SPOX: Herr Kühnhackl, Ihr Sohn Tom hat beim 6:2-Sieg gegen Washington mit einem Treffer und zwei Assists ein unglaubliches Spiel für Pittsburgh abgeliefert. Wie haben Sie die Partie erlebt?
Erich Kühnhackl: Ich sehe mir jedes Spiel von Tom nachts an und verfolge seine Auftritte mit großem Interesse. Also saß ich auch gegen Washington vor dem Fernseher und war natürlich begeistert. Es macht mir derzeit besonders großen Spaß, meinem Sohn zuzusehen. Wenn er dann so ein Spiel gegen die beste Mannschaft der Liga abliefert und auch noch ein Tor schießt - einfach toll.
SPOX: Hatten Sie schon Gelegenheit, ihm persönlich am Telefon zu gratulieren?
Kühnhackl: Nein, noch nicht. Die Jungs haben auch nach einem Spiel noch viel um die Ohren. Es ist ein riesiger Rummel mit der Presse, dem Fernsehen und was weiß ich nicht noch alles. Und sie hatten zuletzt ja so viele Spiele. Deshalb lass ich Tom in so einem Moment in Ruhe, er soll lieber mit der Mannschaft gemütlich essen gehen. Da muss dann nicht noch der Vater anrufen, das würde ihm gerade noch fehlen. (lacht) Aber wir holen das in den nächsten Tagen nach.
SPOX: Welcher Typ Vater sind Sie eigentlich. Der uneingeschränkt stolze Papa, oder der strengste Kritiker?
Kühnhackl: Ich glaube, dass ich von beidem etwas habe. Natürlich bin ich sehr, sehr stolz auf meinen Sohn. Aber das wäre oder ist doch jeder Vater. Ich habe zu Tom wie auch zu meinen anderen beiden Kindern ein enges, sehr gutes Verhältnis. Und was den strengen Kritiker angeht, sage ich Ihnen mal was.
SPOX: Bitte.
Kühnhackl: Tom ist den harten Weg gegangen. Erst in Landshut, dann, als er mit 17 Jahren nach Nordamerika gegangen ist. Das war eine harte, aber gute Schule. Dadurch hat er für die meisten Situationen auf und neben dem Eis selbst Lösungen parat. Außerdem spielt er in einer Mannschaft, in der sehr viel Erfahrung steckt. Da kann er sich also auch Ratschläge abholen.
SPOX: In Sachen Eishockey-Ratschläge ist er bei Ihnen aber sicher auch nicht an der falschen Adresse.
Kühnhackl: Klar ist: Ich bin im Zweifelsfall Tag und Nacht für ihn da. Dafür gibt es doch Eltern. Wenn er dann meint, dass wir auch über Eishockey sprechen müssen, dann tun wir das. Dann sage ich ihm aber auch meine ehrliche Meinung. Dieser Sport ist schließlich ein Bestandteil seines Lebens und auch meines Lebens.
SPOX: Wie beurteilen Sie die sportliche Entwicklung Ihres Sohnes, seit er in Pittsburgh ist?
Kühnhackl: Er macht seine Sache sehr gut, verbessert sich in den letzten Monaten meiner Meinung nach immer mehr. Man darf aber nicht vergessen, dass er ja schon das sechste Jahr drüben ist. Und in diesen Jahren lief es nicht immer gut, es war zeitweise extrem schwierig für ihn.
SPOX: Sie sprechen beispielsweise die 20-Spiele-Sperre an, die er 2011 für einen harten Check im Trikot der Niagara IceDogs kassierte. Oder auch die Verletzungen, die ihn außer Gefecht gesetzt haben.
Kühnhackl: Genau. Wenn man 20 Jahre alt ist oder jünger, man spielt in den besten Ligen der Welt, und man fällt mal eine halbe Saison aus, ist es schwierig, das wieder aufzuholen. Das gilt ja nicht nur für die NHL. Auch die Ontario Hockey League ist mit die beste Nachwuchsliga überhaupt. Das musst du erstmal verarbeiten und zurückkommen.
SPOX: Das ist Ihrem Sohn offensichtlich gelungen.
