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"Momentan sind wir nicht gut genug": So verloren die Bengals das Spiel der Saison gegen Baltimore

Von Stefan Petri
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Cincy vs. Baltimore ist ein echter Kracher, die Bills vercoachen sich übel - oder? Und: Sind die Offenses endlich wieder da? Die Erkenntnisse.

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Außerdem dabei: Gleich zwei 100-Yard-Touchdowns, ein Geburtstagskind darf feiern, die 49ers taumeln und der ewige Joe Flacco lässt sogar Kevin Durant staunen. Alles Wichtige zum Spieltag.

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NFL, Week 5 - Erkenntnis: Bengals vs. Ravens ist (bisher) das Spiel der Saison

Was für ein Kracher in Cincinnati! Spiele zwischen Division-Rivalen versprechen immer jede Menge Zunder, schließlich kennt man sich, mag sich aber nicht. Und es sind "Sechs-Punkte-Spiele" auf der Jagd nach der Division-Krone. Dieses hielt, was es versprach:

  • 79 Punkte, 962 Yards Offense (beide Teams genau 6,8 Yards pro Play), 18/29 bei Third Down, nur 45 Penalty Yards. Ein echter Shootout.
  • Joe Burrow verwandelte die Ravens-Defense in Schweizer Käse: 392 Passing Yards, 5 Touchdowns (eine Interception). Stünde sein Team nicht bei 1-4, er wäre ein MVP-Kandidat: Platz bei Touchdown-Pässen (12), Platz 2 im Passer Rating (113.6), Platz 2 in Completion Percentage (72.3) ...
  • Stattdessen spielt Lamar Jackson voll um seinen dritten MVP-Award mit. 348 Passing und 55 Rushing Yards, 4 Touchdowns, sensationelle Würfe wie dieser ...
  • Jede Menge Drama in der Schlussphase: 8:54 Minuten vor dem Ende führten die Bengals 38:28, aber Jackson strengte ein Comeback an, begünstigt durch Burrows Interception. Dann kam es auf Kicker Justin Tucker an: Nur ein Treffer aus 50+ Yards in seinen letzten acht Versuchen - aber der GOAT seiner Zunft verwandelte eiskalt aus 56 Yards zum Ausgleich.
  • Noch mehr Drama in der Overtime: Die Ravens gewannen den Coin Toss und schienen zum TD zu marschieren, da fumbelte Lamar einen Snap. Plötzlich Ballbesitz für Cincy an der gegnerischen 38. Vorhang auf für Burrow? Nein, ausgerechnet jetzt wurde Head Coach Zac Taylor konservativ und rannte dreimal direkt in die D-Line. So wurde es ein Field Goal aus 53 Yards. Heutzutage natürlich durchaus machbar, aber ausgerechnet jetzt verbaselte sein Team Snap und Hold, der Kick ging klar vorbei. Ballbesitz Baltimore - und der ewige Derrick Henry brach prompt mit einem 51-Yard-Run durch. Wahnsinn!

Hätten die Bengals (1-4) gewonnen, stünden sie gleichauf mit den Ravens (3-2), doch nach dem 38:41 sind die Playoffs plötzlich weit weg. "Wir sind gerade kein Team auf Championship-Level", musste Joe Burrow zugeben. "Ich hoffe, dass wir uns im Saisonverlauf noch steigern, aber momentan sind wir nicht gut genug." Die Ravens dagegen haben ihren 0-2-Start in die Saison locker weggesteckt und reiten auf einer Welle des Erfolgs. In einer Woche steht das Heimspiel gegen die Commanders (4-1) an - die vielleicht zwei besten Teams aktuell?

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NFL, Week 5 - Erkenntnis: Sind Offenses wieder da?

Die schwächelnden Yards- und Touchdown-Zahlen, gerade in puncto Quarterbacks, haben wir an dieser Stelle ja im Saisonverlauf schon mehrfach angesprochen. Week 4 eingeschlossen passten QBs so genau wie niemals zuvor, mit den wenigsten Interceptions überhaupt - aber gleichzeitig mit den wenigsten Yards per Catch überhaupt und den wenigsten Passing Yards seit 21 Jahren. Gleichzeitig wurden sie oft gesackt wie seit 32 Jahren nicht mehr. Junge Quarterbacks, komplexe Defenses, zu wenige Trainingseinheiten in der Offseason, usw.

