Denis Malgin peilt in der NHL den Durchbruch an. Der Youngster in Diensten der Florida Panthers spricht im Interview über den Weg in die beste Liga der Welt, Teamkollege Jaromir Jagr und seinen bislang emotionalsten Moment. Außerdem: Ein Duell mit Auston Matthews.
SPOX: Herr Malgin, in den vergangenen Monaten ist auf Sie mit Ihren gerade einmal 20 Jahren sehr viel eingeprasselt. Erst das erfolgreiche Rookie-Tournament bei den Panthers, dann Ihr NHL-Debüt sowie die ersten Punkte und Tore.
SPOX: Das kann man auf alle Fälle so sagen! Ich hatte wirklich ein sehr gutes Rookie-Tournament. Von da an ist es für mich dann stetig bergauf gegangen. Ich habe mir danach gesagt: Mache einfach Schritt für Schritt weiter und versuche in jedem Training, dein Bestes zu geben. Ich denke, es ist das Ziel eines jeden Eishockey-Spielers, in der besten Liga der Welt zu spielen.
SPOX: Lassen Sie uns auf Ihre Anfänge zurückblicken. Sie wurden am 18. Januar 1997 in Olten geboren. Ihr Vater Albert war selbst ein erfolgreicher Eishockey-Profi, Ihre Mutter Nelja einst Eiskunstläuferin und Leichtathletin. Wann war für Sie klar, dass Sie in den Spuren Ihres Papas wandeln wollen?
SPOX: Ich bin als Drei- oder Vierjähriger zum ersten Mal auf das Eis gegangen, was mir auch auf Anhieb Spaß gemacht hat. Allerdings hat mir damals das Eishockey-Spielen plötzlich keinen Spaß mehr gemacht und ich bin zum Fußball gegangen. Allzu lange habe ich es dort aber nicht ausgehalten und bin letztendlich doch wieder zum Eishockey zurückgekehrt. Heute muss ich sagen, dass das mit Sicherheit keine schlechte Entscheidung war. (lacht)
SPOX: Im Alter von 15 Jahren sind Sie dann in die bekannte Nachwuchs-Akademie der ZSC Lions nach Zürich gewechselt. Würden Sie sagen, dass Ihnen dieser Schritt letztlich den Weg zum Profi beziehungsweise NHL-Spieler geebnet hat?
Malgin: Ja, ich denke schon, dass es mir einen sehr großen Schub in meiner Entwicklung gegeben hat, in diese Organisation zu wechseln. Das Nachwuchs-Leistungszentrum der Lions zählt nicht umsonst zu den besten in der Schweiz. Man trainiert dort morgens und abends und arbeitet dabei natürlich sehr viel an den Grundlagen eines Eishockey-Spielers. Im Zusammenhang mit der Schule, die ich da auch besucht habe, war es schon eine sehr intensive Zeit, die mich auf alle Fälle geprägt hat.
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SPOX: In der Saison 2014/2015 wurden Sie vom damaligen Head Coach Marc Crawford als 17-Jähriger erstmals ins NLA-Team hochgezogen. Wie war es für Sie als sehr junger Akteur, unter einem extrem erfahrenen Trainer wie Crawford zu arbeiten?
Malgin: Nun, er hat mich damals hochgeholt, mich in der Mannschaft gut aufgenommen und mir die Möglichkeit gegeben, als sehr junger Spieler in der Nationalliga A gegen ältere und erfahrene Akteure spielen zu dürfen. Natürlich war ich gerade zu Beginn doch sehr nervös und aufgeregt, was sich dann aber im weiteren Verlauf mehr und mehr gelegt hat. Insgesamt hatte ich auch eine recht gute Saison. Ich würde daher schon sagen, dass mir diese Erfahrung - gerade auch im Hinblick auf meine jetzige erste Spielzeit in der NHL - definitiv geholfen hat.
