Dominik Kahun von den Blackhawks im Interview: "NHL? Rookie-Camp war schwerer"

SPOX
18. Oktober 201818:01
Dominik Kahun unterschrieb im Sommer seinen ersten NHL-Vertrag bei den Chicago Blackhawks.getty
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Dominik Kahun überzeugt bisher als Rookie der Chicago Blackhawks. Im DAZN-Interview spricht der deutsche Nationalspieler über seinen Traumstart in der NHL.

Kahun kam in allen fünf Saisonspielen der Blackhawks nicht nur zum Einsatz, sondern startete. Im Schnitt steht der ehemalige Münchner 13:43 Minuten auf dem Eis.

Vor dem Spiel gegen die Tampa Bay Lightning (Mo., 1 Uhr live auf DAZN) erklärt Kahun die Unterschiede zwischen NHL und europäischem Eishockey. Der 23-Jährige erzählt von seinem ersten NHL-Tor und vom Leistungsdruck in der ersten Reihe.

DAZN: Fünf Spiele, vier Scorerpunkte, darunter das erste NHL-Tor: Herr Kahun, wie zufrieden sind Sie mit Ihrem NHL-Start?

Dominik Kahun: Ich könnte es mir gar nicht schöner vorstellen. Für mich ist schon ein Traum in Erfüllung gegangen, dass ich es ins Team geschafft habe. Dass es dann auch noch so gut läuft, ist schon ein Highlight.

DAZN: Deutsches Understatement. Sie standen bei Ihrem NHL-Debüt wie auch in allen anderen Spielen neben Kapitän Jonathan Toews und Alex DeBrincat in der ersten Reihe.

Kahun: (lacht) Was soll ich sagen? Ich habe die komplette Vorbereitung mitgemacht, war in diesem Rookie-Camp. Dann kamen die ersten Vorbereitungsspiele, in denen es auch ganz gut lief. Im nächsten Training standen da diese Reihen und plötzlich war ich Rechtsaußen in der ersten Reihe.

DAZN: Wie haben Sie reagiert?

Kahun: Natürlich war ich stolz, freute mich. Ich war aber auch ein wenig nervös. Ich weiß, dass man einfach liefern muss. Die erwarten ganz andere Sachen von dir. Da muss es einfach laufen. Aber das klappte ja glücklicherweise sehr gut.

Kahun schwärmt von Toews: "Das habe ich zum ersten Mal so erlebt"

DAZN: In der Tat. Das Zusammenspiel mit DeBrincat und Toews scheint reibungslos zu funktionieren.

Kahun: Toews macht das eben sehr gut.

DAZN: Wie meinen Sie das?

Kahun: Er redet sehr viel. Alex (21 Jahre; Anm. d. Red.) und ich sind noch sehr jung. Toews hilft uns jeden Tag im Training und auch in den Spielen. Er spricht über unser Positionsspiel - wo wir sein sollten, wo wir die Scheibe hinfahren oder in welchen Raum wir sie spielen sollten. Er macht es für uns einfacher. Das habe ich zum ersten Mal so erlebt, dass dir ein Spieler in diesem Ausmaß helfen kann.

Toews, Kahun und DeBrincat: Das ist das neue Dream Team der Blackhawks.getty

DAZN: Nicht jeder Rookie genießt ein solches Privileg. Nicht einmal der direkte Sprung ins NHL-Roster ist sicher. Einige müssen den Umweg AHL nehmen. Sie haben es geschafft - problemlos?

Kahun: Das war natürlich mein Ziel. Ich habe davon geträumt, dass ich eine gute Vorbereitung mache und mich dann durchspiele. Beim Rookie-Camp machte ich mir aber Sorgen.

DAZN: Wieso?

Kahun: Das Tournament war ziemlich schwer. Die ganzen jungen Spieler haben nicht viel nachgedacht. Das Spiel war ziemlich schnell und hart. Jeder ist rumgerast und wollte den Anderen umchecken so hart es nur ging. Ich habe mich im Rookie-Camp tatsächlich schwerer getan als danach bei den Großen.

DAZN: Wie ist es bei den Großen?

