NHL

Jetzt oder nie!

Von Robert Arndt
Alexander Ovechkin und seine Washington Capitals führen im Moment die Metropolitan Division an
© getty

Die Washington Capitals spielen mal wieder eine starke Regular Season und sind drauf und dran, die Presidents' Trophy zu holen. Zur Trade-Deadline verstärkten sich die Hauptstädter noch einmal enorm. Das Team und ihr Superstar Alexander Ovechkin stehen aber unter großem Druck. Es könnte die letzte Chance auf den Stanley Cup für lange Zeit sein.

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"Jedes Jahr reden wir darüber. 'Das ist unser Jahr, dies ist unser Jahr'. Wir haben genug geredet. Es ist Zeit, etwas zu tun."

Diese Worte stammen von niemand geringerem als Alexander Ovechkin, seines Zeichens Starspieler der Washington Capitals. Jahr für Jahr sind die Caps nun oben dabei, holten gar 2010 und 2016 die Presidents' Trophy, aber in der Postseason ging zumeist die Luft aus.

Auch in diesem Frühling grüßt das Team von Barry Trotz mit den meisten Punkten (zusammen mit den Columbus Blue Jackets) von der Tabellenspitze, selbst wenn auf dem Westküsten-Trip der letzten Woche vier Spiele in Folge verloren gingen. Im heimischen Verizon Center ist man dagegen eine Macht. Zuletzt wurden 15 Siege in Serie gefeiert, erst die Dallas Stars um Jamie Benn klauten erstmals im Jahr 2017 ein Spiel auf dem Eis von Washington. Zudem verlor man kürzlich gegen die Nashville Predators vor heimischer Kulisse.

Eine stets verlässliche Offensive, dazu die im Moment beste Verteidigung sind ein gutes Fundament, welches über die letzten Jahre unter General Manager Brian MacLellan geschaffen wurde.

Zusätzlich vernagelt mit Braden Holtby einer der besten Goalies der NHL den Kasten. Lediglich 2,03 Gegentreffer pro Spiel lässt der 27-jährige Kanadier zu - Spitzenwert in Nordamerika. Dazu wehren nur Devan Dubnyk (Minnesota) und Sergei Bobrovsky (Columbus) mehr Schüsse als der Caps-Goalie (92,6 Prozent Saves) ab. So hat es Ersatzmann Philipp Grubauer schwer zu Eiszeit zu kommen, obwohl er bei einigen Mannschaften sicher starten könnte.

Shattenkirk-Deal ein Coup

Als großes Plus kommt dabei noch die Addition von Verteidiger Kevin Shattenkirk hinzu, den die Caps mit einem Coup zur Trading-Deadline in die Hauptstadt lotsten. Der Verteidiger hat seine Stärken im Powerplay und wird in der ersten Reihe mit Nicklas Bäckström und Ovechkin zum Einsatz kommen.

Mit Zach Stanford schickte man dafür einen talentierten Stürmer zu den St. Louis Blues. Dazu gab man AHL-Stürmer Brad Malone, den eigenen Erstrunden-Pick und weitere zukünftige Auswahlrechte ab. Ein hoher Preis, wenn man bedenkt, dass Shattenkirks Vertrag im Sommer ausläuft, was ihn im Prinzip zum Leihspieler macht. Durch diesen Deal ist auch zu erkennen, wie ernst es das Management der Caps meint.

All-In mit dem Segen von Ovi

"Ich denke, das ist ein All-In-Move", erklärte Bäckström den Deal von MacLellan. "Er versucht das Team einfach jedes Jahr besser zu machen, damit wir mehr Erfolg in den Playoffs haben werden."

Die ohnehin schon gute Verteidigung wurde damit weiter aufgewertet, doch vor allem im Powerplay soll der US-Amerikaner helfen. So ist geplant, dass der ehemalige Blues-Spieler in der ersten Reihe mit Ovechkin und Bäckstörm auf dem Eis stehen soll.

Der 28-Jährige sammelte bereits in St. Louis in Überzahl-Situationen fleißig Punkte dank seiner präzisen Zuspiele. Profitieren soll dabei vor allem der russische Superstar. Dieser textete bereits nach dem Trade mit seinem Landsmann und Blues-Spieler Vladimir Tarasenko über den Verteidiger: "Er sagte, dass ich viel Spaß mit ihm auf dem Eis haben werde. Guter Spieler, guter Mensch."