SPOX: Vor der Spielzeit 2015/2016 standen Sie vor einer sehr schweren sportlichen Entscheidung. Nachdem Sie beim CHL-Import-Draft 2014 von den Rouyn-Noranda Huskies an 26. Stelle gezogen worden waren, hatten Sie die Möglichkeit, entweder in die kanadische Junioren-Liga QMJHL zu gehen oder in Zürich zu bleiben. Warum fiel Ihre Wahl letztlich auf eine weitere Saison in der Schweiz?
Malgin: Ich habe mir das lange durch den Kopf gehen lassen. In der Schweiz gab es die Chance, eine weitere Saison in einer der besten Ligen in Europa bei den Männern zu spielen. Auf der anderen Seite wäre ich in Kanada im Junioren-Bereich zum Einsatz gekommen, was mir sicherlich auch etwas gegeben hätte. Ich hätte bereits auf der kleineren Eisfläche gespielt und dadurch vielleicht auch einen früheren Draft-Pick bekommen. Am Ende habe ich mich dann für die Schweiz entschieden, weil ich ganz einfach der Meinung war, dass ich mich dort am besten weiterentwickeln könnte.
SPOX: Bleiben wir noch kurz bei der vergangenen Saison. Sie haben bei den ZSC Lions mit einem anderen jungen Ausnahme-Stürmer zusammengespielt, der schon frühzeitig als "First-Overall-Pick" im NHL-Draft 2016 gehandelt wurde: Auston Matthews.
SPOX: Man sieht jetzt auch in der NHL, wie gut er ist! Er ist wirklich ein unglaublicher Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Wir hatten in der vergangenen Saison in Zürich wirklich viel Spaß. Daran erinnere ich mich sehr gerne zurück.
SPOX: Ihr eigener NHL-Draft war ja bereits im Jahr 2015. Wenn man im Vorfeld die Draft-Prognosen gelesen hat, dann hieß es, dass Sie aufgrund Ihrer Technik und Schnelligkeit sogar ein potenzieller Erst- oder Zweitrunden-Pick, aufgrund Ihrer Größe und Ihres Gewichts jedoch eher ein Dritt- oder Viertrunden-Pick seien. Was hatten Sie sich erhofft?
Malgin: Ehrlich gesagt habe ich darüber gar nicht groß nachgedacht. Ich hatte einfach nur gehofft, dass ich letztlich ein gutes Team bekomme - und das hat mit den Panthers ja auch zu 100 Prozent geklappt. Aber es stimmt schon, in der Vergangenheit habe ich immer wieder zu hören bekommen, dass ich mit meiner Körpergröße von 1,75 Meter Probleme bekommen könnte, den Sprung nach ganz oben zu schaffen. Aber ich habe bewiesen, dass es doch möglich ist. Auch Schnelligkeit, Durchsetzungsvermögen und Cleverness spielen dabei sicherlich eine große Rolle. Wie gesagt, für mich war es wichtig, dass ich von einer Franchise verpflichtet werde, die jungen Spielern eine Chance gibt und bei der ich mich weiterentwickeln kann.
SPOX: Das NHL-Draft-Wochenende 2015 fand ausgerechnet im BB&T-Center in Sunrise statt, wo die Panthers ihre Heimspiele austragen. Wie haben Sie persönlich diese sicherlich aufregenden Tage erlebt?
Malgin: Die Tage waren für mich eigentlich gar nicht so aufregend. (lacht) Ich war zu diesem Zeitpunkt daheim in der Schweiz und habe dann mal eher zufällig auf mein Handy geschaut. Als ich dann gesehen habe, dass ich in erst in der vierten Runde gezogen wurde, war ich zunächst schon etwas enttäuscht. Das hat sich dann aber sofort geändert, als ich erfahren habe, dass sich die Panthers die Rechte an mir gesichert hatten. Ich meine, was gibt es schöneres, als hier im Süden Eishockey zu spielen? Das ist schon unglaublich!
performSPOX: Richtig los mit Ihrem "Florida-Abenteuer" ging es ja beim sogenannten "Rookie-Tournament" vom 17. bis 20. September im "Panthers Ice Den", bei dem sich die "Rookie-Teams" der Panthers, Nashville Predators, Tampa Bay Lightning und Washington Capitals gegenüberstanden.
