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"Das gibt's doch nicht": Warum NFL-Superstar Amon-Ra St. Brown eigentlich auf keinen Fall zu den Detroit Lions wollte

Von Stefan Petri
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Amon-Ra St. Brown hat bei den Detroit Lions den Sprung zum Superstar geschafft: Der deutsch-amerikanische Wide Receiver gehört zu den besten Spielern in der NFL, hegt in der kommenden Saison mit seinem Team berechtigte Super-Bowl-Ambitionen - und macht auch abseits des Rasens von sich reden. Dabei standen die Vorzeichen zu Beginn seiner Karriere nicht besonders gut.

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Amon-Ra St. Brown: Er wollte gar nicht zu den Detroit Lions

Drei Jahre können einen gewaltigen Unterschied machen.

Zu diesem Zeitpunkt vor drei Jahren fieberte Amon-Ra St. Brown seinem ersten Einsatz in der NFL entgegen - aber so richtig glücklich war er mit dem Logo auf seinem Jersey noch nicht. "Am dritten Tag des Drafts habe ich meinem Bruder [Equanimeous] gesagt: Wenn es ein Team gibt, zu dem ich nicht will, dann sind das die Lions." So schilderte es der mittlerweile 24-Jährige im April am Rande einer Benefiz-Aktion einer Restaurant-Kette - schließlich spielte EQ damals für die Green Bay Packers, den Erzrivalen aus der NFC North.

Mit dem hätte Amon-Ra gern zusammengespielt, doch als sein Telefon klingelte, zeigte es die 313 an, die Vorwahl aus Detroit: "Ich dachte mir: Das gibt's doch nicht." Der neue General Manager Brad Holmes von den Lions war dran, er draftete den Deutsch-Amerikaner für sein Team - und der war "glücklich, aber gleichzeitig auch unglücklich, weil ich nicht hier herkommen wollte. Aber im Rückblick war es wahrscheinlich das Beste."

Das kann man laut sagen. Die Lions wählten an 112. Stelle im Draft einen Passfänger von USC aus, den die meisten Experten nur als zweite oder gar dritte Option eines Teams betrachteten: 16 Wide Receiver gingen vor Amon-Ra St. Brown vom Board. Doch dieser ließ schon in seinem Rookie-Jahr mit 90 Catches für 912 Yards aufhorchen, bestätigte diese Leistung auch in seiner zweiten Saison und mauserte sich zum absoluten Leistungsträger - und schaffte in seinem dritten Jahr in der Liga den Sprung zum Superstar-Receiver.

Der wiederum hatte erst keine große Lust auf die Lachnummer-Franchise, die in den drei Jahren zuvor jeweils den letzten Platz in der Division belegt hatte und seit 30 Jahren auf einen Playoff-Sieg wartete. Vielleicht auch nicht unbedingt auf die Stadt Detroit selbst, schließlich ist die "Motor City" in den letzten Jahren wirtschaftlich hart abgestürzt. Mittlerweile ist daraus aber eine echte Liebesbeziehung geworden. Und auch eine sportliche Erfolgsgeschichte: Nur hauchdünn verpassten die Lions in der vergangenen Saison den Sprung in den Super Bowl.

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Amon-Ra St. Brown: Sprung zum Superstar mit Rekordvertrag belohnt

Großen Anteil an der famosen letzten Spielzeit hatte natürlich St. Brown. Er ist bei den Lions längst Wide Receiver Nummer eins und ein absoluter Fokus der gegnerischen Defenses. Die bekamen den wendigen, vielseitigen und trotz seiner nur 1,83 Meter enorm physischen Passfänger, der fast immer aus dem Slot agiert und so das komplette Spielfeld vor sich hat, allerdings einfach nicht in den Griff. 1.515 Receiving Yards und stolze 10 Touchdowns verbuchte er in der Regular Season, in den Playoffs legte er in drei Spielen noch einmal 274 Yards und einen Score nach.

Geht ein Ball in St. Browns Richtung, dann fängt er ihn auch - und das sind viele: Über 300 Catches in den ersten drei Jahren schafften vor ihm nur drei Spieler (Justin Jefferson, Michael Thomas, Christian McCaffrey), und von insgesamt 430 Bällen in seine Richtung ließ er gerade mal fünf fallen. Kein anderer Receiver mit derart hohem Arbeitspensum hat so sichere Hände. Ergebnis: 13 Spiele in den letzten zwei Jahren mit mindestens 100 Receiving Yards bedeuten Platz drei ligaweit.

Honoriert wurden St. Browns Leistungen sportlich gesehen nicht nur mit seiner zweiten Pro-Bowl-Teilnahme, sondern auch erstmals mit der Wahl ins All-Pro First Team, neben den Superstars Tyreek Hill und CeeDee Lamb. Finanziell machten die Lions dann in der Offseason Nägel mit Köpfen und gaben ihrem Wideout einen Rekordvertrag: Bis zu 120 Millionen Dollar für vier Jahre, 77 Millionen Dollar garantiert. Plötzlich war der Sohn eines amerikanischen Bodybuilders und einer deutschen Mutter der bestbezahlte Wide Receiver der NFL-Geschichte. Wenn auch nur für einen Tag.