Haben wir die "Preseason" nun quasi hinter uns? Gleich neun Teams in Week 9 erzielten mindestens 30 Punkte, fünf Quarterbacks schafften mindestens 350 Passing Yards, gleich 13 mindestens zwei Touchdown-Pässe. Also alles paletti? Dafür ist es vielleicht noch ein bisschen zu früh, aber der Trend könnte ein positiver sein (wenn man auf Offense steht). Es wird aber auch Zeit: Traditionell legen Defenses im Winter noch einmal einen Zahn zu ...

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NFL, Week 5 - Frage der Woche: Haben sich die Buffalo Bills vercoacht?

Es war der Aufreger des Sonntags: Die Bills hatten beim Stand von 20:20 gegen die Texans zumindest die Overtime gefühlt schon sicher: 32 Sekunden zu spielen, First Down an der eigenen 3-Yard-Linie. Drei unvollständige Pässe von Josh Allen in Folge, Punt mit 16 Sekunden auf der Uhr. Ein Punt-Return an die 46-Yard-Linie der Bills, ein kurzer Pass der Texans für weitere fünf Yards - und das siegbringende Field Goal aus 59 Yards. RedZone-Moderator Scott Hanson konnte die Playcalls von Bills-HC Sean McDermott nicht fassen, das Netz kochte förmlich über.

Was ist von der Sequenz zu halten? Tatsächlich waren die Bills laut ESPN das erste Team seit 45 Jahren in dieser Situation, das keinen einzigen Laufspielzug ansagte. Durch die drei Pässe wurde dreimal die Uhr angehalten, Houston hatte gerade noch die nötigen zwei Sekunden für den Kick zum Sieg. Allerdings hielten die Texans alle drei Timeouts und hätten die Uhr nach jedem Run anhalten können. Mehr Zeit als die 16 Sekunden hätten diese also wohl auch nicht von der Uhr genommen. Der Unterschied: Houston hätte nach dem Punt nicht noch einmal über die Mitte werfen und die Uhr anhalten können, wie Bill Barnwell von ESPN anmerkte. Andererseits hätten drei vorhersehbare Runs Raumverlust oder sogar eine Safety bedeuten können.

McDermott nahm die Schuld nach der Partie auf sich: "Es war eine schwere Situation. Sie hatten drei Timeouts und einen guten Kicker. Wir mussten Zeit von der Uhr nehmen und ein neues First Down holen, und das liegt in meiner Verantwortung. Das haben wir nicht geschafft."

In der Situation zu passen, ist wie gesehen nicht prinzipiell verwerflich. Zumeist werden Offenses ja auch gelobt, wenn sie Risiko gehen. Was man den Bills aber definitiv ankreiden muss, waren die von Allen geworfenen Pässe. Der Quarterback erlebte nämlich einen rabenschwarzen Abend (1/15 bei Würfen über mindestens zehn Yards), dennoch war kein einziger kurzer Pass dabei, die ersten beiden sogar klassische Deep Shots. Außerdem war der Quarterback im Spielverlauf einmal schwer mit dem Kopf auf dem Turf aufgeschlagen - man darf durchaus die Frage stellen, ob er überhaupt hätte weiterspielen sollen.

In Sachen Playcalling geht der Schwarze Peter deshalb definitiv nicht an den Bills vorbei. "Ich habe vollstes Vertrauen mit dem Ball in Joshs Händen", sagte McDermott zwar, wusste aber auch: "Effiziente Offense wäre in dem Fall der richtige Ansatz gewesen. Das habe ich nicht gemacht."

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NFL, Week 5 - Gewinner: Jacksonville Jaguars

Wer als letztes Team der NFL den ersten Saisonsieg einfährt, gehört automatisch zu den Gewinnern. Klassische Regel dieses Formats. Die Jags dürfen nach dem 37:34 über die Colts aufatmen, das Punktespektakel stand dem in Cincinnati übrigens in fast nichts nach. Besonders freuen durfte sich Quarterback Trevor Lawrence, der an seinem 25. Geburtstag sein bestes Saisonspiel machte. 371 Passing Yards und 2 Touchdowns bei einer Interception, dazu der Game-Winning-Drive in den Schlussminuten, den er eiskalt herunterspielte. Nach neun Niederlagen in Serie schmeckte dieser Sieg besonders süß.

