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Einzigartig in der NFL-Geschichte! Jayden Daniels und die Commanders mischen die Liga auf

Von Stefan Petri
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Ein Rookie-Quarterback bricht Rekorde, Derrick Henry ist immer noch der King - und die Jets blamieren sich. Gewinner und Verlierer der Woche.

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In Week 4 der NFL-Saison setzt Jayden Daniels mit den Washington Commanders ein Ausrufezeichen: Wie lange kann der Höhenflug des Teams andauern? Ein alternder Running Back hat immer noch den Tiger im Tank, Joe Flacco ist zu "cool" für die Steelers. Die New York Jets verlieren gegen einen historisch schlechten Rookie-QB - und dann blamierten sich noch jede Menge Punt Returner. Alles Wichtige zum Spieltag.

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NFL, Week 4 - Gewinner: Jayden Daniels und die Washington Commanders

In der vergangenen Woche wurde Rookie-Quarterback Jayden Daniels an dieser Stelle nicht gewürdigt, weil er seine Heldentaten gegen die Bengals (38:35) erst im Monday Night Game vollbrachte: 21/23 für 254 Yards und 2 Touchdowns, dazu weitere 39 Yards und ein Touchdown im Laufspiel. Eine Eintagsfliege? Von wegen! In Week 4 ließ man den Cardinals auswärts keine Chance (42:14) - und Daniels legte nach. 26/30 mit einem TD durch die Luft, 49 Yards und ein TD am Boden. Die erste Interception der Saison? Geschenkt!

Der Award für den Offensive Rookie of the Year kann von der Liga schon mal in die Hauptstadt geschickt werden, so gut ist der 23-Jährige. Nach vier Auftritten in der NFL bringt er lächerliche 82,1 Prozent seiner Pässe an. Wie verrückt das ist? Das hat es in der NFL-Geschichte in einem derartigen Zeitraum noch nie gegeben (mindestens 100 Pässe). Noch nie! Ach ja, und die 218 Rushing Yards nach vier Spielen sind der zweitbeste Wert eines QBs in der Liga-Historie. Vergesst den Rookie des Jahres, Daniels spielt in dieser Form sogar um den MVP mit!

Lob gebührt an dieser Stelle auch dem neuen Offensive Coordinator Cliff Kingsbury, der es seinem jungen Quarterback mit kreativen Playcalls einfach macht, dazu funktioniert auch das Running Game. Gegen die Cardinals musste Washington einmal punten - es war der erste Punt für das Team seit Week 1.

Das muss nicht unbedingt so weitergehen. Ein warnendes Beispiel sind die New Orleans Saints (2-2), die in den ersten beiden Wochen offensiv überragten, danach aber unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurden. Dennoch befinden sich die Commanders-Fans vollkommen zurecht im Delirium. Man bedenke die Starting Quarterbacks der letzten Jahre: Sam Howell, Taylor Heinicke, Carson Wentz, Alex Smith, Dwayne Haskins, Case Keenum ... Endlich hat man wieder einen waschechten Franchise-QB!

Vor der Saison war vom Team von Head Coach Dan Quinn Spektakel erwartet worden, aber nicht unbedingt viele Siege. Mittlerweile müssen die Playoffs das Ziel sein, zumal kein Konkurrent aus der eigenen Division (Cowboys, Giants, Eagles) richtig gut aussieht. Das Auswärtsspiel in Week 6 bei den Ravens wird ein echter Prüfstein, eingerahmt wird diese Aufgabe allerdings von Heimspielen gegen die Browns, Panthers und Bears. Außerhalb der Division warten danach noch die Steelers, Titans, Saints und Falcons. Freundlicher kann ein Schedule kaum ausfallen ...

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NFL, Week 4 - Play des Tages: Kenneth Walker III (Seattle Seahawks)

Man muss schon etwas ganz Besonderes schaffen, wenn man in der heutigen NFL einen Spielzug zeigt, den es so wohl noch nie gegeben hat. Running Back Kenneth Walker gelang das gegen die Lions: Früh im 2. Viertel lief er aus dem Backfield links in die Flat, um sich bei 2nd-and-4 als Passfänger anzubieten. Geno Smith fand ihn auch, aber zwei Yards fehlten zum Marker - und Alex Anzalone hing sofort an ihm dran. Mit seinem Momentum riss der Verteidiger Walker mit sich und warf ihn über seinen eigenen Körper. Walker landete auf den Füßen, so weit, so gut, doch Anazalone war auch wieder auf den Beinen und drückte den Oberkörper seines Gegenspielers nach unten.