Auch nicht zu verachten ist, dass Shattenkirk auch mit den Pittsburgh Penguins und den New York Rangers in Verbindung gebracht wurde, also mögliche Gegner ab der zweiten Playoff-Runde. So spielt der Verteidiger im eigenen Team und nicht bei der Konkurrenz.

Luxus-Kader

So gibt es wohl kein Team in der Liga, welches hinten so tief bestückt ist. Dass auch der Angriff nicht von schlechten Eltern ist, sollte gemeinhin bekannt sein. Mit Ovechkin, Bäckström, Evgeny Kuznetsov, T.J. Oshie, Marcus Johansson oder auch Justin Williams haben die Caps gleich sechs potenzielle 50-Punkte-Scorer in ihren Reihen.

Ein echter Luxus für Trotz, der sich in diesem Jahr leisten kann, seinen Stars Ovechkin und Bäckström (29) weniger Eiszeit zu geben, damit diese frischer in die Playoffs kommen. Denn klar ist auch: Jünger werden die zwei nicht mehr, die nun bereits seit über zehn Jahren das Bild der Franchise prägen.

Das Fenster schließt sich

Ovechkin ist nun aber bereits 31 Jahre alt und seine Torproduktion (bislang 28, Platz 17 in der Liga) ist nach drei 50-Tore-Saisons am Stück diese Spielzeit deutlich zurückgegangen. Zuletzt blieb der ergraute Russe zehn Spiele ohne eigenen Treffer, bevor er gegen die Wild mal wieder traf. Es war die längste Dürre seiner Karriere in der Liga. Dazu nimmt er weniger Schüsse als gewohnt. Doch nicht nur sein Fenster beginnt sich zu schließen. Auch das Team wird im kommenden Jahr wohl runderneuert sein. Ein weiterer Grund für einen letzten Push.

2015 sprach MacLellan von einem "Zwei-Jahres-Fenster" für das Gerüst der Spieler. Gleich zehn Spieler begannen die Saison in einem Contract Year, vier davon waren Unrestricted Free Agents.

Restricted Free Agents wie Kuznetsov, Andre Burakovsky oder der wegen Shattenkirk aus der Rotation gefallene Dmitry Orlov wollen bezahlt werden. Da auch Oshie, Williams und Defender Karl Alzner nach der Saison keinen Vertrag mehr haben, steht wohl oder übel ein Umbruch im Macht-Epizentrum der Welt an.

Ovechkin wird dagegen sicher bleiben. Sein Vertrag läuft noch bis 2021 (10 Millionen Dollar pro Jahr), zudem besitzt der Russe eine No-Movement-Klausel in seinem Arbeitspapier. Gerade für ihn werden die kommenden Playoffs die vielleicht wichtigsten seiner Karriere.

Kann Ovechkin auch Playoffs?

Denn in seinen über zehn Jahre im District of Columbia glänzte der Scharfschütze mit Tonnen von Toren, doch den Großteil eben in der weniger bedeutsamen Regular Season. In den härteren Playoffs kam Ovi bislang nie über die zweite Runde heraus. Fünf gewonnene Playoff-Serien in zwölf Jahren und das stete Aus in der zweiten Runde sind einfach zu wenig für einen Spieler seiner Klasse.

Zwar lag es weiß Gott nicht nur an ihm (man erinnere an magere zwei Punkte von Kuznetsov in den Playoffs der Vorsaison), dass die Caps unter anderem im vergangenen Jahr an starken Penguins scheiterten, die später auch den Cup in die Höhe reckten, doch es ist nun mal ein Fakt, dass die Karriere des linken Flügels mit zahlreichen Enttäuschungen gepflastert ist.

Seien es die zahlreichen Niederlagen in der Postseason oder die Enttäuschung mit der russischen Nationalmannschaft bei den olympischen Spielen im eigenen Land, als Ovi nur zwei Punkte verbuchte und die Sbornaja im Viertelfinale an Finnland scheiterte, außer einigen individuellen Auszeichnungen hat der Russe wenig vorzuweisen.

Das weiß dieser nur zu gut. Der Druck auf dem Superstar ist riesig, was er auch weiß. Die Voraussetzungen für einen tiefen Run sind wohl so gut wie nie zuvor. Aber geredet wurde darüber ja genug: "Jedes Jahr reden wir darüber. 'Das ist unser Jahr, dies ist unser Jahr'. Wir haben genug geredet. Es ist Zeit, etwas zu tun."

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