Wie es dazu kam? Durch exzellente Protection. In den ersten vier Spielen war Lawrence insgesamt zwölfmal gesackt worden. Dieses Mal ging er kein einziges Mal zu Boden, wurde bei 34 Dropbacks sogar nur ein einziges Mal unter Druck gesetzt - Bestwert in seiner Karriere. Gegen die Colts spielt der ehemalige Top-Pick ohnehin besonders gern (5-2).

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NFL, Week 5 - Statistik der Woche: 100-Yard-Touchdowns

Ein Offensiv-Touchdown in der NFL kann genau 99 Yards lang sein - logisch, von der eigenen 1-Yard-Linie bis zur gegnerischen Endzone. Dreizehnmal gab es dieses 99-Yard-Scores schon, zuletzt von Eli Manning auf Victor Cruz im Dezember 2011. Die Defensiven und Special Teams können in dieser Hinsicht noch Yards draufsatteln: Antonio Cromartie hält hier die Bestmarke: 2007 trug er ein zu kurz geratenes Field Goal aus der eigenen Endzone über 109 Yards zurück - dieser Rekord kann maximal eingestellt, aber nie gebrochen werden.

Einen "Cromartie" gab es am Sonntag nicht, dennoch wurde NFL-Geschichte geschrieben: Zum ersten Mal überhaupt wurden am gleichen Tag zwei Defensiv-Touchdowns über mindestens 100 Yards erzielt. Und das auch noch innerhalb weniger Minuten.

  • Den Anfang machte Cornerback Pat Surtain II von den Denver Broncos. Der fing einen Pass von Raiders-QB Gardner Minshew ziemlich genau auf der Goal Line ab und war auf und davon - auch weil Minshew noch einen "Pancake-Block" kassierte, um seinem Fehler die Krone aufzusetzen. Statt 17:3 für Las Vegas stand es plötzlich 10:10, das Spiel war gekippt. Surtain hatte erst im September einen Vertrag über vier Jahre und bis zu 96 Mio. Dollar unterschrieben, ein neuer Rekord für Cornerbacks. Denver hat jede Menge Probleme, aber dieses Geld ist definitiv gut angelegt.
  • Rayshawn Jenkins von den Seattle Seahawks war das zweite Glückskind des Tages. Die Giants wollten den Ball per Power Run in die Endzone drücken, doch Eric Gray fumbelte direkt vor der Linie. Das Ei spritzte direkt vor Jenkins und der Safety schnappte es sich und trug es ungefährdet zurück. Er konnte sich sogar einen Hopserlauf auf den letzten Yards erlauben, weil fast alle Spieler auf dem Feld längst abgeschaltet hatten. Kompliment an die Refs, die das Play hatten laufen lassen. Pech für Jenkins: Er machte aus einem 7:0 für die Giants zwar ein 7:0 für sein Team, zum Sieg reichte es aber dennoch nicht.
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NFL, Week 5 - Zitat des Tages: Charlie Kolar (Ravens)

Der 25 Jahre alte Tight End ist seit 2022 in der NFL, als Backup hatte er für Baltimore in seiner Karriere nicht einmal 200 Yards Raumgewinn verzeichnen können. Im 3. Viertel gegen die Bengals schlug seine Stunde, als er von der rechten Seite der O-Line durchstartete - und Lamar Jackson ihn fand. 55 Yards Raumgewinn, das bisherige Career High (30 Yards) fast verdoppelt.

Sein Kommentar: "Sie haben sich so auf Mark [Andrews] und Zay [Isaiah Likely] fokussiert, dass sie den fetten weißen Typen vergessen haben, der die Seam entlang lief."

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NFL, Week 5 - Weitere Gewinner:

Joe Flacco (Indianapolis Colts)

Gefühlt loben wir den 39-Jährigen hier fast jede Woche - aber er wenn er eben so verflixt gut spielt! Zum Sieg über die Jags reichte es nicht, aber 33/44 für 359 Yards und 3 Touchdowns war mal wieder erstklassig. Flacco hat einfach Spaß und haut die Pässe raus, dass es auch Anthony Richardson es nicht besser könnte: 183 Yards allein im Schlussviertel. Dazu noch ein Scramble über 21 Yards.

Die meisten Spiele mit 300 Yards und 3 Touchdowns seit Week 14 der letzten Saison? Flacco (4) führt vor Lamar Jackson (3) und Joe Burrow (2). Ist diese Statistik etwas verbogen, um sie hier anführen zu können. Absolut, aber wen interessiert's! Sogar NBA-Superstar Kevin Durant geriet auf X ins Schwärmen: "Steckt Flacco in irgendein Team und er wird liefern."