Also machte sich Walker dieses Momentum zunutze ... und einen Purzelbaum über Anzalone! Damit erreichte er nicht nur die gelbe Linie, sondern holte noch sechs weitere Yards, bevor er gestoppt werden konnte. Erst in der Zeitlupe offenbarte sich, wie verrückt das Play wirklich war. Zuvor wunderten sich die US-Kommentatoren noch, warum nicht abgepfiffen worden war.

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NFL, Week 4 - Verlierer: New York Jets

Ein paar Fakten zum Auftritt von Denvers Quarterback Bo Nix (12/25 für 60 Yards und einen Touchdown) am Sonntag gegen die Jets:

  • 60 Passing Yards (bei mind. 20 Passversuchen) gab es bei einem Sieg zuletzt 2007 von Eli Manning (59 YDS)
  • Negative Passing Yards in der ersten Hälfte (7/15 für -7) trotz mehrerer angebrachter Pässe hat es in diesem Jahrtausend noch nie gegeben
  • Noch nie hatte ein Quarterback in der Super-Bowl-Ära mit weniger als 2,5 Yards Raumgewinn ein Spiel gewonnen (mind. 25 Passversuche)

Man könnte wohl noch mehr zusammentragen, und es ist auch nicht so, dass die Broncos bei strömendem Regen und extrem schwierigen Bedingungen in New Jersey ein grandioses Laufspiel aufzogen (126 Yards, 4,1 Yards pro Carry). Kurz und gut: Dieses Spiel dürfen die Jets niemals, niemals, niemals verlieren. Wie das trotzdem möglich war? Kein eigener Touchdown, 2,8 Yards pro eigenem Laufversuch, fünf zugelassene Sacks, 13 Penalties für 90 Yards, ein verlorener Fumble, ein verschossenes Field Goal. Und 4/17 bei Third Down!

Fazit: Das waren die Jets der vergangenen Saison, defensiv gut aber offensiv unfähig. Damals konnte man es auf die Quarterbacks schieben - aber jetzt hat man doch Aaron Rodgers!? Nein, auch der vierfache MVP konnte es nicht richten, war ständig unter Druck und kämpfte auch noch mit Blessuren an beiden Beinen. Ausreden wollte der 40-Jährige aber nicht gelten lassen: "Das Wetter war Mist, aber einige meiner Würfe auch." Erst zum fünften Mal in seiner 20-jährigen Karriere blieb seine Offense komplett ohne Touchdown, zum ersten Mal seit 2010 verlor er trotz nur zehn Punkten vom Gegner.

Vor zehn Tagen war nach dem 24:3 im Thursday Night Game gegen die Patriots noch alles in Ordnung. Jetzt brennt bei "Gang Green" plötzlich der Baum. Rodgers' vermeintlich beste Waffen, Running Back Breece Hall (10 Carries für 4 Yards!) und Receiver Garrett (noch kein Spiel mit mehr als 60 Yards) befinden sich auf Tauchstation. In Week 5 und 6 stehen Heimspiele gegen die Vikings und Bills an - da wird man deutlich mehr Punkte brauchen.

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NFL, Week 4 - Gewinner: Joe Flacco (Indianapolis Colts)

Wie er die Cleveland Browns in der vergangenen Saison von der Couch noch in die Playoffs führte, hätte eigentlich ein passendes letztes Kapitel in Flaccos Karriere sein können. Aber er kann es eben auch mit 39 Jahren noch, und so holten ihn die Colts für ein Jahr und 4,5 Millionen Dollar als Backup von Anthony Richardson, dem man mittlerweile leider das Attribut "verletzungsanfällig" anhängen muss. Nun wurde Flacco erstmals gebraucht, und das schon im 1. Viertel. Zwar kam er mit einer Führung im Rücken aufs Feld, aber gegen die gefürchtete Steelers-Defense beendete er vier von acht Drives (ein verschossenes Field Goal). 16/26 für 168 Yards und zwei Touchdowns, kein Turnover und nur zwei Sacks, mehr liefert auch die Hälfte aller Starting-QBs nicht.

Besonders gegen einen solchen Gegner. Flacco spielte konzentriert und selbstbewusst und überzeugte gerade bei Third Down - und bei kurzen Pässen (unter zehn Air Yards) war er perfekt unterwegs: 12/12 für 109 Yards und 2 TDs. Richardson (lädierte Hüfte) wird nicht lange fehlen, wenn überhaupt, und so darf Flacco wieder zurück auf die Bank. Aber der Elder Statesman lässt sich davon die gute Laune nicht verhageln: "Ich bin nicht mehr 23, nicht mehr nur mit meiner Frau unterwegs. Ich habe fünf Kinder. [...] Man muss sich immer wieder bewusst machen, dass das kein normaler Job ist, sondern der beste Job der Welt."

