NFL, Week 6 - Gewinner: Cleveland Browns und New York Jets
Achtung, bahnbrechende Erkenntnis: In der NFL kann am richtigen Tag jeder jeden schlagen. Dass es innerhalb von ein paar Stunden gleich zweimal passiert, ist aber dennoch erstaunlich. Deshalb ziehen wir unseren Hut und sagen Champs Élysées für den Auftritt der Browns! Comeback-Erfolg gegen die San Francisco 49ers, und das mit Quarterback-Backup PJ Walker - und der spielte nicht einmal wirklich gut (18/34, 2 INT). Aber die Defense und das Running Game (160 Yards) lieferten ab, Receiver Amari Cooper (108 Yards) bot spektakuläre Plays. Und so spielen die Browns (3-2) weiter um die Playoff-Plätze mit.
Noch erstaunlicher als der Browns-Sieg war allerdings der Erfolg der Jets. Die sahen zuletzt zwar nicht mehr ganz so hilflos aus wie in den Wochen zuvor, waren in puncto Cornerbacks und O-Linemen aber ziemlich übel dezimiert ins Spiel gegangen. Jalen Hurts gleich drei Interceptions abzuknöpfen - mehr hat der in seiner Karriere noch nie geworfen -, das muss man erst einmal schaffen.
NFL, Week 6 - Verlierer: Philadelphia Eagles und San Francisco 49ers
Den San Francisco 49ers kann man immerhin noch mildernde Umstände anrechnen: Auswärts bei der besten Defense der Liga, bei miserablem Wetter, im Spielverlauf verletzen sich mit Christian McCaffrey und Deebo Samuel die beiden besten Offensiv-Waffen, Left Tackle Trent Williams verletzte sich am Knöchel - das kann man irgendwann nicht mehr wegstecken. Brock Purdy kassierte die erste Niederlage seiner Karriere und spielte nicht wirklich gut, führte das Team im Two-Minute-Drill aber dennoch bis an die gegnerische 23-Yard-Linie. Versenkt Jake Moody den Kick (s.u.), wird Purdy gefeiert - so gibt es vor allem Kritik. "Ich muss einfach besser sein und meine Würfe anbringen", ärgerte er sich selbst.
Die Eagles kommen hier schlechter weg. Komplett ohne Punkt blieb Philly in Halbzeit zwei, auch das Running Game war zahnlos (22 Carries, 80 Yards). Ja, ein verschossenes Field Goal aus 37 Yards kam dazu, und die Secondary wird auch immer dünner. Es bestätigte sich aber die insgesamt noch recht wacklige Form des Super-Bowl-Teilnehmers - und Hurts hat mit jetzt sieben Interceptions schon mehr auf dem Konto als in der kompletten Saison 2022 (6). Es wird langsam ernst für die Eagles: In den kommenden Wochen warten unter anderem die Cowboys, Bills, Chiefs und 49ers ...
NFL, Week 6 - Band des Tages: Creed
Jup, Creed. Ihr wisst schon, Soft-Rocker aus den 90er-Jahren, "With Arms Wide Open", "My Sacrifice" und so. Gefühlt wird die Band im US-Sport alle paar Jahre wiederentdeckt und zum musikalischen Teambuilding genutzt, meistens bei einem Playoff-Run. Warum das so ist? Irgendwie scheint Creed der perfekte Mix aus eingängigen Melodien, Kitsch, Nostalgie und einer schönen Portion Selbstironie zu sein. Wie sonst kriegt man ein Stadion von 40.000 dazu, begeistert mitzugrölen, wie gerade bei den Texas Rangers in der MLB-Postseason zu beobachten.
Nun haben die "Rocker" um Frontman Scott Stapp offenbar auch die Minnesota Vikings inspiriert, zumindest in den Augen von Quarterback Kirk Cousins. Der verriet nach dem 19:13 über die Chicago Bears nämlich, dass Center Garrett Bradbury vor dem Spiel den Creed-Song "Higher" aufgelegt hatte - "und ich habe das Gefühl, dass das den Unterschied gemacht haben könnte."
Ooooookay. Dass Cousins mit Creed in den Ohren ganz gut klarkommt, das ist schon seit einigen Jahren bekannt. Dass es aber wirklich etwas bringt, glaube ich erst, wenn die Vikings auch am kommenden Montag gegen die 49ers gewinnen.
Und wenn wir schon dabei sind: Wer diese Halftime-Show noch nicht kennt, der nehme sich die sieben Minuten Zeit. Vertraut mir.
NFL, Week 6 - Pechvogel des Tages: Jake Moody, Kicker der 49ers
Als Kicker lebt man ja irgendwo in seiner eigenen Welt, schaut zu 95 Prozent der Zeit zu - und wird dann mit einem Anlauf entweder zum Helden oder zum Depp. In letztgenanntem Fall ist man dann der einsamste Mensch im Stadion - und so muss es Jake Moody ergangen sein, als er aus 41 Yards verschoss und ganz Cleveland in kollektiven Jubel ausbrach.
