Drittes Drittel, die Florida Panthers spielen gegen die Flyers aus Philadelphia, noch 45 Sekunden Powerplay. Rookie Aaron Ekblad erhält die Scheibe an der blauen Linie. Pass weiter auf Brian Campbell. Der zieht mit Puck Richtung Tor. Pass zurück auf Ekblad, perfekte Annahme und viel Betrieb vor Flyers-Goalie Steve Mason. Slapshot!
Der Einschlag in der kurzen Ecke kann von keinem Verteidiger geblockt oder dem Torhüter verhindert werden. Scooore! Es ist das erste Tor in der NHL für den 18-jährigen Kanadier. Die PP-Reihe feiert den Youngster auf dem Eis ausgelassen. Die Panthers gewinnen das Spiel 2:1.
Ekblad gelingt an diesem Abend der Gamewinner, er lebt seinen Traum. Dass es dazu überhaupt kommen konnte, ist auch der Familie geschuldet. Bedenken vor einer Profi-Karriere gab es vor allem bei Mutter Lisa.
"Wir setzten uns zusammen und sprachen über jeden einzelnen Contra-Punkt, der auf meiner Liste stand", erzählte sie vor einiger Zeit. Ihr Sohn stand vor der Anmeldung zum Draft in der Ontario Hockey League. "Er hatte aber auf wirklich alles, um das ich mir Sorgen machte, eine Antwort. Wie hätte ich dann Nein sagen können?"
Es ist typisch für Ekblad, der schon seit seiner frühsten Jugend genau wusste, wo sein Weg hinführen sollte. Die beste Eishockey-Liga der Welt war sein großes Ziel.
Ekblad erhält "Exceptional-Player-Status"
Nachbarn und Freunde der Familie bezeichnen seinen Vater Dave als äußerst sportverrückt, der allerdings niemals selbst vom sportlichen Erfolg seines Sohns spricht. Bescheidenheit wurde bei den Ekblads immer vorgelebt.
"Sie sind einfach auf dem Boden geblieben und ehrlich", klärte Mark Senguin, der General Manager von Aarons High School Team, auf. Mit einer Mischung aus dieser Bescheidenheit und einem gewissen Selbstbewusstsein ist auch Aaron aufgewachsen.
Im Alter von 15 Jahren sollte für den Kanadier aus Belle River, Ontario, eine erst einmalige Ausnahmeregel in der Canadian Hockey League greifen: Die Exceptional-Player Regelung. Sie erlaubt es Spielern unter 16 Jahren in Vollzeit in einer der drei Jugendligen in Kanada zu spielen. Zu diesem Zeitpunkt hatte nur John Tavares, NHL-Nummer-Eins-Pick im Jahr 2009, die Genehmigung dafür erhalten.
Auch Verteidiger Ekblad sollte der Status als erst zweitem Spieler nach Tavares vom Dachverband CHL zugesprochen werden. Der Antrag der Halifax Mooseheads für Sidney Crosby wurde einst beispielsweise abgelehnt.
"Ich will den Unterschied ausmachen"
"Ich will überall spielen, für jeden der mich will. Ich will einfach den Unterschied ausmachen", diktierte Ekblad kanadische Medien vor dem OHL-Draft. Er wurde erwartungsgemäß von den Barrie Colts an Nummer Eins gezogen und mit 29 Scorerpunkten direkt Rookie of the Year.
Das war allerdings erst der Anfang der professionellen Eishockey-Karriere. Mit 17 Jahren wurde Ekblad zum Kapitän des Teams, schoss 23 Tore und legte weitere 30 auf. Der nächste Schritt zu seinem großen Ziel war souverän gemeistert. Die Konsequenz war die Anmeldung für den NHL-Draft im Jahr 2014.
Die physischen Eigenschaften sind bei dem Musterathleten mehr als nur gegeben: 1,93 Meter groß, 98 Kilogramm schwer. "Man will fast verlangen, seine Geburtsurkunde sehen zu dürfen", scherzte Journalist Daniel Girards vom "Toronto Star".
In der Ruhe liegt die Kraft
Eklatante Schwächen weißt das Spiel des heute 18-Jährigen nicht auf. Scouts halten den Outlet-Pass und die Pivots-Bewegungen in der Defense dennoch für verbesserungswürdig. Auch die ruhige Spielweise des Verteidigers wird von manch einem Kritiker als langweilig angesehen.