In seinem Interview nach dem Spiel hatte Flacco sogar die Lacher auf seiner Seite. Richardson habe gesagt, er sei "cooler als ich dachte", wurde ihm am CBS-Mikro mitgeteilt. Seine Antwort: "Hör zu, seine Mutter ist genau acht Tage älter als ich. Es ist absolut ausgeschlossen, dass er mich cool findet."

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NFL, Week 4 - Verlierer: Punt Returner

Ein probates Mittel, dem lahmenden Scoring der NFL Beine zu machen, sind die Special Teams - und zwar durch "Big Plays" oder "Boo-Boos", wie es Redzone-Moderator Scott Hanson zu sagen pflegt. Am Sonntag fokussierten sich die Teams der 19-Uhr-Spiele auf Letzteres: Gleich vier Punt-Returns gerieten innerhalb weniger Stunden zum absoluten Desaster und sorgten für gegnerische TDs. Wäre es der umgestaltete Kickoff-Return gewesen, könnte man vielleicht noch etwas Verständnis aufbringen - aber bei den Punts ist alles beim Alten geblieben. Deshalb bietet sich ein kleines Ranking der Unglücksraben an.

  • Jalen Nailor (Minnesota Vikings)

50 Sekunden vor der Halbzeit punteten die Packers beim Stand von 0:28 aus der eigenen Hälfte, bis ungefähr an die gegnerische 18-Yard-Linie. Die Vikings hatten keine Timeouts mehr, nur bei einem guten Return hätte es sich gelohnt, nicht direkt abzuknien. Nailor entschied sich rückwärtslaufend für einen Fair Catch, konnte den Ball aber nicht fangen. Ballbesitz für Green Bay an der 3-Yard-Linie, zwei Plays später stand es nur noch 28:7. Die Packers gingen mit Hoffnung in die Kabine und machten es am Ende sogar noch einmal spannend. Mildernde Umstände für Nailor: Er schaute direkt in die Sonne, eigentlich ist er als Punt Returner nur Backup, immerhin wurde das Spiel am Ende gewonnen. Dennoch 7/10 Punkte auf der Peinlichkeitsskala.

  • Rashid Shaheed (New Orleans Saints)

Der 26-Jährige war in den letzten zwei Jahren ein sehr guter Punt Returner für die Saints, schaffte es sogar in den Pro Bowl. 49 Punts trug er zurück, 50 fing er als "Fair Catch". Ausgerechnet in seinem 100. Versuch, nach der ersten Angriffsserie des Spiels, machte er einfach alles falsch: Er versuchte, den Punt wenige Yards vor der eigenen Endzone zu fangen (viel zu riskant), signalisierte vorher einen "Fair Catch" (darf den Ball also nicht zurücktragen) - und stand dann auch noch extrem schlecht zum Ball. Der prallte von seiner Schulter in die Endzone und bescherte den Falcons einen Touchdown. "Ich habe nicht gemerkt, dass ich so nahe an der Goal Line war", erklärte er, Head Coach Dennis Allen sprach von einem "uncharakteristischen Fehler". Shaheed holte als Receiver im Spielverlauf immerhin noch 83 Yards, aber an einem Tag, an dem Atlanta ohne offensiven Touchdown blieb und dennoch 26:24 gewann, war sein Fehler entscheidend. 9/10 Punkte.

  • Steven Sims (Houston Texans)

Dass er Punts zurücktragen kann, sogar zum Touchdown, bewies Sims im Januar in den Playoffs gegen die Baltimore Ravens (67-Yard-TD). Dass es auch anders geht, bewies er nach gut zwei gespielten Minuten gegen die Jaguars. Wie Shaheed schenkte er dem Gegner nach dessen erstem Drive direkt wieder den Ball, an der eigenen 2-Yard-Linie. Immerhin wollte er den Ball nicht an der eigenen Endzone fangen, sondern zehn Yards davor, ansonsten sah das relativ ähnlich aus. Es hilft, dass das Spiel noch gewonnen wurde. Wie er nach dem Muffed Punt ("muffed" = "verpatzt") noch vom eigenen Mann umgerannt wurde, gibt aber Abzüge in der B-Note. 8/10 Punkte.