Dylan Horton (Houston Texans)

Der Defensive End verzeichnete gegen die Bills nur einen Tackle, aber das war an diesem Tag nebensächlich: Zum ersten Mal nach seiner Krebserkrankung war der 24-Jährigen nämlich wieder auf dem Feld. Bei Horton war im Dezember ein fortgeschrittener Tumor im Lymphsystem diagnostiziert worden, im März gab er bekannt, in Remission zu sein. "Es ist einfach nur ein Segen, auf dem Feld stehen zu können", freute er sich. "Für den ersten Spielzug aufs Feld rennen zu können, war ein großartiges Gefühl."

Kirk Cousins (Atlanta Falcons)

Diesen "Captain Kirk" hatten sich die Falcons erhofft, als sie dem mittlerweile 36-Jährigen in der Offseason einen fetten Vertrag gaben. Cousins legte einen Stotterstart in die Saison hin, war beim 36:30 in Overtime über die Buccaneers überragend: 509 Passing Yards (Career High und Franchise-Rekord), 4 Touchdowns bei einer Interception. Die Falcons stehen plötzlich bei 3-2 und sind in der NFC South mitten im Playoff-Rennen.

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NFL, Week 5 - Weitere Verlierer:

San Francisco 49ers

Letztes Jahr noch Super-Bowl-Teilnehmer, dieses Jahr nur noch 2-3. Gefühlt stottert bei den Niners jede Woche ein anderer Mannschaftsteil, so ließ man wie schon gegen die Rams vor zwei Wochen einen sicheren Sieg aus den Händen gleiten. Mal patzen die Special Teams, mal die Offense in der Red Zone, mal mutiert die Defense zum Sieb. Auch bei Quarterback Brock Purdy wechseln sich Highlight-Plays und Durchhänger ab. In einem Monat spätestens könnte mit Christian McCaffrey eine wichtige Waffe in der Offense zurückkehren, aber es sind einfach zu viele Ausrutscher. Der Spielplan wird nicht leichter. Die nächsten Gegner heißen Seahawks (A), Chiefs und Cowboys ...

Deshaun Watson (Cleveland Browns)

Es macht langsam keinen Spaß mehr, auf den Quarterback der Browns draufzuhauen, aber das war mal wieder gar nichts vom teuren Franchise-Quarterback gegen die Commanders. 15/28 für 125 Yards, sieben Sacks hinter einer porösen Offensive Line. Er hält den Ball zu lange, trifft schlechte Entscheidungen und hat das Vertrauen des Teams längst verloren, das lässt sich förmlich spüren.

Das von Head Coach Kevin Stefanski scheint er noch zu haben (es sei denn, der muss ihn per Dekret von Teambesitzer Jimmy Haslam spielen lassen): "Wir tauschen den Quarterback nicht", sagte der. "Wir müssen besser spielen, ich muss besser coachen. Das ist alles." Mit Backup Jameis Winston könnte es nicht schlechter laufen - und hätten die Browns Joe Flacco nach seinem starken Comeback im letzten Jahr gehalten, wäre man wahrscheinlich mitten im Playoff-Rennen. So geht die Tragödie weiter, nächste Woche dann bei den Eagles ...

NFL Saison 2024: Week 5 im Überblick

DatumHeimmannschaftAuswärtsmannschaftErgebnis
Fr., 4.10.Atlanta FalconsTampa Bay Buccaneers36:30 OT
So., 6.10.Minnesota VikingsNew York Jets23:17
So., 6.10.Chicago BearsCarolina Panthers36:10
So., 6.10.Washington CommandersCleveland Browns34:13
So., 6.10.New England PatriotsMiami Dolphins10:15
So., 6.10.Jacksonville JaguarsIndianapolis Colts37:34
So., 6.10.Houston TexansBuffalo Bills23:20
So., 6.10.Cincinnati BengalsBaltimore Ravens38:41 OT
So., 6.10.Denver BroncosLas Vegas Raiders34:18
So., 6.10.San Francisco 49ersArizona Cardinals23:24
So., 6.10.Seattle SeahawksNew York Giants20:29
So., 6.10.Los Angeles RamsGreen Bay Packers19:24
Mo., 7.10.Pittsburgh SteelersDallas Cowboys17:20
Di., 8.10.Kansas City ChiefsNew Orleans Saints-:-
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