Malgin: Ich habe mich im Vorfeld dieses Turniers bei meinem Agenten Petr Svoboda in Montreal rund zwei Wochen lang mit anderen NHL-Rookies vorbereitet. Als ich dann nach Florida gekommen bin, ging es nach zwei, drei gemeinsamen Trainingseinheiten auch schon richtig los.
SPOX: Wie schwierig ist es, unter diesen Voraussetzungen seine bestmögliche Leistung abzurufen? Sie werden ja zuvor kaum anderweitig mit Ihren neuen Teamkollegen schon zusammengespielt haben.
Malgin: Ja, das stimmt, ich kannte absolut niemanden. Auch die Sprache habe ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich gut beherrscht. Diesbezüglich war es schon eine etwas komische Sache. Aber wenn man dann raus auf das Eis geht, versteht man sich plötzlich schon irgendwie. Die Eishockey-Sprache ist glücklicherweise ja nicht so schwer.
SPOX: Gerade in der Vergangenheit gab es ja sowohl bei den Rookies die wildesten Geschichten von heftigen Prügeleien untereinander, um die Trainer-Crew zu beeindrucken. Haben Sie so etwas auch miterlebt?
Malgin: (lacht) Es gab schon den einen oder anderen Spieler, der zwischendurch mal fighten wollte. Aber letztlich war es dann doch nicht so schlimm, wie ich gedacht beziehungsweise befürchtet hatte. Es blieb im Rahmen.
SPOX: Der Weg vom Rookie-Tournament über das Trainingscamp bis hin zum NHL-Kader ist ziemlich weit und steinig. Lebt man da nicht jeden Tag mit der Angst oder Befürchtung, vom einen auf den anderen Tag plötzlich gecuttet zu werden?
Malgin: Klar, man hat während dieser Zeit auf alle Fälle ständig im Hinterkopf, dass man hinuntergeschickt werden könnte. Mein Ziel war es einfach von Anfang an, hierherzukommen und jeden Tag mein Bestes zu geben, um damit möglichst die Panthers-Verantwortlichen zu beeindrucken. Ich denke, dass mir das bislang ganz gut gelungen ist. Beim Rookie-Tournament ist es für mich schon sehr gut gelaufen. Und über das Trainingscamp sowie die täglichen Einheiten habe ich mir dann meine Chance und Einsätze in der NHL erkämpft. Darauf bin ich schon stolz.
SPO: Wann kam für Sie der Moment, als Sie wirklich geglaubt haben: Ok, ich bin beim NHL-Saisonauftakt 2016 der Florida Panthers tatsächlich dabei?
Malgin: Ich habe eigentlich bis zum Schluss gar nicht so richtig daran geglaubt. Erst als unser damaliger Trainer Gerard Gallant einen Tag vor der Partie gegen die New Jersey Devils zu mir gesagt hat, dass ich es mir verdient hätte, dabei zu sein, habe ich es realisiert. Ich war auf der einen Seite natürlich überglücklich, auf der anderen aber auch sehr, sehr aufgeregt. Man muss sich vorstellen, es war immer mein ganz großer Traum, einmal in der NHL zu spielen. Und dieser wurde dann tatsächlich Realität. Das war schon unglaublich.
SPOX: Sie haben das Trainingscamp während der Vorbereitung bereits angesprochen: Spätestens dort trifft man dann ja zum ersten Mal auf einen etwas "älteren Herren", der seinen ersten Stanley Cup mit den Pittsburgh Penguins in einem Jahr gewonnen hat, in dem Sie noch gar nicht geboren waren. Die Rede ist von Jaromir Jagr. Mit wie viel Ehrfurcht und Respekt tritt man einem solchen Superstar, der plötzlich der Teamkollege ist, gegenüber?