In dieser Ruhe liegt jedoch die eigentliche Stärke Ekblads. Die Spielweise erweist sich als überaus effizient, da er durch seine überragende Puck-Kontrolle ein sauberes Aufbauspiel aufziehen kann. Chris Edwards von "NHL Central Scoutings" bringt die Stärken auf den Punkt: "Er hat einen präzisen, harten Schlagschuss und zeigt Ruhe und Selbstvertrauen. Zudem ist er körperlich stark und nutzt seine Größe und Stärke in der Verteidigung gut aus."
Durch diese Qualitäten stand der Kanadier natürlich schon vor dem Draft auf dem Scouting-Zettel der NHL-Teams. Die ersten Mock-Drafts sahen Ekblad bereits mindestens als Top-3-Pick, nach den Combines stand er mit großer Sicherheit als der Top-Pick fest.
Von Kanada nach Florida
"Ich will den Unterschied ausmachen, egal wohin ich gehe", sagte Ekblad vor dem Draft - genau wie drei Jahre zuvor. Wie auch schon im OHL-Draft ließ es sich auch in der NHL das Team mit dem ersten Pick nicht nehmen, den Hünen zu holen. Es waren die Florida Panthers um Star-Goalie Roberto Luongo.
Das hatte Folgen. In den USA ist es nämlich üblich, dass die Erwartungshaltung an den Nummer-Eins-Pick immens ist. Ekblad war sich dessen bewusst und schätzte die Situation abgeklärt ein: "Da sind jetzt Tonnen von Druck auf mir. Medien, Fans und alles Weitere. Aber ich glaube, Druck ist nur das, was du selbst daraus machst."
Für das große Ziel NHL musste Ekblad noch eine weitere Herausforderung bewältigen: Die Roster-Cuts in der Preseason. Oftmals sind sie auch für First-Round Draftpicks nicht zu überstehen. Nach einer Gehirnerschütterung in einem Testspiel liefen die Preaseason-Spiele für Ekblad nicht optimal. "Es ist ein großer Schritt in die NHL, gerade als Verteidiger", schützte Panthers-GM Dale Tallon seinen Top-Pick.
Richtige Wahl der Panthers
Seine Eiszeit mit über 20 Minuten pro gespielter Partie, deutete allerdings darauf hin, dass der Kanadier alle Cuts überstehen sollte - so kam es auch. Ekblad unterschrieb einen dreijährigen Entry-Level Contract und war im jungen Kader der Panthers angekommen.
Die angebrochene Saison zeigt, dass Florida mit dem Pick die richtige Wahl getroffen hat. Sam Reinhart, die Zwei des Drafts, wurde nach neun Spielen zum Farmteam der Buffalo Sabres zurückgeschickt. Und Leon Draisaitl erhält bei den Oilers nicht annähernd die Eiszeit seines Rookie-Kollegen.
Der Mann mit der Rückennummer fünf hingegen stand bislang durchschnittlich 22 Minuten auf der Platte. Coach Gerard Gallant schenkt ihm sogar schon wertvolle Minuten im Powerplay, die Ekblad mit einem seiner bisher zwei NHL-Tore zurückgezahlt hat.
Gegen die Washington Capitals mit Superstar Alex Ovechkin am fünften Spieltag zeigte der junge Kanadier sein enormes Leistungspotential am deutlichsten auf. Er limitierte The Great Eight in seinen Aktionen und hielt trotz der 1:2-Shootout-Pleite vor allem physisch stark gegen den robusten Russen mit.
Streben nach Erfolg
Neben seinen beiden Toren stehen bereits sieben Assists aus zwölf Spielen als Scorerpunkte in der Statistik des Talents. Das Plus-Minus-Verhältnis von Plus eins kann sich ebenfalls sehen lassen. Allerdings sind die Panthers auch in diesem Jahr nicht zu den Top-Teams zu zählen, was den Wert in einem besseren Licht erscheinen lässt.
Ekblad wird allerdings an seiner eigenen Aussage gemessen, die eben lautet: "Ich will den Unterschied ausmachen." Der Kanadier wird sich schnell in der NHL etablieren, ob es zum ganz großen Sprung reicht, bleibt abzuwarten.
An den Worten seiner Mutter lässt sich jedoch erkennen, dass er alles für den Erfolg geben wird: "Wenn man nach etwas Großem strebt, muss man versuchen, es irgendwie zu erreichen."
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