  • Cooper DeJean (Philadelphia Eagles)

Der Rookie-Cornerback muss bei Philly seit Week 3 aufgrund einer Verletzung Britain Covey einspringen. "Ich habe es vermisst und freue mich auf die Möglichkeit", sagte er nach dem Saints-Spiel. Gegen die Bucs hatte er an der Aufgabe aber keinen Spaß: Spät im ersten Viertel visierte er einen "Fair Catch" an der eigenen 18-Yard-Linie an, wurde aber vom Gegenspieler umgerannt, bevor der Ball bei ihm ankam. Eigentlich eine klare Flagge - aber weil die Zeitlupe bewies, dass der Gunner der Buccaneers von seinem Gegenspieler Isaiah Rodgers in DeJean hineingestoßen wurde, gab es doch keine Strafe, sondern Ballbesitz Tampa Bay. "Ich war in Indy selbst ein Gunner und dachte mir: Ich schubse ihn in den Returner, dann gibt es die Flagge", gab Rodgers verschämt zu. Die Regeln nicht zu kennen (und eine Verletzung des Teamkollegen zu riskieren) gibt die Höchststrafe, übrigens auch für seine Coaches: 10/10 Punkte.

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NFL, Week 4 - Gewinner: Derrick Henry

Mit 30 Jahren ist Derrick Henry für Running-Back-Verhältnisse vergleichsweise alt. Auch deshalb entschied man sich nach der letzten Saison in Tennessee, den Vertrag mit dem bulligen Ballträger nicht mehr zu verlängern, zumal seine Stats auch leicht nachgelassen hatten (nur noch 4,2 Yards/Carry). Die Baltimore Ravens griffen dankbar zu und gaben Henry in der Offseason bis zu 20 Millionen Dollar für zwei Jahre. Ein überschaubares Risiko mit jeder Menge Upside, sollte Henry mit Quarterback Lamar Jackson harmonieren.

Nach vier Wochen muss man den Move als absoluten Glücksgriff bezeichnen: Henry steht bei 480 Rushing Yards und führt damit die Liga an, auch sein Schnitt von genau 6 Yards pro Lauf ist Spitze. 151 Yards und zwei TDs waren es gegen die Cowboys, stolze 199 gegen die komplett überforderten Bills im Sunday Night Game. Gegen die stellte er mit seinem 87-Yard-Touchdown nicht nur einen Franchise-Rekord auf, sondern legte auch die viertschnellste Endgeschwindigkeit aller Ballträger in dieser Saison auf (fast 34,3 km/h). "King" Henry hat seine Krone noch lange nicht abgelegt.

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NFL, Week 4: Statistiken und Rekorde

  • Die Kansas City Chiefs sind weiter ungeschlagen, doch wenn sich der befürchtete Kreuzbandriss bei Receiver Rashee Rice bewahrheiten sollte, ist das ein herber Verlust. Nicht umsonst hat das Scoring des Teams von Woche zu Woche nachgelassen (27 - 26 - 22 - 17). Aber es gibt eben immer noch Patrick Mahomes: Der hat in 25 Spielen in seiner Karriere, in denen er mit mindestens zehn Punkten zurücklag, eine positive Bilanz (13-12) und steht damit vollkommen allein. Tom Brady etwa brachte es auf eine Bilanz von 36-61.
  • Mit seinem 63-Yard-Touchdown egalisierte Bengals-Receiver Ja'Marr Chase eine Bestmarke von Odell Beckham Jr.: Kein Receiver hat vor seinem 25. Geburtstag mehr als neun TDs von mindestens 60 Yards Länge geschafft.
  • Die Buffalo Bills hatten vor dem 10:35 gegen die Ravens 43 Spiele in Folge nicht zweistellig verloren - Platz sechs in der Super-Bowl-Ära.
  • Eagles-Quarterback Jalen Hurts hat in 19 seiner letzten 23 Spiele immer mindestens einen Ballverlust verzeichnet.

Spielfreie Teams in Week 5: Lions, Titans, Eagles und Chargers.

NFL Saison 2024: Week 4 im Überblick

DatumHeimmannschaftAuswärtsmannschaftErgebnis
Fr., 27.9.New York GiantsDallas Cowboys15:20
So., 29.9.Carolina PanthersCincinnati Bengals24:34
So., 29.9.Atlanta FalconsNew Orleans Saints26:24
So., 29.9.Houston TexansJacksonville Jaguars24:20
So., 29.9.New York JetsDenver Broncos9:10
So., 29.9.Green Bay PackersMinnesota Vikings29:31
So., 29.9.Indianpolis ColtsPittsburgh Steelers27:24
So., 29.9.Chicago BearsLos Angeles Rams24:18
So., 29.9.Tampa Bay BuccaneersPhiladelphia Eagles33:16
So., 29.9.San Francisco 49ersNew England Patriots30:13
So., 29.9.Arizona CardinalsWashington Commanders14:42
So., 29.9.Los Angeles ChargersKansas City Chiefs10:17
So., 29.9.Las Vegas RaidersCleveland Browns20:16
Mo., 30.9.Baltimore RavensBuffalo Bills35:10
Di., 1.10.Miami DolphinsTennessee Titans12:31
Di., 1.10.Detroit LionsSeattle Seahawks42:29
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