Malgin: Da Jaromir und ich den gleichen Agenten in Nordamerika haben, hat mir dieser im Vorfeld schon einige Dinge über ihn erzählt. Gleichzeitig hat er ihm auch gesagt, dass ich ein Spieler von ihm bin, wodurch wir schon einmal eine wichtige Gemeinsamkeit hatten. Es ist einfach großartig: Ich kann jederzeit zu Jaromir gehen und ihn fragen, wenn ich etwas wissen möchte. Zu einem solchen Spieler kann man einfach nur hochschauen. Ich beobachte ihn genau, was er auf und neben dem Eis macht oder wie er speziell trainiert - er ist schlichtweg einzigartig! Er ist auf alle Fälle ein großes Vorbild für mich.
SPOX: Nicht nur Ihren jetzigen Mannschaftskameraden Jagr, auch andere NHL-Stars wie Sidney Crosby, Alexander Ovechkin oder Henrik Zetterberg kannten Sie bislang eigentlich nur aus dem Internet oder Fernsehen. Wenn Sie mit oder gegen diese Akteure plötzlich selbst auf dem Eis stehen: Erwischt man sich gerade jetzt zu Beginn der eigenen NHL-Karriere dabei, dass man auf einmal sagt: Oha, das ist ja der Crosby, Ovechkin, Zetterberg?
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Malgin: (lacht) Während dem Spiel hast du dazu keine Zeit, weil alles so derart schnell geht. Aber wenn man dann nach einer Partie in der Kabine sitzt, denkt man schon öfter mal daran, dass man soeben gegen die besten Eishockey-Jungs der Welt gespielt hat. Das ist dann schon ein ziemlich cooles Gefühl.
SPOX: Am 13. Oktober haben Sie Ihr NHL-Debüt gegen die Devils gefeiert, am 1. November gegen die Boston Bruins Ihren ersten Treffer in der National Hockey-League geschossen. Welcher dieser beiden Momente war emotionaler?
Malgin: Als ich mein erstes Tor geschossen habe! Ich hatte ungefähr mein zehntes Match absolviert. Und wenn du dann deinen ersten Treffer erzielst, dann ist es eine große Erleichterung und ein großes Glücksgefühl zugleich. Der Puck, mit dem ich das Tor geschossen habe, ist übrigens noch im Besitz der Florida Panthers. Den werde ich wohl - zusammen mit einigen anderen Dingen aus meiner Rookie-Saison - nach dieser Spielzeit in einer Art Collage bekommen.
SPOX: In Ihrer Statistik stehen mittlerweile einige Einsätze für die Panthers. Worin sehen Sie denn die Hauptunterschiede zwischen dem europäischen und nordamerikanischen Eishockey?
Malgin: Die vielen Spiele, die man hier in der NHL innerhalb kürzester Zeit absolviert, sind schon eine große Umstellung. Man muss sich dementsprechend sehr gut erholen, regenerieren, aber gleichzeitig auch gut und konzentriert trainieren. Insgesamt ist aufgrund der kleineren Eisfläche natürlich alles etwas schneller. Du musst daher sofort schießen, wenn sich dir die Möglichkeit bietet und immer fokussiert sein. Darüber hinaus sind natürlich auch die Spieler, aber auch Torhüter extrem gut, was es gerade für einen Stürmer schwieriger macht.
SPOX: Haben Sie sich denn mittlerweile in Florida auch räumlich und häuslich eingerichtet?
Malgin: Ja, das Ganze ist jetzt auch vollzogen. Nachdem ich anfangs noch in einer Wohngemeinschaft mit einigen anderen Spielern gelebt habe, da man zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht genau gewusst hat, wie es letztlich weitergeht, wurde mir dann von den Panthers-Verantwortlichen gesagt, dass ich mir etwas Festes suchen könne. Mittlerweile habe ich eine schöne Wohnung gefunden und mir auch ein Auto gekauft. Ich lebe ja jetzt schließlich hier (lacht).
SPO: Abschließend noch eine Frage, die die Zukunft betrifft: Wer von den "Züricher NHL-Jungs" holt als Erstes mit seinem Team den Stanley-Cup - Matthews mit den Toronto Maple Leafs oder Sie mit den Panthers?
Malgin: Ganz klar! Wir holen mit den Panthers den Cup in den Süden! (lacht)
Denis Malgin im Steckbrief