Kahun: Diese Spieler sind natürlich viel erfahrener. Sie spielen das Spiel ein wenig anders. Ich habe schnell gemerkt, dass es alles ruhiger abläuft, mehr mit der Scheibe gespielt wird und es mehr auf die Technik ankommt, was mir auch mehr liegt. Ich merkte, dass ich auch bei denen mitspielen kann. Das hat mir neues Selbstvertrauen gegeben.

DAZN: Es scheint, als bräuchten Sie überhaupt keine Eingewöhnungsphase.

Kahun: (lacht) Oh doch. Die kleinere Eisfläche merkt man sehr. Ich muss mich immer noch daran gewöhnen. Ich dachte nicht, dass es so schwer sein wird.

DAZN: Machen vier Meter Breitenunterschied so viel aus?

Kahun: Man hat viel weniger Platz. In Europa kam ich in den Ecken oder an der Bande mit meiner Schnelligkeit und Wendigkeit von den Jungs weg. Hier ist es viel enger, vor allem in den Ecken. Hinter dem Tor ist auch wenig Platz. Man darf dazu nicht vergessen, dass die Spieler hier nicht so schlecht sind. (lacht)

DAZN: Wahrlich nicht.

Kahun: Die Jungs sind viel schneller an dir dran. Sie sind alle schnell, alle stark. Deswegen muss man sein Spiel viel schneller machen. Du musst schon wissen, was du mit der Scheibe machst, bevor sie überhaupt zu dir kommt. Aber langsam gewöhne ich mich daran.

DAZN: Wie wurden Sie im Team aufgenommen?

Kahun: Ich habe viele Teamkollegen erst später kennengelernt, weil die Spieler, die schon länger hier sind, vielleicht zwei Vorbereitungsspiele absolvierten. Die einzigen, die wirklich wussten, wer ich bin und was ich kann, waren die Scouts oder das Management.

DAZN: Mittlerweile dürfte man Sie über Chicagos Grenzen hinaus kennen. Spüren Sie nun als Starter auch einen höheren Leistungsdruck?

Kahun: Ich sollte eigentlich keinen Druck haben, Punkte und Tore zu machen. Das erwartet die Franchise nicht unbedingt von mir. Aber ich spiele in der ersten Reihe. Man erwartet von uns als Reihe, dass wir Tore erzielen und ein paar Spiele für die Mannschaft gewinnen. Dafür sind die ersten zwei Reihen schließlich da.

Chicago Blackhawks: Die Topscorer nach den ersten fünf Spielen

SpielerPositionPunkteToreAssists
Alex DeBrincatLinker Flügel963
Jonathan ToewsCenter954
Patrick KaneRechter Flügel853
Henri JokiharjuVerteidiger505
Dominik KahunRechter Flügel413

DAZN: Nehmen Ihnen Spieler wie Toews durch ihre Leistungen auch Druck?

Kahun: Auf jeden Fall. Der Druck auf Toews beispielsweise ist ziemlich hoch.

DAZN: Wegen der Erwartungshaltung?

Kahun: Genau. Die Presse schrieb, dass er nicht mehr der ist, der er früher war. Das zeigte Wirkung. In jedem Wechsel und jedem Training will er zeigen, was er kann. Jetzt hat er sogar den besten NHL-Start seiner Karriere hingelegt. Davon profitiere ich auch.

DAZN: Inwiefern?

Kahun: Je besser er drauf ist, desto besser ist das auch für mich. Wenn es bei ihm nicht so läuft, erwartet er auch mehr von seinen Mitspielern. Zum Glück lief es. Ich konnte ihm auch mit meiner Spielweise helfen. Wir sind alle stolz, dass es bisher so gut läuft.

Dominik Kuhn genießt Duelle mit großen Spielern wie Steven Stamkos

DAZN: In der Nacht auf Montag treffen Sie auf die Tampa Bay Lightning. Wie sehen Sie die Siegchancen der Blackhawks?

Kahun: Jeder, der sich im Eishockey auskennt, weiß, dass Tampa überragende Spieler hat: Stamkos, Kucherov, Hedman. Das wir wieder etwas Besonderes für mich.

DAZN: Haben Sie eine Vorgeschichte mit Tampa?

Kahun: Nein, ich freue mich aber immer auf die Duelle mit diesen großen Spielern, weil ich sie bisher nur aus dem Fernsehen oder Internet kenne. Gegen manche habe ich zwar bei der WM gespielt, aber gegen Stamkos wird es meine Premiere.