Amon-Ra St. Brown: Statistiken seiner NFL-Karriere

SaisonSpieleTargetsCatchesYardsYards/SpielTDsFumbles
2021171199091253,650
2022161461061.16172,660
2023161641191.51594,7101
Playoffs 20233342227491,310
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Amon-Ra St. Brown: Netflix macht den "Sonnengott" berühmt

St. Browns Reaktion auf den Geldregen? "Ich muss noch mehr Gas geben. Das habe ich allen gesagt. Ich gebe jetzt noch mehr Gas und werde mich nicht verändern. Mein Ziel, unser Ziel ist die Lombardi Trophy."

In Sachen Fleiß und Disziplin macht dem Receiver niemand etwas vor - aber abseits des Gridiron ist er ebenfalls durchaus umtriebig unterwegs. Auf Platz sieben der besten Passfänger wählte ihn ESPN in der Offseason, aber in der Rangliste der verkauften Trikots und Fanartikel landete er nur auf Rang 33 (März 2023 bis Februar 2024).

Da geht noch mehr. Also arbeitet St. Brown auch fleißig an seiner "Brand", verkauft Klamotten mit seinem aufgedruckten "Sonnengott"-Spitznamen und unterhält einen Podcast mit Bruder Equanimeous, der aktuell in der Practice Squad der New Orleans Saints unter Vertrag steht. Ähnlichkeiten zu den Kelce-Brüdern Jason und Travis sind hier sicherlich rein zufällig.

Den größten Schub in puncto Popularität könnte im Sommer die Netflix-Produktion "Receiver" gegeben haben: In acht Folgen begleitete der Streaming-Gigant insgesamt fünf NFL-Stars über die komplette abgelaufene Saison - ein echter Ritterschlag für St. Brown, der sich neben Justin Jefferson und Davante Adams wiederfand. Und tiefe Einblicke darüber gewährte, mit welcher Verletzungsseuche er sich 2023 hatte herumschlagen müssen.

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Amon-Ra St. Brown: Kann er mit den Detroit Lions den Super Bowl gewinnen?

Der fette Vertrag ist eingetütet, die Publicity stimmt, die eigene Leistung sowieso. Fehlt also eigentlich nur noch der ultimative Triumph: Der erste Super-Bowl-Sieg der Franchise-Geschichte.

Dauerhaft oben mitspielen, das gab es in Detroit in der Vergangenheit eigentlich nicht. Kaum zu glauben, aber noch nie in der Franchise-Geschichte schaffte man zwei Saisons in Folge mit mindestens zehn Siegen. Doch nach einer Bilanz von 12-5, dem Gewinn der NFC North und zwei gewonnenen Playoff-Spielen im letzten Jahr könnte das endlich anders werden. Die Chancen stehen gut, für einige Experten sind die Lions sogar ein Geheimfavorit auf den Titel. Die wichtigsten Leistungsträger wurden gehalten, darunter alle sieben Pro-Bowler im Team. Um die schwache Passverteidigung zu stabilisieren, wählte das Team im Draft zuerst zwei Cornerbacks aus.

Noch wichtiger: Neben Head Coach Dan Campbell, der für seine aggressive und fast schon draufgängerische Spielweise von den Fans gefeiert wird, wurden auch die beiden Koordinatoren gehalten. OC Ben Johnson und DC Aaron Glenn gehören zu Meistern ihres Fachs und waren in der Offseason auch für Stellen als Head Coach im Gespräch. Dass sie an Bord bleiben, ist ein wichtiges Signal. "Es hilft, wenn man drei Jahre lang die gleichen Coaches hat", weiß auch St. Brown. "Die gleichen Spieler, der gleiche Quarterback. Wir sind alle mit vollem Herzen bei der Sache."

Als St. Brown 2021 nicht unbedingt zu den Lions wollte, war er mit Sicherheit nicht der einzige. Doch diese Zeiten sind vorbei. "In den ersten beiden Jahren war es viel Arbeit, Spieler davon zu überzeugen, zu uns zu kommen", verriet GM Holmes. Mittlerweile jedoch "wollen die Berater ihre Spieler hierher schicken", ganz besonders die Wide Receiver. Plötzlich musste er den Interessenten absagen.

In drei Jahren kann sich eben eine Menge ändern.

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Detroit Lions: Die ersten Saisonspiele im Überblick

SpielrundeGegnerDatum / Uhrzeit
Week 1Los Angeles Rams (H)9. September / 2.20 Uhr
Week 2Tampa Bay Buccaneers (H)15. September / 19 Uhr
Week 3Arizona Cardinals (A)22 September /22.25 Uhr
Week 4Seattle Seahawks (H)1. Oktober / 2.15 Uhr
Week 5BYE WEEK
Week 6Dallas Cowboys (A)13. Oktober / 22.25 Uhr