In Halbzeit eins hatte der Rookie schon aus 54 Yards verschossen, der erste Miss seiner Karriere, aber noch zu verzeihen. Aus 41 Yards muss das Ding aber drin sein, ohne Wenn und Aber. "Es ist meine Schuld", sagte er nach dem Spiel zerknirscht. "Das Team hat hart gekämpft, um mir die Chance zu geben. Snap und Hold waren perfekt, ich habe den Ball einfach nicht richtig getroffen."
Doppelt bitter ist eine solche Fahrkarte, wenn man in der 3. Runde und damit erstaunlich hoch gedraftet wird - und dreifach bitter, wenn die ganze Familie im Stadion zuschaut ...
NFL, Week 6 - Video des Tages: Tyreek Hill
Kurze Regelkunde: Wer zur Feier eines Touchdowns einen Gegenstand zu Hilfe nimmt - sei es ein Handtuch, eine Spiderman-Maske oder was auch immer, kassiert eine automatische 15-Yard-Strafe. Ein bisschen Spaß muss zwar sein, zu viel aber bitteschön auch wieder nicht.
"Drauf gepfiffen", dachte sich aber Tyreek Hill nach seinem 41-Yard-Touchdown gegen die Panthers, nachdem er seinen Gegenspieler so richtig vernascht hatte. Er schnappte sich hinter der Endzone das Smartphone eines Zuschauers, richtete es auf sich selbst und legte einen sauberen Rückwärtssalto aus dem Stand hin. 9,6 in der B-Note, Tyreek! Bei rund 30 Millionen Dollar Jahresgehalt tut dann auch die Geldstrafe nicht weh.
Das Selfie-Video machte dann auch direkt die Runde, hochgeladen vom offiziellen NFL-UK-Account. Dort wurde es dann aber wenig später wieder gelöscht - passt wohl doch nicht zusammen, Hill gleichzeitig zu feiern und zu bestrafen. Wer es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, den kurzen Clip trotzdem anzuschauen, findet ihn hier. Ihr seid gewarnt!
NFL, Week 6 - Gewinner: Amon-Ra St. Brown
Man kann es gar nicht oft genug betonen: Deutschland hat einen waschechten NFL-Star. In Week 5 hatte er noch verletzt gefehlt, diesmal war er wieder zurück - und erneut Anspielstation Nummer eins für seinen Quarterback Jared Goff von den Detroit Lions. Zwölf gefangene Pässe und 124 Yards sind neue Karriere-Bestmarken, dazu fing er einen Touchdown. Nur um mal zu zeigen, wie St. Brown im ligaweiten Vergleich dasteht:
- Receiving Yards: 455 - Platz 11 (nur fünf Spiele)
- Receiving Yards pro Spiel: 91 - Platz 11
- Receptions: 38 - Platz 9
- Receptions über mindestens 20 Yards: 7 - Platz 12
Fazit: St. Brown kratzt an den Top-10-Receivern in der Liga. Wir können nur sagen: Weiter so!
NFL, Week 6 - Verlierer: Die Offense der New York Giants
Die New York Football Giants haben nach sechs Spielen noch keinen einzigen offensiven Touchdown in der ersten Hälfte erzielt. Null, nada, nix! Das haben in der Geschichte der NFL zuvor erst drei andere Teams geschafft, zuletzt die Buccaneers und Chargers vor 25 Jahren.
Schlimmer noch: Wenn man sich Spielzüge wie den kurz vor der Pause gegen die Bills zu Gemüte führt, dann muss man zu der Erkenntnis gelangen, dass es sich um Absicht handelt. Warum sonst sollte man bei 14 verbliebenen Sekunden ohne eigene Auszeit den Ball von der gegnerischen 1-Yard-Linie direkt in die Line of Scrimmage rennen? Natürlich schaffte es Saquon Barkley nicht in die Endzone, für ein weiteres Play reichte die Zeit nicht. Drei verschenkte Punkte, mindestens. Und eine Menge Hohn und Spott.
NFL, Week 6 - Kopfstoß des Tages: Johnny Hekker
Johnny Hekker ist Punter der Carolina Panthers - und ein ziemlich guter noch dazu. Dabei helfen auch seine langen Gräten, dank einer Körpergröße von 1,96 Metern. Kopfarbeit ist in seinem Metier eher seltener gefordert, aber gegen die Miami Dolphins machte er eine Ausnahme: Als ihm von Dolphins-Linebacker Cameron Goode ein paar Nettigkeiten hinterhergerufen wurden, drehte er sich an der Seitenlinie um und schubste ihn prompt ein paar Meter zurück. Goode wird übrigens mit 20 Pfund mehr Gewicht geführt, das nur am Rande. Doch damit nicht genug: Hekker marschierte erneut auf Goode zu und verpasste ihm ... naja ... oben haben wir "Kopfstoß" geschrieben, aber das trifft es nicht ganz. "Minimaler Helm-zu-Helm-Kontakt"? Ein leichtes Tätscheln?
