendsten Fehler hatten aber ein gemeinsames Thema, welches das ganze Spiel aus Colts-Sicht prägte: Dauerdruck auf den Quarterback. Dieses Problem wird Indianapolis nach wie vor rein aus Protection-Perspektive lösen müssen, denn während man mit dem Quick Game einige Protection-Probleme ausgleichen kann, so ist es gleichzeitig kein nachhaltiges Mittel, um das man die ganze Offense aufbauen kann.

Titans setzen sich in der Division ab

Hier bietet es sich auch an, die Perspektive etwas mehr Richtung Big Picture zu bewegen. Denn wenn wir darüber nachdenken, ob und inwieweit die Colts ihre Probleme noch in den Griff bekommen könnten, muss man ja auch fragen: Und dann? Also: In welchem Ausmaß können die Colts ihre Baustellen schließen - und wo führt das dann hin? Kann man kompetitiv werden Richtung Playoffs? Erreicht man die Playoffs überhaupt?

Mit diesem Sieg haben die Titans den Sweep gegen Indianapolis in der Tasche, und in einer Division, in der bislang kein Team überzeugen konnte, wirken die Titans einmal mehr am ehesten wie das Team, das die ein, zwei kritischen Spiele mehr gewinnen kann als der Rest. Entschieden ist hier selbstredend noch nichts, und niemand würde Tennessee nach dieser Partie irgendeine Form von Dominanz attestieren.

Aber wenn man nach diesem Spiel zu dem Schluss kommt, dass Indianapolis seine Baustellen zwar mittlerweile etwas besser kaschieren kann, insgesamt aber noch immer darunter leidet, und jetzt in der eigenen Division eine empfindliche Niederlage dazu gekommen ist, muss man in Indy vermehrt in die Richtung planen, dass am Ende eine weitere Saison ohne Playoffs stehen wird.

Und vermutlich eine weitere Offseason ansteht, in der man sich mit der Quarterback-Position beschäftigen muss.