Kühnhackl: Ja. Nichtsdestotrotz hat er immer wieder diesen Willen und dieses Durchhaltevermögen gehabt, seinen Weg zu gehen. Er wollte das unbedingt. Es war ihm bewusst, dass nicht immer alles so läuft, wie man es sich vorstellt. Er hat die Hindernisse genommen. Wenn man das konsequent macht, hat man halt irgendwann vielleicht mal das Quäntchen Glück und bekommt eine Chance, so wie Tom. Und - ich klopfe auf Holz - er hat sie genutzt. Gott sei Dank!
SPOX: Gibt es Bereiche, in denen Ihnen besonders auffällt, dass er immer besser wird?
Kühnhackl: Was mir vor allem auffällt ist, dass er derzeit sehr selbstbewusst ist. Das ist auch kein Wunder. Wenn du in die NHL hochgeholt wirst und in einem der Topteams der Liga auch Eiszeit erhältst und mit solchen Stars spielen darfst, dann bringt dich das unheimlich weiter. Schauen Sie sich doch mal die Mitspieler an, die Tom hat. Von denen hat er immer nur Wunderdinge gehört und jetzt spielt er mit denen in einer Mannschaft. Und plötzlich gehst du mit Leuten wie Sidney Crosby essen und wirst vielleicht sogar von denen eingeladen. (lacht)
SPOX: Auf der anderen Seite muss man damit erstmal umgehen können und darf nicht abheben.
Kühnhackl: Da haben Sie Recht. Diese Gefahr sehe ich bei Tom aber nicht. Viel wichtiger ist: Er bekommt eine echte Chance in der besten Liga der Welt, wie der neue Vertrag bis 2018 beweist, und momentan sieht es so aus, als würde er sie auch nutzen können. Trainer Mike Sullivan fördert die jungen Spieler, er war ja zuvor schon Coach im Farmteam der Penguins.
SPOX: Also ist das Vertrauen des Chefs mit einer der wichtigsten Faktoren?
Kühnhackl: Das ist für einen Eishockeyspieler nicht anders als beispielsweise in Ihrem Job. Wenn Sie gelobt werden und eine echte Chance bekommen, dann hilft das einfach extrem.
SPOX: Lassen Sie uns mal einen Vergleich ziehen. Was macht Tom besser, als es Erich früher gemacht hat?
Kühnhackl: Tom macht eigentlich alles besser als sein Vater. (lacht)
SPOX: Jetzt stellen Sie Ihr Licht unter den Scheffel.
Kühnhackl: Sie dürfen meine Zeit damals mit der heutigen Zeit nicht vergleichen. Das Eishockey, was heute gespielt wird, ist unglaublich, etwas ganz anderes. Auch der Unterschied in der DEL ist von damals zu heute gravierend. Was von den Jungs taktisch und technisch mittlerweile verlangt wird, ist kaum zu glauben.
SPOX: Tom Kühnhackl, Leon Draisaitl, Tobias Rieder: Deutschland hat wieder großartige junge Spieler. Wie bekommt man es hin, dass diese Jungs möglichst oft auch für die Nationalmannschaft auflaufen?
Draisaitl im SPOX-Interview: "Könnte nicht glücklicher sein"
Kühnhackl: Grundsätzlich wäre es einfach sehr schön, alle im DEB-Team zu sehen. Ich glaube, auch Bundestrainer Marco Sturm würde sich sehr freuen. Und es gibt ja noch viele andere deutsche Spieler in Nordamerika. Ich denke beispielsweise an Philipp Grubauer, der gegen Pittsburgh für Washington im letzten Drittel ins Tor gekommen ist. Wenn die alle bei einer WM oder bei Olympischen Spielen dabei sein könnten, hätte Deutschland eine tolle Mannschaft. Aber Sie kennen das Problem.
SPOX: Die Playoffs in der NHL sind immer zeitgleich mit einer WM.
Kühnhackl: Eben. Das ist schwierig. Aber eines möchte ich festhalten: Ich bin davon überzeugt, dass jeder der Jungs, die momentan in Nordamerika sind, gerne für Deutschland spielen möchte.
Tom Kühnhackl im Steckbrief