Goode war's egal! Der stürzte wie vom Blitz getroffen darnieder, dass man meinen könnte, er hätte in einem früheren Leben für die brasilianische Nationalmannschaft gespielt. Jetzt wird Goode für immer der Spieler sein, der von einem Punter zu Boden gebracht wurde - und die Strafe, die Hekker für seine Aktion kassierte, brachte nicht einmal Yards ein: Bei seinem Punt zuvor war er nämlich von einem Miami-Spieler gehalten worden. Alles umsonst ...
NFL, Week 6 - Gewinner: Justin Pugh - "direkt von der Couch"
Justin Pugh, 33 Jahre, Offensive Lineman. Genauer gesagt: Guard. 2013 in Runde 1 von den New York Giants gedraftet, nach fünf Jahren im Big Apple ging es zu den Arizona Cardinals. Dort riss er sich letztes Jahr im Oktober das Kreuzband, höchst ungünstig bei auslaufendem Vertrag. Und so war völlig offen, ob er in seinem Alter überhaupt noch ein neues Team finden würde: Bis Oktober arbeitete er laut Peter Schrager im Immobilienmarkt und verkaufte Podcasts.
Dann aber riefen die Giants an, die unbedingt Hilfe in der O-Line brauchten. Pugh unterschrieb vor zwei Wochen für das Practice Squad, landete am Samstag im Kader - und spielte am Sonntag direkt gegen die Bills. Wer es nicht weiß: Die Spieler stellen sich bei "Sunday Night Football" immer kurz vor, zumeist mit Name und College - dieser legendäre Sketch von Key & Peele lässt grüßen.
Pugh war offensichtlich nicht an einem Shoutout an seine alte Uni Syracuse interessiert: Vorhang auf für den schon jetzt coolsten Spruch der Saison!
NFL, Week 6 - Verlierer: Gardner Minshew und Desmond Ridder
Bei dem noch ausstehenden Monday Night Game haben in Week 6 bisher genau zwei Teams mehr als 26 Punkte erzielt: die Miami Dolphins (42) und die Jacksonville Jaguars (37). Das lässt schon erahnen, dass es für die meisten Quarterbacks keine überragende Woche war.
Besonders bitter fiel sie aber für Gardner Minshew von den Colts und Desmond Ridder von den Falcons aus. Minshew hat sich bislang als Backup von Anthony Richardson wacker geschlagen und hatte seinen Anteil an drei Siegen in den ersten fünf Spielen. Nun könnte Richardson für den Rest der Saison ausfallen - Grund genug, um sich das Vertrauen des Front Office zu sichern? Nein, das klappte gegen die Jags überhaupt nicht. Minshew warf drei Interceptions und verlor einen Fumble, da halfen auch die 329 Passing Yards nicht.
Noch schlimmer sah Ridder aus. Der ist immer noch den Beweis schuldig, dass er für Atlanta die Zukunft auf der QB-Position darstellt. Nach einem guten Spiel letzte Woche gegen Houston sah er diesmal ganz schlecht aus: drei Interceptions, verpasste offene Receiver, sogar ein Intentional Grounding leistete er sich. Die Chancen auf einen Heimsieg gegen die Commanders waren auf jeden Fall da - aber nicht so. Taylor Heinicke scharrt als Backup schon mit den Hufen ...
NFL, Week 6 - Farbe des Tages: Creamsicle
Der Name steht in den USA ursprünglich für eine ganz bestimmte Eismarke, Orangengeschmack mit Vanille im Hintergrund. Creamsicle hat sich aber auch als Farbton etabliert: eine Art cremefarben mit leichtem Orangenstich, lautet meine tiefgehende Analyse.
Im Spiel der Buccaneers gegen die Lions war Creamsicle dann auf dem ganzen Feld zu bewundern, handelt es sich doch um die Farbe der traditionellen Bucs-Jerseys. Die liefen von 1976 bis 1996 in diesen Farben auf, bevor man das heutige Farbschema adoptierte. Von Erfolg waren die Throwback-Uniformen aber nicht gekrönt: Tampa blieb beim 6:20 ohne Touchdown.
Ganz ehrlich: Mein Fall ist es nicht. Irgendwie sieht die Fabe auch auf jedem Bild anders aus. 3/10.
NFL: Die letzten fünf Super-Bowl-Sieger
Jahr | Sieger | Verlierer | Ergebnis |
2023 | Kansas City Chiefs | Philadelphia Eagles | 38:35 |
2022 | Los Angeles Rams | Cincinnati Bengals | 23:20 |
2021 | Tampa Bay Buccaneers | Kansas City Chiefs | 31:9 |
2020 | Kansas City Chiefs | San Francisco 49ers | 31:20 |
2019 | New England Patriots | Los Angeles Rams | 13:3 |