NHL

"Natürlich merkt man, dass das Interesse steigt"

Von SPOX
Nächster Scorerpunkt: Leon Draisaitl (r.) trifft gegen die Philadelphia Flyers
© getty

Leon Draisaitl hat den endgültigen Durchbruch in der NHL geschafft, mehr noch: Der Right Winger der Edmonton Oilers ist einer der besten Scorer der Liga. Im SPOX-Interview spricht der 21-Jährige über Playoff-Hoffnungen, Mitspieler Connor McDavid und die eigenen Statistiken. Außerdem: Olympia, der 1. FC Köln, Curling und Winter in Edmonton. In der Nacht auf Freitag treffen die Oilers auswärts auf die San Jose Sharks: Das Topspiel der Pacific Division gibt es um 4.30 Uhr live auf DAZN.

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SPOX: Herr Draisaitl, als wir das letzte Mal mit Ihnen gesprochen hatten, standen die Oilers auf dem letzten Platz der Western Conference. Nach Jahren der Erfolglosigkeit trägt der Rebuild nun endlich Früchte. Sind Sie schon heiß auf Ihre ersten Playoffs in der NHL?

Leon Draisaitl: Ja, wir haben in der Zwischenzeit den einen oder anderen Schritt nach vorn gemacht. Bis zu einer möglichen Playoff-Teilnahme sind aber noch eine ganze Menge Spiele zu absolvieren. Natürlich würden wir uns alle über die Postseason freuen, aber erstmal müssen wir uns qualifizieren. Auf uns trifft in dieser Hinsicht das alte Klischee zu: Wir sehen von Spiel zu Spiel.

SPOX: Uwe Krupp, der 1996 mit den Colorado Avalanche als erster Deutscher den Stanley Cup gewinnen konnte, sprach zuletzt gar von Titel-Chancen in naher Zukunft. Wie schätzen Sie die Zukunft des Teams ein?

Draisaitl: Ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben viele gute Spieler im Team, jetzt müssen wir nur noch alle unser Potenzial abrufen - was ja meistens der schwierigere Part ist. Aber natürlich hoffen wir alle, dass wir so schnell wie möglich oben mitspielen werden.

SPOX: Für Sie ist es erst das dritte Jahr in der Liga, nicht alles lief wie wie gewünscht. Ihr Coach Todd McLellan hat dennoch vor allem Ihr Selbstbewusstsein gelobt. Wächst ein Spieler vor allem an Rückschlägen?

Draisaitl: Als junger Spieler lernt man ständig dazu, also natürlich auch aus Rückschlägen. Manchmal ist es aber auch das Beste, wenn man erst einen Schritt zurück macht und danach wieder voll angreift.

SPOX: McLellan hat umgebaut: Zusammen mit Connor McDavid spielen Sie in der ersten Reihe auf dem Flügel. Der Plan scheint aufzugehen, die Reihe ist on fire.

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Draisaitl: Ich denke dass unsere Reihe deshalb so gut funktioniert, weil wir alle das Spiel gut verstehen und uns sehr gut ergänzen. Wir sind alle unterschiedliche Spielertypen und profitieren deshalb auch voneinander. Deswegen werden Lines ja generell immer mal wieder umgestellt: Man versucht immer, das Maximum aus den jeweiligen Reihen herauszuholen. Deshalb darf man es auch nicht persönlich nehmen, wenn der Coach mal umstellt und du selbst plötzlich eine andere Rolle bekleidest.

SPOX: Wenn Sie schon von Rollen sprechen: Es hat ja fast schon Tradition, dass wir Sie fragen, ob Sie langfristig wieder Center spielen wollen.

Draisaitl: Na gut, dann variiere ich meine Antwort im Vergleich zum letzten Mal: Da müssen sie Coach McLellan fragen, was sein Plan ist. Wenn er will, dass ich Center spiele, spiele ich Center.

SPOX: Aber Center spielt jetzt eben Connor McDavid. Was zeichnet das Zusammenspiel mit einem Jahrhunderttalent wie ihm aus?

Draisaitl: Ich glaube dass wir das Spiel ähnlich sehen und verstehen. Wir denken beide oft das Gleiche auf dem Eis, was das Zusammenspiel enorm vereinfacht.

SPOX: Was ist er denn abseits der Eisfläche für ein Typ?

Draisaitl: Connor ist ein cooler Typ! Er ist sehr nett und trotz des Hypes um ihn total auf dem Boden geblieben.

SPOX: Talente hat Deutschland mittlerweile auch einige zu bieten. Was halten Sie von Markus Eisenschmid, der bei den Montreal Canadiens auf den Sprung in den Kader hofft?

Draisaitl: Es freut mich natürlich für ihn und ich drücke die Daumen, aber man sollte ihm ein wenig Zeit geben. Er hat gerade erst einen Vertrag unterschrieben. Hoffentlich schafft er es.

