Fast am Ende kam: "Dennis Seidenberg, Schwenningen, Germany. My favorite player when I grew up was Uwe Krupp." Idol: Uwe Krupp. So hat es Seidenberg allen Zuschauern mitgeteilt.
Krupp: Seidenberg unter den Top 30 Verteidigern
Dieser Uwe Krupp hat vor 15 Jahren mit der Colorado Avalanche als erster Deutscher den Stanley Cup gewonnen und dabei sogar das entscheidende Tor in der Overtime erzielt. Nun hat er seinen Nachfolger gefunden.
Einen würdigen, wie er im Gespräch mit SPOX erzählt: "Dennis gehört zu den besten 30 Verteidigern in der NHL. Er hat in seiner Zeit auch Rückschläge erlebt, sich aber immer wieder durchgebissen. Du musst dich jeden Tag beweisen, jeden Tag dein Geld verdienen und jeden Tag zeigen, dass du besser bist als alle anderen. Es gibt nicht viele Leute, die in so einem Umfeld klarkommen. Wenn du dich dort durchgesetzt hast, weißt du, wer du bist."
Vierjahresvertrag bei den Bruins
Stanley-Cup-Champion ist er, der 1981 in Villingen-Schwenningen geborene Seidenberg. Zwischen 1999 und 2002 spielte er in der DEL für die Adler Mannheim, bevor er 2002 zu den Philadelphia Flyers in die NHL wechselte, die ihn im Jahr zuvor an 172. Stelle gedraftet hatten.
Von dort war sein Weg durch die von Krupp - übrigens erst an 214. Stelle gedraftet - beschriebene harte Mühle steinig. Die Bruins, zu denen er erst 2010 gekommen ist, sind bereits seine fünfte Station in der NHL. Dazu kamen magere Jahre in der zweiten Liga AHL.
"Es ist ein schönes Gefühl, zum ersten Mal in meiner Karriere Sicherheit zu haben", sagte Seidenberg vor der Saison im SPOX-Interview, nachdem er gerade einen Vierjahresvertrag in Boston unterzeichnet hatte.
Nun hat er dazu noch einen gigantischen Pokal in den Händen. "Ich kann es noch gar nicht richtig fassen", gab er zu. "Es ist unglaublich, ein Traum ist wahr geworden. Ich bin überglücklich."
Nach vier Jahren wieder mal in Deutschland
An diese Gefühle nach dem Triumph kann sich auch Krupp noch sehr gut erinnern: "Der Stanley Cup ist der Höhepunkt einer jeden Eishockey-Karriere. Ich weiß aus eigener Erfahrung: Da wird zwar ganz ordentlich gefeiert, aber die Jungs sind auch richtig k.o. und es wird Zeit, dass sie ein bisschen Urlaub haben."
Urlaub macht Seidenberg in diesem Jahr ausnahmsweise mal wieder in Deutschland, um den Pott nach Schwenningen zu bringen. Schon seit vier Jahren war er nicht mehr in der alten Heimat sondern lieber bei seinen Schwiegereltern in New Jersey. Seine eigenen Eltern und Bruder Yannic, der in der DEL spielt, sind zu Spiel 7 nach Vancouver geflogen.
Krupp: "Dennis hat sein Spiel gefunden"
Sie haben also wie alle anderen deutschen Eishockey-Fans Seidenbergs Entwicklung nur aus der Ferne beobachten können. Sein Bundestrainer Krupp war noch am nächsten dran.
"Dennis hat seine Leistungen ab 2009 in Florida gefestigt, als er angefangen hat, viele Minuten zu spielen. Das hat ihn in seiner Entwicklung noch einmal nach vorne gebracht", beschreibt Krupp. "Er hat in dieser Zeit sein Spiel gefunden. Jetzt ist er dieser defensiv harte Verteidiger, der auch in der Offensive in der zweiten Option im Power Play spielen kann. Das ist eine sehr gute Rolle für ihn. Er ist immer noch in erster Linie ein Verteidiger, aber seine Stärke ist seine Vielseitigkeit."
Tröstende Worte für todunglücklichen Ehrhoff
Etwas anders ist die Spielanlage des großen Verlierers im deutschen Stanley-Cup-Duell. Christian Ehrhoff ist ebenso vielseitig wie Seidenberg, seine große Stärke liegt bei den Canucks aber eher in der Offensive als Schütze von der blauen Linie.
Ehrhoff war in den Finals von einer Schulterverletzung beeinträchtigt und konnte seine zuvor herausragende Form nur bedingt durch die sieben Spiele retten. "Die Enttäuschung ist im Moment riesengroß", sagte der 28-Jährige."Es gibt nichts Härteres als in sieben Spielen im Finale zu verlieren."
Krupp findet für Ehrhoff tröstende Worte: "Christian hat tolle Playoffs gespielt. Vancouver war in diesem Jahr die beste Mannschaft der NHL, aber sie war nicht die beste Mannschaft in Spiel 7 der Finals. 117 Punkte in der Regular Season macht man nicht aus Zufall. Daran hat Christian großen Anteil. Darauf kann er sehr stolz sein."
Krupp: "Haben einen sehr guten Ruf in der NHL"
Ehrhoff und Seidenberg haben während der gesamten Serie kein Wort miteinander gewechselt. Das tut man einfach nicht, wenn es um so viel geht. Erst beim Shakehands nach Spiel 7 gab es dann die Gratulation des Exil-Kanadiers an den Exil-Amerikaner.
Eins haben beide gemeinsam: Sie haben durch ihre Leistungen und Erfolge das deutsche Eishockey in der NHL großartig vertreten. "Ich bin mir ganz sicher, dass wir einen sehr guten Ruf in der NHL haben. Alle Spieler, die dort spielen, sind sehr gute Profis", bestätigt Krupp.
Schwerer Vergleich mit Nowitzki
Und sie haben die Chance, durch ihr Auftreten auf und neben dem Eis auf den Spuren von Dirk Nowitzki zu wandeln und NHL-Eishockey in Deutschland populärer zu machen.
Zumindest etwas. "Eishockey tut sich schwerer als Basketball, weil wir nicht die gleiche Medienpräsenz haben. Aber so ein Titel hilft trotzdem", zeigt sich Krupp nur verhalten optimistisch.
Trotzdem sieht er einen großartigen Trend: "Wir haben zwei sehr gute Jahre im deutschen Eishockey gehabt. Die Plätze vier und sieben bei Weltmeisterschaften, dazu zwei Spieler in den Stanley-Cup-Finals. Für so eine kleine Eishockey-Nation haben wir ein paar sehr gute Spieler."
Einer davon ist nun sogar mit höchsten Stanley-Cup-Ehren dekoriert: Dennis Seidenberg, Schwenningen, Germany.
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