SPOX: In der laufenden Saison stehen bei Ihnen 44 Punkte (19 Tore, 25 Assists) zu Buche. Das ist Platz 13 aller NHL-Spieler - so langsam etablieren Sie sich als echter Star.

Draisaitl: Vielen Dank. Natürlich merkt man, dass das Interesse steigt, gerade in einer Eishockey-Stadt wie Edmonton. Aber das gehört eben alles dazu, wenn man ganz nach oben möchte. Damit muss man umgehen können.

SPOX: Spielen die Bestmarken von Marco Sturm und Jochen Hecht (beide 56 Punkte) im Hinterkopf schon eine Rolle?

Draisaitl: Nein, soweit denke ich nicht. Wie gesagt: von Spiel zu Spiel. Und dann schauen wir mal, wie viele Punkte es am Ende werden.

SPOX: Auch für die deutsche Nationalmannschaft sind Sie enorm wichtig. Im Herbst waren Sie beim World Cup of Hockey dabei, alles in allem verlief das Turnier recht erfolgreich. Bringt eine solche Veranstaltung einen jungen Spieler voran?

Draisaitl: Ja, natürlich. Es war das größte Turnier seit langem, nur die Besten der Besten haben gegeneinander gespielt. So lernt man als junger Spieler enorm viel.

SPOX: Von den großen Spielern haben sie ja auch in jungen Jahren schon einiges gelernt: Bei der Heim-WM 2010 haben Sie damals als 14-Jähriger in den Spielpausen das Eis gesäubert, oder?

Draisaitl: Das stimmt.

SPOX: Welchen Spieler haben Sie sich damals ganz besonders genau angeschaut?

Draisaitl: Ich habe mich nicht auf einen einzelnen Spieler konzentriert - es waren damals ja auch so viele Stars dabei. Ich habe versucht, mir alle großen Namen möglichst genau anzuschauen.

SPOX: Die WM 2017 findet in Deutschland und Frankreich statt. Was ist für das deutsche Team drin?

Draisaitl: Es ist noch ein bisschen früh, um Prognosen abzugeben. Aber ich hoffe natürlich, dass wir weit kommen und vielleicht den Einen oder Anderen überraschen können.

SPOX: Sie haben bereits gesagt, dass Ihre Teilnahme von den Ergebnissen der Oilers abhängt.

Draisaitl: Genau. Natürlich hoffe ich, dass wir die Playoffs erreichen. Aber wenn es nicht klappen sollte, oder wir in den Playoffs früh ausscheiden, wäre ich auf jeden Fall dabei.

SPOX: Wie sieht es mit Olympia 2018 aus? Für NHL-Profis kann dieser Traum ja schnell platzen - bisher steht eine Einigung mit dem IOC immer noch aus.

Draisaitl: Wir haben persönlich keinen Einfluss darauf, aber natürlich wäre ich gern dabei. Bei Olympia am Start zu sein, wäre etwas ganz Besonderes.

SPOX: Ein paar schnelle Schlagschuss-Fragen noch?

Draisaitl: Sehr gern.

SPOX: Was macht man im Winter in Edmonton, wenn spielfrei ist? Schneemänner bauen?

Draisaitl: Im Moment ist meine Familie hier, das macht alles immer ein wenig einfacher und man hat mehr zu tun. Ansonsten: Vor allem mit den Jungs abhängen.

SPOX: Wie sieht's mit Curling aus?

Draisaitl: Habe ich schon ausprobiert. Gar nicht so einfach - da bleibe ich lieber beim Eishockey.

SPOX: Im Eishockey wird ja ständig ein- und ausgewechselt. Schon mal den eigenen Einsatz verpasst?

Draisaitl: Nein, sowas verpasst man nicht. Der Trainer sagt die Reihe meistens an, da kann nicht viel schiefgehen.

SPOX: Und was macht man auf der Bank? Spiel beobachten oder Puls runterbringen?

Draisaitl: Beides. Man versucht schon, ein bisschen zu regenerieren - der nächste Wechsel kommt bestimmt. Aber das Spielgeschehen kann man natürlich auch nicht einfach aus den Augen lassen.

SPOX: Hockey ist ein körperlich harter Sport. Was tut nach dem Aufstehen am meisten weh? Beine? Rippen?

Draisaitl: Eher der ganze Körper. (lacht) Aber das geht jedem Spieler so. Das gehört dazu.

SPOX: Wurden Sie schon einmal von einem Puck im Gesicht getroffen?

Draisaitl: Ja. Aber die Details erspare ich ihnen. Ich würde es nicht unbedingt weiterempfehlen ...

SPOX: Sie sind Fan des 1. FC Köln. Wie sieht es mit Ihren Fähigkeiten am Ball aus?

Draisaitl: Ich würde mal sagen, dass ich mit dem Ball umgehen kann. Aber das kann doch eigentlich jeder Deutsche. (lacht)

Leon Draisaitl im Steckbrief

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